Titel: | Ueber die von Mannheim bis Basel zu errichtende deutsche Eisenbahn. |
Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber die von Mannheim bis Basel zu errichtende
deutsche Eisenbahn.
Ueber die von Mannheim bis Basel zu errichtende deutsche
Eisenbahn.
Mit Vergnuͤgen vernimmt man, daß die voriges Jahr von dem verdienstvollen
Herrn Newhouse in
Mannheim in Anregung gebrachte Herstellung einer großen deutschen Eisenbahn durch
das Großherzogthum BadenS. Vorschlag zur Herstellung einer Eisenbahn im Großherzogthum Baden von
Mannheim bis Basel und an den Bodensee, von L. Newhouse. Karlsruhe 1833. 8. keineswegs das Schiksal so mancher großartiger Ideen in unserm Vaterlande
theilen zu wollen scheint. Der Vorschlag hat nicht nur bei dem Großherzoge und in
der badischen Kammer Anklang gefunden, nicht nur alle Freunde des Fortschreitens
lebhaft angesprochen, sondern er erscheint auch denen mehr und mehr beachtungswerth,
von deren Theilnahme hauptsaͤchlich die Ausfuͤhrung
abhaͤngt.
Handelt es sich um die Errichtung irgend einer Eisenbahn, so bieten sich namentlich
zwei Fragen dar: vorerst die Frage, ob
uͤberhaupt eine Eisenbahn unter den gegebenen Verhaͤltnissen
vortheilhaft sey, und dann noch die, welche Art von
Eisenbahnen die zwekmaͤßigste seyn mag?Zuweilen moͤgen diesen Fragen allerdings andere noch vorangehen, wie
die, ob nicht ein Canal, oder die Einfuͤhrung von Chausseedampfwagen
etc. vorzuziehen seyn moͤgen. Hier koͤnnen wohl diese Fragen
indessen nicht in Betracht kommen. und beide sind hauptsaͤchlich, wo nicht ausschließlich, als rein
oͤkonomische zu behandeln. Die nachfolgenden Betrachtungen haben den Zwek zur
Beantwortung dieser beiden Fragen, und zwar in dem vorliegenden Falle
beizutragen.Fruͤher geaͤußerte Ansichten s. im Polyt. Journal, Sept.
1833.
I. Verspricht die Anlegung einer
Eisenbahn von Mannheim bis Basel uͤberhaupt oͤkonomische
Vortheile?
Ein Transportmittel ist oͤkonomisch nuͤzlicher als ein anderes, wenn
sich die Transportkosten einer Waare oder einer Person fuͤr dieselbe Distanz
bei Anwendung des erstern wohlfeiler stellen. Allerdings
hat eine groͤßere Geschwindigkeit an sich, indem dadurch Zeit erspart wird,
oft auch oͤkonomischen Vortheil; da dieser jedoch nicht leicht und nicht immer in
Rechnung zu bringen ist, so mag er zunaͤchst unberuͤksichtigt
bleiben.
Die Transportkosten auf einer Eisenbahn bestehen aus 2
Elementen, den eigentlichen Fuhr- und den Bahnkosten; waͤhrend beim Transport auf
gewoͤhnlichen Landstraßen – oder natuͤrlichen Wasserstraßen
– die Bahnkosten wegfallen.
Außerdem werden meist zwar auch Zoͤlle und Weggelder erhoben, und die Fracht
vertheuert. Muß man indessen annehmen, daß der Staat diesen Beitrag als Auflage auch
bei der Eisenbahn erheben wird, so kann natuͤrlich dieses Element der
Frachtkosten bei dieser Berechnung außer Acht gelassen werden.Schwerlich duͤrfte sich uͤbrigens rechtfertigen lassen, daß das
Weggeld mit der Zollgebuͤhr verschmolzen, und das erstere, das eine
naturgemaͤße Entschaͤdigung fuͤr den Gebrauch einer Straße ist, als Auflage erhoben
werde; und daß derjenige, der die vom Staate unterhaltene Straße nicht
benuzt, und nicht beschaͤdigt, dennoch zu den Unterhaltungskosten
derselben beitragen und ebenfalls ein Weggeld dem Staate zahlen soll.
Der Transport auf einer Eisenbahn wird demnach gerade um die Bahnkosten vertheuert;
und er kann nur in dem Falle dennoch wohlfeiler kommen, wenn die reinen Fuhrkosten
durch diese kuͤnstliche Bahn um ein noch Bedeutenderes vermindert werden.
Es ist hiemit hauptsaͤchlich zu untersuchen, wie hoch sich die Bahnkosten fuͤr 1 Cntr.
