Titel: | Ueber die Bereitung des Goldpurpurs und seine Anwendung zum Färben des Krystallglases; von Hrn. Golfier-Besseyre. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LXXXV., S. 376 |
Download: | XML |
LXXXV.
Ueber die Bereitung des Goldpurpurs und seine
Anwendung zum Faͤrben des Krystallglases; von Hrn. Golfier-Besseyre.
Aus dem Journal de Pharmacie. Februar 1834, S.
65.
Ueber die Bereitung des Goldpurpurs etc.
Nach einer sehr großen Anzahl von Versuchen, die ich anstellte, um die zur Erzeugung
eines schoͤnen Purpurs guͤnstigsten Umstaͤnde auszumitteln,
gelang es mir einige neue Thatsachen zu sammeln, die bekannt zu werden
verdienen.
Bereitung des Purpurs mit chemisch gebundenem Wasser, oder des
Cassius'schen Purpurs.
Nachdem ich drei Gramme Gold aufgeloͤst hatte, verdampfte ich die
uͤberschuͤssige Saͤure so viel als moͤglich und
verduͤnnte meine Fluͤssigkeit so, daß sie im Ganzen den Raum eines
Liters einnahm; jeder Kubikcentimeter derselben enthielt folglich drei Milligramme
Metall; ich loͤste eben so drei Gramme Zinn in reiner Salzsaͤure auf,
mit den noͤthigen Vorsichtsmaßregeln, um nur Chloruͤr mit
moͤglichst wenig Saͤureuͤberschuß zu erhalten: zuerst goß ich
nun in eine Flasche, die einen halben Liter faßte, ungefaͤhr vierhundert
Gramme destillirtes Wasser, nahm dann mittelst einer graduirten Roͤhre
zwanzig Kubikcentimeter Goldaufloͤsung, fuͤhrte die untere Oeffnung
der Roͤhre auf den Boden der Flasche und entleerte sie, indem ich langsam
hineinblies, so daß sich das Goldchlorid in einer duͤnnen Schichte unter dem
destillirten Wasser sammelte; hierauf maß ich mittelst einer andern graduirten Roͤhre zehn
Kubikcentimeter Zinnaufloͤsung und entleerte sie rasch, indem ich stark in
die Roͤhre blies und den Strom schief in das Innere des Flaschenhalses
richtete, um seine Geschwindigkeit zu vermindern und sein Zusammentreffen mit dem
Goldchlorid zu verzoͤgern: gleich darauf verschloß ich die Flasche und kehrte
sie mehrmals sehr schnell um: auf diese Art erhielt ich einen schoͤnen Purpur
von gleichartiger Farbe, der sich fast augenbliklich absezte. Dieselbe Operation
wiederholte ich dann zwanzig Mal mit stets gleichem Resultate.
Ich versuchte dann die Menge des Wassers zu verdoppeln, indem ich auf dieselbe Art
verfuhr und das Resultat war ganz dasselbe; nur hatte die Farbe einen Stich in
Rosenroth, weil der Niederschlag mehr zertheilt war.
Nachdem ich hierauf bemerkt hatte, daß die Fluͤssigkeit uͤber dem
Niederschlag eine nicht unbedeutende Menge Gold enthielt, fing ich den Versuch
wieder an und erhoͤhte das Verhaͤltnis des Zinns zum Gold um 2 zu 3,
ich nahm naͤmlich:
400 Kub. Cent.
Wasser,
10 – –
Goldaufloͤsung,
7 – –
Zinnaufloͤsung.
Indem ich stets mit derselben Sorgfalt verfuhr, erhielt ich dieses Mal ein herrliches
Purpurroth von der reichsten Farbe, das sich sogleich in großen Floken niederschlug:
bei Untersuchung des klaren Wassers ergab sich, daß es noch Gold enthielt, aber sehr
wenig.
