Titel: | Einiges über den Straßenbau, im Auszuge aus dem neuesten Werke des sehr ehrenwerthen Sir H. Parnell Bart. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. XCIII., S. 416 |
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XCIII.
Einiges uͤber den Straßenbau, im Auszuge
aus dem neuesten Werke des sehr ehrenwerthen Sir H. Parnell Bart.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Februar
1834, S. 118.
Einiges uͤber den Straßenbau.
Unter den vielen groͤßeren Werken uͤber den Straßenbau, welche in
England erschienen, zeichnet sich hauptsaͤchlich jenes des sehr ehrenwerthen
Sir Parnell Bart, aus, welches so eben erst die Presse
verließ, und gewiß außerordentlich dazu beitragen wird, diesen hoͤchst
wichtigen Zweig der Nationaloͤkonomie auf eine hoͤhere Stufe von
Vollkommenheit zu bringen.Der Titel dieses bei Longman und Comp. zu London erschienenen und mit einem
Anhange von Karten und Kupfern versehenen Werkes, lautet folgender Maßen:
A Treatise on Roads. By the right Honourable Sir
H. Parnell Bart., Honorary Member of the Institution of Civil Engineers. Hr. Parnell ist nicht nur mit den Leistungen
aller seiner Vorgaͤnger genau bekannt, sondern er hat sich auch als Mitglied
der Commission, welche vom Parlamente abgeordnet war, um uͤber die
Verbesserungen der Straße zwischen London und Holyhead zu wachen, eine
mehrjaͤhrige erfolgreiche Praxis erworben. Wir halten es daher fuͤr
unsere Pflicht, unseren Lesern einige Auszuͤge aus dem angefuͤhrten
Werke vorzulegen, damit sie selbst ersehen moͤgen, wie sehr dessen Studium
allen bei dem Baue von Straßen Betheiligten zu empfehlen ist.
Das erste der zwoͤlf Capitel, in die das fragliche Werk eingetheilt ist,
handelt von den Regeln, die bei der Aufnahme der Linie einer neuen Straße zu
beobachten sind. Aus diesem Capitel, in welchem der Verfasser große Sachkenntniß
beurkundet, heben wir hauptsaͤchlich Folgendes aus.
„Das Aufnehmen der Linie einer neuen Straße soll immer nur mit
Huͤlfe genauer Instrumente geschehen, und alle auf
Localverhaͤltnissen beruhenden Einfluͤsterungen sollen immer nur
mit groͤßter Vorsicht und Sorgfalt beachtet werden. Nie soll man, wenn man
Irrthuͤmern und Fehlern vorbeugen will, dem Auge allein trauen, sondern
immer soll die zwischen den beiden aͤußersten Punkten der anzulegenden
Straße gelegene Gegend geometrisch abgemessen werden; denn nur auf diese Weise
laͤßt sich die beste Linie ermitteln. Die geometrischen Messungen sollen
gut und genau gezeichnet werden, und zwar fuͤr den Grundriß in einem
Maßstabe von 66 Yards auf den Zoll, fuͤr den senkrechten Durchschnitt
hingegen in einem Maßstabe von 30 Fuß auf den Zoll. Diese Zeichnung, welche
gehoͤrig schattirt seyn soll, muß eine genaue Ansicht der ganzen Gegend
mit allen Huͤgeln und Unebenheiten, Baͤchen und Fluͤssen,
Haͤusern, Gaͤrten, Kirchen, Quellen etc., die an der Straße
liegen, geben. In dem senkrechten Durchschnitte muß die Natur des Bodens,
uͤber welche die wahrscheinlich beste Straßenlinie laͤuft,
angegeben seyn, und diese Natur mußte durch Bohrversuche ausgemittelt worden
seyn. Sind Fluͤsse zu uͤberschreiten, so muß auch der
hoͤchste Wasserstand, die Geschwindigkeit des Wassers und der
Flaͤchenraum des Durchschnittes des Flusses angegeben werden.
