| Titel: | Ueber die Theorie der Anwendung von rohem oder gefaultem Dünger. | 
| Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LIII., S. 230 | 
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                        LIII.
                        Ueber die Theorie der Anwendung von rohem oder
                           gefaultem Duͤnger.
                        Aus dem Quarterly Journal of Agriculture im Repertory of Patent-Inventions. Januar
                              1834, S. 30.
                        Anwendung von rohem oder gefaultem Duͤnger.
                        
                     
                        
                           Davy war der erste, der die Anwendung der Chemie und
                              ihrer Principien auf die Landwirthschaft in ein System brachte, und dieses System
                              wurde zuerst in einem Lehrcurse veroͤffentlicht, den dieser unsterbliche Mann
                              vor dem ehemaligen landwirthschaftlichen Bureau (Board of
                                 agriculture) zu London hielt. In diesem Systeme nun, in welchem so ziemlich
                              Alles enthalten war, was auf dem damaligen Standpunkte der Landwirthschaft als
                              Wissenschaft bekannt war, kommt in Hinsicht auf die Anwendung des gefaulten
                              Duͤngers folgende merkwuͤrdige Stelle vor: „So wie die
                                 Zersezung des Duͤngers beginnt, laͤßt derselbe seine
                                 fluͤchtigen Theile, die gerade die kostbarsten und wirksamsten sind,
                                 entweichen. Duͤnger, der gegohren hat, und der nur mehr eine weiche
                                 zusammenhaͤngende Masse bildet, hat im Allgemeinen schon den dritten
                                 Theil oder die Haͤlfte seiner nuͤzlichsten Elemente verloren. Wenn
                                 er daher seine volle Kraft auf die Pflanzen ausuͤben, und wenn nichts von
                                 seinen Nahrungsstoffen fuͤr dieselben verloren gehen soll, so
                                 muͤßte man ihn offenbar weit fruͤher, und lange bevor die
                                 Zersezung ihren hoͤchsten Grad erreicht hat, anwenden.“
                              
                           Diese Ansicht wurde im Jahre 1809 aufgestellt, und bis auf die neuesten Zeiten
                              pflichteten ihr auch die meisten Chemiker bei, obschon die Erfahrung
                              bestaͤndig in directem Widerspruche mit derselben stand.
                           Man wendete den Duͤnger fortwaͤhrend in Form jener weichen
                              zusammenhaͤngenden Masse an, und erzielte damit reiche Ernten;
                              waͤhrend man da, wo man den Duͤnger benuzte, ehe er noch die
                              gehoͤrige Gaͤhrung und Zersezung erlitten hatte, immer einen Verlust
                              an der Ernte, dem Duͤnger und der Handarbeit als Resultat dieser Methode
                              beobachtete.
                           Es ist zuverlaͤssig eine irrige Behauptung, wenn man sagt, daß die besten
                              Theile des Duͤngers durch den ersten Act seiner Gaͤhrung verloren gehen. Jeder Haufen
                              frischen Duͤngers gibt kurze Zeit nachdem er zusammengeschichtet worden, eine
                              gasartige Ausduͤnstung von sich, deren Quantitaͤt von dem Zustande der
                              Atmosphaͤre abhaͤngt. Diese ausgehauchten Substanzen bestehen jedoch
                              nicht aus den besten und der Vegetation foͤrderlichsten Gasarten, sondern
                              hauptsaͤchlich aus verduͤnstetem Wasser.Der Verfasser, der uͤberhaupt kein sehr gruͤndlicher Chemiker
                                    zu seyn scheint, scheint hier die aufloͤsende Eigenschaft, die der
                                    Wasserdampf in Hinsicht auf vegetabilische und thierische Substanzen
                                    bekanntlich in so hohem Grade besizt, ganz uͤbersehen zu haben. Wir
                                    glauben, daß ihn wenigstens seine Nase haͤtte belehren
                                    koͤnnen, daß der Dunst eines frischen Duͤngerhaufens kein
                                    bloßer Wasserdampf ist. – Wir sind wohl auch fuͤr die
                                    Anwendung von gegohrenem Duͤnger; allein wir schließen uns hierbei
                                    denen an, welche verlangen, daß die Gaͤhrung gehoͤrig geleitet
