Titel: Bericht des Hrn. Olivier über eine neue, für den Militärdienst bestimmte Flinte, von der Erfindung des Hrn. J. A. Robert in Paris, rue Coq-Héron No. 3 bis.
Fundstelle: Band 54, Jahrgang 1834, Nr. IV., S. 6
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IV. Bericht des Hrn. Olivier uͤber eine neue, fuͤr den Militaͤrdienst bestimmte Flinte, von der Erfindung des Hrn. J. A. Robert in Paris, rue Coq-Héron No. 3 bis. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Mai 1834, S. 177. Mit Abbildungen auf Tab. I. Bericht uͤber eine neue, fuͤr den Militaͤrdienst bestimmte Flinte. Ich habe die Ehre der Gesellschaft hiemit im Namen der Commission der mechanischen Kuͤnste Bericht uͤber ein neues Schießgewehr zu erstatten, welches von der Kammer aus geladen wird, und welches dessen Erfinder, der verdiente Hr. J. A. Robert, hauptsaͤchlich fuͤr den Militaͤrdienst sehr geeignet haͤlt. Man braucht zum Laden der gewoͤhnlichen Flinten mit Steinfeuer bekanntlich einen Ladstok; auch ist der Soldat waͤhrend der Zeit des Ladens beinahe entwaffnet, indem er zu diesem Behufe sein Gewehr mit dem Kolben auf den Boden stuͤzen muß. Bei allem dem wird die Kugel nicht ein Mal getrieben, ausgenommen der Lauf ist gezogen, wo man dann einen Ladstok anwenden muß, dessen Kopf so schwer ist, daß man die am Grunde angelangte Kugel damit platt schlagen kann. Wenn der Soldat ferner seinen Ladstok verliert, so ist er wenigstens in so weit entwaffnet, als er nicht mehr schießen, und sich nur mehr mit dem Bajonette und dem Saͤbel vertheidigen kann; er ist mithin, wenn er unter solchen Umstaͤnden in einer gewissen Entfernung vom Feinde im Gliede steht, unnuͤz. Das Schloß dieser Flinten ist zusammengesezt und zu kostspielig; seine Theile lassen sich nicht leicht gegen andere austauschen, ausgenommen sie sind alle nach einem Modelle gearbeitet, und selbst dann sind geuͤbte Arbeiter noͤthig, um dieselben gehoͤrig zusammenzusezen. Einige Stuͤke des Schlosses muͤssen von sehr genauen Dimensionen gearbeitet seyn; andere koͤnnen leicht brechen. Das Zuͤndkraut wird bei nassem Wetter leicht feucht, weßhalb bei solcher Witterung ein haͤufiges Versagen Statt findet. Der Soldat wird, indem er das Zuͤndkraut mit der Ladung aussaͤet, nicht selten verfuͤhrt, etwas davon zu verschuͤtten, um auf diese Weise den Ruͤkstoß, welcher bei den Musketen sehr stark ist, zu vermindern. Hieraus erwaͤchst der Nachtheil, daß die Flinten oft nicht weit genug tragen, und oft nicht in der Entfernung treffen, welche die Anfuͤhrer beabsichtigten. Das Zuͤndkraut belaͤstigt, indem es sich in der geoͤffneten Zuͤndpfanne entzuͤndet, sowohl jenen, welcher schießt, als auch seinen Nachbar zur Rechten. Die Patrone kann sich entzuͤnden, wenn die Flinte zu sehr erhizt ist, und wenn im Grunde der Kammer etwas Feuer zuruͤkbleibt; und besonders weil, wenn die Vorladung eingetrieben wird, durch das Zuͤndloch ein Luftzug von Innen nach Außen entsteht, welcher die am Grunde der Kammer befindlichen Funken leicht anfachen kann. Außerdem kann, wenn das Zuͤndloch verschlossen ist, der Druk der Luft durch das Einstoßen des Ladstokes dergestalt vermehrt werden, daß die auf dem Boden der Kammer befindliche Ladung dadurch entzuͤndet wird. Der Ruͤkstoß der Musketen ist sehr groß, weil der Kolben