Ich versuchte, indem ich immer dieselbe Menge Wasser beibehielt, das Zinn und das
Gold zu gleichen Theilen anzuwenden; ich erhielt nun einen schoͤnen
orangerothen Niederschlag, der sich bei weitem nicht mehr so leicht sammelte, wie
die vorhergehenden: bei oͤfterer Wiederholung des Versuches bekam ich immer
dieselbe Farbe; ich aͤnderte dann das Verhaͤltnis des Zinns auf
folgende Art ab:
400 K. C. Wasser
10 K. C. Gold =
30 Mill. +
20 K. C. Zinn =
60 Mill.
–
–
–
47
141
–
–
–
50
150
–
–
–
100
300
–
–
–
150
450
Diese fuͤnf Verhaͤltnisse lieferten wir bestaͤndig eine sehr
schoͤne Korinthenfarbe, die sich aber erst nach zwei oder drei Tagen
niederschlug und alsdann eine schoͤne in Weinroth stechende Purpurfarbe
annahm, worauf sie, gut ausgesuͤßt, endlich Carmoisin-Purpurroth
wurde.
Ich glaubte nun, das Zinnchloruͤr habe die Eigenschaft, den Purpur des Cassius
suspendirt zu erhalten, das Zinnchlorid aber keine Wirkung.
Ich begann meine lezteren Versuche neuerdings und sezte Salpetersaͤure zu, um
das uͤberschuͤssige Chloruͤr zu zersezen, und zu diesem Ende
erhizte ich auch ein wenig; sogleich bemerkte ich, daß die gelbe Farbe verschwand
und eine schoͤne in Violet stechende Purpurfarbe in großen Floken niederfiel,
was meine Annahme zu bestaͤtigen schien.
Ich konnte mir aber nicht eben so genuͤgend erklaͤren, warum ich bei
derselben Menge von Wasser, Gold und Zinn, in einem Falle Purpurroth und im anderen
Violet erhielt; indessen glaubte ich, daß in dem Falle, wo ich seine Faͤllung
beschleunigt hatte, das Gold sich ungleichfoͤrmig aggregirt hatte, das heißt,
daß Purpur und eine gewisse Menge Blau entstanden war, die durch ihre Vermengung
Violet bildeten. Vor einigen Jahren hatte ich sehr betraͤchtliche
Quantitaͤten von Goldpurpur zum Faͤrben von Krystallglas zu bereiten
und erhielt mit Sicherheit violette Nuancen, indem ich Chlornatrium (Kochsalz)
zusezte und nach der alten Art verfuhr, das heißt, von einer Fluͤssigkeit in
die andere goß, und zwar bei einer gelinden Waͤrme; wenn man aber so, wie ich
es fuͤr die drei ersten Verhaͤltnisse angab, verfaͤhrt, so
verzoͤgert das Chlornatrium nur die Bildung des Purpurs; das Product ist
gleichartig und bleibt nur in dem Verhaͤltniß noch laͤnger suspendirt,
als das Medium dichter ist; man erhaͤlt auf diese Art mit:
400 K. C.
Wasser,
10 –
Goldaufloͤsung,
50 –
concentrirter Kochsalzaufloͤsung.
7 –
Zinnaufloͤsung.
zuerst eine dem Bier aͤhnliche Farbe, die mir Gold in
außerordentlich fein zertheiltem Zustande zu seyn scheint; in zehn Minuten wird sie
korinthenfarbig und in einigen Stunden schoͤn purpurroth, genau wie die,
welche man mit einem großen Ueberschuß von Zinn erhaͤlt, wenn man sie
freiwillig sich niederschlagen laͤßt.
Vermindert man bei diesem Verhaͤltniß stufenweise die Menge des Kochsalzes, so
wird man um so schneller dieselben Resultate erhalten.
Ich habe so eben gesagt, daß das Violet ein Gemenge von Roth und Blau ist und nach
zahlreichen Versuchen gelang es mir auch lezteres besonders zu erhalten.
Ich bringe in eine Roͤhre von der Groͤße des Daumens 10 K. C. meiner
Zinnaufloͤsung, seze sogleich 3 K. C. Salpetersaͤure zu und erhize auf
50 oder 60° C. (40 bis 45° R.), d.h. bis man die Salzsaͤure,
die sich dann entbindet, deutlich am Geruch erkennt, und troͤpfle dann einen
Kubikcentimeter Goldaufloͤsung ein; endlich verduͤnne ich mit
destillirtem Wasser und vermische das Ganze, indem ich die Roͤhre
oͤfters umkehre; das Product ist mehr oder weniger Helles Indigoblau, je nach
der Menge des Wassers.