                                    werde, und daß von deren Produkten so wenig als moͤglich verloren
                                    gehe. Die Gaͤhrung darf daher nicht tumultuarisch von Statten gehen,
                                    und die dabei entwikelten Gasarten sollen so viel als moͤglich zur
                                    Bildung solcher Substanzen bestimmt werden, die den Pflanzen entweder selbst
                                    als Nahrung dienen, oder die dieselben, gleich manchen Salzen, zu einer
                                    groͤßeren Thaͤtigkeit, zu einer gesteigerten Aufnahme von
                                    Nahrungsstoffen, und folglich zu einem uͤppigeren Wachsthume
                                    veranlassen. A. d. R. Wenn man an einem sonnigen Tage eine Dunstschichte uͤber ein
                              Brachfeld ausgegossen sieht, so faͤllt es gewiß Niemandem ein, zu behaupten,
                              daß dieser Dunst von den Gasen herruͤhre, die aus dem fruͤher
                              untergeakerten Duͤnger emporsteigen; denn dieser Dunst ist nichts mehr und
                              nichts weniger, als die durch die Einwirkung der Sonnenwaͤrme hervorgebrachte
                              Verdunstung der Feuchtigkeit des Bodens. Wenn man also behauptet, daß durch den
                              ersten Act der Gaͤhrung die besten und kraͤftigsten Theile des
                              Duͤngers verloren gehen, so ist dieß eben so viel, als sagte man, der
                              Wasserdampf sey der nuͤzlichste Bestandtheil des Duͤngers.
                           Es ist zwar wahr, daß, wenn die Gaͤhrung des Duͤngers selbst dann noch
                              fortwaͤhrt, wenn all sein Wasser verdampft ist, eine bedeutende Zunahme der
                              Temperatur entstehen wird; und daß, wenn die Textur der faserigen Theile des
                              Duͤngers eine Zersezung zu erleiden beginnt, eine Entwikelung von wirksamen
                              Gasen Statt findet. Die Entweichung solcher Gase aus einem Duͤngerhaufen, der
                              sich schon laͤnger in Gaͤhrung befindet, ist bereits durch directe
                              Versuche erwiesen; allein welcher Nachtheil erwaͤchst dem Duͤnger als
                              Duͤngmittel durch das Entweichen dieser Gasarten? Wir antworten hier auf: Gar
                              keiner.
                           Man sagt uns zwar, daß diese Gase hauptsaͤchlich die Nahrung der Pflanzen
                              ausmachen; daß folglich, wenn man dieselben durch die Zersezung entweichen
                              laͤßt, die Quantitaͤt des in einem Haufen Duͤnger enthaltenen
                              Nahrungsstoffes bedeutend vermindert wird; und daß endlich, wenn man den
                              Duͤngerhaufen durch eine uͤbermaͤßige Gaͤhrung um die
                              Haͤlfte oder um den dritten Theil kleiner werden laͤßt, die
                              Quantitaͤt der in demselben enthaltenen Nahrungsstoffe fuͤr die
                              Pflanzen in einem noch weit groͤßeren Verhaͤltnisse abnimmt. Alle
                              diese Nachschlage sind schon laͤngst zu Ohren der Praktiker gedrungen, und
                              doch hat man dieselben nur gleichguͤltig aufgenommen. Es ist zwar vollkommen
                              richtig, daß einige dieser Gasarten den Pflanzen als Nahrung dienen; allein daraus
                              folgt noch durchaus nicht, daß die Pflanzen diese Gase auch direct ausnehmen, so wie
                              sie sich aus der gaͤhrenden und erhizten Masse entwikeln; es ist im
                              Gegentheile wahrscheinlich, daß sie eine solche Nahrung, als ihnen
                              schaͤdlich, zuruͤkstoßen wuͤrden. Da die Pflanzen jedoch nicht
                              die Faͤhigkeit besizen, ihren Ort zu veraͤndern, so koͤnnen sie
                              der ihnen direct dargebotenen Nahrung nicht entgehen; sie muͤssen von
                              derselben aufnehmen, wenn sie ihnen auch schaͤdlich ist, und sie
                              muͤssen, wenn dieß der Fall ist, zu Grunde gehen. Man hat auch immer
                              gefunden, daß die Pflanzen stets leiden, wenn sie mit gaͤhrendem
                              Duͤnger in Beruͤhrung kommen, und diese laͤngst bekannte
                              Thatsache ist es auch, die die Oekonomen von der Anwendung des rohen Duͤngers
                              abschrekt.