an denselben zu gerade ist; waͤre der Kolben staͤrker gebrochen, so ließe er sich zwar besser anlegen, allein es wuͤrden dadurch auch mehrere beim Kriegsexercitium oder zur Verteidigung des einzelnen Mannes noͤthige Bewegungen der Muskete weit schwerer ausfuͤhrbar werden. Die Flinte mit Schlagfeuer oder mit Piston hat große Vortheile vor der Flinte mit Steinfeuer; allein die Schwierigkeit, das Zuͤndkraut mit der Patrone in Verbindung zu bringen, das Zugrundegehen der Roͤhrchen (cheminées), welche oft brechen und schwer auszuwechseln sind, werden der Einfuͤhrung dieser Waffe noch so lange im Wege stehen, bis dieselbe durch zahlreichere Versuche bewaͤhrt, und bis es gelungen ist, gewissen Unfaͤllen vorzubeugen, und einigen Schwierigkeiten bei der Verfertigung derselben abzuhelfen. Uebrigens kommen der Flinte mit Schlagfeuer mehrere derselben Nachtheile zu, welche die Flinten mit Steinfeuer so unbequem machen. Der Soldat ist auch hier entwaffnet, wenn er den Ladstok verloren, verwechselt oder zerbrochen hat; er kann als Plaͤnkler sein Gewehr nur dann laden, wenn er sich in einer etwas geschuͤzten Stellung befindet; und endlich koͤnnen beide Arten von Flinten selbst in der Ruhe losgehen; abgesehen davon, daß sich die Patrone selbst beim Laden entzuͤnden und dadurch großen Schaden bringen kann. Die Flinten, welche von der Kammer aus geladen werden, gewaͤhren dafuͤr folgende Vortheile. Die Ladung kann nicht nur viel schneller geschehen, sondern es ist auch kein Ladstok dazu noͤthig. Die Ungluͤksfalle, welche durch die Entzuͤndung der Patrone im Augenblike der Einfuͤhrung derselben in den Pulversak erfolgen koͤnnen, sind hoͤchst unbedeutend, indem die entzuͤndeten Theile durch die Kugel vorne herausgetrieben werden, so daß, wenn sich die Patrone auch entzuͤnden sollte, die Kugel sich doch nicht von der Stelle bewegen wuͤrde. Der Soldat koͤnnte sich also hoͤchstens den Daumen verbrennen, und selbst diese Verbrennung wuͤrde nicht so bedeutend seyn, daß sie den Soldaten dienstuntauglich machte. Der Soldat kann, wenn er in einem Verhaue sizt, oder wenn er als verlorner Posten auf dem Bauche liegt, leicht laden, ohne daß er feine Stellung zu veraͤndern braucht, was bei den Flinten mit Stein- oder Schlagfeuer nur hoͤchst schwer moͤglich oder ganz unthunlich ist. Es gibt zweierlei Arten von Flinten, welche von der Kammer aus geladen werden. An den einen ist der Lauf am Pulversake gebrechen, so daß sich der Lauf und der Kolben in keiner geraden Linie befinden; unter diesen Umstaͤnden ist der Soldat entwaffnet, denn er kann sich der Bajonette nicht bedienen. An den anderen bleiben der Lauf und der Kolben immer mit einander verbunden; der Pulversak hingegen ist gebrochen, und wird, um die Ladung einfuͤhren zu koͤnnen, erhoben. Mit einer derlei Flinte ist der Soldat, wenn er als Plaͤnkler ausgesendet wird, immer vollkommen bewaffnet; er waͤhlt den zur Ladung guͤnstigsten Augenblik, und kann sich waͤhrend derselben sehr gut mir dem Bajonette gegen den Angriff eines Cavalleristen vertheidigen. Die Flinte des Hrn. Robert ist nach diesem Principe, welches das einzige auf Flinten zum Kriegsdienste anwendbare ist, eingerichtet. Es gibt zweierlei Methoden, die Ladung zu entzuͤnden, d.h. die Entzuͤndung geschieht entweder durch ein