Gut oder 1 Person per Weg- oder Poststunde z.B.
belaufen moͤgen; und dieß laͤßt sich nur dann bestimmen, wenn man
weiß, wie viel 1 Wegstunde jaͤhrlich oder
taͤglich abwerfen muß, um die Unternehmer zu befriedigen, und auf wie viele
Centner durchpassirender Waaren oder Personen jene Quote vertheilt werden kann.
Am Tage liegt nun wohl, daß von keinem nur einiger Maßen zuverlaͤssigen Voranschlag die Rede seyn kann, da 1) die
Anlagekosten je nach der Einrichtung der Bahn und nach den Localitaͤten um
das Doppelte und Mehrfache verschieden seyn muͤssen; da 2) sich nicht einmal
fixiren laͤßt, wie viele vom Hundert das erste Capital jaͤhrlich
abwerfen muß, um alle Unterhaltungskosten und eine hinlaͤngliche reine
Dividende zu bestreiten; und 3) da sich eben so wenig die muthmaßliche Frequenz
voraus festsezen laͤßt. Man wird jedoch der Wahrheit um so naͤher
kommen koͤnnen, je genauer man vorher die verschiedenen Grundlagen dieser
Berechnung auszumitteln und zu bestimmen bemuͤht ist, und je
sorgfaͤltiger man sich vor jeder Selbsttaͤuschung huͤtet.
Nach Hrn. N. wuͤrde die Eisenbahn von M. bis B. etwa 56 Stunden lang werden,
die Wegstunde zu 4000 Metern oder zu 2 1/2 engl. Meilen gerechnet.1 engl. Meile = 5280 engl. Fuß, = 1609 Met. und 2 1/2 engl. Meile also =
13,200' = 4022 1/2 Met. Nehmen wir, um sicherer zu gehen, und der Verlaͤngerung, welche die
Umgehung des Schliengenberges noͤthig macht, Rechnung zu tragen, 60
Wegstunden an.
Das Terrain scheint, so viel sich ohne eine genaue Nivellirung und Kenntniß desselben
abnehmen laͤßt, keine besondern Schwierigkeiten darzubieten, und die
Umkreisung des eben genannten Berges auch unschwer ausfuͤhrbar zu seyn; und
da Basel zwar an 500' oder 160 Meter hoͤher liegt als Mannheim, so
wuͤrde die Bahn, bei fortwaͤhrender und gleichfoͤrmiger
Steigung, doch nur ein Gefaͤlle von circa 8' per Stunde, oder von 1/1500 haben, und hiemit großen
Theils voͤllig horizontal liegen koͤnnen, ohne stellenweise
uͤber 1/200 geneigt zu seyn. Auch von dieser Seite erscheinen also die
Verhaͤltnisse sehr guͤnstig; und es laͤßt sich daher mit großer
Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die fragliche Eisenbahn sich mit so geringen Kosten
beinahe als irgendwo eine aͤhnliche herstellen lasse.
Nichts desto weniger ist ein Voranschlag nicht leicht, da einerseits die bisherigen
Erfahrungen die Herstellungskosten sehr abweichend ergeben, und andererseits vorher
entschieden seyn muß, ob eine einfache oder eine doppelte Geleisebahn, und ob eine
Bahn fuͤr Pferde oder fuͤr Dampfwagen errichtet werden soll, so wie,
ob zum Theil die vorhandenen Straßen dafuͤr benuzt werden koͤnnen.
Hr. N. berechnet die Gesammtkosten einer Doppelbahn
per Wegstunde nur auf 110,000 fl.Fuͤr die Herstellung des Bahndammes und Ankauf des Grundes sezt er
49,000 fl., fuͤr die Schienen 42,000 fl. und fuͤr die Lage
etc. 19,000 fl. an., so daß die ganze Straße nur auf 6,600,000 fl. und mit Inbegriff der
allgemeinen Bauten und Fuhrwerke nur auf 7,200,000 zu stehen kaͤme.
Alle anderwaͤrtigen Erfahrungen und Anschlaͤge stellen indessen die
Kosten bedeutend hoͤher, und ich glaube daher das totale Anlagecapital durchschnittlich per
Wegstunde zu 4 Kilom. also annehmen zu duͤrfen:
Fuͤr eine Dampfwagenbahn mit doppelten Geleisen zu 160,000 fl. und fuͤr
eine einfache mit einer genuͤgenden Menge von Ausweicheplaͤzen zu
110,000 fl.
