Titel: | Einiges über die Eisenfabrikation in Frankreich. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LXXXII., S. 366 |
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LXXXII.
Einiges uͤber die Eisenfabrikation in
Frankreich.
Aus dem Journales des connaissances usuelles. Februar
1834, S. 92.
Einiges uͤber die Eisenfabrikation in
Frankreich.
Man hat beinahe in allen politischen Zeitschriften zu verbreiten gesucht, daß eine
Commission der franzoͤsischen Huͤttenwerksbesizer das Ansuchen
gestellt habe, fremdes Eisen frei in Frankreich einfuͤhren zu duͤrfen,
weil die franzoͤsischen Huͤttenwerke nicht so viel Eisen zu liefern im
Stande seyen, als zum Baue der verschiedenen Eisenbahnen erforderlich ist. Diese
Behauptung, welche gewiß nur die Ausgeburt irgend eines Privatinteresses ist,
verdient eine oͤffentliche Widerlegung, denn sie ist ganz falsch. Die
franzoͤsischen Huͤttenwerke koͤnnen weit mehr Eisen erzeugen, als zu den
fraglichen Zweken noͤthig ist; man oͤffne den Fabrikanten nur neue
Absazwege, und man wird sie bald ihre Thaͤtigkeit und ihren Eifer verdoppeln
sehen; sie werden sich dann beeilen, sich die neuen Fortschritte und Verbesserungen
ihrer Kunst eigen zu machen, waͤhrend sie dieselben bei einem Verbrauche, der
nicht zunimmt, oft unmoͤglich in Anwendung bringen koͤnnen.
Die franzoͤsischen Huͤttenwerke erzeugen jaͤhrlich:
an Eisen, welches mit Holz ausgebracht
worden
100,000,000 Kilogr.
an Eisen, welches ausgewalzt und mit
Steinkohlen geschmolzen worden
50,000,000 –
an Eisen, welches nach der catalonischen
Methode behandelt worden
10,000,000 –
––––––––––––––––
160,000,000 Kilogr.
Die Quantitaͤt Eisen, welche zum Baue eines Meter einer doppelten Eisenbahn
noͤthig war, betrug:
an der Eisenbahn zwischen
Saint-Etienne u. Lyon
13 Kil. × 4 = 52 Kil.
an der Eisenbahn von Liverpool
17 – × 4 =
68 –
Gesezt, man brauche aber fuͤr den Meter selbst 70 Kilogr., so macht dieß
fuͤr die Meile doch nur: 4000 × 70 = 280,000 Kilogr.
Jene Leute, die da glauben, daß die Einfuͤhrung der Eisenbahnen in Frankreich
hauptsaͤchlich in der Unzulaͤnglichkeit der Producte der
franzoͤsischen Huͤttenwerke ihr Hinderniß hat, scheinen uns die Masse
Capital, welche der Staat oder die Industrie auf diese Communicationsmethode
verwenden wird, bedeutend zu uͤberschaͤzen. Es laͤßt sich
freilich nicht leicht voraus sagen, welche Summe die Kammer hiefuͤr votiren
wird, und welche Summen die Capitalisten in diese Unternehmungen steten werden;
allein es duͤrfte, wie uns scheint, von einer sehr großen Basis ausgegangen
seyn, wenn man annimmt, daß jaͤhrlich 32 Mill. Fr. zu diesem Behufe
zusammengebracht werden. Die Quantitaͤt Eisen, welche dieser Summe
entspricht, wuͤrde aber nicht ein Mal einen gar so bedeutenden Absaz
fuͤr unsere Huͤttenwerke sichern.
An der Liverpool-Eisenbahn kam der Meter auf 400 Fr., an jener von
Saint-Etienne hingegen nur auf 200 Fr. zu stehen. Bei diesen beiden
Eisenbahnen waren aber bedeutende, von den Localverhaͤltnissen bedingte
Schwierigkeiten zu uͤberwinden, die sich unter den gewoͤhnlichen
Verhaͤltnissen nicht vorfinden werden, so daß man also die Kosten einer
Eisenbahn in Frankreich im Durchschnitte auf 160 Fr. per
Meter anschlagen kann. Man kann also mit den 32 Mill. Fr. 200,000 Meter oder 50
Meilen von 4000 Meter bauen, und dadurch wuͤrden die Produkte der Fabriken
nur um 8 bis 9 Proc. erhoͤht werden.
