Titel: | Versuche und Beobachtungen über die Wirkung des Wassers und der Luft auf das Blei. Von Hrn. Capitän Philipp Yorke. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. VII., S. 21 |
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VII.
Versuche und Beobachtungen uͤber die
Wirkung des Wassers und der Luft auf das Blei. Von Hrn. Capitaͤn Philipp Yorke.
Aus dem London and Edinburgh Philos. Mag. August 1834,
S. 81.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Yorke's Versuche und Beobachtungen uͤber die Wirkung des
Wassers und der Luft auf das Blei.
1) Obschon bereits mehrere chemische und andere Schriftsteller uͤber die
Wirkung des Wassers auf das Blei geschrieben haben, so hoffe ich doch, daß die
Versuche, welche ich hier bekannt machen will, noch einige neue Thatsachen zu Tage
foͤrdern, und vielleicht zur Berichtigung mehrerer, aus fruͤheren
Beobachtungen gezogenen, aber falschen Schluͤssen beitragen
duͤrften.
2) Meine Versuche begannen mit der Untersuchung eines Quellwassers, welches etwas
uͤber 100 Yards weit in bleiernen Roͤhren geleitet wurde. Dieses
Wasser zeigte naͤmlich, wenn es frisch aus dem Wasserbehaͤlter
genommen wurde, bei der Pruͤfung mit einer Aufloͤsung von
geschwefeltem Wasserstoffgase eine hellbraune Faͤrbung; die Quantitaͤt
Bleioxyd, welche auf diese Weise aus 14 1/2 Unze Wasser niedergeschlagen wurde,
mochte 1/62000 betragen. So wie das Wasser hingegen 2 oder 3 Tage in einem offenen
Gefaͤße an der Luft gestanden, wurde es durch dasselbe Reagens nicht mehr
braͤunlich gefaͤrbt; wohl aber wurden einige in der
Fluͤssigkeit schwebende, weiße Theilchen dadurch schwarz.
3) Dieser Umstand machte mich auf die von Guyton de
Morveau beobachteten Resultate aufmerksam, uͤber welche Berzelius im dritten Bande seiner Chemie S. 178 sagt:
„Bleioxyd ist in reinem Wasser aufloͤslich;
unaufloͤslich ist es hingegen, wenn das Wasser nur die geringste Spur von
Salz enthaͤlt. Wenn man destillirtes Wasser einige Zeit uͤber in
einem bleiernen Gefaͤße stehen laͤßt, so wird das Blei angegriffen;
das Wasser uͤbt danach auf geroͤthetes Lakmuspapier eine schwache
alkalische Wirkung aus, wird von geschwefeltem Wasserstoffgase braun
gefaͤrbt, und durch Zusaz von Schwefelsaͤure
truͤbe.“
4) Da ich diese Thatsachen in keinem anderen chemischen Werke angegeben fand, so
stellte ich, um mich von deren Richtigkeit zu uͤberzeugen, folgende Versuche
an. Ich goß etwas destillirtes Wasser in ein Glas, welches ich, um den Staub
abzuhalten, leicht bedekte, und fuͤllte ein glaͤsernes, mit einem
eingeriebenen Stoͤpsel versehenes Flaͤschchen gleichfalls mit
destillirtem Wasser. Zwei aͤhnliche Gefaͤße fuͤllte ich mit
Quellwasser, und in jedes dieser Gefaͤße brachte ich ein Stuͤk reines,
frisch abgeschnittenes Blei.
Das Quellwasser, welches ich zu diesem Versuche verwendete, enthielt in einem Gallon
von 10 Pfunden 1,21 Gran Natrium- und Calciumchloruͤr, und 6,4 Gran
kohlensauren Kalk, welcher durch uͤberschuͤssige Kohlensaͤure
aufgeloͤst erhalten wurde.
5) Das zu obigen Versuchen verwendete Quellwasser wurde nach drei Tagen, nach drei
Wochen und nach einem Jahre mit geschwefeltem Wasserstoffgase gepruͤft,
zeigte jedoch nie eine Spur von aufgeloͤstem Blei. Das Blei wurde zulezt an
der Oberflaͤche wie gewoͤhnlich dunkel und matt, und endlich in der
Naͤhe der Oberflaͤche des Wassers mir roͤthlichem und braunem
Oxyde uͤberzogen, welches wohl der Farbe, aber nicht der Dike nach mit jenem
Aehnlichkeit hatte, welches Faraday im Journal of science vol. XVI. S. 163 als an den
Bleikugeln vorkommend beschrieb. Das in dem destillirten Wasser und in dem offenen
Gefaͤße (a) befindliche Blei war in der
Naͤhe der Oberflaͤche des Wassers schon am fuͤnften Tage mit
zarten, weißen, flokigen, strahlenfoͤrmig von dem Bleie ausgehenden
Krystallen bedekt, und nahm bei der Pruͤfung mit geschwefeltem
Wasserstoffgase eine braͤunliche Faͤrbung an. Dieselbe Wirkung, jedoch
in weit geringerem Grade, zeigte sich auch an dem Wasser des verschlossenen
Flaͤschchens. In dem offenen Gefaͤße hatte sich nach Ablauf von drei
Wochen am Boden des Glases eine Quantitaͤt der weißen krystallinischen
Substanz angesammelt; und eben so hatte sich an der Oberflaͤche des Wassers
eine Zone von perlartig krystallinischen Floken derselben Substanz, welche leicht an
dem Glase und an dem Bleie hing, gebildet. Ein Theil dieser Substanz wurde gesammelt
und bei 212° getroknet; sie loͤste sich in verduͤnnten
Saͤuren auf, wobei ich jedoch kein Aufbrausen bemerkte; in einer
Glasroͤhre erhizt gab sie einen Theil Wasser von sich und wurde gelblich.