Gießt man das Ganze in eine Schale und laͤßt es in Beruͤhrung mit der
Luft stehen, so wird das Blau nach einer gewissen Zeit violet, dann purpurroth, und
wenn fast alle Fluͤssigkeit verdunstet ist, bleibt auf dem Boden der Schale
nur noch basisch salzsaures Zinnoxydul und Goldchlorid zuruͤk; will man aber
die blaue Farbe in ihrer ganzen Reinheit erhalten, so muß man das Product in ein
laͤngliches Gefaͤß oder besser in eine große kegelfoͤrmige an
ihrem groͤßeren Durchmesser verschlossene Roͤhre gießen und so schnell
als moͤglich durch Decantiren auswaschen, bis es auf salpetersaures Silber
nicht im Geringsten mehr reagirt.
Ich theile hier drei Verhaͤltnisse mit, welche bei der angegebenen
Verfahrungsart sichere Resultate liefern:
Zinn.
Salpetersaͤure.
Gold.
Wasser.
Farbe des Products.
10
3
1
–
schoͤn blau
30
10
3
–
–
30
10
3
60
violet.
Nach dem Rath des Hrn. Gay-Lussac versuchte ich, ob
Gemenge von Zinnchloruͤr und Zinnchlorid in gewissen Verhaͤltnissen
nicht blaue Farbe liefern, wenn man in der Kaͤlte operirt; es gelang mir auch
deren zu erhalten; sie weichen aber in ihrer chemischen Zusammensezung sehr von
einander ab; die Analyse dieser lezteren lieferte mir auf 100 Theile bei der
Temperatur des siedenden Wassers getroknet: chemisch gebundenes Wasser 10,0 oder
32,8, Zinnoxyd 57,2.
Man wird bald sehen, daß die anderen blauen Farben mehr als zwei Mal so viel Gold
enthalten.
Um die verschiedenen Nuancen zu erhalten, ist es gleichguͤltig, ob man die
Fluͤssigkeiten mehr oder weniger saͤuert; man kann eine oder beide
Fluͤssigkeiten mit moͤglichst wenig freier Saͤure anwenden,
oder das Wasser ganz durch Salzsaͤure ersezen, ohne daß sich die Farbe je
veraͤndert: uͤberschuͤssige Saͤure verzoͤgert
bloß die vollstaͤndige Bildung und Faͤllung des Purpurs, noch weit
mehr als das Zinnchloruͤr und Kochsalz, so zwar, daß er mehrere Monate lang
suspendirt bleiben kann, wenn man die Fluͤssigkeit nicht kochen laͤßt;
da aber der Purpur, st lange er in einer Saͤure oder in einem Chloruͤr
suspendirt ist, nicht ganz gebildet ist, so kann man nach Belieben, indem man die
Fluͤssigkeit fruͤher oder spaͤter zum Kochen erhizt,
mannigfaltige Nuancenerhalten: so ein in Weinroth oder ein in Violet stechendes
Purpurroth, ein lebhaftes oder mattes Violet; die Salpetersaͤure zeigt stets
dasselbe Verhalten, wenigstens wenn man nicht mit Zusaz von Wasser operirt, erhizt
und das Gold, wie ich es zur Darstellung der blauen Farbe angab, zusezt.
Das Goldchlorid hat sehr wenig Bestaͤndigkeit und das Gold scheint mir darin nur mit
Huͤlfe der uͤberschuͤssigen Saͤure aufgeloͤst zu
bleiben, ohne die es sich mit der Zeit daraus abscheidet. Ich besize ein Glas, das
mit Goldaufloͤsung gefuͤllt ist, welche mit moͤglichst wenig
Saͤure bereitet wurde und wovon jeder Kubikcentimeter nur zwei Milligramme
Metall enthaͤlt; sie blieb seit dem Maͤrz 1830 im Schatten stehen und
enthaͤlt jezt eine Menge kleiner sehr glaͤnzender Flitter von
metallischem Gold, die man nicht bemerkt, wenn man sie bei durchfallendem Lichte
betrachtet, die aber beim reflectirten Lichte sehr deutlich gesehen werden.
