Titel: | Ueber einige leichte Dachbedekungen. |
Fundstelle: | Band 52, Jahrgang 1834, Nr. LXXXIV., S. 450 |
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LXXXIV.
Ueber einige leichte
Dachbedekungen.
Aus dem Journal des
connaissances usuelles. Maͤrz 1834, S.
141.
Ueber einige leichte
Dachbedekungen.
Man bedient sich in England schon seit mehreren Jahren (und in
Nordamerika noch viel laͤnger) zum Deken der
Daͤcher von Schoppen, Scheunen,
Aufhaͤngeplaͤzen, Fabrikgebaͤuden etc.
einer Art von wasserdichtem Papiere. Bereits sieht man in
Frankreich einige seltene Beispiele einer aͤhnlichen
Dachbedekung, und wir hoffen daher, daß eine neue Anregung
dieses Gegenstandes zu einer ausgedehnteren Benuzung und
Anwendung desselben fuͤhren wird.
Schon vor vielen Jahren beschaͤftigte man sich in Schweden
sowohl, als in Deutschland mit der Fabrikation
von unverbrennlichem Pappendekel, womit man
Oekonomiegebaͤude zu deken versuchte. Diese Pappendekel
wurden aus Wollenlumpen erzeugt, weil sie auf diese Weise
feuerbestaͤndiger werden sollten; man ließ sie zwischen
Walzen durchlaufen, traͤnkte sie mit starker Kalkmilch,
und behandelte sie hierauf mit Schwefelsaͤure, wodurch
eine Schichte Gyps erzeugt wurde, die die Pappendekel sowohl
gegen Feuer, als Wetter schuͤzen sollte. Diese
Pappendekel wurden wie Schieferplatten auf ein leichtes
Gebaͤlk genagelt, und sollen, obschon sie sehr hart und
bruͤchig waren, dennoch gute Dienste geleistet haben.
In Folge einer langen Erfahrung gibt man gegenwaͤrtig der
Dachbedekung mit wasserdichtem Papiere, welche Loudon vor 25 Jahren in Vorschlag
brachte, in vielen Faͤllen den Vorzug. Viele
Oekonomiegebaͤude in Schottland, viele Fabriken in
Yorkshire wurden seit dieser Zeit auf diese Weise gedekt, und
immer allgemeiner scheint dieses Verfahren zu werden.
Diese Daͤcher sind sehr wohlfeil und gestatten eine weit
groͤßere Leichtigkeit des Gebaͤlkes, so wie eine
geringere Dike der Mauern, auf denen sie ruhen; sie sind
elegant, sehen wie Schieferdaͤcher aus, und brauchen
keine groͤßere Neigung, als zum Abfluͤsse des
Wassers noͤthig ist. Sie eignen sich fuͤr
Gebaͤude aller Art, hauptsaͤchlich aber
fuͤr Fabriken, Magazine, Scheunen, Barraken,
Schaͤfereien etc.; auch lassen sich auf diese Weise sehr
leicht tragbare Dekel oder Huͤte fuͤr
Getreide- oder Heuschober verfertigen.
Jedes starke und dike Papier laͤßt sich hiezu verwenden;
besonders geeignet ist jedoch das Wollenpapier. Man taucht
dasselbe Bogen fuͤr Bogen in ein siedendes Gemenge aus
3/4 Pech und 1/4 Bergharz, welche zusammengeschmolzen werden,
und laͤßt es dann auf Stangen abtropfen und troknen.
Diese Operation wird nach einem oder nach zwei Tagen wiederholt.
