Titel: | Beschreibung des Dampfzugkarrens der Brüder Heaton zu Birmingham, nebst einigen Notizen über die neuesten Dampffahrten auf gewöhnlichen Straßen. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LXXIII., S. 321 |
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LXXIII.
Beschreibung des Dampfzugkarrens der
Bruͤder Heaton
zu Birmingham, nebst einigen Notizen uͤber die neuesten
Dampffahrten auf gewoͤhnlichen Straßen.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 527, 528, 530 und
531.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Beschreibung des Dampfzugkarrens etc.
Fig. 14 ist
eine Zeichnung des Dampfkarrens der HH. Bruͤder Heaton zu Birmingham nach einer von Hrn. John Heaton selbst mitgetheilten Zeichnung. An dieser Figur sind nun aa die hinteren Raͤder, an deren Speichen
ein hoͤlzerner Ring bb befestigt ist. An
diesem Ringe befindet sich ein Rad mit eisernen Zaͤhnen. Die Raͤder
cc sind mittelst Baͤndern oder Stegen
an den Achsen d angebracht, die, wie die Achsen einer
gewoͤhnlichen Kutsche, voll sind. Unter einem Winkel von 90° ist eine
Welle e mit einem doppelten Winkelhebel aufgezogen, und
diese Welle fuͤhrt die beiden Raͤder cc, welche lose an derselben angebracht, und an der inneren Seite mit
Sperrzaͤhnen versehen sind. In diese Zaͤhne greifen Faͤnger,
die an den Enden der Welle befestigt sind, so daß sich jedes Rad beim Umwenden des
Wagens um eine Eke, oder beim Fahren im Kreise schneller bewegen kann, als das
andere, f ist eine andere Welle mit einem rechtwinkelig
gebogenen Winkelhebel. gg sind zwei eiserne
Stangen, die an beiden Enden mit Klammern oder Haken versehen sind, welche in die
Winkelhebel an e und f
passen, so daß dieselben mit einander verbunden werden, und daß die von der Welle
f hervorgebrachte Bewegung an die Welle e fortgepflanzt wird. An der Welle f befinden sich drei Raͤder, welche durch drei
aͤhnliche, an der Welle h angebrachte
Raͤder in Bewegung gesezt werden. Diese lezteren Raͤder schieben sich
an der Welle, und werden in Thaͤtigkeit gesezt, je nachdem es die Natur der
Straße erfordert, so daß die Maschinen fuͤr eine Umdrehung der hinteren
Raͤder mehr oder weniger Hube machen koͤnnen. Die Welle h ist gleichfalls mit doppelten rechtwinkeligen
Winkelhebeln versehen, die unmittelbar mit den Kolbenstangen der Maschinen in
Verbindung stehen.
Die Cylinder der gegenwaͤrtigen Maschine haben 7 Zoll im Durchmesser; die
Kolbenhube betragen 12 Zoll. Sie haben eine aufrechte Stellung bei g, und werden mit Dampf versehen, indem der Wagenlenker seinen Fuß in den
Schuh k sezt; so wie derselbe seinen Fuß naͤmlich
ausstrekt oder zuruͤkzieht, wird der Wagen, je nachdem es die
Umstaͤnde erfordern, abfahren oder stillstehen. Der Apparat, welcher zum
Lenken oder zur Steuerung des Wagens dient, ist vorn angebracht, m ist, ein Rad, welches an dem oberen Ende eines Stabes
befestigt ist, der sich laͤngs des Pfostens n
abwaͤrts erstrekt. Am Grunde dieses Pfostens befindet sich ein Blok, an
welchem eine Kette befestigt ist, die sich bis in die Nahe eines jeden der vorderen
Raͤder erstrekt, damit jedes dieser beiden Raͤder mittelst eines in
das Rad m eingreifenden Getriebes vorwaͤrts
gebracht werden kann. Es sind zu diesem Behufe auch zwei Griffe angebracht.