Ich erhielt aͤhnliche mit Zinnoxyd vermengte Flitter in folgendem besonderen
Falle: wenn man ein Zinnchloruͤr mit moͤglichst wenig Saͤure
bereitet und es sich selbst uͤberlaͤßt, bis es eine angehende
Zersezung erlitten hat, so faͤllt kein basisches Chloruͤr nieder, wie
in einer gewoͤhnlichen Aufloͤsung, sondern es nimmt nur eine
strohgelbe Farbe an und wenn man alsdann Goldchlorid hineingießt, so zeigt sich
anfangs gar kein Niederschlag, aber nach einigen Tagen sezt sich metallisches Gold,
mit Zinnoxyd vermengt, ab: diese Thatsache scheint mir merkwuͤrdig, denn das
Zinnchlorid liefert bekanntlich mit Goldaufloͤsung keinen Niederschlag und
man braucht ihm nur ganz wenig Chloruͤr zuzusezen, um augenbliklich Purpur zu
erhalten.
Hier folgt die Analyse von sieben verschiedenen Sorten von Goldpurpur:
Textabbildung Bd. 51, S. 379
Quantitaͤt des erzeugten
Purpurs; No.; Gold; Zinn; bei 100° C.; bei der Rothgluͤhhize;
Goldgehalt; Rosenrother; Purpurrother; Carmoisinpurpurrother;
Weinrothpurpurrother; Violetpurpurrother; Dunkles Violet; Indigoblau; Chlorid;
Salpetersaͤure
Diese verschiedenen Sorten von Goldpurpur bei 100° C. (80° R.)
getroknet, enthalten in 100 Theilen:
No.
1
Chemisch gebundenes Wasser
7,98
Gold
53,32
Zinnoxyd
38,70
2
–
8,47
–
40,20
–
51,33
3
–
8,77
–
31,75
–
95,48
4
–
16,41
–
19,76
–
63,83
5
–
10,97
–
20,07
–
68,96
6
–
11,92
–
19,13
–
68,95
7
–
6,66
–
66,66
–
26,68
Mit einer gleichen Quantitaͤt eines sehr leicht fluͤssigen Flußmittels
angetrieben und dann auf Glas oder Porcellan gemalt, geben sie: No. 1, 2 und 3 in diker Schichte Blau und Violet, in
sehr duͤnner Schichte Roth; No. 4, 5 und 6 in
diker oder duͤnner Schichte Roth, Rosenroth und ein in Violet stechendes
Roth; No. 7 liefert immer Blau. Die Verfahrungsarten,
welche ich zur Bereitung der verschiedenen Sorten von Goldpurpur angegeben habe,
eignen sich sehr gut zur Fabrikation im Großen; denn man kann anstatt des
destillirten Wassers filtrirtes Seinewasser anwenden, und die Quantitaͤten
bei jeder Vorschrift verzehnfachen; so wandte ich fuͤr No. 3 an:
4,0 Liter
Wasser,
0,1 –
Goldaufloͤsung,
0,1 –
Zinnaufloͤsung.
Ueber die Anwendung der verschiedenen Sorten von
Goldpurpur.
Die Anwendung der verschiedenen Sorten von Purpur haͤngt so sehr von einem
Zusammentreffen eigenthuͤmlicher Umstaͤnde ab, daß ich mich hier
daruͤber verbreiten zu muͤssen glaube, weil sie ganz mit meiner
Ansicht uͤber dieselben in Verbindung stehen.
Behufs des Malens auf Porcellan oder Glas werden sie zuvor mit einem sehr
leichtfluͤssigen Flußmittel vermengt und da diese Farben uͤbrigens in
einer Muffel gebrannt werden, deren Temperatur nicht den Schmelzgrad des Goldes
erreicht, oder da, selbst wenn sie weit daruͤber hinaus erhizt wuͤrde,
die Erhaltung der gemalten Gegenstaͤnde es noͤthig macht, daß der
Uebergang von der Kaͤlte zur groͤßten Hize langsam sey, so hat das
Flußmittel die noͤthige Zeit, um das chemische Gemenge, welches dann
hoͤheren Temperaturen widerstehen kann, leicht zu bewirken.