                           Man bringt zwar den rohen und unzubereiteten Duͤnger zuweilen unter die Erde;
                              allein in diesen Faͤllen wird die Saat oder die Pflanzung auch lange nach der
                              Duͤngung und nach der Beendigung der Gaͤhrung des Duͤngers
                              unter der Erde vorgenommen. Die Chemiker empfehlen also diese Benuzungsweise des
                              Duͤngers, weil hierbei die Gase, die sich waͤhrend der Gaͤhrung
                              des Duͤngers entwikeln, von der Erde eingesaugt, und dann von dieser an die
                              Pflanzen abgegeben werden; die Oekonomen hingegen befolgen dieselbe, weil die
                              Gaͤhrung beendigt ist, bevor sie noch die Saat in den Boden bringen. Welcher
                              dieser Gruͤnde hat mehr fuͤr sich? Unstreitbar jener der Praktiker;
                              denn die duͤnne Schichte Erde, womit der Duͤnger bedekt wird, ist
                              gewiß nicht im Stande, das Entweichen der elastischen Gasarten zu verhindern, wie
                              langsam die Gaͤhrung auch von Statten gehen mag.
                           Es laͤßt sich der Analogie nach schließen, daß die Pflanzen so wie die Thiere
                              eine eigenthuͤmliche Art sich zu naͤhren besizen. Sie verzehren die
                              Nahrung nicht in dem Zustande, in welchem wir sie ihnen darbieten; es ist genug,
                              wenn man die zu ihrer Ernaͤhrung noͤthigen Substanzen in jenem
                              Zustande und so unter die Erde bringt, daß sie denselben am wenigsten schaden, und
                              daß sie in deren Bereich kommen. Jener Zustand nun, in welchem der Duͤnger am
                              wenigsten nachtheilig auf die Pflanzen einwirkt, ist der gegohrne, in welchem er eine weiche
                              zusammenhangende Masse bildet. Die Erfahrung hat sich seit uralten Zeiten
                              hiefuͤr ausgesprochen, und neue wissenschaftliche Entdekungen sprechen nun
                              gleichfalls zu Gunsten der Erfahrung.
                           Im Jahre 1802 erhielt der beruͤhmte Chemiker Klaproth von Palermo aus eine Substanz zugesandt, welche freiwillig aus
                              der Rinde einer Ulmenart ausgeschwizt war, und welcher Dr.
                                 Thomson provisorisch den Namen Ulmin beilegte.
