Titel: | Bericht des Hrn. Amedée Durand über eine von Hrn. Saulnier d. älteren, Mechaniker zu Paris, rue Saint. Ambroise-Papincourt No. 5, erfundene Methode die Kupferplatten für die sogenannte Schwarzkunst zuzubereiten. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. XXIII., S. 114 |
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XXIII.
Bericht des Hrn. Amedée Durand uͤber eine von Hrn.
Saulnier d.
aͤlteren, Mechaniker zu Paris, rue
Saint. Ambroise-Papincourt No. 5, erfundene Methode die Kupferplatten
fuͤr die sogenannte Schwarzkunst zuzubereiten.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. Septbr. 1833, S. 309.
Methode die Kupferplatten fuͤr die sogenannte Schwarzkunst
zuzubereiten.
Hr. Saulnier d. aͤltere, dem die Mechanik und die
Kuͤnste uͤberhaupt schon so viele Erfindungen verdanken, hat der
Gesellschaft ein neues Verfahren mitgetheilt, nach welchem sich die Kupferplatten,
welche fuͤr die sogenannte Schwarzkunst bestimmt sind, weit besser und
leichter zubereiten lassen, als dieß bisher der Fall war.
Unter Schwarzkunst versteht man bekanntlich jene Art von Kupferstich, durch welchen
die sogenannten Wischerzeichnungen nachgemacht werden. Man macht bei dieser Methode
die ganze Kupferplatte voll kleiner vertiefter Punkte, welche so nahe an einander
angebracht sind, daß die Platte ein mattes, sammtartiges Aussehen bekommt. Wird nun
mit einer solchen Platte nach dem gewoͤhnlichen Verfahren, dessen sich die
Kupferstichdruker bedienen, ein Abdruk gemacht, so wird dieser Abdruk je nach der
Tiefe und der Menge der in die Platte gestochenen Punkte mehr oder weniger große und
mehr oder weniger dunkle schwarze Stellen darbieten. Werden die vertieften Punkte
aber an verschiedenen, je nach der Zeichnung erforderlichen Stellen ausgeglichen, so
werden die auf diese Weise modificirten Stellen weniger Drukerschwaͤrze
aufnehmen, und daher beim Abdruke der Platten die sogenannten Halbschatten und
Lichter geben, je nachdem die Ausgleichung der Vertiefungen mehr oder minder
vollkommen geschehen.
Mittelst dieser Arbeit, die von Seite des Kuͤnstlers oft die groͤßte
Zartheit der Hand erfordert, lassen sich Resultate erzielen, die in jeder Hinsicht,
sowohl was Feinheit, als Vollendung betrifft, mit den besten Zeichnungen auf Papier
den Vergleich aushalten. Da nun die Arbeit des Kuͤnstlers hierbei
hauptsaͤchlich in der Unterdruͤkung der in die Platte gestochenen
Vertiefungen besteht, und da die Schatten großen Theils von der Beschaffenheit der
beibehaltenen Vertiefungen abhaͤngen, so ist die Art und Weise, auf welche
die Vertiefungen erzeugt werden, natuͤrlich von dem groͤßten Einflusse
auf diese Art von Kupferstichen.
Bis auf den heutigen Tag wurden in Frankreich, bis auf einige wenige, oder
unvollkommen gebliebene Versuche, die Kupferplatten fuͤr die Schwarzkunst
immer durch die Handarbeit der Kuͤnstler, die sehr langwierig war, und eine
seltene Uebung und Gewandtheit erforderte, zubereitet. Das Verfahren hierbei,
welches man das Wiegen (berçage) nannte, wurde
mit einem eigenen Instrumente, der sogenannten Wiege, bewerkstelligt. Diese Wiege
besteht aus einer Art von Scheere, welche mit einem Bleie beschwert ist, und an
welcher der die Schneide vorstellende Theil einen Kreisbogen beschreibt, der sich
also in der Flaͤche des Instrumentes befindet. Diese Schneide, welche aus
vielen, sehr nahe an einander befindlichen Spizen besteht, wird mit einer
Schaukelbewegung von der einen ihrer Kanten zur anderen uͤber die Platte
gefuͤhrt, und zugleich wird derselben eine langsame fortschreitende Bewegung
mitgetheilt. Mittelst dieser fortschreitenden Bewegung und der beinahe unendlichen
Wiederholung der Schaukelbewegungen nach allen Richtungen, wurden nun die Platten
bisher fuͤr die Schwarzkunst zubereitet.
Bei der Betrachtung dieser Operation ergibt sich von selbst, daß es, wie gewandt der
Kuͤnstler auch seyn mochte, doch unmoͤglich war, eine vollkommen
gleiche Schattirung zu erzielen, daß folglich die Lichter auch nicht
gleichmaͤßig werden konnten, und daß es vielen Stellen nothwendig an dem
gehoͤrigen Grade von Durchsichtigkeit fehlen mußte. Ueberdieß erhielt die
ganze Arbeit auch nicht Tiefe genug, um zahlreiche Abdruͤke zu gestatten. So
lange man bloß Kupferplatten anwendete, beschraͤnkte sich die Zahl der
Abdruͤke auf 300–400; in neuerer Zeit, wo man sich haͤufiger
der Stahlplatten bedient, hat sich diese Zahl jedoch bedeutend vermehrt.
Die Platten, welche Hr. Saulnier mechanisch zubereitet,
bestehen gleichfalls aus Stahl; ihre Vertiefungen dringen weit tiefer ein, und daher
kommt es denn auch, daß sie weit laͤnger dauern, als die mit der Hand
zubereiteten Platten. In Hinsicht auf Vollkommenheit der Tinten oder Schattirungen
haben seine Platten einen von den ausgezeichnetsten Kuͤnstlern anerkannten
Vorzug. Herr Saulnier vollbringt diese Zubereitung der
Stahlplatten mittelst einer eigenen Maschine, die er noch geheim haͤlt. Die
Commission hat die Maschine jedoch arbeiten gesehen, und ist sowohl hiernach, als in
Folge der Untersuchung, der sie die mit derselben zubereiteten Platten unterwarf,
der Ueberzeugung, daß die Maschine des Hrn. Saulnier
folgende große Vortheile gewaͤhrt:
1) wird die Vertheilung der Vertiefungen auf der Oberflaͤche der Platte
vollkommen gleichmaͤßig;
2) laͤßt sich die Form und Vertheilung der Gruͤbchen unendlich
abaͤndern;
3) laͤßt sich die Arbeit auf aͤußerst beschraͤnkten
Raͤumen mannigfaltig abaͤndern, und der Natur der verschiedenen
Gegenstaͤnde, die sie vorstellen sollen, anpassen;
4) wird die Tiefe der Gruͤbchen immer gleichmaͤßig, was bei der
Verfertigung derselben mit der Hand nicht moͤglich war;
5) kann man auf diese Weise Platten erzeugen, von denen die eine der anderen
vollkommen gleich ist.
Die Commission hat sich bei vielen Kuͤnstlern erkundigt, und uͤberall
die Versicherung erhalten, daß die mechanisch zubereiteten Platten vor den
gewoͤhnlichen den Vorzug verdienen; es ist daher zu erwarten, daß diese
Methode bald allgemein Eingang finden wird, obschon sich auch hier das Vorurtheil
und der Schlendrian entgegenstemmten.