Die bei dergleichen Operationen noͤthigen Vorsichtsmaßregeln bestehen darin,
den Staub zu vermeiden, wenn man mit Wasser oder wesentlichen Oehlen anreibt, und
leztere langsam zu verstuͤchtigen, damit in dem Augenblike, wo das Flußmittel
schmilzt, keine Spur von Kohle auf der Malerei zuruͤkbleibt, weil sonst das
Oxyd des Flußmittels reducirt und eine Legirung von Gold mit Blei gebildet
wuͤrde; lezteres oxydirt sich zwar neuerdings und das Flußmittel
erhaͤlt dann wieder seine Durchsichtigkeit, aber die Farbe ist verschwunden
und das Gold ist nur mehr in mikroskopischen Koͤrnern vorhanden, welche man
bisweilen mit bloßem Auge bemerken kann.
Wenn der Purpur, welchen man zu Malerfarben anreibt, erst lange nach seiner Bereitung
oder unvollstaͤndig ausgesuͤßt wurde, so haͤlt er zu viel Zinn
zuruͤk und die Farbe ist nach dem Brennen milchig und bisweilen
undurchsichtig; dieß ist dann ein wirkliches Email und auch das schillernde Aussehen des
carmoisinrothen Goldpurpurs ist nichts Anderes als dieselbe Veraͤnderung des
Zinnes in einem geringeren Grade.
Was fuͤr die gebrannten Farben ein Nachtheil ist, ist bei denselben Farben in
der Wassermalerei etc. ein Vortheil, denn je mehr die Purpurfarben, welche gummirt
werden muͤssen, das Zinnoxyd zuruͤkhalten, desto waͤrmer ist
ihr Ton und sie geben dann bei weitem mehr aus, ohne von der Tiefe ihrer Nuance zu
verlieren.
Wenn man irgend einen Purpur oder Blattgold oder auch auf andere Art zertheiltes Gold
mit Borax oder Bleiglas anreibt und dann sehr schnell schmilzt, so schmilzt jede
dieser Substanzen gerade so als wenn sie fuͤr sich allein vorhanden
waͤre: der Borax schmilzt zuerst und wenn er Purpur enthaͤlt, so
bleibt dieser so lange darin suspendirt, bis die Temperatur auf den Schmelzpunkt des
Goldes erhoͤht ist; dann ist aber kein Purpur mehr vorhanden, sondern es
sammeln sich kleine Goldkuͤgelchen auf dem Boden des Tiegels. Dasselbe wird
in den anderen Tiegeln geschehen. Erhizt man staͤrker, so faͤrbt sich
her Borax und besonders das Bleiglas und das gewoͤhnliche Glas zuerst gelb;
wenn die Hize hoͤher und allmaͤhlich so hoch steigt als es in einem
Windofen moͤglich ist, so werden sie entweder braͤunlich gelb,
gruͤn und blaͤulichgruͤn oder orangegelb, orangeroth und
purpurroth, je nachdem die Hize mehr oder weniger schnell verstaͤrkt wird und
anhaͤlt. Man kann z.B. nach einander und bei nicht sehr hoher Temperatur, die
gelbe, gruͤne und blaue Faͤrbung erhalten; um die purpurrothe zu
erhalten, muß man aber die Operation betraͤchtlich verlaͤngern und
besonders die Temperatur moͤglichst erhoͤhen. Wenn man z.B. diese
Operationen in einem sehr gut ziehenden Probierofen anstellt, so erhaͤlt man
immer nur Gelb, Gruͤn und Blau; unterhaͤlt man aber in einem sehr
kraͤftigen Windofen bei einer Quantitaͤt von ungefaͤhr 200
Grammen wenigstens acht Stunden lang ein heftiges Feuer, so wird man Massen
bekommen, die nach langsamem Erkalten farblos oder schwach gelblich sind, die man
aber nur bis zum Erweichen zu erhizen braucht, damit sie eine schoͤne
purpurrothe oder violette Farbe annehmen.
