Titel: | Auszug aus dem Berichte der Commission, welche von der Connecticut-Dampfboot-Compagnie zur Erforschung der Ursachen der Explosion des Dampfbootes Neu-England ernannt wurde. |
Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. LIII., S. 322 |
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LIII.
Auszug aus dem Berichte der Commission, welche
von der Connecticut-Dampfboot-Compagnie zur Erforschung der Ursachen der
Explosion des Dampfbootes Neu-England ernannt wurde.Die Explosion, die den Gegenstand dieses Berichtes bildet, ereignete sich am 9.
Oktober 1833 zu Essex auf dem Hudson; es wurden dabei 6 Personen uͤber
Bord geschleudert, von denen 2 ertranken, 9 andere wurden so beschaͤdigt,
daß sie bald darauf verschieden. Die Commission untersuchte zuerst das Boot und
die Ueberbleibsel der Kessel, und vernahm hierauf den Capitaͤn, die
Maschinisten, die Heizer und die uͤbrigen Zeugen des Unfalles. Wir
uͤbergehen in diesem Auszuge diese Aussagen, und beschraͤnken uns
auf die wesentlicheren Resultate der Commission.A. d. Mech. Mag.
Aus dem Franklin Journal im Mechanics' Magazine, No. 561, S.
82.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Bericht uͤber die Ursachen der Explosion des Dampfbootes
Neu-England.
Als wir uns, berichteten die Commissaͤre, am Bord des verungluͤkten
Dampfbootes begaben, fanden wir, daß jene Theile, auf denen sich die Dampfkessel
befanden, so wie das Kesselhaus, die Gitter, und anderes zunaͤchst gelegenes
Holzwerk durch die Explosion ganz zerstoͤrt worden. Der vordere Theil der
Damencajuͤte auf dem Hinterdeke war gleichfalls nach Einwaͤrts
gedraͤngt und zum Theil zerstoͤrt; jener Theil des Promenadeverdekes
endlich, der sich von genannter Cajuͤte bis zum Maschinenraume in der Mitte
des Bootes erstrekte, wurde gaͤnzlich weggeschwemmt. Die Maschine war
unverlezt geblieben; allein die Dampfroͤhre, die von einem der Dampfkessel
auslief, war an jener Stelle, an der sie sich mit der Dampfroͤhre des auf der
Steuerbordseite gelegenen Dampfkessels zur Bildung der Hauptdampfroͤhre
verband, abgebrochen. Die Sicherheitsklappe, die sich in der Naͤhe der
Verbindung der beiden Seitenroͤhren an der Hauptdampfroͤhre befand,
blieb unbeschaͤdigt; sie war groß und dem Anscheine nach gut gebaut. An
derselben Stelle der Hauptdampfroͤhre befand sich ein Queksilbermanometer,
das auch nach der Explosion noch vollkommen in Ordnung war, und aus welchem das
Queksilber nicht hinausgeschleudert wurde. Man zeigte uns auch noch zwei andere
aͤhnliche Manometer, die an den beiden Dampfkesseln, und zwar an jenem Theile
derselben, den man den Dampfrauchfang zu nennen pflegt, angebracht waren, indem
dieser Theil, da er innen nicht mit Wasser in Beruͤhrung stand,
hoͤher, als irgend ein anderer Theil des Kessels erhizt wird. Diese beiden Manometer wurden durch die
Explosion fortgeschleudert; in einem derselben fand man nach der Explosion noch
einen Theil des Queksilbers, womit er beladen worden. Es fand sich, daß diese
Manometer so berechnet waren, daß sie einem Druke von beilaͤufig 32 Pfunden
auf den Zoll widerstanden, ohne daß Queksilber herausgeworfen wurde.