Zuͤndkraut, welches außen angebracht wird, und nicht mit der Patrone in Verbindung steht; oder durch ein innen angebrachtes und an der Patrone befestigtes Zuͤndkraut. An allen gewoͤhnlichen, mit Ladstoͤken ladbaren Flinten mit Schlagfeuer ist die erstere dieser beiden Methoden angenommen, obschon sie den Nachtheil hat, daß man sowohl mit Patronen, als mit einzelnen Zuͤndkapseln versehen seyn muß; ist das Zuͤndkraut hingegen an die Patrone gebunden, so muß der Soldat die Kapsel auf das Zuͤndroͤhrchen sezen, und dann diese Kapsel von der Patrone befreien: eine Operation, welche bei der Nacht nicht so gar leicht ist, und welche um so unangenehmer ist, als die kleinen Kapseln leicht zwischen den Fingern rollen und verloren gehen, wodurch dann die ganze Patrone unbrauchbar wird. Hr. Robert wendet ein Zuͤndkraut an, welches an die Patrone befestigt ist, und welches beim Laden nicht von derselben getrennt zu werden braucht; der Soldat hat nichts weiter zu thun, als die Patrone in den Pulversak zu steken, und die Kammer zu schließen. Sein Zuͤndkraut besteht aus einem kleinen Cylinder von beilaͤufig 2 Millimeter im Durchmesser und 10 bis 15 Millimeter Laͤnge, welcher mit Knallpulver gefuͤllt ist. Dieser Cylinder ist in die Patrone gestekt, und so darin befestigt, daß er nicht los werden kann. Ein im Innern angebrachter Hammer schlaͤgt diesen Cylinder auf einen Amboß, so daß die Ladung durch einen inneren und nicht durch einen aͤußeren Mechanismus entzuͤndet wird. Dieses Verfahren gewaͤhrt große Vortheile, und haͤtte man auch gewoͤhnliche Patronen, so waͤre es doch leichter die Cylinderzuͤndhuͤtchen, als die Zuͤndkapseln zu handhaben. Die Cylinder erfordern nicht so große Gewandtheit, als die Kapseln; man koͤnnte sie uͤberdieß auch laͤnger machen, wo sie dann leichter in die Patronen gestekt werden koͤnnten. Ich bestehe daher auf dieser Art von Zuͤndkraut, und bin uͤberzeugt, daß sich dieselbe sowohl auf der Jagd, als auf dem Schlachtfelde sehr vortheilhaft bewaͤhren wird. Versuche. Hr. Robert schoß in unserer Gegenwart hinter einander 60 Schuͤsse aus seiner Flinte, wodurch deren Lauf so heiß wurde, daß man die Hand nicht mehr darauf erleiden konnte. Hr. Robert machte dessen ungeachtet, und obschon zulezt einige Funken in dem Pulversake zuruͤkblieben, noch einige Schuͤsse, ohne daß die Patrone beim Einfuͤhren Feuer gefangen haͤtte. Wir machten in dieser Hinsicht einen Versuch, aus welchem offenbar hervorging, daß der Soldat selbst dann, wann sich die Patrone entzuͤnden wuͤrde, nur eine Verlezung des Daumens zu befuͤrchten haͤtte, und daß diese Verlezung uͤberdieß nur unbedeutend seyn wuͤrde, indem er hoͤchst wahrscheinlich die Hand sogleich zuruͤkziehen wuͤrde, wenn er die Patrone in Brand gerathen saͤhe. Wenn er die Flinte so haͤlt, daß der Pulversak nur 8 Zoll von seinem Koͤrper entfernt ist, so hat er nichts zu befuͤrchten; denn die Patrone wirkt hier gleich einer Rakete, welche, indem sie sich entzuͤndet, die Kugel nach Vorne auszutreiben sucht, waͤhrend sie nach Ruͤkwaͤrts und in der Richtung des Laufes Feuer ausspeit. Da uͤbrigens das Pulver keine Vorladung hat, so ist der hiedurch entstehende Feuerstrom sehr kurz, und da der Pulversak erhoben ist, so geschieht es, daß die Patrone wie in einem kleinen, oben und unten