Titel: | Bericht des Hrn. Vicomte Héricart de Thury über Hrn. Douault- Wieland's Verfahren mit gefärbtem Glase und Krystall-Glase abzumodeln und zu gießen. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LXIV., S. 268 |
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LXIV.
Bericht des Hrn. Vicomte Héricart de Thury uͤber
Hrn. Douault-
Wieland's Verfahren mit gefaͤrbtem Glase und Krystall-Glase
abzumodeln und zu gießen.
Im Auszuge aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. October 1833, S. 354.
Verfahren mit gefaͤrbtem und Krystall-Glase
abzumodeln und zu gießen.
Hr. Doualts-Wieland zu Paris, passage Dauphine, ist in Frankreich sowohl als im
Auslande schon seit langer Zeit wegen seiner kuͤnstlichen Steine und
Edelsteine, und wegen seiner schoͤnen gefaͤrbten Krystall- und
anderen Glaͤser, fuͤr die ihm schon bei mehreren
Industrieausstellungen die ehrenvollsten Belohnungen und Auszeichnungen zu Theil
wurden, ruͤhmlich bekannt. Nicht ohne Interesse wird man aber hoͤren,
daß sich derselbe schon fruͤher als Ciselirer und Bildhauer auszeichnete, und
daß wir ihm einige hoͤchst vollendete Kunstwerke verdanken, unter denen wir
nur der herrlichen aus Elfenbein gearbeiteten Buͤste des Koͤnigs von
Rom erwaͤhnen wollen, die er dem Kaiser Napoleon
zugleich mit einem schoͤnen Modelle einer aus Ebenholz und Stahl verfertigten, und mit zwei
elfenbeinernen Pferden bespannten Kanone, und zugleich mit dem großen Orden der
Ehrenlegion, der aus Straß vom reinsten Wasser gearbeitet war, uͤberreichte.
Napoleon, der alles Schoͤne und Große so sehr foͤrderte, zollte dem
Kuͤnstler seine volle Bewunderung, und sicherte ihm seine
Unterstuͤzung zu; allein der Kuͤnstler verlangte nichts, es war ihm
genug, sich bekannt gemacht zu haben.
Hr. Douault-Wieland beschaͤftigte sich
mehrere Jahre hindurch speciell mit dem Studium der Fabrikation des Straß und der
kuͤnstlichen Edelsteine, und brachte es hierdurch auch zu einer solchen
Vollkommenheit, daß seine Fabrikate gegenwaͤrtig allgemein als weit
uͤber jenen der besten deutschen Fabrikate stehend betrachtet werden. Er
entriß den deutschen Fabriken das Monopol, welches sie lange Zeit uͤber
behaupteten, und sein Ruf ist bereits ein solcher, daß ihn schon mehrere
Hoͤfe Europa's sowohl als Indiens mit der Verfertigung mehrerer großer
Schmuksortimente beauftragten, die man daselbst unerkannt unter den uͤbrigen
aͤchten Edelsteinen glaͤnzen sieht.
Auch der Selbstherrscher Alexander zeichnete Hrn. Douault-Wieland
waͤhrend seines Aufenthaltes zu Paris aus; er ließ ihm einen kostbaren
Diamantring zustellen, und suchte ihn durch die anlokendsten Versprechungen zu
bewegen nach Rußland zu ziehen, und daselbst unter seinem Schuze eine Fabrik zu
errichten. Wie konnte ein Alexander erwarten, daß er
einen Mann, der selbst von einem Napoleon nichts zu verlangen hatte, bewegen
koͤnne, sein Vaterland zu verlassen! – Ludwig XVIII., dem der
Kuͤnstler sein aus Elfenbein gearbeitetes Portraͤt
uͤberreichte, verweilte bei der Kunstausstellung im Jahre 1823 lange bei den
schoͤnen Fabrikaten derselben, und zeigte solches Interesse daran, daß er den
Vorschlag des Kuͤnstlers in seiner Gegenwart zu arbeiten mit
Vergnuͤgen annahm. Von Hrn. Douault-Wieland
erhielt der Koͤnig auch ein Schmukkaͤstchen, in welchem sich die
verschiedenen Edelsteine von mannigfachen Schattirungen, und nach Hauy und den Benennungen der Juweliere bezeichnet, aus
kuͤnstlicher Masse verfertigt befanden; und bei dieser Gelegenheit befahl der
Monarch, die herrliche Monstranze, die sich gegenwaͤrtig in dem Schaze der
Metropolitankirche zu Paris befindet, und die der Kuͤnstler nach den
Zeichnungen des Hrn. Debret verfertigt hatte, fuͤr
15,000 Franken anzukaufen.