Die Ueberreste der Kessel gaben hinreichende Beweise von der großen Heftigkeit der
Explosion. Die Kessel bestanden aus ausgewalztem Kupfer von der gewoͤhnlichen
Dike; ihre urspruͤngliche Form, die man aus der beigefuͤgten Zeichnung
ersieht, war halbkreisrund mit verlaͤngerten, senkrecht stehenden Seiten, die
am Grunde mit aͤhnlichen Ausbreitungen der unteren Bogen, welche die Deken
der beiden, der Laͤnge nach durch jeden Kessel laufenden
Hauptfeuerzuͤge bildeten, vereinigt waren. Die innere Ausbreitung dieser
Bogen erstrekte sich gleichfalls in zwei parallelen Seitenwaͤnden bis auf den
Boden des Kessels herab, und bildete den sogenannten Wassergang (water-leg). Diese parallelen oder flachen Seiten,
so wie der mittlere Gang waren in Entfernungen von 9 Zollen von einander durch
kupferne Bolzen von 7/8 Zoll im Durchmesser mit einander verbunden. Diese Bolzen
gingen naͤmlich durch die Seitenwaͤnde, und befestigten die
aͤußeren Platten der Wassergaͤnge an den inneren, so daß zwischen
beiden zur Aufnahme des Wassers ein Raum von 3 bis 4 Zollen blieb. Die Bogen oder
Deken der Feuerzuͤge waren gleichfalls durch Klammern und Bolzen oder andere
Befestigungsmittel an den oberen Theilen des Kessels befestigt, um noch
groͤßeren Schul gegen den Druk nach Abwaͤrts, dem die Bogen ausgesezt
sind, zu gewaͤhren.
Innerhalb dieser Bogen, im Inneren des Kessels, befanden sich 5 runde
Feuerzuͤge, die mit Wasser umgeben waren, und welche sich in horizontaler
Richtung der Laͤnge nach durch den Kessel erstrekten. Das Feuer kehrte,
nachdem es unter den Bogen beinahe durch die ganze Laͤnge des Kessels
gezogen, durch diese Feuerzuͤge an den vorderen Theil des Kessels
zuruͤk, wo sich diese Feuerzuͤge in einen gemeinschaftlichen Rauchfang
vereinigten. Der untere Theil des Rauchfanges wurde eine Streke von einigen Fußen
entlang durch eine cylindrische Ausbreitung des inneren und aͤußeren
Gehaͤuses des Kessels gebildet, und der dadurch entstehende innere und
aͤußere Cylinder wurde durch Klammern und Bolzen an einander befestigt. In
diesem Theile des Kessels wurde der Dampf durch den Durchzug des Feuers oder der
Hize durch den inneren Cylinder erhizt und verduͤnnt; er wird daher auch der
Dampfschlot (steam-chimney) genannt, und an ihm
befinden sich auch die Roͤhren, die den Dampf in die Maschine leiten. Alle
diese Theile hatten durch die Explosion nicht Schaden gelitten; sondern man fand sie
theils an den Feuerzuͤgen des einen Kessels, theils an den Ueberresten des
aͤußeren Gehaͤuses des Kessels unversehrt. Die cylindrischen
Feuerzuͤge, die im Falle eines Mangels des Kessels an Wasser zuerst der
Einwirkung der Hize ausgesezt werden mußten, waren vollkommen in Ordnung geblieben;
auch konnte man keine Spur einer solchen Einwirkung der Hize an ihnen entdeken. Jene
des Kessels der Bakbordseite wurden mit dem einen Ende gegen die Umschließung des
Wasserrades geschleudert; jene des Kessels an der Steuerbordseite hingegen wurden in
einer Stellung gefunden, aus welcher hervorgeht, daß sie uͤber den
Hintertheil des Bootes hinaus uͤber Bord geschleudert wurden, und in einiger
Entfernung von dem Bakbord-Hinterdeke in den Fluß fielen. Das Gehaͤuse
eben dieses Kessels ward nach Auswaͤrts in den Fluß geschleudert, jenes des
Kessels an der Bakbordseite hingegen wurde gleichfalls von den Feuerzuͤgen
getrennt, und gegen das Ufer geschleudert, wo es an dem Rande der Werfte, von
welcher das Boot im Augenblike der Explosion beilaͤufig 30 Yards weit
entfernt war, gefunden wurde. Sowohl das aͤußere Gehaͤuse, als die
inneren Bogen der Kessel hatten ihre urspruͤngliche Form gaͤnzlich
verloren, und großen Theils war das Innere derselben nach Außen gekehrt worden; das
Ganze war auf eine schwer zu beschreibende Weise veraͤndert. Die Kessel waren
nicht, wie dieß bei einigen Explosionen von Dampfkesseln der Fall war, bloß in den
Hauptfeuerzug geborsten, ebensowenig war ein Theil abgerissen und zerrissen, mit
Beibehaltung der aͤußeren Form, und ohne daß die Kessel von ihrem Lager
entfernt worden waͤren, wie dieß bei anderen Explosionen der Fall war;
sondern die Kessel des Neu-England waren ganz zerrissen, und wie ein Kleid in
eine Masse zusammengefaltet, so daß es fuͤr jeden Ungeuͤbten schwer
gewesen waͤre zu entdeken, wie die verstuͤmmelten Theile je auf eine
symmetrische und feste Welse mit einander verbunden seyn konnten.