Fuͤhrt die Straße durch Moraste oder Torfmoore, so ist die Tiefe des
Torfes durch Bohrversuche zu bestimmen, so wie dann auch der Fall der ganzen
Gegend zum Behufe der Trokenlegung erforscht werden muß. Alle in der Nahe der
Straße gelegenen Sandgruben oder Steinbruͤche sind genau anzugeben, so
wie auch die Bruͤken, welche sich ober- oder unterhalb der
projectirten Linie befinden, und deren Spannung gemessen werden muß. Ohne diese
vorbereitenden Maßregeln, und ohne genaue, auf Messung und Berechnung
gegruͤndete Anhaltspunkte ist nur ein unsicheres Herumtappen
moͤglich.“
„Im Allgemeinen laͤßt sich als Grundsaz aufstellen, daß die
kuͤrzeste, ebenste und wohlfeilste Linie die zur Anlage einer neuen
Straße geeignetste ist. Diese Regel kann aber durch die Vergleichs, weisen
jaͤhrlichen Unterhaltungskosten, durch den gegenwaͤrtigen, und in
Zukunft auf der Straße zu erwartenden Verkehr, durch einige natuͤrliche
Hindernisse, wie z.B. Huͤgel, Thaͤler, Fluͤsse mannigfach
beeintraͤchtigt werden, so daß man nicht selten gezwungen wird, von der
vollkommen geraden Linie abzuweichen.“
„Wenn in einer huͤgeligen Gegend eine Straße angelegt werden soll,
so muß die fuͤr dieselbe zu waͤhlende Linie mit der Nivellirwage
ausgemessen werden. Auch hier gilt als allgemeine Regel: die gerade Linie zu
befolgen; und muß dieselbe ja aufgegeben werden, um ohne kostspielige
Abgrabungen oder Auffuͤhrung von Daͤmmen die gehoͤrige
Neigung fuͤr die Straße zu erzielen, so muß man von dem neuen Punkte
gleichfalls wieder in gerader Richtung ausgehen.“
„Wenn es sich bei der Anlage von Straßen hauptsaͤchlich um die
Moͤglichkeit einer großen Geschwindigkeit der Fahrt handelt, so darf das
Maximum der Steigung oder des Falles derselben bei dem Uebergange uͤber
Huͤgel und Berge nie groͤßer seyn, als so, daß die Neigung sowohl
beim Bergan- als beim Bergabfahren die groͤßten Vortheile
gewaͤhrt. Denn da die Wagen beim Berganfahren, wie gering auch die
Steigung seyn mag, immer einen Aufenthalt erleiden, so wird nothwendig ein
großer Zeitverlust erfolgen, wenn die Pferde dafuͤr nicht rasch bergab
getrieben werden koͤnnen. Dieser Umstand verdient hauptsaͤchlich
deßhalb große Beruͤksichtigung, weil die große Geschwindigkeit der Fahrt,
die gegenwaͤrtig auf den englischen Straßen gebraͤuchlich ist, auf
keine andere Weise, als durch sehr schnelles Bergabfahren erreicht werden kann.
Wenn nun aber die Abhaͤnge sehr steil sind, und wenn der Kutscher nur
dadurch, daß er die Pferde in Galopp die Berge hinab treibt, die ihm bestimmte
Zeit einzuhalten im Stande ist, so ist die nothwendige Folge, daß die Reisenden
Hals und Bein zu brechen Gefahr laufen.“
„Wie viel Zeit durch das Bergabfahren uͤber steile Abhaͤnge
verloren geht, erhellt aus folgenden Daten. Gesezt der Abhang sey so steil, daß
die Landkutschen nur mit einer Geschwindigkeit von 6 Meilen in der Stunde
daruͤber hinabfahren koͤnnen, so werden zum Zuruͤklegen
einer jeden halben Meile 5 Minuten erforderlich seyn; hat der Abhang hingegen
nur eine Neigung von 1 in 35, so koͤnnen die Kutschen mit voller
Sicherheit mit einer Geschwindigkeit von 12 Meilen in der Stunde daruͤber
hinab fahren; und folglich werden zum Zuruͤklegen einer halben Meile nur
2 1/2, Minuten erfordert. Es werden mithin, wenn der Abhang steil ist, bei jeder
halben Meile 2 1/2 Minute Zeit oder eine halbe Meile Weges verloren.“
„Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Pferde einer Landkutsche bei einer
Neigung der Straße von 1 in 35 mit vollkommener Sicherheit fuͤr die