Durch das Gelingen seines Verfahrens die Edelsteine nachzumachen aufgemuntert,
zweifelt Hr. Douault-Wieland nicht laͤnger
mehr, daß er endlich auch in der Kunst Krystallglas, gefaͤrbte Glasmassen und
Glaspasten abzumodeln, zu guͤnstigen Resultaten gelangen wuͤrde. Man
hielt diese Kunst, die die Alten so trefflich zu uͤben verstanden,
fuͤr ein verloren gegangenes Geheimniß; ja einige behaupteten sogar, auf eine
dunkle Stelle in Plinius gestuͤzt, daß diese Arbeiten der Alten, die wir
bewundern, durch die Steinschneidekunst hervorgebracht wurden, wahrend es doch
erwiesen ist, daß unsere Vorgaͤnger die gefaͤrbten Glaspasten wirklich
auf Abdruͤke von geschnittenen Steinen zu gießen wußten, und daß auf diese
Weise die vielen Copien der ausgezeichnetsten Arbeiten der Steinschneider, die man
in unseren archaͤologischen Sammlungen findet, verfertigt wurden.
Man hat zwar zu verschiedenen Zeiten mit mehr oder minder Erfolg Versuche gemacht die
verloren gegangene Kunst wieder ins Leben zu bringen; allein so viel bleibt gewiß,
daß wir das Verfahren der Arten bisher noch nicht kennen, und daß die Glaspasten der
Neueren gewoͤhnlich nur einen kleinen Umfang, und sehr oft Adern und Blasen
hatten, an denen man sie leicht von den aͤchten Steinen unterscheiden konnte.
Besondere Erwaͤhnung verdient Francesco Visconti,
der gegen das Ende des 15ten Jahrhunderts zu Mailand lebte, und daselbst
ausgezeichnete Glaspasten, die jedoch nur kleinen Umfang hatten, verfertigte. Sein
Verfahren blieb unbekannt und er zog auch keine Schuͤler heran, die sich
bekannt gemacht haͤtten. Die Arbeiten der uͤbrigen Kuͤnstler
Italiens in diesem Fache lassen sich kaum mit jenen Visconti's vergleichen.
Sehr interessante Versuche uͤber die Steinschneidekunst und uͤber das
Abmodeln der Glaspasten verdanken wir Hrn. Mariette, der
jedoch gleichfalls nichts uͤber das dabei befolgte Verfahren bekannt machte.
Der beruͤhmte Homberg endlich unternahm auf Antrag
des Herzogs von Orleans, der selbst mit ihm arbeitete und alle Kosten bestritt,
ausgedehnte Arbeiten uͤber die gefaͤrbten Glaͤser, die
kuͤnstlichen Glaͤser und die Glaspasten, und gelangte zu so
guͤnstigen Resultaten, daß sich die geuͤbtesten
Kunstverstaͤndigen nicht wehr uͤber seine Arbeiten auszusprechen
wagten, nachdem sie seine Pasten mehrere Male fuͤr aͤchte Steine
erklaͤrt hatten. Die Abhandlung, welche Homberg
uͤber diesen Gegenstand schrieb, befindet sich in den Memoires de l'Académié royale des Sciences vom Jahre 1712;
wir glauben jedoch, daß Homberg hier nur einen Theil
seiner Verfahrungsarten, und namentlich nur jene Methoden beschrieb, die er bei
kleineren Steinen befolgte. Das Verfahren bei großen Steinen veranlaßte große
Kosten, forderte Model aus Bronze, und mißlang aller Vorsicht ungeachtet dennoch
meistens so, daß wir nur einige wenige, aͤußerst selten gewordene,
groͤßere Arbeiten von ihm besizen. Hr. Cadet-Gassicourt, dem Hr. Douault-Wieland seine ersten Versuche, machte unseren
Kuͤnstler auf die
Arbeiten Homberg's, die ihm unbekannt geblieben waren,
aufmerksam. Mit Eifer arbeitete dieser nun nach Homberg's
Angaben; auch ihm gelang es nach dieser Methode einige schoͤne
Abdruͤke von Cameen und hohl gravirten Steinen zu Stande zu bringen. Allein
groͤßere Gegenstaͤnde mißlangen ihm eben so, wie Homberg; nie konnte er einen vollkommenen Abdruk zur Verfertigung seiner
Model erhalten, wenn er einen Model von mehr als 0,050 Meter im Durchmesser zu
nehmen versuchte. Nachdem er sich durch viele fruchtlose Versuche uͤberzeugt
hatte, daß das Homberg'sche Verfahren fuͤr
groͤßere Gegenstaͤnde untauglich sey, gab er dasselbe auf, um seine
Versuche neuerdings zu beginnen und so lange ununterbrochen fortzusezen, bis es ihm
endlich gelang vollkommene Abdruͤke von großen Dimensionen zu erhalten, und
eine neue Methode ausfindig zu machen. Mach dieser Methode verfertigte er dann das
schoͤne Tableau der koͤniglichen Familie, welches bei der lezten
Kunstausstellung die allgemeine Anerkennung erhielt, und welches, bewies, daß Hr.