Fuͤr eine doppelte Pferdeeisenbahn zu 140,000 fl. und fuͤr eine
einfache zu 90,000 fl.Wahrscheinlich ist der Kostenunterschied bei einer einfachen Pferdebahn noch viel betraͤchtlicher, da nicht
bloß die Schienen leichter seyn koͤnnen, sondern
hauptsaͤchlich, da nicht so sorgfaͤltig jede merkliche
Steigung und Kruͤmmung vermieden zu werden braucht, und daher weit
eher und haͤufiger die Bahn auf vorhandene Straßen gebracht werden
kann. Ohne Zweifel ist aber die Unterhaltung etwas kostbarer, so daß
dafuͤr 2 Proc. statt 1 1/2 Proc. anzusezen sind.
und die Totalkosten
beliefen sich also auf: 10 Mill., 6 1/2 Mill., 8 1/2 Mill. oder 5 Mill. Gulden.
Was den erforderlichen jaͤhrlichen Bruttoertrag der
Bahn anbetrifft, so wird derselbe nicht unter 11 Proc. anzusezen seyn, wenn die
reine Dividende wenigstens 6 Proc. betragen, und 3 Proc. zur Bildung eines
Reservefonds – aus dem zeitweise die Schienen erneuert werden moͤgen
– zuruͤkgelegt werden soll.Und unter diesen 11 Proc. sind eben so wenig die Unterhaltungskosten der
Wagen etc. wie die der Pferde begriffen.
Es wuͤrde also die Bahn per Wegstunde abwerfen
muͤssen:
wenn sie
160,000
fl.
kostet,
17,600
fl.
jaͤhrlich
oder
49
fl.
taͤglich;
–
140,000
–
–
15,400
–
–
–
43
–
–
–
110,000
–
–
12,100
–
–
–
33 1/2
–
–
–
90,000
–
–
9900
–
–
–
27 1/3
–
–
Schließlich fragt es sich nun, auf welches Waarenquantum
und auf wie viele Reisende diese Bahnkosten zu vertheilen
seyn moͤgen?
Es laͤßt sich ohne Zweifel annehmen, daß wohl auf wenigen Straßenzuͤgen
von dieser Laͤnge auf dem Continente ein lebhafterer Verkehr Statt haben mag,
und daß hiemit, wenn irgendwo, dieser die Anlegung einer so ausgedehnten Eisenbahn
zulaͤssig machen duͤrfte. Immerhin waͤre es sehr gewagt, eine
Berechnung auf ganz willkuͤrlich angenommene Zahlen zu basiren. Es soll sich
indessen aus bereits vorgenommenen Untersuchungen ergeben, daß durchschnittlich der
jaͤhrliche Verkehr sich auf etwa 1 Mill. Cntr. Guͤter (oder der
taͤgliche auf fast 3000 Cntr.) und auf circa 250
Reisende per Tag belaufe; d.h. daß durchschnittlich
dieses Quantum taͤglich auf jedem Theile der Straße theils auf-,
theils abwaͤrts durchpassire. Und sollten nun auch diese Zahlen sich nicht
auf voͤllig befriedigende Belege stuͤzen, und mag uͤberdieß
nicht das ganze Quantum auf die Eisenbahn kommen, so duͤrfen dieselben doch
um so eher zu Grundlagen dienen, da ohne allen Zweifel bei sich ergebender
groͤßerer Wohlfeilheit, die Frequenz um ein Bedeutendes sich in Kurzem
vermehren wuͤrde.
Nimmt man an, was angemessen scheint, daß jeder Reisende 8 Mal so viel als 1 Cntr.
Gut zu zahlen habe, oder daß 1 Passagier fuͤr 8 Cntr. Gut zu rechnen sey, so
erhalten wir folgende Raten per Wegstunde:
1) Wenn nun 2000 Cntr. Gut und 200 Reisende (= 1600 C. Gut) auf die Bahn kommen, so
hat:
a. Zu 49 fl. per Tag –
1 Cntr. zu zahlen (49 . 60)/3600 = 49/60 oder 5/6
kr. und 1 Passag. 8 . 5/6 = 6 2/3 kr.
b. Zu 43 fl.
1 Cntr. 43/60 kr. und 1 Pass. 5 2/3 kr.
c. Zu 33 1/2 fl.
1 Cntr. 67/120 kr. und 1 Pass. 4 1/2 kr.
d. Zu 27 1/3 fl.
1 Cntr. 82/180 kr. und 1 Pass. 3 2/3 kr.
2) Wenn 3000 Cntr. Gut und 250 Reisende (= 2000 Cntr. Gut) auf die Bahn kommen:
a. Zu 49 fl. per Tag 1 Cntr. Gut
= 3/5 kr. u. 1
Reis. ca.
5 kr.
b. – 43 –
= 13/25
4 kr.
c. – 33 1/2 fl
= 2/5 kr.