                              Diese Substanz loͤst sich in einer geringen Quantitaͤt Wasser schnell
                              auf, und verhalt sich in dieser Hinsicht wie ein Gummi; wird diese Aufloͤsung
                              aber durch Verduͤnstung stark concentrirt, so wird sie nicht im Geringsten
                              schleimig oder klebend: eine Eigenschaft, durch welche sich das Ulmin wesentlich vom
                              Gummi unterscheidet. Sezt man der Ulminaufloͤsung aber einige Tropfen
                              Salpetersaͤure oder Chloraufloͤsung zu, so wird sie dadurch
                              gallertartig, und diese Gallerte gibt, wenn man sie langsam bis zur Trockenheit
                              eindikt, dann mit Alkohol behandelt, und hierauf wieder eindampft, eine hellbraune,
                              bittere und scharfe, harzige Substanz. Es scheint also hiernach, daß das Ulmin durch
                              Zusaz von etwas Sauerstoff, der entweder durch die Wirkung der
                              Chloraufloͤsung aus dem Wasser entwikelt, oder von der Salpetersaͤure
                              abgegeben wird, in eine harzartige Substanz verwandelt, und in diesem Zustande in
                              Wasser unaufloͤslich wird. Berzelius hat nun diese
                              sonderbare Substanz in allen Rinden entdekt; Braconnot
                              stellte sie aus den Saͤgespaͤnen, der Staͤrke und dem Zuker
                              dar; Polydore Boullay endlich fand, was hier fuͤr
                              uns am wichtigsten ist, daß sie einen Hauptbestandtheil aller Bodenarten und
                              Duͤngerarten ausmache. Sprengel gab ihr, weil sie
                              in allen Bodenarten und vorzuͤglich im Humus enthalten ist, den passenderen
                              Namen Humussaͤure.
                           Dieß ist die Geschichte dieser merkwuͤrdigen Substanz, die eine so große Rolle
                              bei der Wirkung der faulenden Duͤngerarten spielt, und die man in der weichen
                              zusammenhangenden Masse des gefaulten Duͤngers in so großer Menge antrifft.
                              Wir wollen nun sehen, auf welche Weise dieser Duͤnger wirkt.
                           Die Hauptnahrung der Pflanzen besteht aus kohlensaurem Gase und Ulmin, oder aus
                              Ulmsaͤure mit Wasser vermengt, wie Boullay diese
                              Substanz nennt. Der Werth des Duͤngers richtet sich daher nach der Menge, in
                              welcher diese Substanzen in ihm enthalten sind, und auch darnach, ob er dieselben in
                              einem zur Ernaͤhrung der Pflanzen tauglichen Zustande enthalt. Die Erfahrung
                              raͤch nun jede Art von Duͤnger, derselbe mag einfach oder
                              zusammengesezt seyn, faulen zu lassen, und ihn in eine gleichmaͤßige,
                              dunkelbraune, weiche Masse zu verwandeln, welche sich mit dem Spaten stechen laͤßt, und die
                              beinahe wie frischer Torf aussieht; sie raͤth dieß, weil der Duͤnger
                              in diesem Zustande den Saaten weit zutraͤglicher ist, als frischer
                              Duͤnger oder bloße Streue, wie groß auch die Quantitaͤt
                              Kohlensaͤure seyn mag, die sich wahrend der Gaͤhrung entwikelte. Aus
                              den neueren Entdekungen hingegen ergibt sich, worin das durch die Erfahrung
                              erworbene Wissen seinen Grund hat; denn sie zeigten, daß der gefaulte Duͤnger
                              bei gleichem Gewichte weit mehr kohlensaures Gas und mehr Ulmsaͤure
                              enthaͤlt, als der frische Duͤnger. Es findet zwar beim Faulen des
                              frischen Duͤngers eine Verminderung des Volumens, und waͤhrend der
                              Gaͤhrung eine Entwikelung von kohlensaurem Gase Statt; allein es
                              fraͤgt sich bei der Beurtheilung der Guͤte des Duͤngers nicht