Die franzoͤsischen Strekwerke, welche jaͤhrlich 50 Mill. Kilogr. Eisen
erzeugen, koͤnnten leicht um 14 Mill. mehr erzeugen, ohne einer Erweiterung
zu beduͤrfen. Viele dieser Anstalten sind naͤmlich so gebaut, daß sie
jaͤhrlich 10 Mill. Kilogr. in den Handel bringen koͤnnen, obschon sie
gegenwaͤrtig wegen Mangel an Absaz kaum 6 bis 7 Mill. erzeugen.
Die Huͤttenwerksbesizer duͤrfen mithin nicht befuͤrchten, daß
ihre Erzeugnisse dem Verbrauche nicht entsprechen und genuͤgen; sie haben
vielmehr zu fuͤrchten, daß sich die Eisenbahnen nicht so schnell entwikeln
werden, daß sie ihnen einen Absaz gewaͤhren, der mit der Groͤße der
neu errichteten Werke im Verhaͤltnisse steht.
Was endlich die Aufhebung des Einfuhrzolles auf das englische Eisen betrifft, so
glauben wir nicht ein Mal, daß sie auf das Gedeihen der Eisenbahnen einen so
wohlthaͤtigen Einfluß uͤben duͤrfte, als es im ersten
Augenblike scheinen mag. Dieselbe Qualitaͤt Eisen, welche man in den
englischen Haͤfen zu 14 Fr. die 100 Kil. kauft, liefern die
franzoͤsischen Huͤttenwerke um 30 Franken. Gesezt nun, das englische
Eisen zahle so gut wie das franzoͤsische 3 Fr. Transportkosten im Inneren, so
ergeben sich, wenn man zu ersterem noch die Kosten der Ueberfahrt schlaͤgt,
folgende Preise:
Englisches Eisen.
AnkaufspreisKosten der UeberfahrtFracht in
Inneren
15 Fr. 2
– 3 –
20 Fr.
Franzoͤsisches Eisen.
AnkaufspreisFracht
30 Fr. 3 –
33 Fr.
Es wirft sich mithin zu Gunsten des englischen Eisens ein Unterschied von 13 Fr.
heraus. Da nun fuͤr jeden Meter Eisenbahn 70 Kilogr. Eisen noͤthig
sind, so wird sich bei jedem Meter eine Ersparniß von 9 Fr. 10 Cent. auf 160 Fr.
geben, so daß die Ersparniß mithin 5 bis 6 Proc. betraͤgt.
Es ist mithin richtig, daß die Aufhebung des Zolles auf das englische Eisen an dem
Baue der Eisenbahnen eine Ersparniß von 5 bis 6 Proc. bewirken wuͤrde; es ist
aber auch richtig, daß dadurch alle franzoͤsischen Huͤttenwerke
ruinirt, und ein Capital von 50 bis 60 Mill. Fr. außer Circulation kommen
wuͤrde.
Die Concurrenz, welche der Bau der Eisenbahn von Saint-Etienne erzeugte,
bewirkte, daß der Preis des Eisens von 54 auf 34 herabfiel: ein Beweis, welchen
Einfluß die Errichtung von Eisenbahnen auf die Eisenfabrikation und auf die
Erniedrigung des Preises des Eisens haben muß.Wir finden es nicht noͤthig, auf die Widerspruͤche aufmerksam
zu machen, in welche sich der Verfasser dieses Aufsazes verwikelte; unser
Zwek bei der
Mittheilung desselben ist bloß, unseren Lesern einige neue Daten
uͤber den gegenwaͤrtigen Stand der Eisenfabrikation in
Frankreich an die Hand zu geben, und ihnen zu zeigen, wie wenig die
franzoͤsischen Huͤttenwerke bisher noch immer im Stande sind,
mit den englischen Concurrenz zu halten. A. d. R.