| Titel: | Untersuchung einer Substanz, welche gewöhnlich für eine Verbindung von Platin mit Wasserstoff gehalten wird; von Hrn. Boussingault. | 
| Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. XCVII., S. 438 | 
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                        XCVII.
                        Untersuchung einer Substanz, welche
                           gewoͤhnlich fuͤr eine Verbindung von Platin mit Wasserstoff gehalten wird;
                           von Hrn. Boussingault.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. August 1833,
                              S. 441.
                        Boussingault, uͤber eine Substanz, welche fuͤr eine
                           Verbindung von Platin mit Wasserstoff gehalten wird.
                        
                     
                        
                           Gewoͤhnlich betrachtet man das schwarze und brennbare Pulver, welches man
                              erhaͤlt, wenn ein inniges Gemenge von Eisen und Platin (beide in
                              außerordentlich zertheiltem Zustande) mit Salzsaͤure behandelt wird, als
                              Platinhydruͤr (Platinwasserstoff). Man kann sich diese Verbindung leicht auf
                              folgende Art verschaffen: man loͤst gleiche Theile Eisen und Platin in
                              Salzsaͤure auf. Die Aufloͤsung wird, nachdem ihr die freie
                              Saͤure entzogen ist, mit Ammoniak gefaͤllt, der Niederschlag
                              ausgewaschen, getroknet und durch trokenes Wasserstoffgas in einer bis zur
                              angehenden Rothgluͤhhize erhizten Roͤhre reducirt. Es entwikelt sich
                              dabei salzsaures Ammoniak, Salzsaͤure und Wasserdampf. Man laͤßt das
                              Wasserstoffgas so lange durchstroͤmen, bis der Apparat ganz erkaltet ist. In
                              der Roͤhre befindet sich dann ein außerordentlich pyrophorisches Gemenge von
                              Platin mit Eisen, welches man mit einiger Geschiklichkeit in Salzsaͤure
                              eintragen muß, damit keine Entzuͤndung Statt findet. Die Saͤure
                              loͤst das Eisen mit reichlicher Entbindung von Wasserstoffgas auf, und es
                              bleibt ein sehr schweres schwarzes Pulver zuruͤk, das man nur noch mit vielem
                              Wasser auszuwaschen braucht. Mit dieser Substanz habe ich die unten folgenden
                              Versuche angestellt.
                           In einem offenen Gefaͤße erhizt, entzuͤndet sich dieses schwarze Pulver
                              schon weit unter der Rothgluͤhhize; bisweilen findet dabei eine Verbrennung
                              Statt, und die Substanz wird in Funken weit weggeschleudert. Manchmal ist die
                              Verbrennung langsam, und pflanzt sich nach und nach mit rothem und wenig intensivem
                              Lichte nach Art des Schwammes fort. Wenn man die Verbrennung in einer verschlossenen
                              Glasroͤhre bewirkt, so bemerkt man ein wenig Feuchtigkeit auf dem kalten
                              Theile der Roͤhre. Dieser Umstand brachte mehrere Chemiker auf die
                              Vermuthung, daß diese Substanz Wasserstoff enthaͤlt. Es scheint mir aber
                              unzweifelhaft, daß dieses Wasser schon in dem schwarzen Pulver in hygroskopischem
                              Zustande enthalten war.
                           
                           Ich fand, daß dieses Pulver waͤhrend der Verbrennung merklich an Gewicht
                              zunimmt.
                           0,311 Gr. desselben wogen nach der Entzuͤndung 0,314 Gr. Dieß machte es sehr
                              wahrscheinlich, daß es Eisen enthaͤlt.
                           Es ist merkwuͤrdig, daß diese Substanz durch die Entzuͤndung ihr
                              Aussehen ganz und gar nicht veraͤndert, und sich nachhernacher bloß dadurch unterscheidet, daß sie nicht mehr brennbar ist. 0,311 Gr. des
                              schwarzen Pulvers, mit kochender Salpetersaͤure behandelt, hinterließen 0,249
                              Gr. sehr zertheilten Platins. Hiernach wuͤrde dieses Pulver 1/5 Eisen
                              enthalten. Die Entzuͤndung muß also wahrscheinlich einem Antheil Eisen,
                              welches mit Platin verbunden ist zugeschrieben werden. Dessen ungeachtet hielt ich
                              es fuͤr noͤthig die Abwesenheit des Wasserstoffes in dieser Verbindung
                              darzuthun. 2,687 Gr. sehr brennbaren schwarzen Pulvers wurden mit frisch
                              ausgegluͤhtem Kupferoxyd innig vermengt, und das Gemenge in eine
                              glaͤserne Roͤhre gebracht, welche an ihrem Ende mit einer anderen
                              kleinen Roͤhre, die Chlorcalcium enthielt, verbunden war. Mit einem Worte,
                              der Apparat wurde gerade wie zu einer organischen Analyse hergerichtet. Nach der
                              Operation hatte das Chlorcalcium um 0,032 Gr. an Gewicht zugenommen. Diese
                              Quantitaͤt Wasser entspricht 0,0035 Wasserstoff, so daß also die fragliche
                              Verbindung nicht uͤber 1/1000 Wasserstoff enthalten kann. Hoͤchst
                              wahrscheinlich enthaͤlt sie aber davon keine Spur, und man darf wohl
                              annehmen, daß man nur deßwegen eine Spur Wasser erhielt, weil es unmoͤglich
                              ist, die angewandten Materialien vollkommen auszutroknen.
                           Diese Versuche sind meiner Meinung nach hinreichend, um zu erweisen, daß die
                              fuͤr ein Hydruͤr gehaltene Substanz nur eine Legirung von Eisen und
                              Platin ist.
                           Als Descostils eine Legirung von Zink und Platin mit
                              verduͤnnter. Schwefelsaͤure behandelte, erhielt er ein schwarzes
                              Pulver, welches sich unter der Rothgluͤhhize mit einer Art von Verpuffung
                              entzuͤndete. Er betrachtete dieses Pulver als sehr zertheiltes Platin. Ich
                              habe nach Descostils Verfahren dieses brennbare Pulver
                              erhalten, mich aber auch uͤberzeugt, daß es keineswegs reines Platin ist,
                              sondern 31 Procent Zink enthaͤlt. Die pyrophorische Eigenschaft dieses
                              Pulvers muß ohne Zweifel der Verbrennung einer gewissen Quantitaͤt Zink
                              zugeschrieben werden; nach der Verbrennung hat es ungefaͤhr 3 Procent an
                              Gewicht zugenommen.
                           Humphry Davy erhielt, als er eine Legirung von Platin und
                              Kalium mit Wasser behandelte, schwarze Schuppen, welche er als Platinhydruͤr
                              betrachtete. Ich werde naͤchstens ihre Zusammensezung auszumitteln
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