Douault-Wieland sich zum Meister in einer
Kunst emporgeschwungen, in der er nun mit den ausgezeichnetsten Kunstwerken der
Alten wetteifern kann. Die Commission der chemischen Kuͤnste, welche die
Operationen des Kuͤnstlers verfolgte, uͤberzeugte sich von der
Guͤte seiner Methode und der Schoͤnheit ihrer Resultate; und eines
ihrer Mitglieder, welches sich selbst laͤngere Zeit mit Auffindung des
Verfahrens der Alten beschaͤftigt, und selbst einige Cameen abgemodelt hatte,
Hr. d'Arcet, nahm keinen Anstand zu erklaͤren, daß
er kein vollkommneres und sichreres Verfahren kenne, als jenes des Hrn. Douault-Wieland.
Wir haben hiernach nur noch Einiges uͤber die Methode dieses Kuͤnstlers
zu sagen. Es wurde bereits oben bemerkt, daß das von Homberg beschriebene Verfahren nur bei kleinen Gegenstaͤnden, die
nicht uͤber 0,050 Meter messen, gelingt; anders verhalt sich dieß mit dem
Verfahren unseres Kuͤnstlers: denn dieses eignet sich nicht nur fuͤr
so kleine Gegenstaͤnde, sondern auch fuͤr solche, welche 0,20 bis 0,30
Meter messen, und zwar ohne daß es dabei schwieriger wuͤrbe oder einem
oͤfteren Mißlingen ausgesezt waͤre. Er bedient sich um die
Abdruͤke zu nehmen sowohl bei großen, als bei kleinen Gegenstaͤnden,
dieselben moͤgen erhaben oder vertieft seyn, nur eines seinen, durch ein
Seidensieb gebeutelten Gypses; und in Ermangelung von Gyps nimmt er auch Wachs oder
Schwefel. Nach diesen Abdruͤken verfertigt er seine Model, zu denen er
gleichfalls Gyps nimmt, den er bloß durch ein Seidensieb beutelt und dann mit Wasser
anruͤhrt. Homberg hingegen bediente sich bei
großen, vertieften oder erhabenen Basreliefs messingener Model, dergleichen man heut
zu Tage in den
Glashuͤtten anwendet. Man bedurfte hierzu also des Bronzegießers und dann des
Ciselirers, und bei allen diesen Kosten und allen Vorsichtsmaßregeln mißlangen die
Stuͤke dennoch sehr haͤufig, wie dieß aus der Seltenheit derselben in
den Sammlungen erhellt. Hieraus allein ergibt sich schon, um wie viel einfacher,
leichter, schneller und wohlfeiler das Verfahren des Hrn. Douault-Wieland ist. Die großen Staͤke, d.h. jene die
uͤber 0,30 Meter messen, verlangen nur eine etwas vorsichtigere Behandlung
als die Stuͤke von mittlerer Groͤße; auch muß der Model langsam
getroknet werden, damit er keine Spruͤnge bekommt, und eben so muß er
vollkommen rein, ohne Staub und an allen Kanten vollkommen unverlezt seyn.
Besondere Vorsicht und Erfahrung ist bei der Leitung der Oefen noͤthig, um den
Grad der Feuerung, die Wirkung der Intensitaͤt des Feuers auf das
Krystallglas, den Grad der Erweichung des Glases oder der Pasten, den Zustand des
Flusses, und endlich den passenden Augenblik, in welchem die Masse aus der Muffel
herausgenommen und unter das Drukwerk gebracht werden soll, beurtheilen zu
koͤnnen. Der Drukschwaͤngel darf nicht hoͤher emporgehoben
werden, als eben noͤthig ist, damit der Model schnell unter denselben hinein
und eben so schnell wieder herausgeschafft werden kann; denn das Herabsenken des
Schwaͤngels, das Nachlassen desselben und das Herausnehmen des Models darf im
Ganzen nicht laͤnger als eine Secunde dauern.
Wenn das Stuͤk aus dem Drukwerke kommt, so muß dasselbe alsogleich in die
Muffel eines Ofens gebracht werden, dessen Temperatur so hoch ist, wie jene des
Schmelzofens, und welcher unmittelbar darauf mit Thon luftdicht verkittet wird. In
diesem Ofen laͤßt man die Stuͤke 5 bis 6 Tage lang abkuͤhlen;
d.h. man laͤßt sie so lange darin, bis der Ofen vollkommen abgekuͤhlt
ist.