3 1/5
kr.
d. – 27 1/3
= 1/3
2 1/3
kr.
3) Wenn 4000 Cntr. Gut und 300 Reisende (= 2400 Cntr. Gut) auf die Bahn kommen:
a. Zu 49 fl
1 Cntr.
Gut
15/32 kr. u. 1 Reis.
3 3/4 kr.
b. – 43 –
13/32 –
3 1/4 kr.
c. – 33 1/2 fl.
5/16 –
2 1/2 kr.
d. – 27 1/3
ca
.
1/4 –
2 kr.
Ist auf diese Weise die Rate fuͤr die Bahnkosten bestimmt, so laͤßt
sich leicht finden, in welchem Falle die gesammten
Frachtkosten auf der Eisenbahn geringer als auf andern Straßen sind, oder
jene oͤkonomisch vortheilhafter seyn wird. Wir haben bloß zu untersuchen, ob
die Verminderung der eigentlichen Fuhrkosten mittelst der
Eisenbahn jene Rate uͤbersteigt.
Die gewoͤhnliche Landfracht von Mannheim bis Basel
kommt per Cntr. Gut auf 80–90 kr. (ohne Zoͤlle etc.) oder auf ca. 1 1/2 kr. per
Stunde. Fuͤhrt ein Fuhrmann mit 4 Pferden 60 Cntr. und braucht er 8 Tage, so
verdient er 80–90 fl., oder taͤglich 10–11 fl. und 1 Pferd
zieht (den Wagen mitgerechnet) 20–22 Centner.
Auf einer guten und ganz horizontalen Eisenbahn kann 1
Pferd wenigstens eine 10–12 Mal groͤßere Last mit derselben
Geschwindigkeit ziehen; nehmen wir aber nur das 8fache an, so wird immerhin 1 Pferd
eine Last von 160–170 Cntr. fortschaffen koͤnnen, oder wenigstens 100
Cntr. auf 2 Wagen von 25 Cntr. Gewicht.
1 Mann mit 1 Pferd fuͤhrt also 1 2/3 Mal so viel auf der Eisenbahn als 1 Mann
mit 4 Pferden auf der Landstraße zu. Da ersterer mit 5 fl. per Tag gleich gut bestehen mag; so verhalten sich die Transportkosten wie 5/100 :
50/60 oder wie 1/20 : 1/6 und betragen per Cntr. und per Stunde nur 9/20 kr.
Man erspart hiemit an Fuhrkosten 1 1/10 kr.; und da im schlimmsten Falle, bei obigen Annahmen,
die Bahnkosten nur auf 5/6 kr. steigen, so erhellt, daß in diesem sogar eine
Eisenbahn vortheilhaft waͤre, und dasselbe zeigt sich noch, wenn nur 1000
Cntr. Gut und 100 Reisende taͤglich passiren, die Bahn aber nur 25 fl.
abzuwerfen braucht. Vergleichen wir aber die Kosten in dem guͤnstigsten Falle
(bei 3, d), so kaͤme die Fracht per Cntr. auf der
Eisenbahn nur auf 1/4 + 9/20 oder 7/10 kr., waͤhrend sie auf der Landstraße
auf 1 1/2 kr. kommt.
Noch vortheilhaftere Resultate ergibt der Transport der
Reisenden:
4 Pferde ziehen einen engl. Eilwagen taͤglich 8–9 Meilen, oder etwa 3
1/3 Stunde weit (mit einer Geschwindigkeit von 10–11 M. oder 4 Postst. per Stunde), und die Last betraͤgt ca. 50 Cntr. (18 Cntr. der Wagen und 32 die
Ladung.)Der taͤgliche Effect ist also = 50 8 oder 400 Cntr. 4 M. weit; und
fuͤr 1 Pferd 400. Der Nuzeffect = 30 × 2 = 60 fuͤr 1
Pferd.4 Pferde an einem Frachtwagen mit 3 M. per St.
ziehen 30 Cntr. (60 Ladung) 15 M. (6 St.) weit; und der Effect ist also 80
× 15 = 1200; oder 3 Mal groͤßer; und der Nuzeffect = 900 oder
225 fuͤr 1 Pferd oder fast 4 Mal groͤßer. Bei 10 M.
Geschwindigkeit ist aber die Zugkraft 5 1/2 Mal kleiner der Eilwagen
erfordert daher weit mehr Anstrengung und staͤrkere Pferde, und
nuͤzt dieselben schnell ab.
Bei unseren schweren Eilwagen moͤgen 4 Pferde 55
Cntr. (eine Ladung von 30 Cntr. oder 15 Personen mit Gepaͤk etc.) mit
2–2 1/2 St. Geschwindigkeit 5 Stunden weit foͤrdern.
