Titel: | Verfahren zur Fabrikation von Papier und Pappendekel aus Süßholz. Verfallenes Patent des Hrn. Poisson. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LXI., S. 263 |
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LXI.
Verfahren zur Fabrikation von Papier und
Pappendekel aus Suͤßholz. Verfallenes Patent des Hrn. Poisson.
Aus den Annales de la Société
Polytechnique. No. 10. S. 139.
Fabrikation von Papier und Pappendekel aus
Suͤßholz.
Da die Lumpen immer theurer und seltner werden, so hat man in lezteren Zeiten
mannigfache Versuche angestellt, aus Birken- und Lindenrinde, Stroh,
Brennnesseln, Malven, Ginster, Hollunder, aus den Agen, aus dem Ruͤkstande,
den man bei der Fabrikation von Staͤrkmehl aus Kartoffeln erhalt etc., Papier
zu erzeugen. Ich selbst habe, theils um etwas zur Vervollkommnung der
Papierfabrikation beizutragen, theils um die Erzeugung von Suͤßholzsaft in
Frankreich emporzubringen, eine große Menge von Versuchen angestellt, die zu einem
guͤnstigen Resultate fuͤhrten, und mich veranlaßten, in Marseille eine
Fabrik zu errichten, in welcher ich aus den bei der Bereitung des
Suͤßholzsaftes bleibenden Ruͤkstaͤnden nach dem unten
beschriebenen Verfahren Papier fabricire.
Man hat bisher aus der Suͤßholzpflanze (Glycirrhiza
glabra L.) noch kein Papier erzeugt, sondern man beschraͤnkte sich
darauf, sie in
Verbindung mit den Agen des Flachses und Hanfes, und in Verbindung mit Ginster zur
Fabrikation der schlechtesten Sorte Papier zu verwenden. Ich bereite hingegen aus
dem Suͤßholze allein, ohne allen Zusaz, und durch Bleichen der Masse mit oder
ohne Schwefelsaͤure, mit Chlor oder Chlorkalk, mit Potasche oder Soda, sowohl
feines und von Natur aus geleimtes Papier, als Pappendekel.
Die Suͤßholzwurzel enthaͤlt außer ihrem suͤßen Bestandtheile
auch eine große Menge Eiweißstoff, der beim Sieden des waͤsserigen Aufgusses
der Wurzel gerinnt, und der selbst durch Kochen nicht ganz aus der Wurzel ausgezogen
wird.
Ich nehme nun frische Suͤßholzwurzel, und entferne sorgfaͤltig das
Oberhaͤutchen derselben, so wie saͤmmtliche beschaͤdigte Theile
der Rinde oder des Holzes. Diese gereinigten Wurzeln zerquetsche ich dann mittelst
zweier senkrechter Muͤhlsteine, die sich wie jene, deren man sich im
noͤrdlichen Frankreich zur Fabrikation von Oehl aus dem Repse etc. bedient,
auf einer horizontalen Flaͤche umdrehen. Hierauf bringe ich die Wurzel in
einen kupfernen oder gußeisernen Kessel mit doppeltem Boden, in welchem
Loͤcher von einem Zoll im Umfange angebracht sind. In diesem Kessel gieße ich
auf die Wurzel 25 bis 30 Mal ihr Gewicht Flußwasser, welches auf 80° des
100gradigen Thermometers erhizt worden, und welches einige Stunden lang auf dieser
Temperatur erhalten wird. Ist die Fluͤssigkeit erkaltet, so ziehe ich sie
mittelst eines an dem unteren Theile des Kessels angebrachten Hahnes ab, und lasse
die Suͤßholzwurzel zum zweiten Male durch die Muͤhlsteine laufen, um
sie hierauf noch ein Mal mit warmem Wasser anzugießen, oder in einem Cylinder, der
dem von Hallette dem Sohne angegebenen aͤhnlich
ist, mit Dampf zu behandeln. Der Wasserdampf erweicht die Suͤßholzwurzel
bedeutend, erleichtert die Ausziehung des Zukerstoffes aus derselben, und
traͤgt auch maͤchtig zur leichteren Erzeugung der Papiermasse bei.
Wenn die Wurzel aus diesem Cylinder oder aus dem Kessel kommt, so siede ich sie aus,
und dieser Absud dient zum Anbruͤhen einer neuen Quantitaͤt
Suͤßholz.
Nach Beendigung dieser Operationen wasche ich das Suͤßholz mit viel Wasser so
lange aus, bis das Wasser klar ablaͤuft, worauf ich es, nachdem die
verdorbenen Theile des Holzes oder des Oberhautchens, welche der ersten Sichtung
entgingen, entfernt worden, noch ein Mal durch die Muͤhle laufen lasse.
Die zum dritten Male durch die Muͤhle gegangene Wurzel bringe ich dann in ein
kaltes oder warmes, mit Schwefelsaͤure gesaͤuertes Wasserbad; in
diesem Bade lasse ich sie, je nach der Jahreszeit, zu welcher das Suͤßholz
gesammelt wurde, und je nach dem schleimigen Zustande desselben einige Stunden lang
weichen, um sie hierauf, nachdem sie mit viel Wasser ausgewaschen worden, in die
Presse zu bringen.
Nach Beendigung dieser verschiedenen Operationen bringe ich das Suͤßholz in
ein Chlorbad, oder in Aufloͤsungen von Chlorkalk, Chlorkali oder Chlornatron,
oder in sogenannte Javelle'sche Lauge; und ist sie in diesem Bade schoͤn weiß
geworden, so wasche ich sie gut aus, und gebe sie in den Cylinder, um sie in Zeug
umzuwandeln, aus welchem nach der gewoͤhnlichen Methode Papier bereitet wird.
Zuweilen lasse ich das mit Schwefelsaͤure gesaͤuerte Bad weg; dieß
haͤngt jedoch von der Wurzel ab, deren ich mich bediene. Nimmt man statt der
frischen Wurzel getroknete, so befolgt man dasselbe Verfahren, nur muß man hier das
Waschen zur Entfernung der Erde laͤnger fortsezen. Die Erfahrung hat jedoch
gezeigt, daß das getroknete Suͤßholz nie ein so schoͤn weißes Papier
gibt, wie das frische. Nach demselben Verfahren bereite ich endlich aus den
groͤberen Theilen des Suͤßholzes einen sehr guten Pappendekel.