Titel: | Ueber die Benuzung des Galvanismus zum Sprengen von Felsen. Von Hrn. Dr. Robert Hare, Professor der Chemie an der Universität zu Pennsylvania. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. V., S. 17 |
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V.
Ueber die Benuzung des Galvanismus zum Sprengen
von Felsen. Von Hrn. Dr. Robert Hare, Professor der Chemie an der
Universitaͤt zu Pennsylvania.
Aus dem Franklin Journal im Mechanics' Magazine, S.
266.
Hare's Benuzung des Galvanismus zum Sprengen von
Felsen.
Die vielen Ungluͤksfaͤlle, welche sich bei der gewoͤhnlichen
Methode Felsen zu sprengen, ereignen, veranlaßten mich zu einigen Untersuchungen
uͤber diesen Gegenstand, in Folge deren ich nun ein Verfahren bekannt machen
kann, durch welches der Sprengproceß beinahe sicherer und gefahrloser werden
duͤrfte, als das Abfeuern einer Flinte. Meine Erfindung besteht in einer
neuen Anwendung des Galvanismus, auf die mich die Patent-Sprengmethode des
Hrn. Moses Shaw, nach welcher die Entzuͤndung durch den
elektrischen Funken einer Leidner-Flasche bewirkt wird, brachte.Wir haben uͤber die Methode des Hrn. Shaw
bereits im Polyt. Journale Bd. XLII. S.
387 eine kurze Notiz mitgetheilt. A. d. R.
Hr. Shaw schrieb mir naͤmlich am 1. Junius 1831:
„Ich habe mehrere Male Felsen mit Vortheil gesprengt, indem ich in
mehrere in die Felsen gebohrte Loͤcher ein Zuͤndpulver brachte,
und alle diese Bohrloͤcher mittelst eines elektrischen Funkens
gleichzeitig und mit einem Male entzuͤndete. Ich erhielt auf diese Weise
Massen von weit groͤßerem Umfange und von einer Form, die sich zu
mannigfaltigen Zweken besser eignet, als die Form jener Stuͤke, die man
gewoͤhnlich nach der alten Methode erhielt. Leider gelang mir diese
Methode jedoch nicht immer; denn einen großen Theil des Jahres uͤber war
ich wegen des unguͤnstigen Zustandes der Witterung nicht im Stande, durch
die Elektricitaͤt eine Entzuͤndung zu bewirken, auf welche Weise
ich dieselbe auch anwendete. Ich habe mehrere ausgezeichnete Gelehrte und
Chemiker gefragt, wie diesem unangenehmen Umstande abgeholfen werden
koͤnne, allein vergebens.“
Diese Mittheilung brachte mich alsbald auf die Idee, daß die Entzuͤndung des
Schießpulvers zu dem Behufe, zu welchem sie Hr. Shaw
brauchte, durch eine galvanische Entladung eines Deflagrators oder Calorimotors
bewirkt werden koͤnne, gleichwie ich auf diese Weise bei meinen
eudiometrischen Versuchen die explodirenden Gasgemische entzuͤndete. Dieses
Verfahren ist vollkommen sicher, und man kann ihm durchaus nicht die Ungewißheit
vorwerfen, die man bei der Anwendung der mechanischen Elektricitaͤt zu
aͤhnlichen Zweken immer mehr oder weniger zu befuͤrchten hat. Meine
Erwartung wurde durch die Erfahrung vollkommen bewaͤhrt. Ich habe 12 Ladungen
Schießpulver in einer Entfernung von 130 Fuß durch eine galvanische Batterie
entzuͤndet, – eine Entfernung, die weit groͤßer ist, als sie
fuͤr die Sicherheit des Operateurs noͤthig ist, indem der Deflagrator
leicht so geschuͤzt werden kann, daß der Arbeiter durch die Explosion keinen
Schaden leidet. Man kann den Deflagrator mittelst Hebeln und Rollen in jeder
Entfernung, die man fuͤr noͤthig haͤlt, wirken lassen, und die
Zahl der Ladungen, welche auf ein Mal entzuͤndet werden sollen, erleidet nur
durch die Kosten, die man auf den Apparat verwenden kann oder will, eine
Beschraͤnkung. Diese Bemerkungen beziehen sich hauptsaͤchlich auf das
hoͤchst wichtige Project des Hrn. Shaw:
naͤmlich auf die gleichzeitige Entzuͤndung einer groͤßeren
Anzahl nach einem bestimmten Plane angebrachter Bohrloͤcher. Auf diese Weise
koͤnnten die Steine naͤmlich in große prismatische oder tafelfoͤrmige Stuͤke
gesprengt werden, waͤhrend man gegenwaͤrtig nach der alten Methode bei
undeutlich geschichteten Felsen nur unregelmaͤßige und kleinere Stuͤke
erhaͤlt.
Ich habe mir jedoch vorgenommen, hier hauptsaͤchlich auf eine Modification des
gewoͤhnlichen Sprengprocesses mit einem einzigen Bohrloche aufmerksam zu
machen, – auf eine Modification, durch welche dieser Proceß vollkommen sicher
und gefahrlos gemacht werden duͤrfte.
