Titel: | Ueber einen Apparat zum Messen und Registriren der Geschwindigkeit eines Wagens. Von J. W. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. XCI., S. 410 |
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XCI.
Ueber einen Apparat zum Messen und Registriren
der Geschwindigkeit eines Wagens. Von J. W.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 530. S.
2.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Apparat zum Messen und Registriren der Geschwindigkeit eines
Wagens.
Bei den Fortschritten, welche die Dampfwagen oder die Kunst der Locomotion im
Allgemeinen in lezter Zeit gemacht haben, scheint es ein wahres Beduͤrfniß
geworden zu seyn, ein Mittel zu besizen, wodurch das Messen und Registriren der
Geschwindigkeit der Wagen auf eine leichte und einfache Weise moͤglich ist.
Ein Instrument dieser Art scheint nicht nur deßwegen sehr wuͤnschenswert!),
weil sich aus einer genauen Kenntniß der Wirkungen verschiedener beim Bergan-
und Bergabfahren Statt findender Umstaͤnde, der Veraͤnderungen in der
atmosphaͤrischen Luft etc. vielleicht mancherlei wichtige Verbesserungen in
dem Baue der Wagen und der Straßen ergeben wuͤrden, sondern auch noch aus
andern Gruͤnden, auf welche ich spaͤter aufmerksam machen werde.
Ich weiß nicht, ob sich unter den vielen in neuerer Zeit an den Eisenbahnen
angebrachten Verbesserungen und Erfindungen ein Mechanismus befindet, der dem eben
erwaͤhnten Zweke entspricht; ich weiß auch nicht, ob der in der beigefuͤgten Zeichnung
dargestellte Apparat uͤberhaupt schon irgend eine Anwendung gefunden hat, und
ich lege denselben daher allen denen, die in der Mechanik vertraut sind, zur
Beurteilung vor. Das Princip meines Apparates besteht lediglich darin, daß die
Bewegung des Wagens dem gewoͤhnlichen Kugel-Regulator oder Steuerer
der Dampfmaschine mitgetheilt, und die senkrechte Bewegung, welche aus der
Unregelmaͤßigkeit in der Geschwindigkeit der Bewegung der Kugeln folgt,
benuzt wird, um auf die Flaͤche einer kreisfoͤrmigen Platte oder
Karte, die sich in Folge derselben Bewegung langsam um ihren Mittelpunkt bewegt,
eine ununterbrochene Linie zu verzeichnen. Die auf diese Weise verzeichnete Linie
wuͤrde alle Unregelmaͤßigkeiten in der Bewegung des Wagens andeuten,
und wenn sie auf eine vorher hierzu eingerichtete und graduirte Platte gezeichnet
wuͤrde, mit einem Blike die Geschwindigkeit der Bewegung des Wagens
waͤhrend irgend eines Punktes seiner Fahrt anschaulich machen.
Die Mittel, welche ich zur Erreichung dieses Zwekes in Vorschlag bringe, erhellen aus
der beigefuͤgten Zeichnung. Bevor ich jedoch zur Beschreibung dieser
Zeichnung uͤbergehe, muß ich bemerken, daß ich mich, da ich kein Mechaniker
bin, vielleicht viel zu plumper Vorrichtungen bedient habe, um den einzelnen Theilen
die erforderlichen Bewegungen mitzutheilen. Dieß sind jedoch gegenwaͤrtig nur
Nebensachen, die jeder gewandte Mechaniker verbessern wird, wenn sich das Princip
meines Apparates als brauchbar bewaͤhren sollte.
In Fig. 13 ist
BB das Rad des auf der Eisenbahn laufenden
Wagens, welches auf die in Nord-England gebraͤuchliche Art an seiner
Achse befestigt ist. Ist die Achse nach neuerer Art befestigt, so duͤrfte
hier eine kleine Aenderung noͤthig werden. An der Achse befindet sich ein Rad
C, welches mittelst des Rades D die Bewegung des Wagens an die aufrechte Welle KK mittheilt. Diese Welle vollbringt zweierlei
Verrichtungen; denn erstens traͤgt und bewegt sie den Kugel-Regulator
EFE, und zweitens traͤgt sie auf die
aus Figur 2
ersichtliche Weise die Bewegung mittelst der Zwischenraͤder oder des
Uhrwerkes LLL. auf das Rad HH uͤber. Der obere Theil dieser Welle ist
in Fig. 13
weggeschnitten, um die Zeichnung nicht undeutlich zu machen. Das Haupt oder der Kopf
des Regulators bewegt sich an dem mit G bezeichneten
Stuͤke, durch welches sich die Welle bewegt; allein durch die in Fig. 14
ersichtlichen Mittel erhaͤlt das Stuͤk G
bloß die senkrechte Bewegung an der Welle durch F,
welches sich zugleich auch dreht, mitgetheilt. Auf der Oberflaͤche des Rades
HH ist eine Karte oder ein Blatt befestigt,
welches Blatt in so viele Theile getheilt ist, als Meilen in dem Tage
zuruͤkgelegt werden sollen: die Zahl dieser Meilen wird am Umfange angeschrieben. Das Blatt ist
aber ferner auch noch mit einer bestimmten Anzahl concentrischer Kreise bezeichnet,
von denen jeder einen bestimmten Werth hat, der an einem von dem Mittelpunkte an den
Umfang laufenden Halbmesser durch Zahlen angedeutet ist. Das Uhrwerk LLL muß so eingerichtet seyn, daß
saͤmmtliche Umdrehungen des Wagenrades nur eine einzige Umdrehung von HH erzeugen. Die in der Zeichnung abgebildeten
Raͤder wuͤrden in sehr kurzer Zeit eine Umdrehung bewirken; allein sie
sind hinreichend zur Bezeichnung ihres Zwekes und koͤnnen vergroͤßert
werden, je nachdem es die Umstaͤnde erfordern.