Reisenden so schnell in Trott hergab getrieben werden koͤnnen, als sie zu
laufen im Stande sind; denn unter diesen Umstaͤnden kann der Kutscher die
Pferde vollkommen in seiner Gewalt behalten. Einen praktischen Beweis
dafuͤr, daß dieses Verhaͤltniß der Steigung einer Straße nicht zu
groß ist, sieht man an einem Theile der Straße von Holyhead, naͤmlich in
der Naͤhe von Coventry, wo die Steigung 1 in 35 betraͤgt, und wo
die Kutschen weder beim Bergan- noch beim Bergabfahren den geringsten
Aufenthalt erleiden. Man kann daher bei dem Baue neuer Straßen als Regel
annehmen, daß die Steigung derselben nirgendwo groͤßer seyn duͤrfe, als 1 in
35. Einzelne Umstaͤnde moͤgen zwar eine Abweichung von dieser
Regel fordern; allein nur die volle Gewißheit, daß der Umweg, den man zur
Umgehung einer groͤßeren Steigung machen muͤßte, mehr Aufwand an
Pferdekraft und Zeit veranlassen wuͤrde, als das Erklimmen einer
steileren Anhoͤhe, darf hier den Ausschlag geben. Bei jeder Ersteigung
einer Anhoͤhe, deren Neigung groͤßer ist, als 1 in 35, wird die
Arbeit der Pferde naͤmlich bedeutend erschwert, wie dieß die Versuche,
die kuͤrzlich mit einer neu erfundenen und zum Messen der Zugkraft
bestimmten Maschine des Hrn. Macneill angestellt
wurden, klar beweisen.“
Der Verfasser geht hierauf auf die verschiedenen Schwierigkeiten uͤber, welche
Fluͤsse, Berge, Moraͤste etc. in der Wahl der Linie fuͤr die
neu zu bauenden Straßen veranlassen, und gibt hieruͤber die besten
Anweisungen. Wir wollen ihm jedoch hier lieber in jenes Capitel folgen, in welchem
er von dem Principe handelt, welches bei der Bewegung von Raderfuhrwerken auf
Straßen in Anwendung kommt. Er sagt hier:
„Die Frage, um deren Loͤsung es sich hier handelt, lautet folgender
Maßen: wie kann ein Wagen, wenn er ein Mal in Bewegung gesezt ist, mit Aufwand
der geringsten Menge von Pferde oder Zugkraft in Gang erhalten werden? Newton stellte als Grundsaz auf, daß sich jeder
Koͤrper, wenn er ein Mal in Bewegung gesezt ist, in Folge des erlangten
Bewegungsmomentes so lange in gerader Linie fortbewegen wird, bis er durch
irgend eine aͤußere Kraft aufgehalten wird. Dieser Grundsaz ist allgemein
angenommen, und es blieb daher, um ihn auf die Bewegung der Wagen auf den
Straßen anzuwenden, nur noch zu erforschen, welche aͤußere Kraͤfte
die Verminderung oder Aufhebung des erlangten Bewegungsmomentes veranlassen. Die
Erfahrung lehrte, daß diese aufhaltenden Kraͤfte 1) in dem Anstoßen; 2)
in der Reibung; 3) in der Schwere und 4) in dem Widerstaͤnde der Luft
liegen.“
„1) Die Wirkung des Anstoßens auf die Verminderung des Bewegungsmomentes
der Wagen ist sehr groß, und steht mit der Menge und Groͤße der harten
Unebenheiten, welche die Oberflaͤche der Straße darbietet, im
Verhaͤltnisse. Diese Unebenheiten veranlassen durch den Widerstand, den
sie gegen die Raͤder leisten, Stoͤße und Erschuͤtterungen,
und diese verursachen ihrerseits einen Verlust an Zugkraft und an dem
Bewegungsmomente des Wagens.“
„2) Die Reibung hat gleichfalls einen sehr großen Einfluß auf die Hemmung
der Bewegung eines Wagens; denn wenn die Raͤder mit einer weichen und
elastischen Oberflaͤche in Beruͤhrung kommen, so wird die Bewegung
des Wagens nach Vorwaͤrts dadurch maͤchtig beeintraͤchtigt: so
zwar, daß sie bald gaͤnzlich aufhoͤren wuͤrde, wenn sie
nicht durch die Anstrengungen der Pferde unterhalten wuͤrde. Der
Widerstand, den die Reibung veranlaͤßt, hat, wie Prof. Leslie sagt, die Natur des Widerstandes der