Die meisten Ungluͤksfaͤlle, die beim Sprengen Statt finden, ereignen
sich, wie ich vorlaͤufig bemerken muß, auf folgende Weise:
1) Die Explosion erfolgte zu fruͤh, ehe der Arbeiter noch Zeit hatte, sich
gehoͤrig zuruͤkzuziehen.
2) Die Explosion erfolgte zu fruͤh, indem sich beim Schließen des mit Pulver
gefuͤllten Bohrloches mit Ziegelmehl oder Sand ein Funken erzeugte.
3) Das Feuer erreicht ungewoͤhnlich lange Zeit die Ladung nicht; der Arbeiter
naͤhert sich dem Bohrloche, um die Ursache hiervon zu erfahren, wo dann die
Explosion oft ploͤzlich erfolgt, und den Unvorsichtigen toͤdtet.
Die Mittel, wodurch die Entzuͤndung nach meiner Methode bewirkt wird, sind nun
folgende. Zwei eiserne Draͤhte, der eine von der feinsten, zu Drahtgeweben
gebraͤuchlichen Art, der andere von No. 24, wie
ihn die Kellner anwenden, werden fest zusammengedreht. Dieß geschieht am Besten,
indem man sie an dem Mittelpunkte der Doke einer Drehebank befestigt,
waͤhrend man sie am anderen Ende waͤhrend des Umdrehens der Doke mit
einem Schraubestoke faßt, um sie auf diese Weise gespannt zu erhalten. Wenn die
Draͤhte auf diese Weise zusammengedreht worden, so dreht man sie eine kurze
Streke weit wieder auf, indem man die dikeren Draͤhte mittelst einer Zange so
von einander trennt, daß die metallische Verbindung der dikeren Drahtwindungen nur
durch den duͤnneren Draht vermittelt ist. Diese dikeren Draͤhte liegen
in einer Saͤgekerbe verborgen, welche so in einem Stuͤke
Cornelkirschenholz angebracht ist, daß sich die Draͤhte nicht bewegen
koͤnnen, weil sonst die duͤnneren Draͤhte allein brechen
wuͤrden. Das eine Ende der zusammengedrehten Draͤhte wird an den Boden
einer blechernen Roͤhre geloͤthet, welche Roͤhre von solcher
Groͤße ist, daß sie das in den Felsen gebohrte Loch bis zur gehoͤrigen
Hoͤhe ausfuͤllt. Wenn diese Roͤhre mit Schießpulver
gefuͤllt worden, so verschließt man deren Muͤndung mit einem Korke,
der so durchbohrt ist, daß der zusammengedrehte Draht durch denselben treten kann,
ohne daß er die Roͤhre an irgend einem Punkte beruͤhren kann, der sich
oberhalb jener Stelle befindet, an welcher der duͤnnere Draht allein die
Vermittelung bildet. Außen an die Roͤhre wird ein Kupferdraht von
beilaͤufig No. 16 angeloͤthet, welcher
Draht so lang seyn muß, daß er sich bis an einen kupfernen oder bleiernen, aus einem
der Pole eines galvanischen Deflagrators oder Calorimotors hervorragenden Stab
erstrekt, und der dann, nachdem er durch den Kork an die innere Seite der
Roͤhre gelangt ist, auf gleiche Weise mit dem anderen Pole in Verbindung
gesezt wird. Die Verbindungen zwischen den Draͤhten, Staͤben und Polen
sollen mittelst einer weichen Loͤthung veranstaltet werden, nachdem die
Roͤhre in das Loch gebracht, welches zu ihrer Aufnahme in den Felsen gebohrt
wurde.
Die blecherne Roͤhre kann auf die gewoͤhnliche Weise durch Einrammen
mit Ziegelmehl oder Sand in dem Bohrloche befestigt werden; man kann sich hierzu
eines Bunzen bedienen, in welchem zum Schuze der Verbindungsdraͤhte
gehoͤrige Loͤcher angebracht sind. Wenn der Apparat auf diese Weise
zugerichtet worden, so wird der feinere Draht durch eine Bewegung des Hebels um den
vierten Theil eines Kreises an jener Stelle entzuͤndet, an welcher er bloß im
Umfange die Vermittelung bedingt, so daß das ihn umgebende Schießpulver auf diese
Weise entzuͤndet wird. Da das Schießpulver, indem es bei dieser Einrichtung
in eine Roͤhre eingeschlossen ist, unmoͤglich durch einen allenfalls
beim Einrammen erzeugten Funken entzuͤndet werden kann, und da die
Entzuͤndung uͤberhaupt auf gar keine andere Weise als durch die
galvanische Entladung bewirkt werden kann, so ist es unbegreiflich, wie bei dieser
Sprengmethode ein Ungluͤk geschehen kann, ausgenommen man will absichtlich
einen Mord begehen, oder man laͤßt sich die unverzeihlichste
Nachlaͤssigkeit und Unwissenheit zu Schulden kommen. Ich brauche wohl nicht
zu bemerken, daß die Anwendung der blechernen Roͤhre und die
Entzuͤndung durch den Galvanismus beim Sprengen von Felsen unter Wasser ganz
vorzuͤglich tauglich seyn muͤßte.