                              bloß darum, wie viel kohlensaures Gas in ihm enthalten ist, sondern auch darum,
                              welches der geeignetste Zustand ist, in welchem das kohlensaure Gas im
                              Duͤnger den Pflanzen dargeboten werden kann; und dieser Zustand ist gerade
                              der gefaulte, weil der gefaulte Duͤnger allein eine groͤßere Menge
                              Ulmsaͤure enthaͤlt. Beinahe all die schwarze kohlige Substanz, welche
                              man in den Duͤngerhaufen antrifft, besteht aus Ulmin, welches leicht in
                              Ulmsaͤure, die sich eigentlich als der gekochte Zustand der Nahrungsmittel
                              fuͤr die Pflanzen, betrachten laͤßt, verwandelt werden kann. Die
                              Praxis hat gezeigt, daß frischer Duͤnger der Vegetation nachtheilig ist, und
                              neuere Forschungen haben gelehrt, daß dieß hauptsaͤchlich von der Scharfe des
                              Ammoniums herruͤhrt, welches immer im ungegohrnen Duͤnger enthalten
                              ist, durch die Gaͤhrung aber ausgetrieben wird. Man sagt daher auch, daß
                              frischer Duͤnger die Pflanzen verbrenne, und dieß ist auch ganz der passende
                              Ausdruk fuͤr die Wirkung des Ammoniums. Aus gleichem Grunde ist auch alter
                              fluͤssiger Duͤnger, den man auf Wiesen etc. ausgießt, nicht so gut,
                              als frischer, oder als solcher, der reichlich mit Wasser vermengt worden; denn das
                              Ammonium wird in dem alten fluͤssigen Duͤnger immer mehr und mehr
                              concentrirt und folglich den Pflanzen nachtheilig. Solcher alter fluͤssiger
                              Duͤnger muß daher reichlich mit Wasser vermengt werden, um das Ammonium
                              gehoͤrig zu verduͤnnen, und um es moͤglich zu machen, daß die
                              große in ihm enthaltene Menge Ulmsaͤure gehoͤrig wirken koͤnne.
                              Das Bedeken der Duͤngerhaufen mit Erde, welches die Oekonomen bei heißem
                              Wetter haͤufig anordnen, erklaͤrt sich gegenwaͤrtig nicht mehr
                              dadurch, daß die Erde das kohlensaure Gas aufsaugt und am Entweichen hindert,
                              – (eine Wirkung, die uns eben so vorkommt, als wenn man Wasserstoffgas in
                              einem Ballon aus Tull verschließen wollte), – sondern dadurch, daß die Erde
                              eine lebhaftere Gaͤhrung des Duͤngers verhindert, indem sie die
                              atmosphaͤrische Luft und daß Regenwasser, deren Sauerstoff zur Bildung der Kohlensaͤure
                              noͤthig ist, wenigstens zum Theil abhaͤlt. Die lebhaftere
                              Gaͤhrung in einem Duͤngerhaufen, der viel Pferdemist enthaͤlt,
                              muß vorzuͤglich deßhalb unterdruͤkt werden, damit der Duͤnger
                              nicht verbrenne, well er in diesem Zustande beinahe unnuͤz ist.
                           Was die Zusaͤze betrifft, so hat man gefunden, daß es den Duͤnger, er
                              mag frisch oder faul seyn, verderben heißt, wenn man ihn mit Kalk vermengt; denn der
                              Kalk nimmt die Kohlensaͤure, die im Duͤnger enthalten ist, auf, und
                              versezt sie in einen Zustand, in welchem sie wenig Wirkung hat. Ein Gemenge aus
                              frischem Duͤnger mit Unkraut, gruͤnen Blaͤttern, Gras, Torf und
                              frischen Vegetabilien, ohne Kalk, ist sehr gut, weil alle diese Substanzen eine
                              große Menge Ulmin liefern. Dafuͤr befoͤrdert der Kalk aber die
                              Gaͤhrung der Moorerde, der duͤrren Blaͤtter und aller
                              Substanzen, in welchen eine harte Holzfaser enthalten ist, wodurch Ulmin in Menge
                              geliefert wird.