Fluͤssigkeiten; er besteht in einer Verzehrung der Bewegungskraft oder
der Pferdekraft, welche Verzehrung durch die weiche Oberflaͤche der
Straße und durch das bestaͤndige Zusammendruͤken der schwammigen
und elastischen Substrata oder Unterlagen der, Straße hervorgebracht
wird.“
„Aus dieser kurzen Erlaͤuterung der Natur und der Wirkungen des
Anstoßens und der Reibung geht hinreichend hervor, daß Ebenheit und
Haͤrte die wesentlichsten Eigenschaften einer Straße, und folglich jene
Bedingungen sind, die man bei dem Baue einer Straße vorzuͤglich zu
erreichen streben soll. Vollkommene Ebenheit kann aber nur durch vollkommene
Haͤtte erreicht werden, und folglich kann man sagen, daß die Kunst des
Straßenbaues vorzuͤglich darauf beruht, sie vollkommen hart zu machen. Um
diesen Zwek zu erreichen, muß man sich zuerst einen gehoͤrigen und
richtigen Begriff von der Haͤrte einer Straße machen; denn die irrigen
Urtheile uͤber die Guͤte verschiedener Arten von Straßen kamen
groͤßten Theils davon her, daß man diesen Umstand nicht gehoͤrig
in Erwaͤgung zog.“
„Man erklaͤrt haͤufig Straßen, die mit Kies oder
Geroͤll gebaut sind, und die man dadurch, daß man sie mit großen Kosten
oͤfter abkrazt und mit duͤnnen Schichten feinen Kieses
beschuͤttet, vollkommen eben aussehen macht, fuͤr die besten
Straßen; vergleicht man sie aber mit Straßen, die aus Steinen gebaut sind, so
wird man finden, daß leztere bei Weitem haͤrter sind als erstere, und daß
die Verteidiger der eben aussehenden Kiesstraßen offenbar im Irrthume
sind.“
„Daß eine elastische Unterlage fuͤr die Straßen ungeeignet ist,
erhellt aus der Natur des durch die Reibung erzeugten Widerstandes, und aus dem
Begriffe von Haͤrte. Denn wie fest auch die auf eine solche nachgiebige
Unterlage gelegte Kruste seyn mag, so ist sie doch nicht im Stande einem in
Bewegung begriffenen schweren Koͤrper vollkommenen Widerstand zu leisten;
sondern dieser wird im Verhaͤltnisse der Elasticitaͤt der
Unterlage mehr oder minder tief einsinken, und je tiefer dieses Einsinken
geschieht, um so unvollkommener ist die Haͤrte der Straße. Es ist daher
bei der Anlage neuer Straßen dringend nothwendig, diese elastischen Unterlagen
zu vermeiden, oder, wenn dieß nicht moͤglich ist, deren
Elasticitaͤt so viel als moͤglich abzuhelfen.“
„Wenn nun der Straßenbauer fuͤr ein gehoͤriges Bett oder
fuͤr eine zwekmaͤßige Unterlage fuͤr die Straße gesorgt
hat, so handelt es
sich darum, eine solche Schichte oder Kruste darauf zu legen, welche, wenn sie
gehoͤrige Festigkeit erlangt hat, so hart ist, daß die Wagenraͤder
nicht in dieselbe einschneiden. Es genuͤgt aber zu diesem Behufe durchaus
nicht, wenn man die bereitete erdige Unterlage mit einer Schichte zerschlagener
Steine bedekt; denn die der Erde zunaͤchst gelegenen Steine werden durch
die Last der Wagen in die Erde eingedruͤkt werden; dadurch wird Erde
zwischen die oberhalb befindlichen Steine gedruͤkt, und dieß wird in um
so groͤßerem Verhaͤltnisse Statt finden, je mehr die Erde durch
Regen erweicht und in Brei verwandelt ist. Auf diese Weise wird also eine
betraͤchtliche Menge Erde mit den oben aufgelegten Steinen vermengt
werden, und dieses Gemenge kann nie und nimmermehr eine vollkommen harte Straße
geben.“
„Die groͤßte Festigkeit und Haͤrte, die man einer Straße zu
geben im Stande ist, erreicht man nach Telford's
Plan, der sich auch an der Straße von Holyhead, Glasgow und Carlisle vollkommen
bewaͤhrte, und der uͤberdieß auch in der Ausfuͤhrung