offenen Behaͤlter abbrennt. Es wurde bei offenem Pulversake Erde in die Batterie geworfen, dann auf den Kolben geschlagen, und der Schuß nach der Ladung nicht im Geringsten gestoͤrt. Die Flinte wurde, um den Lauf abzukuͤhlen, in Wasser getaucht, und konnte unmittelbar darauf wieder geladen und abgefeuert werden. Wir uͤberzeugten uns, daß ein einiger Maßen geuͤbter Mann mit dieser Flinte in jeder Minute 12 bis 15 Schuͤsse machen kann. Man hatte die Einwendung gemacht, daß die Patrone nothwendig in einer bestimmten Stellung in diese Flinte gebracht werden muͤßte; und daß, wenn man sie in der Bohrung drehen wuͤrde, das Zuͤndroͤhrchen nicht mehr auf den Amboß kaͤme. Wir haben daher die Patronen nach allen Richtungen gedreht, so daß sich das Zuͤndkraut am ersten oder zweiten Drittel des Umfanges befand, und dessen ungeachtet gelangte dasselbe beim Senken des Pulversakes immer wieder in die gewuͤnschte Stellung. Nur wenn es sich im Augenblike des Senkens des Pulversakes nach Oben gerichtet befand, wurde es gebogen; in diesem Falle muͤßte das Zuͤndkraut laͤnger gemacht werden, weil es hier nicht in die gewuͤnschte Stellung zuruͤkgefuͤhrt, sondern auf den Amboß gebogen wird, so daß es geschehen koͤnnte, daß der Hammer leer aufschluͤge. Da wir die zur Bestimmung der Schießweite der Robert'schen Flinte noͤthigen Instrumente nicht zur Hand hatten, so koͤnnen wir uns in dieser Hinsicht nur auf jene Versuche beziehen, welche Hr. Baron Séguier mit einer nach demselben Principe gebauten Jagdflinte mit einem Laufe von 28 Zoll anstellte. Erster Versuch. Die Flinte wurde aus einer Entfernung von 50 Schritten mit Blei Nr. 4 geladen auf zwei Buch graues Papier, sogenanntes Kerzenpapier, welche auf einer Platte Gußeisen ruhten, abgefeuert. Das Blei drang durch 41 Blaͤtter. Zweiter Versuch. Zwei Buch desselben Papieres mit einer hoͤlzernen Unterlage; das Blei drang durch 50 Blaͤtter. Dritter Versuch. Bei gleicher Entfernung und unter ganz gleichen Umstaͤnden war das Blei durch 47 Blaͤtter gegangen. Vierter und fuͤnfter Versuch. Das Blei ging durch eine geringere Anzahl von Blaͤttern. (Der Unterschied ruͤhrte offenbar davon her, daß, indem die Blaͤtter Papier gezaͤhlt wurden, dieselben nicht mehr so innig an einander lagen.) Dieselben Versuche wurden mit einer Flinte mit Percussionsfeuer, welche mit dem Ladstoke geladen wurde, wiederholt, wobei jedoch das Blei nur durch 37 Blaͤtter Papier drang. Aus einer einfachen Flinte mit einem spanischen Laufe von großem Caliber und mit einer Ladung von 85 Gran Pulver abgefeuert, drang das Blei nur durch 30 Blaͤtter; der Ruͤkstoß war bedeutend. Hieraus ergibt sich also, daß unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden und bei einer Pulverladung, welche bekanntlich das Maximum der Wirkung hervorbringt: mit der Flinte des Hrn. Robert 49, 50 und 47, mir einer englischen Flinte 33, mit einer Flinte mit beweglicher und angeschraubter Kammer 37, und mit einem einfachen spanischen Laufe nur 30 Blaͤtter Papier durchschossen wurden, wonach also erstere vor allen uͤbrigen einen bedeutenden Vorzug voraus hat. Die Versuche, welche mit der Robert'schen Flinte im Vergleiche mit jener des Hrn. Lefaucheux angestellt wurden, gaben folgende Resultate: Erster Versuch. In drei Viertelstunden wurden aus