                           Bei dem Duͤnger selbst kommt sehr viel auf die Jahreszeit an. Im Winter soll
                              der Duͤnger in keinem Zustande auf oder in den Boden gebracht werden; die
                              geeignetste Zeit ist der Fruͤhling. Ganz unverstaͤndig ist es,
                              denselben in Haufen den heißen Sonnenstrahlen auszusezen, und eben so
                              unzwekmaͤßig ist es, denselben lange Zeit uͤber in Haufen auf dem
                              Felde liegen zu lassen. Dieß sind praktische Regeln, die sich nun auch
                              wissenschaftlich erklaͤren lassen. Im Winter befinden sich keine Saaten auf
                              den Feldern, auf welche der Duͤnger angewendet werden kann; im
                              Fruͤhlings hingegen treten Pflanzen und Samen in neues Leben, und ihre
                              Wurzeln entwikeln dann die groͤßte Thaͤtigkeit in der Aufsaugung der
                              Nahrungsstoffe, welche in deren Bereich gebracht werden. Durch das Ausbreiten und
                              Liegenlassen des gefaulten Duͤngers an der Sonnenhize werden die
                              Bestandtheile derselben großen Theils verdampft; und laͤßt man ihn in großen
                              Haufen eine Zeit lang auf dem Boden liegen, so gewaͤhrt man jenen Stellen des
                              Bodens, die damit bedekt sind, einen unverhaͤltnißmaͤßig großen
                              Vortheil.
                           Aus allem diesem ergibt sich also, daß die Theorie nun vollkommen mit jener Praxis
                              uͤbereinstimmt, die man seit langen Jahren mit den besten Resultaten
                              befolgte, und daß die Praktiker bloß durch ihre Erfahrung zu einer Methode kamen,
                              welche den besten Erfolg gewaͤhrt, und auch auf wissenschaftlichen
                              Gruͤnden beruht. Diese Uebereinstimmung der Erfahrung mit der Theorie sollte
                              Jedermann belehren, daß man bei der Beurtheilung der verschiedenen Meinungen nicht
                              die Theorie allein, sondern die Theorie und die Erfahrung beruͤksichtigen
                              muͤsse. Im Interesse der Praxis ist es aber, immer aufmerksam auf die
                              Fortschritte und Entdekungen der Wissenschaft zu achten. Denn so gehoͤrt es
                              z.B. zu den wichtigeren
                              Entdekungen, daß der Werth der Duͤngerarten nach dem Verhaͤltnisse der
                              in ihnen enthaltenen Kohlensaͤure und Ulmsaͤure oder nach der
                              Quantitaͤt dieser Substanzen, die sich waͤhrend der Wirkung des
                              Duͤngers aus ihm entwikelt, und endlich auch nach der Quantitaͤt
                              Wasser, die sie aufzunehmen und zuruͤkzuhalten im Stande sind, beurtheilt
                              werden kann. So lange diese Probe bloß auf den Gehalt an kohlensaurem Gase und an
                              Wasser beruhte, und so lange man die Wichtigkeit der Ulmsaͤure noch nicht
                              erkannt hatte, wurden, wie wir oben sahen, selbst Gelehrte zu großen
                              Irrthuͤmern uͤber die Wirkung des Duͤngers verleitet.
                              Wuͤrde man die Guͤte des Duͤngers z.B. bloß nach seiner
                              Faͤhigkeit Wasser aufzunehmen und zuruͤkzuhalten beurtheilen, so
                              muͤßte der Torf, der in unzerseztem Zustande doch eine hoͤchst
                              unfruchtbare Substanz ist, der beste aller Duͤnger seyn; und wuͤrde
                              man die Entwikelung von Kohlensaͤure allein als Pruͤfungsmittel
                              benuzen, so muͤßte der Kalk ein vortrefflicher Duͤnger seyn. Dieß
                              waͤre auch wirklich der Fall, wenn er so viel Waͤsser aufzunehmen im
                              Stande waͤre, als zur Aufloͤsung eines Theiles desselben erforderlich
                              ist: eine Bedingung, welche durch die Ulmsaͤure erfuͤllt wird. Wendet
                              man dieses Pruͤfungsmittel endlich auf den gefaulten Duͤnger an, so
                              wird man finden, daß derselbe weit mehr Wasser einzusaugen und zuruͤkzuhalten
                              vermag, als der frische oder ungegohrne Duͤnger, und selbst als jener
                              Duͤnger der erst in Gaͤhrung zu treten beginnt. Wer hieran zweifelt,
                              kann sich durch einen hoͤchst einfachen Versuch von der Richtigkeit dieser
                              Thatsache uͤberzeugen.