Titel: | Bericht des Hrn. Mérimée über eine grüne Malerfarbe, welche Hr. Pannetier der Société d'encouragement zu Paris zur Beurtheilung vorlegte. |
Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. XLVII., S. 290 |
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XLVII.
Bericht des Hrn. Mérimée uͤber eine
gruͤne Malerfarbe, welche Hr. Pannetier der Société d'encouragement zu Paris zur
Beurtheilung vorlegte.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Maͤrz 1824, S. 105.
Pannetier's gruͤne Malerfarbe.
Die gruͤne Farbe, welche Hr. Pannetier der
Gesellschaft vorlegte, ist aus Chrom bereitet und hat ein blaͤuliches, sehr
glaͤnzendes Gruͤn. Sie wuͤrde rein und fuͤr sich allein
angewendet nicht das schoͤne angenehme Gruͤn der Pflanzen geben;
allein ihr Thon und ihre Schattirung laͤßt sich sehr leicht durch Zusaz von
verschiedenem glaͤnzenden Gelb oder von Scheele'schem Gruͤne, welches man von einem starken gelblichen Stiche
erhaͤlt, wenn man das Verhaͤltniß des Arsenikdeutoxydes nur etwas
erhoͤht, mannichfaltig modificiren.
Das Chromgruͤn des Hrn. Pannetier hat sehr viel
Koͤrper; es laͤßt sich mit dem groben Pinsel leicht ausbreiten, hat
sowohl als Oel-, denn als Wasserfarbe einen intensiveren Thon, als ihn die
mit Kupfer bereiteten gruͤnen Farben haben, und fließt nicht, wenn es mit
einem etwas klebrigen Oehle angeruͤhrt wird.
Hr. Pannetier kam auf sein Gruͤn, indem er sich
fuͤr die Malerei auf Porcellan ein Chromgruͤn bereiten wollte; das
Resultat seiner Arbeiten
war jedoch nicht feuerbestaͤndig, und da es mithin dem fraglichen Zweke nicht
entsprach, so versuchte er dessen Anwendung zur Malerei mit Oehl- und
Wasserfarben, und zwar mit dem besten Erfolge. Er sezte seine Farbe der
entscheidendsten Pruͤfung, naͤmlich der Einwirkung der Sonnenstrahlen,
der nur sehr wenige Farben zu widerstehen im Stande sind, aus; und da sich hiebei
selbst nach einer sechsjaͤhrigen Einwirkung keine merkliche
Veraͤnderung der Farbe ergab, so laͤßt sich dieselbe wohl als eine der
dauerhaftesten, die wir haben, annehmen. Da dieser Versuch wohl die Dauerhaftigkeit
der Farbe in reinem Zustande bewaͤhrte, keineswegs aber verbuͤrgte,
daß dieselbe durch Zusaz irgend einer anderen Farbe auch keine Veraͤnderung
in dieser Hinsicht erleiden wuͤrde, so vermengte Hr. Pannetier sein Chromgruͤn mit den verschiedenen Farben, deren man
sich bedienen kann, um demselben verschiedene Schattirungen zu geben. Auch diese
Farben wurden durch das Sonnenlicht nicht veraͤndert, und obschon der Versuch
nur ein Jahr lang dauerte, so glaubt die Commission doch, daß diese Zeit hinreichen
duͤrfte, um uͤber die chemische Wirkung des Sonnenlichtes
abzuurtheilen. Denn da das Sonnenlicht keine Wirkung zeigte, so lange die Farbe noch
weich und feucht war, so kann nach dem vollkommnen Troknen derselben noch weniger
eine solche Statt findest.
Die Maler bereiten sich ihre gruͤnen Farben gewoͤhnlich, indem sie auf
der Palette Blau und Gelb zusammenmischen; zuweilen wenden sie jedoch auch
sogenannte natuͤrliche Gruͤns, naͤmlich Gruͤnerde und
gruͤne Kupferfarben an. In den Gemaͤlden aus dem 15ten und 16ten
Jahrhundert sieht man aͤußerst glaͤnzende Gruͤn, welche
offenbar Kupferfarben sind. Leonardo da Vinci lehrt uns,
daß man dieses Gruͤn mit essigsaurem Kupfer, krystallisirtem Gruͤnspan
bereitete, dem man, um dem Gruͤn mehr Leben zu geben, d.h., um es mehr ins
Gelbe ziehen zu machen, sogenannte Pferdaloë (Aloë caballina) zusezte. Diese Farbe mochte zwar anfangs sehr
glaͤnzend und blendig seyn; allein mit der Zeit trat eine chemische
Veraͤnderung in ihr ein, in deren Folge das gelbliche Gruͤn endlich in
ein roͤthliches Braun umgewandelt wurde. Daher besizt das Gruͤn in den
alten Gemaͤlden nur da seinen vollen Glanz, wo es rein fuͤr sich
angewendet wurde, waͤhrend es an allen uͤbrigen Stellen ohne alle
Schattirung in ein Nußbraun oder Bister uͤberging. Alle diese Gruͤn
sind als Glasur aufgetragen; man findet jedoch einige undurchsichtige helle
Gruͤn, welche wahrscheinlich mit Malachit oder mit schoͤnem
Berggruͤn erzeugt sind. Diese undurchsichtige Gruͤn findet man auch in
alten Miniaturgemaͤlden, womit manche Handschriften auf Pergament verziert
sind.
Die niederlaͤndischen und hollaͤndischen Landschaftsmaler haben kaum
etwas Anderes als Gruͤnerde angewendet; man bemerkt daher auch an keinem
ihrer Gemaͤlde, daß sie das glaͤnzende Gruͤn nachzuahmen
suchten, welches durch die Durchsichtigkeit der Blaͤtter, durch welche das
Licht dringt, hervorgebracht wird. Wahrscheinlich haͤtten sie diese Wirkung
zu erreichen gesucht, wenn ihnen das glaͤnzende Gruͤn des Hrn. Pannetier bekannt gewesen waͤre. Einige
hollaͤndische Kuͤnstler wendeten auch ein mit Ultramarin und gelben
Laken bereitetes Gruͤn an; allein der gelbe Lak bleichte mit der Zeit aus, so
daß das Blau allein zuruͤkblieb, wie man dieß an den Gemaͤlden von Van Huysum, Mieris und anderen sehen kann.
Ungeachtet der großen, den Malern zu Gebot stehenden Anzahl von Farben haben sie
deren doch nicht genug, um saͤmmtliche Stufen der Farbenleiter
auszufuͤllen; und selbst mit dem schoͤnsten Blau und dem
schoͤnsten Gruͤn waͤre kein Maler im Stande, ein
Blaͤulichgruͤn von jenem Glanze, der dem Chromgruͤn des Hrn.
Pannetier eigen ist, hervorzubringen. Diesem
Kuͤnstler gebuͤhrt also das Verdienst, den Farbenvorrath der Maler mit
einem natuͤrlichen Gruͤn vermehrt zu haben, welches jedem durch
Farbenvermengung erzielten Gruͤn vorzuziehen ist; wir zweifeln daher nicht,
daß diese Farbe in Baͤlde allgemein verbreitet seyn wird.