Der Nuzeffect waͤre also – 5 × 30 = 150 Cntr. oder 37 1/2
fuͤr 1 Pferd, waͤhrend er auf der Landstraße = 7 1/2 × 60 = 450
oder 3 Mal groͤßer ist. Die Kosten aber waͤren uͤberhaupt
(wegen des theuren Wagens etc.) 3 1/2 – 4 Mal groͤßer, oder
fuͤr die Person (à 2 Cntr. mit Gepaͤk) 7–8fach von der
Fracht 1 Cntr. zur Fuhre, d.h. = 11–12 kr.Der Eilwagen wird etwas mehr fordern, weil er meist nicht volle Ladung hat,
und das Gepaͤke, das er fuͤhrt, diesen Mangel nicht ganz
ersezt.
Kann nun 1 Pferd auf der Eisenbahn wenigstens 8 Mal mehr ziehen, so wird ein einziges
110 Cntr. oder 2 Wagen mit 30 Passagieren eben so leicht fortschaffen
koͤnnen, und der bloße Transport per Person nur 1
1/2 kr. betragen; oder hoͤchstens 2 kr. (wenn in Anschlag kommt, daß mehr
Kutscher und Conducteurs verhaͤltnißmaͤßig erfordert werden). Jedenfalls
werden 9–10 kr. erspart, waͤhrend die Bahnkosten nur 2–6 2/3
kr. ausmachen.
Gesezt also auch, Eisenbahnwagen wuͤrden oͤfters als
gewoͤhnliche Eilwagen nicht volle Ladung haben, so ist dennoch klar, daß
unter obigen Voraussezungen eine Eisenbahn den Transport um ein Bedeutendes wohlfeiler machen wuͤrde; und wird man
einraͤumen, daß eher zu unguͤnstige Verhaͤltnisse der
Berechnung zum Grunde gelegt wurden, so kann wohl nicht der mindeste Zweifel
obwalten, daß nicht die Errichtung der in Frage liegenden Eisenbahn zwekmaͤßig, und fuͤr das Publikum so wie
fuͤr die Unternehmer von großem Nuzen seyn wuͤrde.
––––––––
Ist jedoch entschieden auch, daß eine Eisenbahn zwekmaͤßig sey, so fragt es
sich ferner, welche Art von Bahnen den Vorzug verdienen mag? Im vorliegenden Falle
bleibt indessen wohl nur zu untersuchen:
II. Ob es rathsamer sey, eine Eisenbahn fuͤr Pferde
oder eine fuͤr Dampffuhrwerke anzulegen?Wir gehen naͤmlich davon aus, daß es sich jedenfalls um die
Herstellung einer ordentlichen Railroad Bahn
handle. Ueberhaupt aber koͤnnte in einer ausfuͤhrlicheren
Abhandlung nur von den etwaigen Vortheilen anderer Systeme, wie des Palmer'schen (mit einfachen, erhoͤhten
Schienen), der Bader'schen (mit lauter
geneigten Streken) etc., oder von der Fortschaffung mittelst fixer
Dampfmaschinen etc. die Rede seyn. Man vergl. auch Polyt. Journ. Bd. LII. S. 401.
In England, wo Alles zur Parteisache geworden, gibt es Manche (z.B. Canalbesizer),
die jede Art von Landtransport, Andere, die alle Canaͤle und Straßen, noch
Andere, die jede Anwendung von Pferden geradezu fuͤr nachtheiliger
erklaͤren, und die Einen wie die Anderen sind wirklich im Stande, ihre
Behauptung auf bestimmte Thatsachen zu stuͤzen. Denn wer wird es bestreiten,
daß auf einem Canal allein ein einziges Pferd eine Last von 1000 Cntrn. zu ziehen
vermag, daß mit Dampfwagen allein 5 und mehr Stunden Weges in 1 Zeitstunde
zuruͤkgelegt werden koͤnnen, und daß weder ein Canal noch Pferdewagen
leisten koͤnnte, was die Dampfwagen auf der Liverpooler Bahn leisten u.s.w.
Wer moͤchte ferner bezweifeln, daß der Transport uͤber den Gotthard
mit einer Eisenbahn theurer kaͤme, als mit einer gewoͤhnlichen Straße?