Der Kessel und die Feuerstelle sind jenen der Dampfwagen, die auf der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn laufen, sehr aͤhnlich, o ist ein an der Welle e
befestigtes Rad, welches mit einem eisernen Federreifen umgeben, und mit einem vorne
an der Maschine befindlichen Hebel verbunden ist, so daß der Steuermann beim
Bergabfahren auf diesen Hebel treten kann. Die ganze Maschine ist in Federn
aufgehaͤngt, und die Stangen, welche die Wellen e
und f mit einander verbinden, verhindern, daß nichts in
Unordnung geraͤth, p ist ein hoͤlzernes,
durch eiserne Schraubenstifte zusammengehaltenes Gestell, an welchem alle
uͤbrigen Theile befestigt sind. Der Wagen, von welcher Art er auch seyn mag,
kann mittelst einer kurzen Deichselstange bei q
befestigt werden.
––––––––
Mit diesem Dampfkarren machten nun die HH. Heaton am 28.
August l. J. eine neue Probefahrt. Sie haͤngten demselben eine Landkutsche
an, welche 1500 Pfd. wog, und fuhren mit dieser und mit 15 in ihr befindlichen
Personen, zu welchen spaͤter noch 5 andere kamen, 6 Minuten nach 10 Uhr
Morgens von ihrer Fabrik ab. In 56 Minuten erreichten sie Northfield, welches
beinahe 7 engl. Meilen entfernt ist. Hier hielten sie sich 9 Minuten lang auf, um
Wasser einzunehmen, worauf sie dann 18 Minuten vor 12 Uhr am Fuße des Rose and Crown
Huͤgels ankamen. Nach 4 Minuten Aufenthalt begannen sie diesen Huͤgel
hinanzufahren, der 700 Yards lang ist, und im Durchschnitte eine Steigung von 1 Yard
in 9 Yards und stellenweise selbst eine Steigung von 1 Yard in 8 Yards hat. An
manchen Stellen dieses Huͤgels war die Straße so weich, daß die Raͤder
einen beinahe 3 Zoll tiefen Sandhaufen vor sich herschoben; dessen ungeachtet
schaffte die Maschine aber den Wagen und 9 Personen in 9 Minuten uͤber den
Berg hinauf. Oben wurden die uͤbrigen Passagiere und noch 5 andere
aufgenommen, worauf der
ganze Zug bis auf den Marktplaz von Bromsgrove fuhr, daselbst ohne anzuhalten
umkehrte, und 27 Minuten vor 1 Uhr nach einer Fahrt von 15 engl. Meilen an dem
Wirthshause zu Crab Mill anlangte, wo 35 Minuten lang angehalten wurde. Beim
Zuruͤkfahren uͤber den oben erwaͤhnten Huͤgel wurde den
Passagieren, die bis auf 25 angewachsen waren, gezeigt, daß die Maschine selbst an
den steilsten Stellen sogleich angehalten werden kann; so daß auf diese Weise durch
die gluͤkliche Fahrt uͤber diesen Huͤgel, der als einer der
steilsten in England beruͤchtigt ist, nach der Ansicht der HH. Heaton und der uͤbrigen Passagiere vollkommen
erwiesen ist, daß diese Maschine selbst auf den schlechtesten Straßen ohne Anstand
fahren kann. Der ganze Zug kehrte nach einem weiteren Aufenthalte von 33 Minuten,
und nachdem die Zahl der Passagiere bis auf 32 angewachsen war, uͤber
Worcester-Street, wo sich eine Anhoͤhe mit einer Steigung von 1 Yard
in 12 Yards befindet, an die Fabrik der HH. Heaton
zuruͤk, wo er 35 Minuten nach 4 Uhr anlangte. Die ganze Fahrt hatte
beilaͤufig 29 engl. Meilen betragen; es wurden waͤhrend derselben 11
Bushels Kohks verbraucht, welche 2 Shill. 6 Den. kosteten.
Anhang.
Wir fuͤgen diesem Aufsaze uͤber den Heaton'schen Dampfkarren auch noch folgende Zusammenstellung der neuesten
Probefahrten mehrerer anderer Dampfwagen bei, da dieselben in England neuerdings
wieder mehr in Anregung gekommen zu seyn scheinen, als bisher noch je, und da die
Dampfwagen auf diesen Fahrten mehr leisteten, als man bisher von ihnen sah.