Die Kessel sahen aus, als waͤren sie fest und stark gebaut gewesen; das Kupfer
war an allen zerrissenen Stellen zaͤh und fehlerfrei; auch zeigte es
nirgendwo jene Faͤrbung, die es annimmt, wenn es ohne mit Wasser
uͤberdekt gewesen zu seyn, einer großen Hize ausgesezt wurde. Die Dike des
Metalles war an verschiedenen Theilen verschieden; die Wassergaͤnge waren aus
Nr. 3, die Gehaͤuse aus Nr. 4 und die zuruͤklaufenden
Feuerzuͤge aus Nr. 5 verfertigt; und diese Staͤrke war in allen diesen
Faͤllen dem zu leistenden Widerstande angemessen. Außerdem waren alle Theile
des Kessels auch noch durch zahlreiche Bolzen und Klammern verstaͤrkt.
Zu groͤßerer Deutlichkeit fuͤgen wir in Fig. 48 noch einen
Laͤngen- und in Fig. 49 einen
Querdurchschnitt der Kessel des Neu-England bei. a ist hier das aͤußere Gehaͤuse oder der Mantel des Kessels;
b, b sind die Bogen oder die Scheitel der
Hauptfeuerzuͤge; d, d, d die Wassergaͤnge;
e, e, e, e die oberen oder zuruͤklaufenden
Feuerzuͤge; f, f, f ist das in den Kesseln
befindliche Wasser; g, g, g, g sind die
Durchgaͤnge fuͤr das Feuer; h ist der
eiserne Schlot, der uͤber seiner Verbindung mit dem Dampfschlote
abgeschnitten ist; j ist das Ofenthuͤrchen; i endlich sind die Wasserhaͤhne.
Die verschiedenen Theorien und Vermuthungen uͤber die Veranlassung der
Explosion lassen sich unter folgende Abschnitte bringen.
1) Glaubte man, sie sey die Folge einer großen ploͤzlich entwikelten
Quantitaͤt Gas, und zwar wahrscheinlich von Wasserstoffgas.
2) Hielt man dafuͤr, daß die Wassergaͤnge d, d,
d und die unteren Theile des Kessels zu stark erhizt worden seyen, indem
das Wasser durch den Dampf in den oberen Theil des Kessels getrieben wurde, und daß
dann beim Zuruͤkkehren des Wassers in dieselben eine zu rasche
Dampfentwikelung Statt gefunden habe.
3) Suchte man die Ursache in einem Mangel der gehoͤrigen Wassermenge zur Zeit
der Explosion, welcher Mangel entweder durch Nachlaͤssigkeit der Aufseher
oder dadurch entstand, daß diese Lezteren bei der Beobachtung der
Wasserhaͤhne getaͤuscht wurden. Man nahm an, daß das Metall der Kessel
durch die Hize erweicht wurde, oder daß das ploͤzliche Ueberstroͤmen
der erhizten Metallflaͤche mit Wasser, welches durch das ploͤzliche
Entweichen von Dampf an der Sicherheitsklappe hervorgebracht wurde, augenbliklich
eine so große Menge Dampf erzeugte, daß der Kessel bersten mußte.
4) Glaubte man die Ursache in einer hoͤheren Spannung des Dampfes, als sie der
Kessel auszuhalten im Stande war, suchen zu muͤssen.
Wir wollen Einiges uͤber diese verschiedenen Ansichten bemerken.