Diese Resultate erklaͤren den Hergang im Feuer des Glasofens sehr gut: wenn
man eine Masse von Krystallglas purpurroth faͤrben will, so faͤngt man
damit an eine gewisse Quantitaͤt des fein gestoßenen Materials mit dem
anzuwendenden Purpur zu vermengen; dann macht man einige Proben im Probirofen; kommt
die Masse schillerndgelb aussehend aus demselben, so schließt man, daß die Probe gut
ist und fuͤllt die Haͤfen; nach dem ersten Schmelzen hebt man den
ganzen Haͤfen aus, schreit in Wasser ab und wenn man die Masse untersucht, so findet
man, daß sie ganz mit kleinen Goldkoͤrnern durchsaͤet und topasgelb
gefaͤrbt ist; man wiederholt diese Operation vier Mal und in gewissen
Faͤllen sogar fuͤnf bis sechs Mal; alsdann ist die Masse
gewoͤhnlich schoͤn dunkelpurpurroth und enthaͤlt keine Spur von
Goldkoͤrnern mehr.
Es scheint mir hinreichend erwiesen, daß der Goldpurpur, den man anfangs in die Masse
brachte, darin fuͤr sich zu kleinen Koͤrnern schmolz und da das Gold
bei der Temperatur der Glasoͤfen fluͤchtig ist, so hat bei dem ersten
Schmelzen eine gewisse Menge Golddampf die Masse gelb gefaͤrbt, bei dem
oͤfteren Umschmelzen ist die Menge des Golddampfes dann immer groͤßer
geworden und hat sie endlich purpurroth gefaͤrbt, gerade so wie wenn man auf
nassem Wege Purpur in einer dichteren Fluͤssigkeit bereitet.
Ich bin von der Wahrheit dieser Erklaͤrung so uͤberzeugt, daß ich
glaube es muͤßte vortheilhaft seyn zum Faͤrben des Krystallglases Gold
an Statt Purpur anzuwenden, weil man dann reinere Farben und durchsichtigere Massen
erhalten kann, die sich auch ins Carminrothe oder Carmesinrothe treiben lassen,
indem man ein wenig Chlorsilber oder phosphorsauren Kalk zusezt.Hr. Douault Wieland faͤrbt seine
rubinrothen Massen nur mit Goldchlorid. A. d. O.
Man kann eigentlich nicht sagen, daß man, um eine Masse von Krystallglas violet zu
faͤrben das Goldviolet anwenden muß (dessen Bereitung oben angegeben wurde).
Da das hydratische Violet eine groͤßere Menge Zinnoxyd enthaͤlt, also
eine geringere Menge Gold darin zertheilt ist, so bleiben diese beiden
Koͤrper in der Masse, der man sie zusezte, vertheilt, bis dieselbe
geschmolzen ist, wo sich dann das Gold abscheidet und in dieser Masse vertheilt: daß
Zinoxyd selbst erleidet bei dieser Temperatur eine theilweise Zersezung und reducirt
sich großen Theils; da das Zinn, wie es scheint, viel feuerbestaͤndiger als
das Gold ist, so faͤllt es nieder und sammelt sich auf dem Boden des Tiegels
zu einem Koͤnig, waͤhrend der nicht reducirte Theil desselben sich mit
einer sehr geringen Menge der Glasmasse verbindet und ein Email bildet, das sich im
Schaum sammelt oder an den Seitenwaͤnden des Tiegels haͤngen bleibt.
Ich glaubte zu bemerken, daß sich um so weniger metallisches Zinn ansammelt und
desto mehr Email bildet, je hoͤher die Temperatur ist, bei der man
arbeitet.
Wenn man sich mit dem Faͤrben des Krystallglases durch Gold
beschaͤftigt, so erstaunt man oft, wie leicht die Glasmasse ihre Farbe
verliert und wieder annimmt; die Resultate sind dabei so wandelbar, daß man bis auf den heutigen Tag
noch keine verlaͤßlichen Vorschriften festsezen konnte.
