Titel: | Ueber die Verfahrungsarten der Chinesen bei der Bereitung der Tusche; aus der Encyclopédie japonaise ausgezogen von Hrn. Stanislaus Julien. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. X., S. 58 |
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X.
Ueber die Verfahrungsarten der Chinesen bei der
Bereitung der Tusche; aus der Encyclopédie japonaise ausgezogen von Hrn. Stanislaus Julien.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Julius 1833,
S. 308.
Ueber die Bereitung der Tusche.
Ehemals bereitete man die Tusche mit schwarzer ErdeMit Unrecht glauben einige Personen, daß man die Tusche mit der
Fluͤssigkeit des Dintenfisches oder des Achtfußes bereitet. Mit
dieser Fluͤssigkeit, welche schwarz wie Dinte ist, kann man
allerdings schreiben, nach Verlauf eines Jahres verschwinden die
Schriftzuͤge aber gaͤnzlich und das Papier bleibt ganz weiß
zuruͤk. (Encyclopédie japonaise liv.
LI, p. 19.) Hr. Cuvier theilte sein
ganzes Leben lang diesen Irrthum des chinesischen Schriftstellers. Wir lesen
in seinen Abhandlungen uͤber die Geschichte der Mollusken:
„Diese Fluͤssigkeit (die des Achtfußes) ist von
derselben Art wie die aͤchte chinesische Tusche und kann leztere
ersezen. Swammerdam hatte schon vermuthet,
daß die Tusche nichts Anderes als die Dinte des Dintenfisches ist; und
bekanntlich bereitet man auch jezt in Italien daraus eine Tusche, welche
sich von der chinesischen bloß dadurch unterscheidet, daß sie nicht ganz
so schwarz ist. Hr. Bosc versichert, daß die
Chinesen ihre Tusche mit der Fluͤssigkeit der sepia rugosa bereiten. Ich habe mich durch
Versuche uͤberzeugt, daß die Fluͤssigkeit des Achtfußes
und der Seekaze sich der chinesischen Tusche mehr naͤhert als die
des Dintenfisches. Man preßt sie aus dem Zellengewebe aus, worin sie im
Zustande eines etwas diken Breies enthalten ist; sie weicht sich aber im
Wasser auf und faͤrbt eine große Menge davon sogleich schwarz.
Man koͤnnte aus der Bereitung von Tusche mit dieser
Fluͤssigkeit leicht einen kleinen Industriezweig machen,
besonders an den Kuͤsten, wo diese Thiere sehr zahlreich sind. Da
die gute Tusche sehr theuer ist und bei einem niedrigeren Preise
derselben gewiß eine groͤßere Anwendung davon gemacht
wuͤrde, so laͤßt sich erwarten, daß ein solcher
Fabrikationszweig vortheilhaft waͤre.“ Anm. des franz.
Ueb., daher das Zeichen, dessen man sich noch heut zu Tage fuͤr dieselbe
bedient, aus zwei uͤber einander stehenden Buchstaben besteht, wovon der eine
schwarz und der andere Erde bedeutet.
Man bereitet eine sehr geschaͤzte Tusche mir Ruß. Man wendet Fichtenruß an,
welchen man mit dem Safte der Rinde des Baumes Kin
vermengt und mit thierischem Leim, um ihn zu binden und ihm Consistenz zu geben.
Einige sezen auch ein wohlriechendes Praͤparat zu.
Gewoͤhnlich bringt man in einen Ofen Ruß, den man zwei oder drei Mal mit Hanfoͤhl
knetet (nach Du Halde mit Sesamoͤhl) und macht
dann daraus kleine Brode, die man bakt.
Es war unter der Dynastie Thang (von 618 bis 904), daß man anfing Tusche mit Ruß
(Fichtenruß) zu bereiten. Li-Tingkouei, welcher
unter dieser Dynastie lebte, gelang es sie so hart wie Stein zu machen.
Unter der Dynastie der Song (von 960 bis 1278) fing Tchang-in an vom Kampher und Moschus bei der Tuschebereitung
Gebrauch zu machen. Er war auch der erste, welcher die Tuschtaͤfelchen mit
Blattgold verzierte.
Wenn die Tusche zu alt ist, verschwindet der thierische Leim gaͤnzlich und die
Zuͤge haben dann keinen Glanz; ist sie zu neu, so waltet der Leim vor und
verunreinigt den Pinsel. Damit man sich derselben mit Erfolg bedienen kann, muß sie
wenigstens drei oder fuͤnf und hoͤchstens zehn Jahre alt seyn. Erst in
der lezteren Zeit gelang es Kan-lou ihr alle
wuͤnschbaren Eigenschaften zu ertheilen.