weniger Kosten veranlaßte, als die Anwendung einer sehr diken Schichte
zerschlagener Steine. Nach diesem Plane soll man auf der Unterlage ein Pflaster
aus rohen, hart an einander gelegten Steinen anbringen; man kann dazu alle Arten
der gewoͤhnlichen Steine anwenden, und braucht dann auf diese Pflasterung
nur eine 6 Zoll dike Schichte zerschlagener Steine zu legen. Wenn man die Steine
beim Pflastern so legt, daß sie mit ihren breiteren Flaͤchen nach
Abwaͤrts gekehrt sind, und wenn man die Zwischenraͤume zwischen
denselben mit fest eingetriebenen Steintruͤmmern ausfuͤllt, so
kann nichts von der erdigen Unterlage emporgedruͤkt und mit den
zerschlagenen Steinen vermengt werden. Diese Schichte wird daher, wenn sie sich
gehoͤrig consolidirt hat, eine feste gleichfoͤrmige Steinmasse
bilden, und auf diese Weise wird die Reibung der Raͤder auf der Straße so
viel als moͤglich vermindert werden.“
„Gleich wie die Festigkeit und Dauerhaftigkeit eines großen
Gebaͤudes, einer Kirche, einer Bruͤke etc. von der Festigkeit der
Grundlage abhaͤngt, so wird auch eine Straße, wie vollkommen sie im
Uebrigen auch gebaut seyn mag, doch nie die gehoͤrige Festigkeit und
Haͤrte erlangen, und durch ihre Elasticitaͤt großen Nachtheil
bringen, wenn ihre Grundlage nicht dem Druke entspricht, dem die Straße
nothwendig ausgesezt ist.
„Nachdem ich nun auf diese Weise die von der Wissenschaft und Erfahrung an
die Hand gegebenen Regeln und Principien, die beim Straßenbaue zu befolgen sind,
angedeutet, will ich zur Erlaͤuterung und Bekraͤftigung dieser
Principien nur noch die Resultate der Versuche anfuͤhren, welche mit
der von Hrn. Macneill erfundenen Maschine
uͤber die auf verschiedenen Arten von Straßen noͤthige Zugkraft
angestellt wurden. Diese Versuche beweisen saͤmmtlich, daß die Zugkraft
in jedem Falle mit der Festigkeit und Haͤrte der Straße in genauem
Verhaͤltnisse steht. Nach diesen Versuchen betraͤgt
naͤmlich die Kraft, welche noͤthig ist, um einen Lastkarren auf
einem guten Steinpflaster zu ziehen, 33 Pfd.; auf einer Straße, an welcher eine
6 Zoll hohe Schichte zerschlagener harter Steine auf eine aus einem
Steinpflaster bestehende Grundlage gelegt worden, 46 Pfd.; auf einer Straße, an
welcher eine dike Schichte zerschlagener Steine unmittelbar auf die erdige
Unterlage gelegt worden, 65 Pfd.; auf einer Straße endlich, die dadurch gebaut
wurde, daß man unmittelbar auf die erdige Unterlage eine dike Schichte
Kiesgeroͤll legte, 147 Pfd.! Die Resultate direkter Versuche stimmen also
hiernach vollkommen mit jenen uͤberein, die sich von den Gesezen der
Wissenschaft ableiten ließen.“
Der Verfasser handelt hierauf von dem Verfahren bei dem Baue der Straßen, von den
Abgrabungen und Daͤmmen, vom Trokenlegen etc., was er Alles durch Plane,
Grundrisse etc. praktisch erlaͤutert. Ein sehr langes Capitel ist dann den
verschiedenen Arten von Straßen gewidmet, naͤmlich den Eisenbahnen, den
gepflasterten Straßen, jenen Straßen, deren Oberflaͤche zum Theil gepflastert
ist, zum Theil hingegen aus zerschlagenen Steinen besteht, den Straßen, deren
Grundlage gepflastert ist, waͤhrend sie oben mit einer Schichte zerschlagener
Steine beschuͤttet werden, den Straßen mit einer Grundlage aus Geroͤll
und einer oberflaͤchlichen Schichte von zerschlagenen Steinen oder Kies, den
Straßen, an denen die zerschlagenen Steine oder der Kies auf den natuͤrlichen
Boden gelegt sind. Wir wollen auch aus diesem Capitel einige der
merkwuͤrdigeren Stellen ausziehen, um die Ansichten des Verfassers kund zu
geben.