1. Macerone und Squire's
Dampfwagenfahrt nach Windsor.Der Dampfwagen der HH. Macerone und Squire ist in England wegen einiger
Unfaͤlle bekannt, die ihm bei fruͤheren Probefahrten aus
Unvorsichtigkeit des Wagenlenkers begegneten. So rannte er ein Mal in
vollem Laufe und mit solcher Heftigkeit gegen ein im Wege stehendes
Haus, daß er eine ganze Eke desselben foͤrmlich demolirt haben
soll. Ein anderes Mal soll er, wie man in England zu sagen pflegt, in a fine style, durch eine der Straßen
Londons gerollt seyn, als ploͤzlich von einer Seitenstraße ein
anderer Dampfwagen, der Eklipse, herausrumpelte. Beide Wagen
wuͤrden unfehlbar an einander zerschollen seyn, wenn nicht
gluͤklicher Weise ein Ochs, der zufaͤllig denselben Weg
machen muhte, zwischen sie gerathen waͤre, und die Heftigkeit des
Stoßes durch seine Dazwischenkunft oder besser durch seine Intervention
gemildert haͤtte. A. d. R.
Die HH. Oberst Macerone und Squire versuchten am 9. September eine Fahrt mit ihrem Wagen nach
Windsor. Der Wagen wog mit den 15 darin befindlichen Personen beilaͤufig
3 1/2 Tonne, und
fuhr von Paddington ab. Zu Turnham Green hielt er an, um Wasser einzunehmen,
wozu er 6 Minuten brauchte. Nach weiteren zuruͤkgelegten 6 engl. Meilen
hielt er zu demselben Behufe wieder an, wobei er 7 Minuten lang verweilte. Als
der Wagen an die unter dem Namen Middle-Bridge bekannte Bruͤke
kam, fand man den Weg gerade da, wo die Bruͤke aufstieg, 4 Zoll hoch
frisch mit losen Steinen beschuͤttet; und da der Dampf gerade in diesem
Augenblike wegen einer Nachlaͤssigkeit des Schuͤrers nicht sehr
stark war, so blieb der Wagen stehen, und konnte nur mit Huͤlfe der
Passagiere uͤber die Bruͤke geschafft werden, was einen Aufenthalt
von 17 Minuten verursachte. Alle uͤbrigen Huͤgel fuhr der Wagen
ohne Anstand hinauf und hinab; eine Streke vor Windsor hielt er neuerdings an um
Wasser einzunehmen, und um das Feuer gehoͤrig in Ordnung zu bringen,
wobei viel Zeit verloren ging. Mit Einschluß alles dieses Aufenthaltes langte
der Wagen jedoch in 2 Stunden 56 Minuten zu Windsor an; er fuhr also im
Durchschnitte mit einer Geschwindigkeit von 8 engl. Meilen in der Stunde, und
nach Abzug der mit dem Anhalten versaͤumten Zeit mit einer
Geschwindigkeit von 12 engl. Meilen. Die wirkliche Geschwindigkeit betrug 10,
12, 13, 11 und ein Mal 14 Meilen per Stunde. Bei der
Ruͤkkehr von Windsor zeigte sich bald, daß das Feuer nicht
sorgfaͤltig genug unterhalten und die Feuerstelle nicht gehoͤrig
gereinigt worden war, so daß die Kraft des Dampfes bedeutend abgenommen hatte,
ehe der Wagen noch die naͤchste Haltstation erreicht hatte. Dessen
ungeachtet fuhr er aber mit einer Geschwindigkeit von 7, 8 und 9 engl. Meilen
per Stunde, so daß er um 6 1/2 Uhr Hammersmith
erreichte, wo ploͤzlich eine Achse brach, und die Fahrt ein Ende hatte.