Ad 1. Als wir am Orte der Zerstoͤrung ankamen,
fanden wir, daß die Ansicht, nach der die Explosion durch irgend ein Gas erzeugt
worden waͤre, bei einer großen Anzahl verstaͤndiger und denkender
Maͤnner am meisten in Gunst stand: die außerordentliche Kraft, welche zur
Erzeugung einer so gewaltigen Explosion erforderlich war, macht das Forschen nach
einer außerordentlichen Veranlassung sehr erklaͤrlich. Wir koͤnnen
jedoch keinen Grund abnehmen, der uns zur Annahme einer solchen Ansicht bewegen
koͤnnte. Wir glauben, daß es selbst bei der Anwendung von eisernen Kesseln
noch nie factisch
erwiesen worden, daß durch die Erhizung derselben bis zum Rothgluͤhen eine
solche Quantitaͤt Wasserstoffgas entwikelt werden koͤnne, welche eine
Explosion hervorzubringen im Stande waͤre, obschon es bekannt und
unbestreitbar ist, daß das Eisen, wenn es in diesem Grade erhizt worden, die
Eigenschaft besizt, das Wasser zu zersezen und Wasserstoffgas zu entbinden, und daß
dieses frei gewordene Gas wirklich die Kraft des Dampfes noch erhoͤht. Allein
es ist wohl zu bedenken, daß die Zersezung des Wassers und die daraus folgende
Entbindung von Wasserstoffgas durch die Oxydation und das Abkuͤhlen des
Eisens beschrankt wird. Der Dampf wurde noch nie durch die Hize allein zersezt. Die
Verbindung der Elemente des Wassers, naͤmlich des Sauerstoffes und
Wasserstoffes, weicht wohl der Elektricitaͤt, und besonders der galvanischen,
keineswegs aber der Hize allein, wie hoch dieselbe auch seyn mag. Die Hize muß, wenn
dieß geschehen soll, immer noch durch die Attractionskraft, die gewisse Substanzen
auf den Sauerstoff ausuͤben, und die denselben dem Wasserstoffe entziehen,
unterstuͤzt werden; das Kupfer kann dieß selbst bei der Weißgluͤhhize
nicht; es wuͤrde in diesem Zustande immer nur eine große Menge Dampf, allein
kein brennbares Gas erzeugen.Das Kupfer geht in fluͤssigem Zustande und weißgluͤhend durch
eine hohe Wassersaͤule, und bleibt laͤngere Zeit am Boden des
Gefaͤßes gluͤhend. Nach Adam Hall's
Angaben verwandeln 10 Pfd. Kupfer, welche so weit erhizt sind, daß sie im
Dunkeln kaum rothgluͤhen, ein Pfund Wasser in Dampf, der bei dem
gewoͤhnlichen atmosphaͤrischen Druke uͤber 27 Kubikfuß
betraͤgt. Hieraus folgt also, daß kupferne Feuerzuͤge, die
eine große Oberflaͤche und ein großes Gewicht darbieten, selbst bei
einer weit unter der Rothgluͤhhize stehenden Temperatur eine sehr
große Menge Dampf erzeugen koͤnnen. Diese Thatsache gibt, wenn es ja
noch noͤthig waͤre, einen neuen Beweis, daß man sich ja
huͤten soll, das Wasser unter den Scheitel der Feuerzuͤge
sinken zu lassen. Man sehe hieruͤber die Versuche Johnston's uͤber die vergleichsweisen
Quantitaͤten Dampf, die von verschiedenen erhizten Metallen erzeugt
werden. A. d. O. – Die Resultate dieser Versuche sind auch im
Polytechnischen Journale Bd. XLIV. S.
439 angegeben.A. d. R.
An den Kesseln des Neu-England befand sich kein Eisen; alle Bolzen und Nieten
bestanden, wie die Kessel selbst, aus Kupfer. Nur in den Rauchfaͤngen
befanden sich einige Quadratfuß Eisenblech, zu denen der Dampf Zutritt hatte, und
die gewiß nicht selten zur Rothgluͤhhize kamen. Diese dem Dampfe ausgesezte
Eisenflaͤche wurde jedoch bald oxydirt, und dadurch unfaͤhig, das
Wasser zu zersezen. Angenommen jedoch, daß bei der fraglichen Explosion diese
Zersezung in einem gewissen Grade Statt fand, so wuͤrde das frei gewordene
Wasserstoffgas, als der leichteste bekannte Koͤrper, doch nicht in den Kessel
herabgestiegen, sondern vielmehr in die Dampfroͤhre und von hier in den
Cylinder uͤbergegangen seyn. Hier wuͤrde dasselbe zwar, indem es sich
nicht condensiren laͤßt, die Kolbenhube beeintraͤchtigen, allein am
Ende wuͤrde es doch in den Verdichter uͤbergehen, und dann durch die
Luftpumpe in die atmosphaͤrische Luft entweichen. Diese Erzeugung von
Wasserstoffgas wuͤrde, wenn sie je Statt findet, nur auf ein Paar Tage, so
lange der Rauchfang noch neu ist, beschraͤnkt seyn; auch wuͤrde die
Quantitaͤt zu gering seyn, als daß sie auch nur einige Wichtigkeit erlangen
koͤnnte. Da jedoch das Wasserstoffgas, wenn es mit einer gewissen Menge Luft
vermengt wird, ein mit Heftigkeit explodirendes Gas gibt, so dachte man, daß das
Wasserstoffgas bei den Explosionen der Dampfboote auch auf gleiche Weise wirke.