der Robert'schen Flinte, welche nur auf einer Seite geladen wurde, indem eine große Feder gebrochen war, 292 Schuͤsse gethan, worunter 3 versagten. Mit der Flinte des Hrn. Lefaucheux hingegen, welche auf beiden Laufen geladen wurde, versagten unter 168 Schuͤssen 9. Zweiter Versuch. Die Flinte Lefaucheux's wurde von einem jungen, flinken, und an deren Gebrauch gewohnten Manne 154 Mal abgefeuert; darunter versagte das Gewehr 12 Mal, und es erfolgten mehrere Doppelschuͤsse. Dagegen schoß ein 60jaͤhriger, an die Robert'sche Flinte durchaus nicht gewohnter Mann diese leztere innerhalb derselben Zeit 160 Mal los, wobei sie nur 2 oder 3 Mal versagte, und wobei auch nur hoͤchst wenige Doppelschuͤsse vorkamen. –––––––––– Man hat der Flinte des Hrn. Robert vorgeworfen, daß sie, wie man zu sagen pflegt, stark auswirft, und daß sie stark auslaͤßt. Die Buͤchsenmacher sind der Meinung, daß eine Flinte, welche von der Schwanzschraube oder von der Kammer her geladen wird, um so besser ist, je weniger sie auslaͤßt, und daß jene Flinte, welche gar nicht ausließe, die beste seyn wuͤrde. Wir wollen daher die Wirkung dieses Auslassens auf die Schuͤsse einer Flinte etwas naͤher betrachten. Die Entzuͤndung des Schießpulvers erfolgt nicht in einem und demselben Augenblike. In dem Augenblike, in welchem die Ladung entzuͤndet wird, bildet sich eine gewisse Quantitaͤt Gas, welche auf die Kugel wirkt, und dieselbe in Bewegung zu sezen trachtet, und die Kugel geraͤth auch wirklich in Bewegung, sobald die Expansivkraft des Gases groß genug geworden, um den Widerstand des Geschosses zu uͤberwinden. Wuͤrde augenbliklich eine sehr große Menge Gas, und folglich eine außerordentliche Kraft erzeugt werden, so wuͤrde die Kugel nicht durch den Lauf ausgetrieben, sondern der Lauf an dem Pulversake zersprengt werden. Denn die auf das Geschoß wirkende Kraft muß so viel Zeit haben, daß sie ihre Wirkung auf die verschiedenen Molecule, aus denen das Geschoß von dem dem Einwirkungspunkte der Kraft zunaͤchst gelegenen, bis zu dem am weitesten davon entfernten Punkte besteht, fortzupflanzen vermag. Die ersten Quantitaͤten Gas muͤssen sich daher zwar innerhalb einer sehr kurzen Zeit, aber nicht augenbliklich entwikeln, und daher sollte jene Quantitaͤt Pulver, welche zuerst entzuͤndet wird, ein sogenanntes langsam aufbrennendes Pulver seyn. So wie das Geschoß aber ein Mal in Bewegung gebracht ist, so befindet sich dasselbe unter Umstaͤnden, welche der Aufnahme eines jeden neuen Impulses, wie groß derselbe auch seyn mag, am guͤnstigsten ist, wobei jedoch jederzeit der Widerstand der Luft und die Reibung in dem Laufe zu beruͤksichtigen sind: zwei Umstaͤnde, welche es durchaus nicht gestatten, auf das in Bewegung befindliche Geschoß eine gewisse Graͤnzen uͤbersteigende beschleunigende Kraft wirken zu lassen. Die Ladung sollte also hienach aus zwei verschiedenen Arten von Pulver bestehen; jener Theil, welcher zuerst und unmittelbar entzuͤndet wird, sollte langsam aufbrennen; der uͤbrige Theil hingegen lebhaft. Um diesen Zwek zu erreichen, waͤre noch eine große Reihe von Versuchen erforderlich; auch waͤre es im Kriege viel zu unbequem und zeitraubend, wenn man die Patronen aus zweierlei Arten von Pulver bereiten wollte. Wenn nun auch die Ladung, wenn sie nur aus