Dieser Unfall veranlaßte jedoch keine bedeutende Erschuͤtterung, und die
Passagiere konnten mit Sicherheit aussteigen. Der Wagen erzeugte durchaus keine
unangenehme Bewegung, kein Geraͤusch und keine Hize, ausgenommen der
Wagen stand still, und die Maschine arbeitete um das Feuer anzufachen, wo ein
Knarren hoͤrbar war. Rauch war keiner sichtbar, denn das Brennmaterial
bestand bloß aus Kohks; es entwich auch kein Dampf, und das Geraͤusch des
Wagens war nicht groͤßer, als jenes, welches ein gewoͤhnlicher
schnell fahrender Wagen zu machen pflegt. Der Wagen, mit welchem dieser Versuch
gemacht wurde, bestand aus einer offenen, vor dem Dampfkessel angebrachten
Kutsche, und war nicht groͤßer, als ein gewoͤhnlicher Omnibus. Die
Maschine des Wagens ist eine Hochdruk-Dampfmaschine, und arbeitet
gewoͤhnlich mit einem Druke von 150 Pfd. auf den Quadratzoll, den sie
jedoch bei diesem Versuche nicht erreichte.
Ueber diesen aus dem Observer entnommenen Artikel
bemerkt nun Hr. Oberst Macerone in einem Schreiben an
die Times Folgendes: „Unser Wagen blieb
auf der 10 (nicht 4) Zoll hoch mit Geroͤll beschuͤtteten
Bruͤke nicht aus Mangel an Triebkraft, sondern bloß deßwegen steten,
weil wir nur ein Rad an die Achse gesperrt hatten, und weil wir den Hebel
zur Bewegung der Klauenbuͤchse des anderen Rades vergessen hatten.
Wir hatten daher auch auf dem Ruͤkwege, wo doch die Bruͤke
unterdessen auch auf der anderen Seile beschuͤttet worden war, nicht
den geringsten Anstand. – Wir verbrauchten bei dieser Fahrt nach
Windsor und zuruͤk, welche im Ganzen 48 engl. Meilen betrug, nicht
mehr als 5 Saͤke Kohks; dieß gibt also, den Sak zu 2 Schill., im
Ganzen 10 Schill. als die Kosten einer Triebkraft, welche eine weit
groͤßere Last fortschaffen kann, als ein vierspaͤnniger
Eilwagen. – Wie hoch sich die Reparaturen an den von Pferden
gezogenen Wagen im Durchschnitte belaufen, weiß ich nicht, so viel kann ich
aber beweisen, daß unser Dampfwagen nun in Allem schon 1500 engl. Meilen
weit lief, ohne daß wir an der Maschinerie oder an dem Kessel auch nur die
geringste Ausbesserung noͤthig gehabt haͤtten. Der Wagen
kehrte von allen seinen Fahrten zuruͤk so wie er ausgelaufen war, und
der ganze Bedarf beschraͤnkte sich auf etwas Oehl und einige Lumpen.
Wir waren nie genoͤthigt wegen einer in der Maschine oder in dem
Kessel eingetretenen Unordnung auf der Straße anzuhalten, und der Bruch der
Achse bei Hammersmith ist ein Unfall, der jedem anderen Wagen gleichfalls
haͤtte begegnen koͤnnen. – Welcher Leistungen unser
Wagen in Hinsicht auf Geschwindigkeit faͤhig ist, werden wir zeigen,
sobald die Achse unseres Wagens wieder hergestellt ist; einstweilen bemerke
ich bloß, daß wir sehr oft eine Streke von 5 engl. Meilen hin und her in 40
Minuten zuruͤklegten, daß wir 2 engl. Meilen in 6 Minuten, und 3
Meilen (mit Einschluß des Huͤgels bei Windsor) in 10 Minuten fuhren,
und daß wir erst kuͤrzlich eine engl. Meile in 2 1/2 Minute
zuruͤklegten.“
2. Hancock's Dampfwagenfahrt nach
Brighton.
Der Infant, der erste Dampfwagen, welchen Hr. Hancock erbaute, und an welchem die lezten
Erfindungen dieses Mechanikers noch nicht angebracht sind, machte, wie Hr. C. A.