Da ich mit der groͤßten Sorgfalt den Hergang bei diesen Operationen studirt
habe, so will ich einige allgemeine Thatsachen angeben: wenn eine Glasmasse mit
Golddampf gesaͤttigt ist, ist sie undurchsichtig und meistens gelb und kann
fuͤr sich allein keine andere Farbe annehmen, sondern muß, wenn sie dieselbe
veraͤndern soll, mit einer neuen Quantitaͤt farblosen Krystallglases
innig zusammengeschmolzen werden: weniger gesaͤttigt ist sie durchscheinend
und zeigt immer in duͤnnen Schichten ein sehr sattes Blau und Violet; wenn
sie noch weniger gesaͤttigt ist, zeigt sie eine topasgelbe Farbe oder ist
auch farblos, nachdem sie in einem heftigen und lange anhaltendem Feuer gereinigt
wurde und dann langsam erkaltete; wird sie wieder erweicht, so nimmt sie, wenn sie
farblos ist, die reichste weinrothe, wenn sie aber gelb ist, eine schoͤne
carminrothe Farbe an. Wird z. N. ein Stuͤk dieser farblosen Glasmasse nur bis
zum Erweichen erhizt, so wird es sich roth faͤrben; unterhaͤlt man es
einige Zeit in ruhigem Fluß und laͤßt es dann langsam erkalten, so wird es
sich neuerdings entfaͤrben; und wenn man es wieder erweicht, so wird es eine
rothe, etwas in Violet stechende Farbe annehmen; faͤngt man dieselben
Versuche neuerdings an, so wird es sich violet, dann blau faͤrben und endlich
sich entfaͤrben und dann keine Farbe mehr annehmen, wenn man es nicht wie das
erste Mal erhizt, das heißt so, daß neuerdings Gold verfluͤchtigt und
dasselbe in der Masse wieder vertheilt wird.
Ich erklaͤre mir den Hergang unter diesen Umstaͤnden folgender Maßen:
wenn die Masse sehr langsam erkaltete, blieben die kleinen Goldkoͤrner mit
Krystallmasse befeuchtet; wenn die Erkaltung aber rasch erfolgte, zog sich das Gold,
welches sich mehr als das Glas ausgedehnt hatte, noch nach dem Erstarren zusammen.
Diese Annahme stimmt mit einer Thatsache uͤberein, wo dieß auf eine viel
offenbarere Art geschieht: ich meine naͤmlich die thoͤnernen
Denkmuͤnzen, die man in eine Glasschichte bringt, und welche darin oft einen
dem matten Silber aͤhnlichen Metallglanz annehmen. Es laͤßt sich auch
noch die Hypothese aufstellen, daß die Goldmolecuͤle verschiedene Gestalten
angenommen haben. Bei beiden Annahmen scheint es mir aber sicher, daß das Gold sich
immer mehr aggregirt hat, und auf den Grund her Masse gelangt ist.
Uebrigens habe ich Glasmassen von allen prismatischen Farben gefaͤrbt, indem
ich entweder Purpur, Goldchlorid, Goldoxyd-Ammoniak oder metallisches Gold
anwandte, oder indem ich diese Massen mit Koͤrpern zusammensezte, die mit und
auch ohne die Beruͤhrung der Luft im Stande waren, Sauerstoff an das Gold
abzugeben, und auch mit solchen, die dieses gar nicht konnten; alle diese Farben
erhielt ich durch bloße Veraͤnderung der Temperatur, indem ich dieselbe mehr
oder weniger verstaͤrkte und anhalten ließ.
Oft bildet sich Purpur, wenn man Gold schmilzt und stark erhizt; ich sah große Barren
Feingold, die nur ein wenig Silber enthielten (wie alles im Handel vorkommende
Feingold), und welche, nachdem sie bloß mit Borax geschmolzen worden waren, sich
ganz mit einer rubinpurpurrothen Glaͤtte uͤberzogen hatten; vor langer
Zeit schon habe ich dieselbe Erscheinung beim Schmelzen von Gold beobachtet, welches
75 Procent Feingehalt hatte; ich besorgte aber damals, das Kupfer moͤchte bei
dieser Faͤrbung, etwas beitragen.