einer einzigen Art von Pulver besteht, nicht zu langsam aufbrennen darf, so darf dieß doch auch nicht zu rasch geschehen, ausgenommen man macht es durch eine eigenthuͤmliche Einrichtung moͤglich, daß das lebhaft aufbrennende Pulver im Augenblike der Entzuͤndung der Ladung nur als ein langsam aufbrennendes wirkt. Dieß geschieht nun gerade dadurch, daß man einen Theil des Gases entweichen laͤßt; und hieraus erhellt, daß das Auslassen gut und nuͤzlich ist, wenn die Ladung ganz aus lebhaft aufbrennendem Pulver besteht. Wenn ein Gas bei einer Muͤndung entweicht, so entwikelt es eine Kraft, welche auf jene Wand wirkt, die der Wand, in welcher die Muͤndung angebracht ist, gegenuͤberliegt. Die Auslassungen muͤssen in der Richtung des Laufes wirken: wenigstens waͤre diese Richtung einer jeden anderen vorzuziehen. Dieß ist nun gerade an der Flinte Robert's der Fall, und dabei kommt noch zu bemerken, daß die auf solche Weise gerichteten Auslassungen den Ruͤkstoß der Flinte vermindern. Der Vorwurf, den man der Robert'schen Flinte in Hinsicht auf ihr angebliches starkes Auswerfen (crachement) macht, ist ganz ungegruͤndet. Der Feuerstrahl, welcher nach der Laͤngenrichtung des Laufes entweicht, und jener, welcher bei der an dem Buͤgel angebrachten Oeffnung austritt, hat in Betracht der Kleinheit der Oeffnungen, durch welche das Gas entweichen muß, eine sehr große Geschwindigkeit. Diese Feuerstrahle bringen daher auch gar keine Gefahr; und wenn man auch ein Stuͤkchen Papier oder Zeug ganz in die Naͤhe derselben bringt, so bemerkt man an diesen Koͤrpern, selbst nachdem sie einige Zeit uͤber diesen Feuerstrahlen ausgesezt gewesen, doch noch nicht die geringste Wirkung auf dieselben. Die Geschwindigkeit des durch den Buͤgel entweichenden Gasstromes ist so groß, daß die allenfalls im Innern der Batterie zuruͤkgebliebenen Stuͤkchen Papier, Zuͤndkraut, Sand, Unrath etc. dadurch ausgetrieben werden, und daß also hiedurch das Innere der Batterie bei jedem Schusse von solchen Stuͤken und Substanzen, die sich mit der Laͤnge der Zeit darin anhaͤufen, und das Spiel der Schnellfeder beeintraͤchtigen koͤnnten, gereinigt wird. Die Erfindung des Hrn. Robert ist nach der Ansicht der Commission von hoͤchster Wichtigkeit; seine Flinte ist noch keineswegs vollkommen, sondern noch großer Verbesserungen faͤhig, die ihr auch zu Theil werden duͤrften, gleichwie nach und nach auch die Flinte mit Steinfeuer verbessert wurde. Das neue von Hrn. Robert erfundene System wird nach unserer Ueberzeugung gewiß die Oberhand uͤber alle uͤbrigen erringen, gleichwie die Flinten mit Steinfeuer die alten Flinten mir Raͤdern verdraͤngten; hat nur ein Mal eine europaͤische Kriegsmacht dasselbe angenommen, so werden zuverlaͤssig alle uͤbrigen gleichfalls zu dessen Annahme gezwungen seyn. Ich bemerke am Schlusse dieses Berichtes im Namen der Commission nur noch, daß, wenn auch die mit der Bewaffnung der Truppen und der Wahl der Waffen fuͤr dieselben beauftragten Officiere sowohl dem Geseze, als der oͤffentlichen Meinung nach allein die competenten Richter sind, welche daruͤber zu entscheiden haben, ob gewisse neue Arten von Waffen vor den bisher gebraͤuchlichen den Vorzug verdienen; daß, wenn auch die Veraͤnderung der Waffen eine Frage von aͤußerst großem financiellem