Busby im Brighton
Herald erzaͤhlt, am 11. September eine Fahrt von Stratford in
Esser nach Brighton, eine Entfernung von 57 engl. Meilen. Er brauchte hierzu mit
Einschluß der zum Einnehmen von Wasser und Kohks, so wie zum
Fruͤhstuͤken und Mittagessen noͤthigen Zeit, 9 Stunden 40
Minuten. Die Geschwindigkeit des Wagens betrug im Durchschnitte 12 engl.
Meilen per Stunde. Die ganze Fahrt lief
gluͤklich ab. Nicht ganz so ging es hingegen den naͤchsten Tag, wo
der Wagen mit einigen Umwegen dieselbe Fahrt machte; es gab naͤmlich eine
Klaue nach, und dieß veranlaßte einen Bruch an einem der Zahnraͤder,
wodurch der Wagen unbeweglich stehen blieb. Dieser Unfall war jedoch so schnell
ausgebessert, daß der Wagen nach ein Paar Tagen seine Fahrt erneuerte, und
hierbei 16 engl. Meilen in 80 Minuten zuruͤklegte. Das Einnehmen von
Wasser und Kohks nahm viel Zeit weg, da nicht an bestimmten Orten fuͤr
Vorraͤthe gesorgt worden war; die HH. Busby
und Capitaͤn Heaviside, welche die Fahrt
mitmachten, versichern aber, daß dieß bei einem gehoͤrig eingeleiteten
Systeme jedes Mal innerhalb 6 Minuten geschehen koͤnne.
3. Sir Charles Dance's
Dampfwagenfahrt nach Brighton.
Man wird sich, sagt das Repertory of
Patent-Inventions, October 1833, S. 242, an den Dampfwagen des
Sir Charles Dance erinnern, welcher nach dem Gourney'schen Patente erbaut war, und der seine
Fahrten zwischen Gloucester und Cheltenham, wie man sagte, nur deßwegen aufgab,
weil es ihm an Kraft fehlte, auf einer Straße zu fahren, die auf Antrieb der
Landkutscheninhaber 9 bis 10 Zoll hoch mit losem Gesteine beschuͤttet
worden war. Sir Charles hatte bei diesen Fahrten
jedoch die Ueberzeugung gewonnen, daß eine etwas groͤßere Kraft als sie
sein Wagen besaß, zur Ueberwindung aller Hindernisse, welche auf den
gewoͤhnlichen Straßen vorkommen, hinreichen wuͤrde. Er gab daher
seine Sache nicht auf, sondern bereicherte sich immer mehr mit Erfahrungen, und
ruͤstete, unterstuͤzt von den beruͤhmten Mechanikern HH.
Maudslay und Field,
einen der alten Wagen auf eine solche Weise aus, daß derselbe nun mehr leistete,
als bisher noch irgend ein anderer Dampfwagen auf den gewoͤhnlichen
Straßen leistete. Der Wagen fuhr naͤmlich von London nach Brighton und
wieder zuruͤk, und es ist dieß die erste Dampfwagenfahrt von solcher
Entfernung, die ablief, ohne daß etwas am Wagen brach. Es wuͤrde sich
daher nur noch fragen, ob die Unterhaltungskosten der Dampfwagen oder jene der
Landkutschen hoͤher zu stehen kommen; diese Frage ist zwar noch nicht
entschieden, scheint aber doch zu Gunsten des Dampfes geloͤst zu werden.
Ohne uns hieruͤber in Vermuthungen und Demonstrationen einlassen zu
wollen, begnuͤgen wir uns mit einer Vorlage folgender authentischer
Daten.