„Die Kosten der Eisenbahnen haͤngen theils von der Natur des
Bodens, auf welchem sie erbaut werden sollen, theils von dem Zweke, zu welchem
sie bestimmt sind, ab. In vielen Gegenden, in welchen der Handel in Abnahme
begriffen und das Wasser selten ist, verdienen sie den Vorzug vor den
Canaͤlen, indem sie an solchen Orten wahrscheinlich auch wohlfeiler zu
stehen kommen duͤrften, als leztere; was aber den allgemeinen Handel
uͤber ein großes Land betrifft, so glaube ich, daß die Eisenbahnen kein
so wohlfeiles Communicationsmittel abgeben koͤnnen, als die
Canaͤle.“
„In einigen Faͤllen kam der Bau der Eisenbahnen nicht
hoͤher, als auf 1000 Pfd. Sterl. per engl.
Meile zu stehen; in anderen Faͤllen hingegen, wie z.B. bei der
Manchester-Liverpool-Eisenbahn kam die engl. Meile auf
30,000 Pfd. Sterl. zu stehen. Im Quarterly Review
findet man angegeben, daß sich die Kosten mehrerer Eisenbahnen, von denen einige
flache, andere Schienen mit hervorstehendem Rande (trams) haben, und von denen die einen aus Gußeißen, die anderen aus
Schmiedeisen, und mit einem doppelten Schienenwege gebaut sind, im Durchschnitte
und in einer Streke von 500 engl. Meilen auf 4000 Pfd. Sterl. per Meile belaufen. Der Verfasser dieses Aufsazes
bemerkt aber zugleich sehr richtig, daß man diese Summe wegen der
Unvollkommenheit einiger der aͤlteren Eisenbahnen fuͤglich auf
5000 Pfd. Sterl. per Meile erhoͤhen
duͤrfe. Hr. Tredgold schaͤzt die
jaͤhrlichen Reparaturen einer Eisenbahn auf 557 Pfd. Sterl. per Meile. Hr. Stephenson
schlug die Kosten einer Eisenbahn von London nach Birmingham auf 2,500,000 Pfd.
Sterl, oder auf 21,756 Pfd. per Meile an; nach
anderen duͤrften sie sich aber auf 3,500,000 Pfd. oder auf 30,400 Pfd.