Ehemals bewahrten die Tuschfabrikanten die Tusche in Saͤkchen aus
Leopardhaͤuten auf, um sie gegen die Feuchtigkeit zu verwahren; auch in
gefirnißten und luftdicht verschlossenen Kaͤstchen, um ihren Glanz zu
erhoͤhen.
Bemerkungen des japanischen Schriftstellers.
Ehemals war die Tusche, welche man von Nan-king bezog, die
geschaͤzteste; sie ist es auch noch heut zu Tage. Unter den verschiedenen
Arten von Tusche, die aus diesem Lande kommen, behauptet diejenige, welche mit dem
Ruße des Oehles von Hou-ma (jesamum orientale)
verfertigt wird, den ersten Rang. Man sezt ihr auch Kampher und Moschus zu, ferner
Saft von Hong-hoa (carthamus tinctorius), um ihr
Glanz zu ertheilen. Man erhaͤlt diesen Ruß des Oehles mittelst mehrerer
hundert Lampen, uͤber welchen ein metallener Dekel angebracht ist, um ihn zu
sammeln. Von dem Dekel nimmt man den Ruß mittelst einer Feder ab.
Man bereitet auch Tusche mit Fichtenruß, dieß ist aber eine viel geringere Sorte.
Die Tusche in Kugeln (Wan-mé) ist von derselben Art wie diejenige,
welche man Thai-phing-mé nennt. Diese beiden mit Fichtenruß
bereiteten Sorten bezieht man aus der Umgegend von Nietcheou und Ngao-tcheou.
Man kann sie zum Faͤrben der Zeuge anwenden. Den Fichtenruß erhaͤlt
man aus einem Orte Hiong-ye genannt, in der Naͤhe von Ki-theou,
wo man ihn durch Verbrennen der Fichtenknoten bereitet. Die Tusche in Kugelform
benuzt man zum Letterndruk oder zum Zeichnen der Ballen oder Kisten von
Handelswaaren.
Vorschriften.
1) Um auf einen seidenen Stoff zu schreiben, vermischt man ein wenig Ingwersaft mit
dem Wasser, worin man die Tusche aufweicht.
2) Bei sehr kalter Witterung weicht man die Tusche in Wasser auf, dem man etwas Saft
von Fan-tsiao (piper nigrum) zugesezt hat; man
kann dann schreiben ohne daß sie gefriert.
3) Wenn man sehr altes Papier hat, worauf schwer zu schreiben ist, vermischt man die
Tusche mit Saft von Sung-kan (einer Fichtenart); das Papier saugt dann nicht
ein, daher die Schriftzuͤge reiner werden.
4) Wenn man sich versichern will, ob die Tusche von guter oder schlechter
Qualitaͤt ist, bringt man einige Tropfen davon auf eine schwarz gefirnißte
Buͤchse; sie ist vortrefflich, wenn sie eine mit derjenigen des Firnisses
genau uͤbereinstimmende Farbe darbietet.
5) Man kann sich der Tusche vortheilhaft zum Heilen der Brandmale bedienen; zu diesem
Ende weicht man sie in ein wenig Wasser auf, so daß daraus ein diker Brei entsteht,
welchen man auf der verbrannten Stelle ausbreitet; der Schmerz mindert sich
sogleich.
Fortsezung uͤber die chinesische Tusche.
(Aus der Encyclopédie des arts et métiers,
genannt Tian-kong-kai-we.)
Jede Art von Tusche bereitet man mit verdiktem und in Brode geformtem Ruß. Der zehnte
Theil aller Tusche, welche man in China fabricirt, ist mit dem Ruße von
Tongoͤhl (Oehl von bignonia tomentosa), reinem
Oehl und Schweinefett bereitet. Neun Zehntheile der chinesischen Tusche macht man
mit dem Ruße des Baumes Song (Piuus sylvestris, gemeine Fichte).
Die beste und geschaͤzteste Tusche verfertigt man heut zu Tage in der Gegend
von Hoei-tcheou, welche zur Provinz Kiang-nan gehoͤrt. Da das
Oehl schwer zu transportiren ist, so schiken einige Fabrikanten Leute in die
Districte King-siang und Ching-zouen, die das Oehl des Tong (bignonia tomentosa) wohlfeil aufkaufen und an Ort und
Stelle daraus den Ruß brennen, welchen sie dann mitnehmen.