Aus alle diesem erhellt wohl schon, daß keinem Transportmittel ein absoluter Vorrang
zukomme, und daß also weit weniger noch von einem allgemeinen Verhaͤltnisse
ihres respectiven Werthes die Rede seyn kann, und in der That, so wie der Werth
einer Eisenbahn augenscheinlich mit dem Guͤterquantum, das auf dieselbe kommt, sich
aͤndert, so aͤndert sich offenbar der des Pferdezuges je nach der
geforderten Geschwindigkeit. Es ist daher auffallend, wenn Kenner oder unbefangen
seyn Wollende die Frage, ob eine Eisenbahn mit Pferde- oder Dampfwagen
vortheilhafter seyn moͤge, mit der kahlen Behauptung abfertigen wollen, es
sey eine entschiedene Sache, daß die Dampfkraft 6 oder 8 Mal wohlfeiler als
Pferdekraft sey. Denn gesezt sogar, die erstere komme in jedem Falle wirklich
wohlfeiler als diese, so waͤre je nach der Geschwindigkeit das
Verhaͤltniß immerhin sehr verschieden, und jene Behauptung stets eine
handgreifliche Absurditaͤt.
Wie wenig die Dampfkraft in allen Faͤllen
fuͤr oͤkonomisch vortheilhafter gehalten wird, ist schon daraus
abzunehmen, daß man sich nicht nur in vielen Fabriken und selbst in England oft
lebender Pferde bedient, sondern auch auf mehreren englischen Eisenbahnen, und in
Kohlendistricten sogar, wo jene Fracht spottwohlfeil ist, des Pferdezuges. Die
Moͤglichkeit, daß Pferdewagen auf Eisenbahnen unter gewissen
Verhaͤltnissen den Vorzug verdienen, ist jedoch auch aus der Natur der Sache
unschwer abzuleiten.
Wir haben oben gefunden, daß die reine Fracht fuͤr 1 Cntr. Gut auf einer Pferdeeisenbahn
per Stunde auf 9/20 kr. kommen mag; und der Transport
von 1 Person mit Gepaͤk (bei 2 1/2 St. Geschwindigkeit) auf 1 1/2 – 2
kr.
Aehnliches ergeben andere Daten. Auf der Darlington-Bahn zieht 1 Pferd (mit
100 Pfd. Zugkraft bei 1 St. Geschwindigkeit) 160 Cntr. taͤglich 8 Stunden
weit; der Effect ist also 160 × 8 = 1280 Cntr.
Vermindert sich die Zugkraft desselben Pferdes bei 2 St. Geschwindigkeit auf 60, und
bei 3 St. Geschwindigkeit auf 25; und kann es dann nur 6 oder nur 4 Stunden weit
taͤglich laufen; so ist der Effect:
bei 2 St. Geschw. = (60 . 160)/100 × 6 = 576 Cntr. oder
96 Cntr. 6 St. weit
bei 3 St. Geschw. (25 . 160)/100 × 4 = 160 Cntr. oder
40 Cntr. 4 St. weit und der Nuzeffect (die Wagen
abgerechnet) mag seyn:
Bei 1 St. Geschw. 130 Cntr. 8 St. weit = 1040 Cntr., so daß 1 Cntr. per Stunde (wenn 1 Mann und 1 Pferd mit Wagen etc. 330
kr. kosten) kaum 1/3 kr. kostet.
Bei 2 St. Geschw. 70 Cntr. Gut auf 6 St., so daß 1 Cntr. per St. 330/420 = 3/4 kr., oder 1 Reisender etwa 1 1/2 kr. per St. kostet; und Bei 3 St. Geschw. – 22 Cntr. 4 St. weit –
oder 12 Reisende – so daß 1 Reisender 330/48 oder nicht gar 7 kr.
kostete.
Auf der Liverpooler Bahn soll der Transport von 1 Cntr.
per St. (bei voller Ladung) nur 1/20 Pf. Kohks
erfordern, und wuͤrde also, den Centner Kohks bei uns zu 120 kr. gerechnet,
kaum 1/16 kr. kosten, und dieß bei jeder Geschwindigkeit. Es ist nun zwar die
Unterhaltung und Besorgung der Dampfwagen weit kostbarer;Von 21 Wagen sollen gewoͤhnlich nur 6 oder 8 im Gange, und die
uͤbrigen meist in Reparatur begriffen seyn. wuͤrden aber die Kosten auch auf 1/5 kr. erhoͤht, so blieben
sie stets unter den reinen Frachtkosten mit Pferden, selbst bei der
maͤßigsten Geschwindigkeit.
Ganz anders erscheint jedoch die Differenz, vergleichen
wir die gesammten Transportkosten. Sind die Bahnkosten
fuͤr beide dieselben (und fuͤr Dampfwagen sind sie gewiß nie kleiner),
so betragen nach vorstehenden Voraussezungen die gesammten
Transportkosten fuͤr 1 Cntr. und 1 St.:
Mit Pferden 1/4 kr. + 1/3 kr. bis 5/6 kr. + 1/3 kr. oder 3/12 kr. – 7/6 kr.
bei langsamem Zuge, und
1/4 kr. + 3/4 kr. bis 5/6 kr. + 3/4 kr. oder 1 kr. – 1 7/12 kr. bei 2 St.