Der Dampfwagen besteht aus zwei Hochdruk-Dampfmaschinen von 9 Zoll im Durchmesser
und 18 Zoll Kolbenhub, welche horizontal auf dem Wagen befestigt sind. Die
Kolbenstangen sezen einen doppelt gebrochenen Winkelhebel in Bewegung, der die
Hauptachse der hinteren Treibraͤder bildet. Die vorderen Raͤder
haben eine aͤhnliche Durchlaufbewegung wie die gewoͤhnlichen
Kutschen, damit der Wagen beim Umwenden jede Kruͤmme beschreiben kann. An
diesem Mechanismus ist eine Zahnstange angebracht, in welche ein Getriebe
eingreift, das sich an einer senkrechten, vorne an dem Wagen emporlaufenden
Stange befindet, und an dieser Stange sind vier Griffe angebracht, durch deren
Bewegung der Lauf des Wagens regulirt wird. Oberhalb der hinteren oder der
Treibraͤder befindet sich der Kessel, der nach einer eigenen Erfindung
des Sir Charles Dance und des Hrn. Field aus mehreren Roͤhren besteht; da
derselbe jedoch patentirt werden soll, so darf unterdessen nichts weiter
daruͤber gesagt werden. Der Dampfwagen des Sir Charles ist eigentlich nur
ein Zugkarren, dem bei der fraglichen Fahrt eine Art von Omnibus, in welchem 16
Personen sizen konnten, angehaͤngt wurde. Nachdem nun mehrere Tage vorher
Versuche mit diesem Wagen angestellt worden, bei welchen er 12 bis 15 engl.
Meilen in einer Stunde zuruͤklegte, und nachdem Sir Charles und Hr. Field, Befehl gegeben
hatten, daß man den Wagen nicht zu schnell laufen lassen soll, damit man die zum
Anhalten des Wagens beim Bergabfahren so wie die zum Berganfahren
noͤthige Kraft gehoͤrig bemessen koͤnne, fuhr der Wagen
endlich am 20. September Morgens 8 Uhr 18 Minuten mit 15 Personen beladen von
der Fabrik der HH. Maudslay Soͤhne und Field ab. Ueber die Fahrt wurde folgendes Protokoll
aufgenommen, welches außer den HH. Dance, Maudslay
und Field auch noch die Mechaniker Low, A. Gordon, Winsor,
Carpmael und 5 andere Personen unterzeichneten.
Textabbildung Bd. 51, S. 327
Meilensteine; Stund.; Min.;
Sec.; von der Westminsterbruͤke
Anfang der Hoͤhe von Brixton.
Ende derselben.
Textabbildung Bd. 51, S. 328
Meilensteine; Stund.; Min.;
Sec.; von der Westminsterbruͤke; Anhalten zu Einnehmen von Wasser,
Kohks etc.; Abfahrt; Nicht beobachtet;
Bis hieher war die Straße sehr naß und schwer.
Anfang der guten Straße.
Diese Meile ist der Huͤgel Red Hill, der in 7 Minuten 15 Secunden
erstiegen wurde.
Ein langer beschwerlicher Huͤgel
Hier ist ein sehr langer Huͤgel, und die Stelle, an welcher der
Wagen bei seiner fruͤhren Fahrt angehalten wurde, nachdem er die
ganze Streke mit Einschluß von 21 1/2 Minuten, die er zum Einnehmen von
Wasser, Kohks etc. brauchte, in 3 Stunden 24 Minuten
zuruͤkgelegt. Bei der gegenwaͤrtigen Fahrt waren die
beiden hinteren Raͤder des Omnibus gesperrt, so daß folglich die
Kraft des Dampfes erforderlich war, um ihn den Huͤgel
hinabzuziehen.
Textabbildung Bd. 51, S. 329
Meilensteine; Stund.; Min.;
Sec.; von der Westminsterbruͤke; Anhalten zu Einnehmen von Wasser
etc.; Abfahrt; Nicht beobachtet; Kirche von Brighton
Hier hielt der Wagen 20 Minuten, weil die Kohks so schlecht waren, daß
sie nicht zum Brennen gebracht werden konnten; deßwegen ging auch der
Rest der Fahrt im Durchschnitte viel langsamer, als der fruͤhere
Theil derselben.
Die ganze Fahrt wurde mithin in
6 Stund.
22 Min.
16 Sec.
vollbracht; zieht man hiervon die auf das
Anhalten
verwendete Zeit
1 –
6 –
0 –
ab, so bleiben
––––––––––––––––––––
als wirkliche Dauer der Fahrt
5 Stund.
16 Min.
16. Sec.
Die Ruͤkfahrt, welche den naͤchsten Tag darauf angetreten wurde,
gab folgende Resultate:
Textabbildung Bd. 51, S. 329
Meilensteine; Stund.; Min.;
Sec.; Kirche von Brighton; Nicht beobachtet; Anhalten zu Einnehmen von
Wasser und Kohks; Abfahrt
An diesem Huͤgel nehmen die vierspaͤnnigen Landkutschen 2
Vorspannpferde.