Dieses Papier wird dann nach Art der Schieferplatten mit
flachkoͤpfigen Naͤgeln auf fichtene DielenHr. Loudon hat statt dieser
Dielen auch enge, leichte, mit Gyps uͤberzogene
Geflechte angewendet, und das Papier nicht darauf
genagelt, sondern mit kleinen Streifen Tuch oder Zeug
befestigt. Noch besser ist es, wenn man mit Gyps
uͤberzogene Latten nimmt, sie an den Balken
annagelt und darauf das Papier befestigt. Diese Dekung
ist die leichteste und wohlfeilste; man kann jedoch
nicht darauf herumsteigen. Auf dem Gute des Hrn. Loudon ist eine Scheune und
ein Speicher auf diese Weise mit Latten und Papier; der
Stall und die Remise mit Geflechten und Papier, und das
Wohngebaͤude mit Dielen und Papier gedekt. von 6 Linien Dike, die auf fichtenen Balken von 2 Zoll
im Gevierte befestigt werden, aufgenagelt. Diese Balken sollen
18 Zoll weit von einander entfernt seyn, und
muͤssen auf Sparren von 6 Zoll im Gevierte, die auf den
Mauern ruhen, aufgezogen werden.
Nachdem das Papier aufgenagelt worden, uͤberzieht man
dasselbe mit einer Composition aus 2/3 Theer und 1/3 Pech, die
man bis zur Leimconsistenz eindikt, und der man noch gleiche
Theile Holzkohlen- und Kreidenpulver zusezt. Diese
Composition muß heiß und so schnell als moͤglich
aufgetragen werden, weil sie durch das Abkuͤhlen
erhaͤrtet; und unmittelbar, nachdem sie eine Linie dik
aufgetragen, streuet man Sand, Schmiedzunder oder Hammerschlag
darauf, wodurch sie nicht nur gegen das Zerspringen an der
Sonne, sondern auch gegen Feuersgefahr gesichert wird.
Die einzigen Einwuͤrfe, die man gegen diese Daͤcher
machen kann, bestehen in ihrer Verbrennlichkeit, und darin, daß
sie von heftigen Winden davongetragen werden koͤnnen.
Dagegen ist zu bemerken, daß sie von Außen wenigstens bei weitem
nicht so leicht entzuͤndlich sind, als die
Strohdaͤcher, indem das Aufstreuen des Sandes oder
Hammerschlages die Entzuͤndbarkeit in hohem Grade
mindert.
Wir fuͤgen hier nur noch ein Beispiel eines Daches
fuͤr ein Sommerhauschen, welches sich ein
Englaͤnder baute, bei. „Ich baute mir, sagt der
Gentleman, ein Sommerhauschen von 18 Quadratfuß, und gab ihm
ein beinahe horizontales Dach, indem der Mittelpunkt des
Daches kaum um einen Zoll hoͤher liegt, als dessen
Raͤnder. Dieses Dach wurde auf folgende Weise gebaut.
Ich ließ auf die Balken Bretter von 9 Linien Dike legen, und
mit Naͤgeln ein altes Segeltuch daruͤber
spannen. Auf dieses trug ich eine Schichte eines aus 3
Theilen Theer und einem Theile Pech bestehenden Gemenges
auf, auf welches ich dann eine Schichte Sand streute, wovon
jener Theil, der sich nicht mit dem Theer verband, vom Winde
fortgeweht wurde. Nachdem diese erste Schichte getroknet
war, ließ ich eine zweite vollkommen aͤhnliche, und
das naͤchste Jahr darauf auch noch eine dritte
auftragen, wobei ich jedes Mal troknes und sehr heißes
Wetter waͤhlte. Dieses Dach haͤlt sich seit
dieser Zeit sehr gut; leichte Erschuͤtterungen
schadeten ihm durchaus nicht, denn meine Kinder trieben oben
auf demselben ihre Spiele; es ist auch vollkommen
wasserdicht, was daraus hervorgeht, daß die Malerei, die ich
inwendig am Plafond anbringen ließ, vollkommen unversehrt
blieb.“
Wir sind weit entfernt diese Dachbedekung fuͤr unsere
gewoͤhnlichen Wohnhaͤuser zu empfehlen; allein es
gibt eine Menge von Gebaͤuden, bei denen es auf die
Wohlfeilheit und Leichtigkeit des Baues gar außerordentlich viel
ankommt, und fuͤr solche eignen sich die beschriebenen
Daͤcher in vielen Faͤllen gewiß vortrefflich.