Sterl. per Meile belaufen.“
„Die jaͤhrlichen Unterhaltungskosten der Eisenbahnen haͤngen
von der Geschwindigkeit der Lastwagen, die auf denselben laufen, ab. Hr. Walker sagt in seinem Berichte an die Direktoren der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn, daß, indem die Geschwindigkeit der
Dampfwagen groͤßer ist, als jene der Pferde, die Beschaͤdigung im
Falle irgend einer Unregelmaͤßigkeit auch groͤßer ist. Bekannt
ist, daß die Eisenbahnen, auf welchen die Wagen von Pferden gezogen werden, in
besserem Zustande sind und weniger Unterhaltungskosten veranlassen, als jene,
auf welchen Dampfwagen fahren.“
„Die relativen Kosten des Transportes von Guͤtern auf
Canaͤlen, Eisenbahnen und gewoͤhnlichen Straßen, lassen sich auf
folgende Weise schaͤzen. Aus verschiedenen Beobachtungen, die
uͤber die Leistungen der Pferde auf verschiedenen Eisenbahnen angestellt
wurden, laͤßt sich annehmen, daß die groͤßte Leistung eines
Pferdes auf denselben darin besteht, daß es des Tages 12 Tonnen Bruttogewicht 20
engl. Meilen weit zieht. Da aber die auf den Eisenbahnen gebraͤuchlichen
Lastkarren gewoͤhnlich den dritten Theil des Bruttogewichts auswagen, so
kann man das Nettogewicht der Guͤter, welche von einem Pferde des Tages
20 engl. Meilen weit gezogen werden, auf 8 Tonnen annehmen, oder man kann
annehmen, daß ein Pferd auf einer Eisenbahn taͤglich 160 Tonnen eine
Meile weit zieht, und zwar mit einer Geschwindigkeit von 2 engl. Meilen in der
Stunde. Die Transportkosten per Tonne kommen hierbei
auf 2 Pence (6 kr.) per engl. Meile. Auf den
Canaͤlen zieht ein Pferd ein Boot mit einer Ladung von 25 Tonnen des
Tages 16 engl. Meilen weit, und zwar mit einer Geschwindigkeit von 2 1/2 Meile
per Stunde. Dieß ist also so viel als
zoͤge ein Pferd taͤglich 400 Tonnen Guͤter eine Stunde
weit, eine Leistung,
welche 2 1/2 Mal groͤßer ist, als jene auf der Eisenbahn. Die wirklichen
Transportkosten betragen mit Einschluß des Miethlohnes fuͤr das Boot, des
Lohnes fuͤr den Steuermann und die Bootsknechte und der Zahlung
fuͤr die Pferdekraft auf den Canaͤlen per Meile einen halben Penny (1 1/2 kr.) fuͤr die Tonne. In
Schottland und Irland, wo die Straßen aus zerschlagenen Steinen gebaut sind, und
wo man sich einspaͤnniger Karren zu bedienen pflegt, kann man annehmen,
daß ein Pferd, den Karren nicht mitgerechnet, 25 Centner zieht; in England
hingegen, wo die Straßen nicht so hart sind, und wo man sich eigener Lastwagen
bedient, kann man nur 15 Centner auf das Pferd rechnen. In lezterem Falle kommt
das Fuhrlohn per Meile mit Einschluß der
Abnuͤzung des Fuhrwerkes und des Lohnes der Fuhrknechte im Durchschnitte
auf 9 Pence (18 kr.) per Tonne. In einigen Gegenden
Englands betraͤgt er nur 6 Pence per Meile,
in der Naͤhe von London hingegen einen Schilling (36 kr.)“
Besonders muͤssen wir auf die Resultate der Versuche des Hrn. Walker in Hinsicht auf die gepflasterten Straßen
aufmerksam machen, indem die London- und
Holyhead-Dampfwagen-Compagnie angeblich im Sinne hat, die Straßen nach
diesem System einzurichten, bevor sie ihre Dampfwagen in Gang sezt. Dieses System
duͤrfte hierdurch außerordentlich an Wichtigkeit und Interesse gewinnen; denn
die gegenwaͤrtigen Straßen wuͤrden dadurch mit den besten Eisenbahnen
Concurrenz halten koͤnnen, indem das zu diesem Behufe erforderliche Capital
nur einen Theil von jenem Capitale, welches zum Baue einer neuen Eisenbahn
erforderlich waͤre, ausmachen wuͤrde. Hr. Parnell sagt naͤmlich hieruͤber:
„An jenen Orten, an welchen sich wegen Mangel an Wasser oder irgend
anderer Verhaͤltnisse halber keine Canaͤle graben lassen, und wo