Fig. 14 ist
eine Seitenansicht des Apparates, an welcher die mit x
bezeichneten Theile das Gestell bedeuten, welches die verschiedenen Theile des
Mechanismus traͤgt. AA ist das Rad des
Wagens. C und D sind die
Raͤder, durch welche die Bewegung der Achse auf die angegebene Weise auf die
Welle KK uͤbergetragen wird. EE ist der Kugel-Regulator. F das Haupt oder der Kopf, der sich um das Stuͤk
G dreht, dem er seine senkrechte Bewegung an der
Welle KK, nicht aber seine kreisende Bewegung
mittheilt, indem G mit zwei horizontalen Armen a, b versehen, und was dessen kreisfoͤrmige
Bewegung betrifft, dadurch festgehalten ist. Der eine dieser Arme a geht durch einen aufrechten Falzen, der sich in dem
Hoͤlzernen Gestelle dem Rade HH
gegenuͤber, an welchem das in Fig. 13 ersichtliche
graduirte Blatt angebracht ist, befindet. An dem Ende dieses Armes a ist ein Zeichenstift beseligt, der durch eine Feder
oder auf irgend eine anders geeignete Weise mit dem an dem Rade HH befestigten, eingetheilten und graduirten
Blatte in Beruͤhrung erhalten wird. Der zweite der beiden horizontalen Arme
b ragt auf gleiche Weise durch ein in dem
gegenuͤberliegenden Theile des Gestelles befindliches Loch hervor. Die
einzelnen Raͤder und deren Zweke sind ohnedieß offenbar und deutlich.
Der nach dieser Vorschrift gebaute Mechanismus wird auf folgende Weise arbeiten. Wenn
der Wagen in Bewegung geraͤth, so werden hierdurch sogleich auch die Kugeln
afficirt werden; das Stuͤk G mit seinen Armen a, b wird nach Abwaͤrts gezogen werden, und da
das Rad HH durch dieselbe Kraft in
Thaͤtigkeit gesezt wird, so wird der an dem Ende des Armes a befestigte und mit der Oberflaͤche von HH in Beruͤhrung stehende Zeichenstift
beginnen, auf die Karte oder auf das Blatt eine Linie zu verzeichnen, die, wenn die
Geschwindigkeit des Wagens immer eine und dieselbe bleiben koͤnnte, mit einem
der concentrischen Kreise zusammenfallen, oder demselben parallel seyn
muͤßte. Da die Bewegung des Wagens jedoch natuͤrlich wandelbar ist, so
wird die von dem Zeichenstifte verzeichnete Linie einige oder mehrere der concentrischen Kreise unter
mehr oder weniger spizigen Winkeln durchschneiden, und sich bei einer Zunahme der
Geschwindigkeit dem Umfange, bei einer Abnahme derselben hingegen dem Mittelpunkte
naͤhern. Wenn nun die Fahrt vollendet ist, so wich man auf dem Blatte oder
auf der Karte eine unregelmaͤßige Linie erhalten, aͤhnlich der, die
man in Fig.
13 gezogen sieht, und aus der man z.B. in dem abgebildeten Falle ersehen
wird, daß der Wagen mit einer Geschwindigkeit von 13 Meilen in der Stunde abfuhr;
daß diese Geschwindigkeit in der ersten Meile allmaͤhlich zunahm, bis sie am
Anfange der zweiten Meile 15 Meilen per Stunde
erreichte, u.s.f.; so daß die Geschwindigkeit z.B. zwischen der zehnten und eilften
Meile, wo sie 19 1/2 Meilen per Stunde betragen haben
wuͤrde, am groͤßten gewesen waͤre. Aus der Stellung, in welcher
die Karte in Fig.
13 dargestellt ist, wird man ersehen, daß der Wagen, an welchem der
Apparat angebracht ist, weniger als eine Meile vom Hause entfernt ist, und daß sich
dessen Geschwindigkeit allmaͤhlich verminderte.