Wenn die mit diesem Ruß bereitete Tusche auf Papier ausgebreitet und den schiefen
Sonnenstrahlen ausgesezt wird, reflectirt sie dieselben glaͤnzend roth,
vorausgesezt daß der Docht der Lampe (in welcher das Tongoͤhl verbrannt
wurde) mit dem Saft der Pflanze Thse-tsao (cercis
siliquastrum?) getraͤnkt worden ist.
Wenn man das Oehl verbrennt, um dadurch den Ruß zu bereiten, erhaͤlt man aus
dem Pfund ungefaͤhr eine Unze Ruß von erster Qualitaͤt. Man sammelt
ihn in dem Maße als er sich bildet. Eine gewandte und geschikte Person kann
zweihundert Lampen versehen. Sammelt man den Ruß aber zu langsam, so verbrennt er,
und man verliert dann das Oehl und den daraus zu erhaltenden Ruß zugleich.
Die gewoͤhnliche Tusche bereitet man mit Fichtenruß folgender Maßen. Zuerst
reinigt man die Fichte von allem ihrem Harze und faͤllt dann den Baum. Wenn
die geringste Menge Harz zuruͤkbliebe, koͤnnte die mit dem Ruße dieses
Holzes bereitete Tusche sich in Wasser nicht vollkommen aufloͤsen und
wuͤrde den Pinsel schmierig machen.
Will man eine Fichte von ihrem Harze befreien, so macht man an dem Fuße des Baumes
ein concaves Loch und stellt eine Lampe hinein. Das Holz erhizt sich
allmaͤhlich und bald laͤuft alles Harz des Baumes durch einen
Einschnitt, den man machte, ab.
Die Fichtenstuͤke, welche man verbrennt, um daraus den Ruß zu erhalten,
muͤssen duͤnn und ungefaͤhr einen Fuß lang seyn. Die zum
Aufsammeln des Rußes bestimmte Stelle ist ein langer Kaͤfig aus geflochtenen
Bambusrohren, aͤhnlich der Koje, worin sich die Seeleute in ihren Fahrzeugen
gegen den Regen schuͤzen. Er muß ungefaͤhr hundert Fuß lang seyn. Man
uͤberzieht ihn innen und außen mit Blaͤttern von geleimtem Papier.
Wenn diese Arbeit beendigt ist, bringt man mehrere mit kleinen Loͤchern
versehene Scheidewaͤnde an, damit der Rauch austreten kann. Den Boden
pflastert man mit Erde und Mauersteinen und nachdem der Canal, durch welchen der
Rauch bis zur lezten Scheidewand gelangen muß, beendigt ist, verbrennt man am
Eingange mehrere Tage lang Fichtenstuͤke. Wenn das Feuer ausgeloͤscht
ist, geht man in diesen langen Kaͤfig, um den Ruß zu sammeln. Sobald das
Feuer angezuͤndet ist, dringt der Rauch von der ersten Scheidewand bis zur
lezten. Der Ruß, welcher sich an die Seiten der ersten und zweiten Scheidewand (vom
Ende angefangen) anlegt, ist der leichteste und zarteste; man verfertigt daraus die
beste Fichtenrußtusche. Der Ruß an der mittleren Scheidewand ist sehr dik und wird
zur Verfertigung der ordinaͤren Tusche benuzt. Der an der ersten und zweiten
Scheidewand (vom Eingange an gerechnet) wird an die Buchdruker verkauft, welche ihn
zerreiben und dann anwenden. Der Ruͤkstand, welcher nicht in Pulver
verwandelt werden konnte, dient fuͤr die Firnißbereiter und Maler der
geringsten Classe.
Um die Guͤte der mit Fichtenruß bereiteten Tusche zu ermitteln, braucht man
sie nur einige Zeit lang in Masser weichen zu lassen; sie ist mittelmaͤßig,
wenn sie auf demselben schwimmt und desto besser, je mehr sie darin untersinkt.
Nachdem die Tusche mit thierischem Leim vereinigt und hinreichend troken geworden
ist, zerschlaͤgt man eine Stange davon mit einem Hammer, um die Haͤrte
nach der Anzahl von Stuͤken, in welche sie sich zertheilt, zu beurtheilen. Einige vergolden
die Tusche und vermengen sie auch mit Moschus. Dieser Zusaz, welcher von dem
Belieben des Fabrikanten abhaͤngt, traͤgt zur Guͤte der Tusche
nichts bei.