Geschwindigkeit per Stunde.
Mit Dampfwagen hingegen 1/5 kr. + 1/4 kr. bis 1/5 kr. + 5/6 kr. oder 9/20 kr. bis
31/30 kr. fuͤr jegliche Geschwindigkeit.
Es zeigt sich also in der That bei solchen Geschwindigkeiten eine nur sehr kleine Differenz zu Gunsten der Dampfkraft; und eine
um so kleinere, je geringer das Frachtquantum ist, d.h. je bedeutender die
Bahnkosten werden. Man ersieht, daß erst bei einer Geschwindigkeit von 3–4
St. per St. der Vortheil des Dampftransportes sehr
namhaft wuͤrde, und dieser nur dann entschieden vortheilhafter waͤre,
wenn fuͤr die meisten Guͤter eine solche Schnelligkeit von Wichtigkeit
und besonderem Werthe ist. Man sieht endlich, daß aber selbst in diesem Falle von
keiner 6 oder 8 Mal groͤßeren Wohlfeilheit die Rede seyn kann, es sey denn,
daß die Bahnkosten beinahe auf Null sich reducirten.
Darf man nun annehmen, und wir halten uns dazu vollkommen berechtigt, daß fuͤr
den in Frage liegenden Verkehr eine Geschwindigkeit von 1–1 1/2 St.
fuͤr Guͤter, und von 2–3 St. fuͤr Passagiere
voͤllig befriedigend sey, oder daß eine groͤßere selten oder gar nicht
theurer bezahlt wuͤrde, so ließe sich gar wohl behaupten, daß die Anwendung
der Dampfkraft keine wesentliche Oekonomie verspricht.
In der That mag aber selbst dieser Vortheil oft ganz oder beinahe ganz verschwinden, bringt man in
Anschlag, daß eine Pferdeeisenbahn mit einem kleinern Capital hergestellt werden kann. Wahrscheinlich handelt
es sich nun vorerst uͤberhaupt um die Herstellung einer einfachen Bahn mit zahlreichen Ausweichungen; so wie denn eine solche
vielleicht zu jeder Zeit zur Befahrung mit Pferden die geeignetste seyn
wuͤrde, da sie eine beliebige Geschwindigkeit zulaͤßt, indem man auch
vorfahren kann. Kommt aber eine solche nur auf 90,000 fl. per St., waͤhrend eine aͤhnliche einfache Bahn fuͤr
Dampffuhren 110,000 fl. kostete, so kaͤme die gesammte Fracht bei 1 Cntr.
Waare per Stunde:
auf der Pferdebahn nach Nr.
2d auf
2/3 + 1/3 kr. oder auf
10/15 kr.
und mit Dampfwagen
–
–
2/5 + 1/5 kr. –
9/15 kr.
und nach Nr. 1d.
auf der Pferdebahn auf
82/180 + 1/5 kr. oder 71/90 kr. = 0,789 kr.
und mit Dampfwagen auf
67/120 + 3/5 kr. oder 23/24 kr. = 0,958 kr.
Im ersten Falle kaͤme also der Dampftransport nur um 1/10 wohlfeiler, im
zweiten hingegen um volle 16 Proc. theurer!
Aus dieser einfachen Berechnung muß wohl jedem Unbefangenen einleuchten, daß die
Dampfkraft, weit entfernt in allen Faͤllen weitaus vortheilhafter als die
Pferdekraft zu seyn, dieser in manchen geradezu nachstehen mag.