Allein um das Gasgemenge explodirbar zu machen, wuͤrde eine Quantitaͤt
Luft erforderlich seyn, von der wir nicht einsehen, wie sie in die Maschine
kaͤme. Wir sind daher der Ueberzeugung, daß unter den gegebenen
Umstaͤnden weder Wasserstoffgas, noch irgend ein anderes Gas zur Explosion
eines Dampfbootes anders beitragen kann, als daß es die Spannkraft gerade um so viel
erhoͤht, als sie durch ein gleiches Volumen Dampf bei derselben Temperatur
erhoͤht werden wuͤrde.
Ad 2. Was die Meinung, als sey die Explosion durch eine
Ueberhizung der Wassergaͤnge des Kessels veranlaßt worden, betrifft, so haben
wir bis jezt noch keinen Beweis, daß das Metall, waͤhrend es sich unter dem
Druke einer daruͤber stehenden Wassermasse befindet, durch ein
Fichtenholzfeuer uͤberhizt werden kann. Auch ist zu bemerken, daß sich die
Wassergaͤnge groͤßten Theils in der Naͤhe des Bodens der
Feuerzuͤge befanden, und daher der Einwirkung des Feuers weniger ausgesezt
waren, als dieß bei den Bogen und den hoͤher gelegenen Theilen des Kessels
der Fall ist. Noch nie kam an anderen nach gleichem Plane gebauten Kesseln ein
Umstand dieser Art vor. In den Kesseln der Dampfwagen wird ein stark erhizter
Luftstrom durch kupferne Feuerzuͤge getrieben, die mit einer weit geringeren
Menge Wasser in Beruͤhrung stehen, und doch bedient man sich dieser Kessel
mit aller Sicherheit. Wir koͤnnen daher hierin unmoͤglich den Grund
der Explosion entdeken.
Ad 3. Mangel an Wasser im Inneren des Kessels ist die
gewoͤhnliche Ursache, der man die Explosionen zuzuschreiben pflegt. Daß bei
dem Gebrauche der Dampfkessel und besonders bei jenen von der gewoͤhnlichen
Staͤrke von dieser Seite immer einige Gefahr zu befuͤrchten ist, ist
unbestreitbar; in Ermangelung von anderen triftigen Gruͤnden ist es daher
auch am besten zu diesem, als dem wahrscheinlichsten, seine Zuflucht zu nehmen.
Allein naͤrrisch waͤre es, wenn man diesen Grund gegen alle
Erscheinungen annehmen, und wenn man selbst dann zu dieser Hypothese greifen wollte,
wenn die
Erklaͤrung auf andere Weise natuͤrlicher geschehen kann. Wir
fuͤrchten, daß dieses bestaͤndige Festhalten an einem einzigen Grunde
gerade dazu gemacht ist, die Explosionen zu vervielfaͤltigen, und ewig wieder
zu erneuern; denn so lange man bloß dieser Ansicht huldigen wird, wird man es immer
vernachlaͤssigen durch vermehrte Staͤrke der Kessel groͤßere
Sicherheit zu schaffen. Die fuͤrchterliche Gewalt, die bei der Explosion, die
hier untersucht werden soll, ausgeuͤbt wurde, wurde, wie uns scheint, ohne
allen hinreichenden Grund als ein Beweis dafuͤr angefuͤhrt, daß die
Explosion diesen Charakter an sich trug. Die gesammte Expansivkraft, welche auf die
ganze innere Oberflaͤche eines jeden der beiden Dampfkessel wirkte, konnte
nicht unter 3,000,000 Pfd. betragen, und daß eine solche Kraft der erfolgten Wirkung
nicht unangemessen sey, wird man doch zugestehen muͤssen. Ueberdieß bemerkten
wir, daß der große aͤußere Bogen und das aͤußere Gehaͤuse der
beiden Kessel nicht zerrissen, sondern bloß von den Enden und dem inneren
Gehaͤuse abgetrennt war; auch waren die oberen Feuerzuͤge zugleich mit
den sie verbindenden Theilen, so wie auch der Dampfschlor unbeschaͤdigt
geblieben: lauter Erscheinungen, die im Falle der angenommenen außerordentlichen
Explosivkraft unerklaͤrlich waren: der Umstand, daß beide Kessel beinahe in
einem und demselben Augenblike zersprangen, wurde gleichfalls zur
Unterstuͤzung der fraglichen Hypothese angefuͤhrt; allein wir sehen
nicht ein, wie daraus irgend ein Beweis fuͤr dieselbe abgenommen werden kann.