Interesse ist, deren Entscheidung mithin der bestehenden Verwaltung obliegt; daß, sage ich, dieß die Gesellschaft doch nicht hindern kann, ihr Urtheil uͤber die ihr vorgelegten Gegenstaͤnde auszusprechen, und daß keine Ruͤksicht sie aufhalten darf zu erklaͤren, daß etwas Gutes und Nuͤzliches auch wirklich gut und nuͤzlich ist, und daß etwas, was fruͤher nur durch zusammengesezte Mittel erreicht werden konnte, nun durch weit einfachere erzielt werden kann. Die Commission schlaͤgt daher vor, die Flinte des Hrn. Robert durch ihren Bulletin bekannt zu machen, und dem Erfinder ihre Medaille zu ertheilen. Beschreibung der fuͤr den Militaͤrdienst bestimmten Flinte des Hrn. Robert. Fig. 1 gibt eine vollstaͤndige Ansicht der neuen Flinte mit sammt ihrer Bajonette. Fig. 2 zeigt den Hinteren Theil der Flinte, wovon jedoch das Holz und der Kolben weggenommen sind; dieser Theil ist hier geladen und geschlossen. Fig. 3 zeigt denselben Theil geoͤffnet und geladen. Fig. 4 ist der große Hebel einzeln fuͤr sich und von Unten her dargestellt; man sieht hier auch die Pfanne, in welche der Hammer schlaͤgt. Fig. 5 gibt einen Durchschnitt und eine aͤußere Ansicht des Gehaͤuses der Patrone. Fig. 6 zeigt die Patrone mit dem Zuͤndcylinder ausgestattet, und diesen lezteren einzeln fuͤr sich. Gleiche Buchstaben beziehen sich in allen Figuren auf gleiche Gegenstaͤnde. Die Flinte besteht aus einem an seinem Hinteren Ende offenen Laufe A, und aus einer Schwanzschraube oder Kammer B, welche mit dem Hebel C, der mittelst des Ringes D emporgehoben oder herabgesenkt werden kann, in Verbindung steht. Diese Kammer paßt genau auf die hintere Muͤndung des Laufes, und macht mit den beiden Wangen E, E, die man in Fig. 4 deutlicher sieht, welche gleichsam eine Verlaͤngerung derselben bilden und sich um eine starke Schraube F drehen, nur einen Koͤrper aus. G ist die Schulter der Flinte, durch welche die Schrauben der Kammer H gehen, und welche ausgekerbt ist, so daß sie ein Absehen bildet. An dem vorderen und verlaͤngerten Theile der Kammer ist ein Stuͤk J angebracht, welches der Erfinder den Spanner (bandeur) nennt, und dessen Ende mit einer kleinen Rolle a auf der großen Feder L ruht, welche mittelst einer Schraube T an dem Buͤgel R angebracht ist. Diese Feder endigt sich in einem Hammer M, dessen oberer und schneidender Theil N, vom Erfinder Halbmond (croissant) genannt, von Unten nach Oben auf die kleine, in der Patrone angebrachte Roͤhre h schlaͤgt, indem diese Roͤhre zwischen der Fortsezung des Laufes i und dem von der beweglichen Kammer gebildeten Amboße festgehalten wird. Man sieht diese Stellung am besten aus Fig. 2. Ein Zeiger O, welcher einen Theil der großen Feder L bildet, deutet, indem er an dem Handbuͤgel einen Vorsprung bildet, an, daß die Flinte geladen und gespannt ist, siehe Fig. 3. Der Hammer M ist mit einem kleinen Vorsprung b versehen, welcher unter das Kinnstuͤkchen P einer dreiekigen Feder Q, die mittelst der Schraube V an dem Handbuͤgel X befestigt ist, paßt. So wie man auf den Druͤker Y druͤkt, weicht mithin das Kinnstuͤkchen zuruͤk, und der Hammer schlaͤgt los. Wird der Hebel C herabgesenkt, so wird dessen Ring von einer kleinen Feder d festgehalten, indem sich an dieser Feder ein Zahn befindet, welcher in eine an dem vorderen