Alle diese Operationen sind, wie man sieht, so einfach, so leicht zu dirigiren und
dabei so wenig kostspielig, daß, wenn man sie ein Mal genau kennt, nur mehr einige
Uebung zu deren vollem Gelingen noͤthig ist; um es jedoch zu dieser
Einfachheit und Vollkommenheit zu bringen mußte Hr. Douault-Wieland seiner Kunst, in welcher ihm seine
Vorgaͤnger beinahe gar keine Anhaltspunkte gaben, zahlreiche Opfer an Zeit,
Muͤhe, Studium und Geld bringen.
Homberg empfahl auch die Benuzung und Anwendung des
Trippels oder der venetianischen Kreide in Verbindung mit franzoͤsischem
Trippel zur Verfertigung der Model; Hr. Douault hingegen
bedient sich bloß des Gypses. Er hat sich uͤberhaupt eine solche Vertrautheit
mit seinen Operationen erworben, daß er die complicirtesten Basreliefs, die
schoͤnsten erhaben oder vertieft gravirten Steine augenbliklich abzumodeln im
Stande ist, ohne daß das Original auch nur den geringsten Schaden dadurch leidet,
und daß er in wenigen Stunden eine beliebige Anzahl von Copien, die kaum von dem
Originale zu unterscheiden sind, zu liefern vermag.
Hr. Douault-Wieland hat sich auf diese Weise die
groͤßte und schoͤnste Sammlung von Abdruͤken verschafft, die es
gibt; denn seine Sammlung enthaͤlt an Medaillen, Basreliefs, Cameen etc.
uͤber 8000 verschiedene Gegenstaͤnde. Er verfertigt
gegenwaͤrtig eine schoͤne Sammlung der Bildnisse aller Koͤnige,
welche von Pharamund bis auf Ludwig Philipp in Frankreich regierten.
Saͤmmtliche Medaillen und deren Kehrseiten sind nach Linien von 16 Zoll
Laͤnge auf 9 Zoll Hoͤhe geordnet, und jede Medaille ist mit ihrer
Kehrseite in einem eigenen Rahmen angebracht. Die Mitte jeder Quadrille ist durch
eine Verzierung aus rothem Glase geschieden; die Borduͤre hingegen besteht
aus smaragdgruͤnem Glase. Die ganze Sammlung wird aus 314 Stuͤken
bestehen, und sich nicht nur durch ihr schoͤnes und gefaͤlliges
Aussehen auszeichnen, sondern auch den besten Ueberblik uͤber die Geschichte
Frankreichs geben, so daß es zwekmaͤßig seyn duͤrfte, deren
Anschaffung allen Museen, Bibliotheken etc. zu empfehlen.
Bei den großen Fortschritten, welche Hr. Douault-Wieland in der Fabrikation der kuͤnstlichen Steine
machte, fand sich derselbe auch bewogen zwei hoͤchst interessante Sammlungen
zu verfertigen, die nicht bloß fuͤr die Mineralogen vom Fache, sondern
uͤberhaupt fuͤr diejenigen, die die Edelsteine, deren sich die
Juweliere bedienen, kennen lernen wollen, von groͤßter Wichtigkeit seyn
duͤrften. Die eine dieser Sammlungen soll naͤmlich die Grundformen und
die vorzuͤglichsten secundaͤren Formen und Varietaͤten der
Edelsteine nach Hauy's Krystallographie enthalten; in die
zweite sollen hingegen jene Formen derselben kommen, in welchen sie
gewoͤhnlich von den Juwelieren verarbeitet werden, so wie auch Nachbildungen
der groͤßten und ausgezeichnetsten Edelsteine, welche in den Schazkammern der
Monarchen existiren. Diese beiden Sammlungen duͤrften, wie wir glauben, eine
jener Luͤken ergaͤnzen; die man in den meisten Mineraliensammlungen
trifft, und nicht wenig zur Erweiterung der Kenntniß in der Kunst der Juweliere
beitragen, so daß deren Anschaffung allen Mineraliencabinetten empfohlen zu werden
verdient.
Wir schlagen daher vor, sagt die Commission, gegenwaͤrtigen Bericht den
Ministern des Innern, des oͤffentlichen Unterrichtes und des Handels
mitzutheilen, um dieselben zu veranlassen fuͤr die Museen und
oͤffentlichen Bibliotheken die Sammlung der Regenten Frankreichs anschaffen
zu lassen; wir schlagen ferner vor, Hrn. Douault-Wieland
von Seite der
Gesellschaft eine Medaille zu ertheilen, um demselben einen Beweis ihrer Achtung
fuͤr seine Verdienste zu geben.