Es ist naͤmlich bekannt, daß beide Kessel von verschiedenen Pumpen gespeist
wurden, und daß beide der Aufsicht verschiedener Individuen uͤbertragen
waren, so daß sie also in jeder Hinsicht vollkommen von einander unabhaͤngig
waren. Es beruht daher auf keiner Wahrscheinlichkeit, wenn man sagt, daß die
Speisung beider Kessel in einem und demselben Augenblike fehlerhaft wurde. Es
scheint ferner, daß weder durch ein Heben der Sicherheitsklappe, noch durch das
Abfahren der Maschine eine solche ploͤzliche Befreiung der Kessel eingetreten
sey, daß, im Falle eines Wassermangels, das Wasser ploͤzlich wieder auf das
erhizte Metall stroͤmen konnte. Aus allen diesen Umstaͤnden
zusammengenommen, aus dem gegenwaͤrtigen Zustande des Metalles, aus welchem
die Kessel bestanden, und endlich aus den Zeugenaussagen, aus denen hervorgeht, daß
die Kessel zur Zeit der Explosion gehoͤrig mit Wasser versehen waren,
muͤssen wir daher auch diese dritte Ansicht als gaͤnzlich unhaltbar
verwerfen.
Ad 4. Wir sind daher nach allem Vorausgegangenen
gezwungen uns der vierten der aufgestellten Ansichten anzuschließen, und behaupten
auch einstimmig, daß die Explosion des Dampfbootes Neu-England durch den Druk des Dampfes
bewirkt wurde, der zwar auf gewoͤhnliche Weise erzeugt wurde, allein sich zu
einem solchen Grade von Spannung ansammelte, daß die Kessel demselben nicht
laͤnger mehr Widerstand zu leisten im Stande waren.
Es scheint nach allen Umstaͤnden und nach den Aussagen zu schließen, daß das
Dampfboot sehr schnell und unter der Einwirkung des Dampfes, der sich
waͤhrend der Landung zu Lyme angesammelt hatte, von diesem Orte abfuhr; daß
es der Steuermann zur Erleichterung der Steuerung des Bootes fuͤr
noͤthig fand zu befehlen, daß der Dampf von der Maschine abgeschlossen werde,
daß der Dampf waͤhrend des groͤßeren Theiles der Fahrt von Lyme bis
Essex, eine Streke von 3–4 engl. Meilen, abgeschlossen blieb, indem die
Drosselklappe ganz oder zum Theil geschlossen war; daß, als das Boot zu Essex
anlangte, an den Manometern oder Eichmaaßen der Heizer ein Druk von
beilaͤufig 26 Zoll bemerklich war, welcher einer Queksilbersaͤule von
52 Zoll oder einem Druke von beinahe 26 Pfd. auf den Quadratzoll gleich ist; daß die
Sicherheitsklappe waͤhrend des Anhaltens des Bootes zu Essex nicht gehoben
wurde, um den Dampf auszulassen; daß vor der Explosion die Schwimmerstange des einen
der Manometer bis zur Hoͤhe des Kesseldekels, eine Hoͤhe von 28 Zoll
emporgestiegen war; und daß dieser Druk endlich rasch zunahm, waͤhrend er bei
keiner fruͤheren Gelegenheit uͤber 28 Zoll betrug. Da in zweien der
Manometer das Queksilber geblieben war, so muß der groͤßte Druk unter 32 Zoll
betragen haben; wir glauben daher, daß sich der Dampf unter einem Druke von
beilaͤufig 30 Zoll angesammelt hatte, und daß unter diesen
Verhaͤltnissen der schwaͤchste Theil des einen oder beider Kessel
nachgab, wodurch die benachbarten Theile aus einander gerissen, die zunaͤchst
gelegenen Bolzen und Klammern abgesprengt, und kurz die ploͤzliche
Zerstoͤrung, so wie sie oben beschrieben ward, hervorgebracht wurde. Das
Dampfgeraͤusch, welches Hr. Hayden, der sich am
Ufer befand, vor der Explosion vernahm, scheint uns durch die natuͤrliche
Entladung des uͤberschuͤssigen Dampfes durch die Sicherheitsklappe,
welche bei einem Druke von mehr als 24 Zoll Statt finden mußte, hervorgebracht
worden zu seyn. Dieses theilweise Entweichen von Dampf, welches einen großen Druk
andeutete, scheint damals weder von den Maschinisten, noch von den uͤbrigen
mit der Maschine beschaͤftigten Personen besonders beachtet worden zu seyn.