Theile c des Ringes befindliche Auskerbung eingreift. Die Bajonette Z ist unter dem Laufe und nicht an der Seite desselben, wie dieß an den gewoͤhnlichen Flinten der Fall ist, angebracht; sie ist mit einer Halbduͤlle versehen, welche in das Stuͤk e eingreift und durch die Feder f zuruͤkgehalten wird. In die Patrone A', welche die Kugel und die Ladung enthaͤlt, ist eine kleine kupferne Roͤhre gestekt, in welcher das aus Knallpulver bestehende Zuͤndkraut enthalten ist. Diese kleine Roͤhre, welche wenn die Patrone in den Lauf gebracht wird, auf den Fortsaz i zu liegen kommt, wird durch den Schlag des Hammers zerbrochen. Die Patrone ist im Gehaͤuse B' eingeschlossen, welches man abzieht, wenn man sich ihrer bedienen will. Die Behandlung der Robert'schen Flinte ist sehr einfach. Will man sie naͤmlich laden, so hebt man den Hebel C bei seinem Ringe D empor, wodurch die Hintere Muͤndung des Laufes frei wird, indem sich die Kammer B mit ihren Wangen um die Schraube F dreht. Zu gleicher Zeit druͤkt der Spanner J, indem er mit der Rolle a auf der großen Feder L aufruht, dieselbe zusammen, bis der Zahn b des Hammers M unter das Kinnstuͤkchen P gelangt. Ist die Flinte auf diese Weise gespannt, wie man sie aus Fig. 3 ersieht, so bringt man die Patrone in den Lauf, das Zuͤndroͤhrchen nach Unten gerichtet. Ist dieß geschehen, so senkt man den Hebel wieder herab, wo dann die Feder L bloß durch das Kinnstuͤkchen P zuruͤkgehalten wird. Um abzufeuern braucht man daher nur mit dem Finger auf den Druͤker P zu druͤken, wodurch das Kinnstuͤkchen befreit wird, und den Hammer mit Gewalt loslaͤßt. Durch den Schlag des Hammers von Unten nach Oben auf das Zuͤndroͤhrchen, welches auf dem Fortsaze i in der Pfanne g ruht, erfolgt dann die Entzuͤndung der Ladung. Die Kammer oder Schwanzschraube der Robert'schen Flinte hat ihren Widerstandspunkt bestaͤndig in der Richtung ihrer Achse; und hieraus folgt, daß sie ungeachtet der Expansivkraft des aus dem Pulver entwikelten Gases doch nicht aus ihrer Stelle getrieben wird, indem die ganze Kraft des Widerstandes auf die Zapfen des Laufes wirkt. Die Kammer ist mit einem kupfernen Nagel versehen, dessen Kopf gegen den Pulversak des Laufes gerichtet ist; es leidet daher durch das Schießen nur dieser Nagel, welcher nach 20,000 Schuͤssen fuͤr einen neuen ausgetauscht werden muß. Gegen den Mittelpunkt des Buͤgels hin ist eine Oeffnung angebracht, durch welche 1) das Gas, welches sich aus jenem Theile des Zuͤndkrautes, das nicht in der Patrone enthalten ist, entwikelt; 2) der Schmuz und der Ruͤkstand des Zuͤndkrautes und der Patrone, und 3) der Zeiger oder die Verlaͤngerung O austritt, durch dessen Hervorstehen angedeutet ist, daß die Flinte gespannt ist. So wie die Flinte abgefeuert ist, soll man die Kammer alsogleich und mit einem Zuge oͤffnen, damit ein Luftstrom durch den Lauf ziehen, und denselben abkuͤhlen kann. Die Patrone braucht bloß eine Linie weit in den Lauf eingeschoben zu werden, jedoch immer so weit, daß sie beim Schließen der Kammer nicht dadurch zerrissen wird. Auch soll man das Zuͤndroͤhrchen auf den Fortsaz i legen; doch ist dieß nicht durchaus noͤthig, indem die Kammer beim Herabsenken das Zuͤndkraut selbst auf diesen Fortsaz treibt.

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