Man wird kaum einwenden, wir waͤren bei dieser Rechnung von zu
unguͤnstigen Verhaͤltnissen fuͤr jene, und von zu
guͤnstigen fuͤr diese ausgegangen. Moͤglich ist, daß die
Dampfkraft einst noch wohlfeiler werde und noch mehr leiste, allein die
Moͤglichkeit, daß z.B. im badischen Lande einmal große Steinkohlengruben
eroͤffnet werden, ist einstweilen nicht zu beruͤksichtigen. Wahr ist
ferner, daß muͤßig stehende Pferde mehr kosten, als unthaͤtige
Dampfwagen; indem wir aber den uͤblichen Fuhrlohn zum Grunde legten, ist
dieser Umstand schon in Rechnung gebracht. Man wird hingegen zugeben, daß leicht
eine Pferdeeisenbahn noch ungleich weniger herzustellen kosten mag, als in Obigem
veranschlagt wurde. Geht man von dem aus, was jezt
moͤglich ist, so wird man anerkennen, daß jede Dampfmaschine kaum zur
doppelten Kraft sich steigern, und daß die Geschwindigkeit eines Dampfwagens sich
nicht bedeutend veraͤndern laͤßt, und daß daher jede Steigung der Bahn
uͤber 1/150 oder 1/120 sorgfaͤltig zu verhuͤten ist;Eben sie wird bei Dampfwagenbahnen, wegen der langen Wagenzuͤge,
noͤthig, damit sie immer moͤglichst geradlinig fortlaufen. daß steilere Streken hingegen bei einer Pferdebahn weniger hinderlich sind, weil Pferde auf kurze Zeit nicht bloß
einer doppelten und dreifachen Anstrengung faͤhig sind, sondern, indem sie
langsamer gehen, eine weit groͤßere Zugkraft ausuͤben koͤnnen.
Und dieser Umstand schon, so wie das mindere Gewicht der bloßen Pferdewagen, wird eher
gestatten, daß eine solche Kunstbahn auf gewoͤhnliche Straßen gebracht werde,
wenn auch das Scheuwerden der Pferde vor Dampfwagen ein Vorurtheil seyn mag.
Selbst unguͤnstige Vorurtheile koͤnnen uͤbrigens wirklich in
Betracht kommen, und allerdings mag z.B. zu Gunsten der Pferdefuhrwerke noch
sprechen, daß diese Unzaͤhligen gefahrloser wenigstens scheinen, als
Dampfwagen, daß jene nicht wie die lezteren die Fuhrleute brodlos machen sollen
u.a.m.
Weit beachtungswerther sind ohne Zweifel aber einige andere Umstaͤnde. Die
Dampfwagen auf der Liverpooler Bahn haben zehn- und mehrpferdige Maschinen.
Jeder zieht auf ein Mal Hunderte von Reisenden, oder viele hundert Centner
Guͤter. Es sind zwar auch viel schwaͤchere Maschinen nicht absolut
unanwendbar: allein dann wird ihr Effect verhaͤltnißmaͤßig weit
kleiner; und schwerlich wird daher je von ein- oder zweipferdigen Maschinen
die Rede seyn koͤnnen. Daraus ergibt sich aber unverkennbar manche
Unbequemlichkeit oder Nachtheil. Selbst auf jener Bahn moͤgen die Wagen nur
selten ihre volle Ladung haben. Sollte vollends aber ein solcher Wagen 150 bis 200
Passagiere oder 600 Centner ziehen, so wuͤrden auf einer Bahn, auf die
taͤglich nur 300 Personen und 2400 Cntr. Guͤter kommen, nur ein Mal des Tags eine Eilwagenfahrt hin und her, und
nur zwei Waarentransporte Statt finden koͤnnen!
Bedient man sich hingegen der Pferde, wovon jedes 100 Centner Waaren im Schritte,
oder 20 bis 30 Personen im starken Trabe fortschafft, so wird auf solcher Straße
schon fast zu jeder Stunde ein Guͤterzug, und alle 2 Stunden ein Eilwagen
abgehen koͤnnen. Der Reisende wird zu jeder Zeit also Gelegenheit finden
abzufahren, der Wagen nicht Stunden lang harren muͤssen, bis er einiger Maßen
seine volle Ladung hat, und nichts wird zugleich leichter seyn, als die Zahl der
Fahrten je nach dem Bedarfe zu vermehren oder zu vermindern, waͤhrend der
Dampfwagen taͤglich beinahe bald durch zu viel, bald durch zu wenig Ladung in
Verlegenheit gesezt wird.
Aus allen diesen Betrachtungen duͤrfte daher, wie uns scheint, der Schluß zu
ziehen seyn, daß, wenn auf eine Straße nicht wenigstens 8 bis 10,000 Cntr.
Guͤter und eben so viele hundert Reisende des Tags kommen, und fuͤr
beide nicht eine ungewoͤhnliche Schnelligkeit anerkanntes Beduͤrfniß
ist – eine Eisenbahn mit Pferdefuhrwerken
zwekmaͤßiger heißen mag, als eine mit Dampfwagen; und so wie wir
also nachgewiesen zu haben glauben, daß zweifelsohne die Herstellung einer Eisenbahn
von Mannheim bis Basel
eine nuͤzliche Unternehmung waͤre, glauben
wir vorzugsweise die Errichtung einer einfachen Bahn mit
zahlreichen Ausweicheplaͤzen und zur Befahrung mit Pferdewagen empfehlen und anrathen zu
duͤrfen.
C. B. in B.