Es ist zwar wahr, daß die Maschinisten den hohen Grad von Druk, den die Heizer
angaben, nicht beobachteten; allein der eine derselben gab auch an, daß er zu Essex
das Manometer oder das Eichmaaß nicht beobachtete, und daß ex es spaͤter, als
er sich an seinem Posten befand, nicht sehen konnte; waͤhrend der andere in der
Dunkelheit der Nacht, und da er gleichfalls anderweitig beschaͤftigt war, die
Bewegungen eines so kleinen Objectes, wie die Manometerstange leicht
uͤbersehen oder falsch beobachten konnte.
Daß beide Kessel beinahe gleichzeitig explodirten, duͤrfte wahrscheinlich
dadurch Erklaͤrung finden, daß beide so viel als moͤglich von gleicher
Staͤrke, und nothwendig auch gleichem Druke ausgesezt waren. Auch
laͤßt sich sehr wohl annehmen, daß dem zweiten Kessel von dem ersten eine
ploͤzliche und heftige Erschuͤtterung mitgetheilt wurde, als ersterer
den hoͤchsten Grad seiner Spannung erlitt.
Man koͤnnte vielleicht nach Hrn. Hall's Ansicht
gegen den Schluß, zu welchem wir kamen, bemerken, daß die Kessel einen Druk von 50
Pfunden auf den Zoll ausgehalten haben wuͤrden, wenn jeder Theil derselben in
vollkommen gutem Zustande gewesen waͤre, und den ihn treffenden Antheil der
einwirkenden Gewalt ausgehalten haͤtte. Allein bei aller Achtung vor der
Autoritaͤt dieses Mannes scheint es uns doch, daß seine Schaͤzung
etwas zu hoch ist, und daß bisher noch nie ein Kessel von der beschriebenen Art
einer solchen Probe unterworfen worden. Aus den Versuchen Guyton Morveau's wissen wir, daß sich die Zaͤhigkeit des
Eisens im Vergleiche zu jener des Kupfers wie 549 zu 302 verhaͤlt, woraus
sich zu Gunsten des Eisens ein Unterschied von mehr dann 80 Procent ergibt.
Berechnet man nun hienach den Druk, bei welchem die beschriebenen Kessel nachgegeben
haben sollen, so wuͤrden dieselben, wenn sie aus Eisen von gleicher Dike
verfertigt gewesen waͤren, einen Druk von mehr dann 54 Pfund auf den
Quadratzoll ausgehalten haben, – ein Druk, der unserer Ansicht nach zwei Mal
so groß ist, als ein verstaͤndiger Mechaniker auf den Kessel einwirken lassen
wird. Wir glauben uͤbrigens auch, daß die wirkliche Staͤrke dieser
Kessel im Vergleiche mit jenen, die man gewoͤhnlich fuͤr
Hochdruk-Dampfmaschinen zu erbauen pflegt, den von uns gefaßten Beschluß
vollkommen rechtfertigen wird.
Es hatte sich zwar das Geruͤcht verbreitet, daß die Explosion des
Neu-England hauptsaͤchlich durch ein Wettrennen veranlaßt wurde;
allein wir konnten selbst bei genauer Nachforschung in der Concurrenz dieses
Dampfbootes mit anderen nicht den geringsten Grund zur Explosion entdeken. Wir
glauben auch nicht, daß jene Individuen, die zur Zeit der Explosion mit der Aufsicht
auf die Maschine und auf das Boot beauftragt waren, einen schweren Tadel verdienen,
und daß sie von aller absichtlichen Schuld frei zu sprechen seyen. Ihr Hauptfehler
scheint naͤmlich darin gelegen zu seyn, daß sie auf die Festigkeit ihrer
Kessel ein zu großes Vertrauen sezen, ein Vertrauen, welches vielleicht von einer zu geringen
Kenntniß der Behandlung von Maschinen von so großer Kraft herruͤhrte, und
welches sie die rasche Dampfentwikelung, die bei Maschinen dieser Art noͤthig
ist, uͤbersehen machte. Es scheint naͤmlich bei der Behandlung solcher
Dampfboote der Sicherheit halber noͤthig, unmittelbar nach jedesmaligem
Anhalten der Maschine den Daͤmpfer des Rauchfanges zu schließen und die
Sicherheitsklappe zu oͤffnen, und diese Vorsichtsmaßregeln so lange
fortzusezen, als der Aufenthalt dauert.