die Art oder die Ausdehnung des Verkehres oder Localverhaͤltnisse die mit
dem Baue einer Eisenbahn verbundenen Kosten nicht rechtfertigen, duͤrften
sich gepflasterte Straßen oder sogenannte Steinbahnen, wenn sie gehoͤrig
gebaut sind, als weit vorteilhafter bewahren, als die gewoͤhnlichen
Heerstraßen. Die Vortheile der gepflasterten Straßen in Hinsicht auf
Erleichterung des Transportes wurden meiner Meinung nach bisher noch zu wenig
beachtet, und daher duͤrfte es nicht ohne Nuzen seyn, abermals zu zeigen,
um wie viel leichter die Pferde auf den gepflasterten Straßen oder auf den
sogenannten Steinbahnen große Lasten ziehen, als auf den gewoͤhnlichen
Straßen. Aus den mit Hrn. Macneill's Maschine
angestellten Versuchen geht naͤmlich hervor, daß auf einer ebenen,
vollkommen horizontalen Steinbahn der Widerstand gegen den Zug nicht mehr als
den hundertsten Theil von dem Gewichte des Wagens und seiner Ladung
betraͤgt, vorausgesezt, daß der Wagen gehoͤrig gebaut, und an geraden
vollkommen cylindrischen Achsen aufgezogen ist. Hiernach wuͤrde ein
kraͤftiges Pferd auf einer solchen Steinbahn, wenn sie horizontal ist, 6
3/4 Tonnen, und wenn sie eine Steigung von 1 in 50 hat, 2 1/4 Tonnen zu ziehen
im Stande seyn.“Wir haben die Steinbahn, die an den Werften der westindischen Compagnie
erbaut wurde, und uͤber welche Hr. Walker
einen sehr guͤnstigen Bericht erstattete, den Hr. Parnell auch in seinem Werke aufnahm, bereits im
Polytechn. Journal
Bd. XXXVI. S. 261 eine ziemlich
ausfuͤhrliche Abhandlung mitgetheilt. A. d. R..
Der Verfasser geht hierauf zu der gewoͤhnlichen Straßen-Pflasterung
uͤber, wobei er vorzuͤglich auf die Erzielung einer guten und harten
Grundlage dringt, und die verschiedenen Methoden angibt, auf welche sich eine solche
erlangen laͤßt. Er sagt hier unter Anderem, daß man mehrere Lagen
zerschlagenen Granites anbringen, und jede Schichte durch Pferde und Wagen
niedertreten lassen soll; auf diese Weise wuͤrde man eine Unterlage erhalten,
die das sonst gewoͤhnliche ungleichmaͤßige Einsinken der
Pflastersteine beinahe unmoͤglich macht. Auf diese Weise wurde das
gegenwaͤrtige vortreffliche Pflaster der Blackfriars-Bruͤke zu
London gelegt; denn nachdem dieselbe einige Male ohne Erfolg macadamisirt worden,
benuzte man die Macadamisirung als Grundlage fuͤr das Steinpflaster. Sezt man
die Pflastersteine hingegen auf lose Steintruͤmmer, die nicht gehoͤrig
zusammengetreten worden, so werden die Pflastersteine in kurzer Zeit eben so
ungleichmaͤßig einsinken, als wenn man gar keine steinerne Unterlage
angebracht haͤtte. Der Verfasser beweist hier neuerdings wieder auf das
Anschaulichste, daß, welche Art von Oberflaͤche man der Straße auch geben
mag, der wesentlichste Punkt doch immer auf der Erzielung einer vollkommen harten
Grundlage beruht. Bei Befolgung dieses Systemes wird der Widerstand, den der Wagen
von Seite der Straße erfaͤhrt, immer geringer seyn, als bei einer elastischen
Grundlage. Es verhaͤlt sich hier mit den Straßen beinahe eben so, wie mit den
gußeisernen Billardtafeln, die man gegenwaͤrtig zu Manchester verfertigt;
denn wenn gleich die gußeisernen Tafeln eben so gut mit gruͤnem Tuche
uͤberzogen sind, als die hoͤlzernen, so fallen doch alle Stoͤße
auf ersteren bei ganz gleicher Kraftanwendung weit staͤrker aus, als auf
lezteren, so daß die Billardspieler erst durch einige Uebung die Staͤrke,
welche sie dem Stoße zu geben haben, zu bemessen wissen.
Hr. Parnell eroͤrtert ferner die Anlegung von
Bruͤken, Daͤmmen, Zollhaͤusern und Schlagbaͤumen,
Straßengraͤben etc., und schließt endlich mit einem sehr gediegenen Capitel
uͤber die Straßenpolizei und Gesezgebung.