Endlich will ich noch bemerken, daß die mit Gold erzielten verglasten Farben unter
diejenigen gehoͤren, welche, wie die Glasmacher sagen, schmieren (grissent); diese sonderbare Eigenschaft besizen viele
faͤrbende Oxyde, und sie zeigt sich jedes Mal, wenn man genoͤthigt
ist, diese Glaser oͤfters durch das Feuer zu nehmen. Ich glaube nicht, daß in
diesem Falle der Sauerstoff der Luft einen Einfluß hat, denn das farblose
Krystallglas veraͤndert sich nicht leicht auf diese Art; ich glaube aber, daß
sich die Molecuͤle der Glasoberflaͤche verschieden gruppiren und daß,
wenn sie sich oͤfters erneuert haben, jaspisartige Farbenspiele entstehen: so
erhaͤlt man mit dem Kupfer Gruͤn und ein sehr Helles Roth, und wenn
diese Farben lange der tust und dem Feuer ausgesezt werden, erhalten sie das Ansehen
der Malachite oder Agate; durch Silber faͤrbt sich das Krystallglas sehr rein
topasgelb, und wird dann undurchsichtig flekiggelb und bisweilen sogar
undurchsichtig weiß; ich halte dieß fuͤr eine theilweise Entglasung.
Reines Kobalt und Chrom schmieren nicht oder sehr wenig; aber das durch Gold
gefaͤrbte Krystallglas besizt diese Eigenschaft beinahe in eben so hohem
Grade, wie das mit Silber gefaͤrbte. Man kann diesem Uebelstande dadurch
begegnen, daß man moͤglichst schnell und heiß
arbeitet.
Die Hauptergebnisse der vorhergehenden Versuche sind also:
1) Wenn man bei Bereitung der hydratischen Purpursorten mittelst Zinnchloruͤr
gleichartige Producte erhalten will, so muß man die Chlormetalle sehr rasch
vermischen. Bei dem von mir beschriebenen Verfahren ist diese Bedingung sehr leicht
zu erfuͤllen.
2) Der Grad der Verduͤnnung der Fluͤssigkeiten hat nur bis auf eine
gewisse. Graͤnze einen Einfluß, uͤber welche hinaus derselbe
unmerklich wird.
3) Nur das Zinnchloruͤr besizt die Eigenschaft das Gold zu reduciren und es in
Purpur umzuaͤndernMan vergleiche hieruͤber die Bemerkungen von Fuchs im Polytechnischen Journal Bd. XLV. S. 293. A. d. R.; das Chlorid hat keinen Einfluß auf dieses Resultat.
Eine gewisse Menge Zinnchloruͤr reducirt immer eine entsprechende Menge
Goldchlorid; sezt man ersteres in Ueberschuß zu, so wird die vollstaͤndige
Bildung des Purpurs in solchem Grade verzoͤgert, daß man, wenn ein großer
Ueberschuß von Zinnsalz angewandt worden waͤre, die freiwillige Zersezung
dieses ganzen Ueberschusses abwarten muͤßte, um allen Purpur sammeln zu
koͤnnen. Man kann zwar diese Zersezung des Zinnchloruͤrs
beschleunigen, dann aggregirt sich aber das nicht gefaͤllte Gold auf eine
eigenthuͤmliche Art, und es entsteht Blau, welches mit deck schon gebildeten
Purpur vermengt, Violet bildet.
4) Die Saͤuren, das Kochsalz und schwefelsaure Kali, verzoͤgern auch
die vollstaͤndige Bildung des Purpurs.
5) Spaͤter gab ich die Bedingungen an, welche man erfuͤllen muß, um
Blau zu erhalten, und sezte dann die zahlreichen Versuche auseinander, aus denen ich
folgerte, daß alle Goldniederschlaͤge, die man unter dem gemeinschaftlichen
Namen Purpur begriff, nur zertheiltes metallisches Gold
sind, dessen Zertheilungszustand allein die Farben abaͤndert, so daß die
Farben um so Heller sind, je vollstaͤndiger er ist, und umgekehrt.
6) Endlich habe ich uͤber die Anwendung des Purpurs zum Faͤrben des
Krystallglases mehrere Bemerkungen mitgetheilt, die mir einziges Licht uͤber
diesen interessanten Industriezweig zu verbreiten schienen.