Wir sind vollkommen uͤberzeugt, daß die Compagnie bei der Ausruͤstung
des Bootes Alles that, was sie zur Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden thun
konnte; die Eigenthuͤmer scheuten in dieser Hinsicht keine Ausgaben, und wir
zweifeln daher auch nicht, daß der ganze traurige Ungluͤksfall von diesen
tiefer und schmerzlicher gefuͤhlt wird, als von dem ganzen uͤbrigen
Publikum. Eine entfernte Veranlassung zu dem Unfalle mag vielleicht sogar gerade in
dem Streben der Compagnie dem Publikum zu entsprechen liegen; denn aus diesem Grunde
schaffte sie sowohl fuͤr den Neu-England als den Olwer Elsworth nach
dem Mißlingen eines eisernen Kessels, dessen man sich fruͤher auf lezterem
Dampfboote bediente, kupferne Kessel an. Wahrscheinlich duͤrfte durch dieses
Ereigniß die Vorliebe fuͤr die kupfernen Kessel sehr abnehmen, und zwar
besonders bei jenen Dampfbooten, an welchen die zulezt erfundene ausdehnungsweise
Benuzung des Dampfes eingefuͤhrt worden. Es ist nicht genug, daß die Zahl der
Unfaͤlle dieser Art im Vergleiche mit der Zunahme der Zahl der Dampfboote
abnehme; oder daß die Dampfschifffahrt selbst gegenwaͤrtig schon im
Durchschnitte sicherer ist, als irgend eine andere Reisemethode, sondern es ist zur
Bewirkung einer groͤßeren Sicherheit noch immer Vieles zu thun
uͤbrig.
Die Vortheile der ausdehnungsweisen Anwendung des Dampfes sind so groß, daß es gar
nicht denkbar ist, daß dieselbe je wieder aufgegeben werden wird, um so mehr, da sie
gegenwaͤrtig auch in England eingefuͤhrt zu werden beginnt. Allein wir
glauben, daß man streng darauf dringen soll, daß unsere Dampfbooteigenthuͤmer
fuͤr Maschinen dieser Art Dampfkessel von groͤßerer Staͤrke
oder von staͤrkerer Form anwenden sollen. Die Erfahrung hat gelehrt, daß,
wenn der Kessel in allen seinen Haupttheilen vollkommen cylindrisch ist, und einen
geringen Durchmesser hat, selbst ein Bersten oder ein Riß in demselben oder ein
absoluter Mangel an Wasser selten von bedeutend nachtheiligen Folgen ist;
waͤhrend der große Grad von Staͤrke, den dergleichen Kessel
uͤber den gewoͤhnlichen Druk des Dampfes hinaus besizen, die
Anhaͤufung des Dampfes bis zu einem gefaͤhrlichen Grade verhindert. Es
ist bekannt, daß man kreisrunde Feuerzuͤge von sehr geringer Groͤße mit
immer groͤßerer Sicherheit bauen kann, und wir sind uͤberzeugt, daß
man nach den hier aufgestellten Principien bald auch eine Verbindung der Theile
ausfindig machen wird, bei welcher so viel Dampf erzeugt werden kann, als zur
Speisung der groͤßten Dampfmaschine erforderlich ist. Wir hoffen daher, daß,
waͤhrend die Gefahren der Dampfschifffahrt bald gaͤnzlich
verschwinden, und waͤhrend alle unsere Fluͤsse und Seen mit
Dampfschiffen, die zu den schoͤnsten Geschenken der Kunst und Civilisation
gehoͤren, und unsere Straßen mit Dampfwagen werden befahren werden, sich nie
mehr ein Ungluͤksfall wie der ereignen wird, der die Veranlassung zu
gegenwaͤrtigem Berichte gab. Unterzeichnet: B. Silliman, Prof. der Chemie; W. C. Redfield,
Mechaniker und Agent der Dampfbootcompagnie zu Neu-York; Denison Olmstrad, Prof. der Naturgeschichte; Daniel Copeland, Mechaniker und Fabrikant von Dampfmaschinen;
John F. Lawson, Mechaniker.