Ich komme nun zu dem horizontalen Arme b, der dieselbe
senkrechte Bewegung wie der Arm a hat, an welchem sich
der Zeichenstift befindet. Dieser Arm soll nun, da das Zifferblatt auf HH nicht fuͤglich so angebracht werden
kann, daß der Wagenlenker oder die Reisenden waͤhrend der Fahrt davon.
Einsicht nehmen koͤnnen, Jedermann Gelegenheit geben die jedesmalige
Geschwindigkeit des Wagens sogleich zu ersehen. Man braucht naͤmlich zu
diesem Behufe an der aͤußeren Seite des aufrechten Falzes bei c nur eine Scala anzubringen, welche eben so eingetheilt
ist, wie der Radius an dem Rade HH. Die Zahl, auf
welche der Arm b deutet, wird jedes Mal die
Geschwindigkeit andeuten, die der Wagen im Augenblike der Beobachtung hat.
Man wird einsehen, daß sich dieser Mechanismus ohne Schwierigkeit an den Wagen, die
auf Eisenbahnen fahren, anbringen laͤßt, weil die Raͤder dieser Wagen,
mit Ausnahme des kleinen Verlustes durch das Rutschen nicht mehr Umdrehungen machen,
als zur Zuruͤklegung einer gewissen Entfernung noͤthig ist. Anders
verhaͤlt sich dieß jedoch auf den gewoͤhnlichen Straßen, weil es auf
diesen durchaus unmoͤglich ist, dieselbe Streke Weges zwei Mal auf ganz
gleiche Weise zuruͤkzulegen.
Gut duͤrfte es seyn, wenn man auf dem Zifferblatte oder auf der Karte einen
leeren Raum ließe oder eine Meile mehr verzeichnete, als die Entfernung
betraͤgt, welche durchfahren werden soll. Man wuͤrde naͤmlich
hierdurch bloß durch die Beobachtung, wie weit der Zeichenstift in den leer
gelassenen Raum hinein schritt, auf Eisenbahnen den Betrag des Verlustes,
welcher durch das Rutschen der Raͤder erwaͤchst, erfahren,
waͤhrend man auf den gewoͤhnlichen Straßen auf gleiche Weise jenen
Verlust ermitteln koͤnnte, der durch ein schlechtes und Umwege machendes
Lenken des Wagens entstand.
Sollte man den Punkt der Straße oder der Bahn, auf welchem der Wagen mit einer
besonderen Geschwindigkeit fortrollte, genauer bezeichnet haben wollen, so
koͤnnte man dadurch eine genauere Bestimmung, als sie die an dem Umfange
angeschriebenen Zahlen gewahren, erhalten, daß man den ganzen, von dem Zeichenstifte
durchlaufenen Raum, mit Einschluß der in dem oben erwaͤhnten leergelassenen
Raume enthaltenen Streke durch die Zahl der Meilen theilte.
Ich habe am Anfange dieses Aufsazes gesagt, daß der von mir beschriebene Mechanismus
auch noch zu anderen Zweken, als zur Bestimmung der Geschwindigkeit der Wagen auf
den Eisenbahnen von Nuzen seyn moͤchte. So ließe sich, wenn man je so viel
erwarten duͤrfte, ein solcher Apparat vielleicht an den gewoͤhnlichen
Kutschen und hauptsaͤchlich an den Omnibus anbringen, um auf diese Weise dem
fuͤrchterlichen und halsbrecherischen Gerumpel dieser Wagen in der Hauptstadt
Einhalt zu thun, und dieselben sicher unter die oͤffentliche Controle zu
bringen.
Ich habe endlich nur noch zu bemerken, daß eine sorgfaͤltig gefuͤhrte
Reihe von Versuchen mit einem Wagen, der mit einem solchen Apparate ausgestattet
waͤre, wahrscheinlich zu Resultaten fuͤhren wuͤrde, die nicht
nur fuͤr jene Individuen, die an der bereits sehr voluminoͤs
gewordenen Discussion der Badnall'schen undulirenden
Eisenbahn, sondern auch in vieler anderer Hinsicht von großem Nuzen seyn
koͤnnten.
Anmerkung. Es faͤllt mir am Schluͤsse
dieses Aufsazes eben noch bei, daß ich zu bemerken vergaß, daß das Graduiren der
kreisfoͤrmigen Karte oder des Zifferblattes, welches auf HH befestigt werden soll, anfangs mit
Schwierigkeiten verbunden seyn und nur durch wirkliche Versuche uͤber die
Stellung des Kugel-Regulators unter gewissen Umstaͤnden erreicht
werden duͤrfte. Ich habe auch bei meiner Erfindung nicht fuͤr eine
leichte Zugaͤnglichkeit der Karte an HH
gesorgt, um dieselbe erneuern und beobachten zu koͤnnen. Gut waͤre es,
wenn man diese Karten mit den Wegzetteln und anderen Dokumenten haͤtte
aufbewahren koͤnnen; uͤbrigens kann ein solches Zifferblatt auch
fuͤr mehrere Fahrten dienen, wenn man in dem Arme a verschieden gefaͤrbte Zeichenstifte anbringt.