Textabbildung Bd. 51, S. 330
Meilensteine; Stund.; Min.;
Sec.; Kirche von Brighton; Anhalten zu Einnehmen von Wasser und Kohks;
Abfahrt; Nicht beobachtet; Mangel an Kohks
Wir fuhren hier einer vierspaͤnnigen und einer
zweispaͤnnigen Kutsche vor, welche Brighton um 10 Uhr Morgens
verlassen hatten und hier anhielten, um etwas zu sich zu nehmen. Diese
Kutschen fuhren uns aber wieder vor, als wir Wasser einnahmen.
Hier holten wir die zweispaͤnnige Kutsche wieder ein.
Die Kutsche hielt die Mitte der Straße, und wollte den Dampfwagen nicht
vorfahren lassen; wir mußten daher Dampf entweichen lassen; die Kutsche
gewann dadurch einen kleinen Vorsprung, und wechselte am Fuße eines
Huͤgels die Pferde.
Wir fuhren der Kutsche, deren Pferde in vollem Galopp liefen, vor.
Wir fuhren der vierspaͤnnigen Kutsche vor, waͤhrend sie die
Pferde wechselte.
Das Feuer war wegen Mangel an Kohks niedrig geworden.
Hier wurde einige Minuten angehalten, um bessere Kohls aufzutreiben,
indem die Geschwindigkeit in den lezten Meilen wegen der Schlechtigkeit
der Kohks abgenommen hatte.
Die Ruͤkfahrt von Brighton nach
London dauerte also
5 Stund.
55 Min.
30 Sec.
mithin nach Abzug der zum Anhalten
noͤthigen Zeit
0 –
56 –
0 –
–––––––––––––––––––
4 Stund.
59 Min.
30 Sec.
Sir Charles Dance macht nun, indem er sich auf diese
und seine fruͤheren Resultate stuͤzte, in einem Schreiben an die
Redaction der Times folgende Bemerkungen: „Der Vorzug der Dampfwagen
auf den gewoͤhnlichen Straßen vor den Eisenbahnen besteht darin, daß
die außerordentlichen Kosten der Eisenbahnen, die im Ganzen die Leistungen
der Dampfwagen auf den gewoͤhnlichen Straßen nur um wenig
uͤbertreffen, erspart werden. Was aber das Verhaͤltniß der
Dampfwagenfahrt zu jener mit Pferden betrifft, so hat erstere sowohl an
Sicherheit, als an Wohlfeilheit, als an Geschwindigkeit, Bedeutendes voraus.
Es ist mir in den 5 Jahren, waͤhrend welcher ich mich mit der
Dampfwagenfahrt beschaͤftige, jede Art von Unfall begegnet, die sich
an den Dampfwagen ereignen kann, und nie ist Jemand auch nur im Geringsten
dabei beschaͤdigt worden. In den 4 Monaten, waͤhrend welcher
meine Wagen im Jahre 1831 taͤglich 4 Mal zwischen Gloucester und
Cheltenham hin- und herfuhren, und an 4000 engl. Meilen
zuruͤklegten, begegnete den 3000 Reisenden, die im Durchschnitte mit
einer Geschwindigkeit von 10 Meilen in der Stunde fortgeschafft wurden,
nicht das geringste Ungluͤk. Da man mit den Kampfwagen eine
groͤßere Zahl von Reisenden um geringere Kosten an den Ort ihrer
Bestimmung schaffen kann, so wird dadurch die Zahl der Reisenden, und
folglich auch das Fuhrlohn vermindert werden; und was endlich die
Geschwindigkeit der Fahrt betrifft, so ließe sich diese, wenn es verlangt
oder erlaubt wuͤrde, leicht auch auf 15 bis 20 engl. Meilen per Stunde treiben.“