6) Das verschlossene Flaͤschchen zeigte, nachdem es ein Jahr lang gestanden,
folgende Erscheinungen. Der Boden des Flaͤschchens war beinahe 1/4 Zoll tief mit
der erwaͤhnten weißen, krystallinischen Substanz bedekt. Das Blei selbst war
beilaͤufig in 2/3 seiner Laͤnge von dem unteren Ende her mit
glaͤnzenden blaͤtterigen Krystallen, welche 1/30, Zoll uͤber
das Blei herausragten, uͤberzogen. Wenn man diese Krystalle von dem Bleie
abbrach und gegen das Licht betrachtete, so war ihre Farbe gruͤnlichgrau, so
daß sie manchen Glimmervarietaͤten aͤhnlich waren; unter dem
Mikroskope erschienen sie gelblich.
7) Um zu ermitteln, ob auch eine derlei Wirkung Statt fand, wenn der Zutritt der Luft
gaͤnzlich verhindert wuͤrde, fuͤllte ich eine kleine Retorte
mit destillirtem Wasser, welches ich eine Zeit lang auskochte, und in welches ich
hierauf einige frisch abgeschnittene Bleistreifen brachte. Der Schnabel der Retorte,
welcher ganz mit Wasser gefuͤllt war, wurde unter Queksilber getaucht. Als
ich diese Vorrichtung nach drei Wochen untersuchte, zeigte sich nicht das kleinste
Blaͤschen Gas; das Blei war noch glaͤnzend, und nur an einigen Stellen
weißlich; das Wasser wurde durch Zusaz von Schwefelwasserstoff sehr
blaßbraͤunlich. Die Retorte blieb hierauf halb gefuͤllt und offen
uͤber Nacht stehen, worauf sich schon den Tag darauf eine merkliche
Quantitaͤt der weißen Substanz gebildet hatte, und das Wasser bei der Probe
mit Schwefelwasserstoff dunkelbraun wurde. Aus diesem Versuche ergab sich also
offenbar, daß das Blei seinen Sauerstoff nicht aus dem Wasser, sondern aus der in
ihm enthaltenen Luft entnimmt, obschon es gleich wie das Eisen ein zartes Reagens
fuͤr den im Wasser aufgeloͤsten Sauerstoff ist.
8) Um mir das Product der Einwirkung von Luft und Wasser auf das Blei in
groͤßeren Quantitaͤten zu verschaffen, fuͤllte ich eine
Quartflasche auf 2/3 mit destillirtem Wasser, welches ich lebhaft mit Luft
abschuͤttelte, und in welches ich eine Quantitaͤt reiner
Bleispaͤne gab. Schon nach einigen Minuten waren weiße Nebel in dem Wasser
sichtbar, und nach 4taͤgigem ruhigem Stehen zeigten sich die
glaͤnzenden grauen Krystalle. Nach einem Monate war die Oberflaͤche
des Wassers mir einer Schichte einer schwach zusammenhaͤngenden
krystallinischen Substanz uͤberzogen, und zugleich hatte sich auch ein
aͤhnlicher Bodensaz gebildet. Das Blei selbst war mit glaͤnzenden
grauen Krystallen bedekt. Eine Quantitaͤt dieser lezteren, welche von dem
Bleie abgebrochen worden, loͤste sich ruhig in Essigsaͤure auf. 91/100
Gran davon wurden in einem Stuͤke einer Glasroͤhre, welches an dem
einen Ende verschlossen war, uͤber einer Weingeistlampe zum
Rothgluͤhen erhizt; hiebei verdichtete sich in dem kalten Theile der
Roͤhre eine kleine Quantitaͤt Wasser, welche dem entstandenen
Gewichtsverluste gemaͤß 1/100 Gran betrug. Die Substanz selbst war durch das
Gluͤhen gelb geworden, ohne uͤbrigens eine sichtbare
Veraͤnderung der
Structur erlitten zu haben. Bei einem anderen Versuche dieser Art wurde kein Wasser
ausgetrieben, wonach es schiene, daß diese blaͤtterigen Krystalle aus
wasserfreiem Bleiprotoxyde bestuͤnde. Ich fand jedoch, daß sich außer diesen
blaͤtterigen Krystallen auch noch viele andere viel kleinere Krystalle an dem
Bleie gebildet hatten, welche sich unter dem Mikroskope farblos und halb
durchsichtig, mit sehr glaͤnzenden Flaͤchen zeigten. Mehrere dieser
Krystalle waren vollkommene Rhomboidal-Dodekaëder; an anderen war
diese Grundform dadurch modificirt, daß statt der spizigen Winkel tangentale
Flaͤchen zum Vorscheine gekommen waren. Der Durchmesser dieser Krystalle
wechselte von 1/200 bis zu 1/1000 Zoll. Durch Erhizen wurden dieselben
undurchsichtig und orangegelb, ohne jedoch ihre Gestalt und ihren Glanz, dadurch zu
verlieren. Houton Labillardière erhielt, wie es
heißt, dodekaëdrische Krystalle von wasserfreiem Protoxyd als Bodensaz aus
einer Aufloͤsung von Bleioxyd in Aeznateon; und Becquerel erhielt Wuͤrfel, indem er das Oxyd mit reinem Kali
erhizte.Annales de Chimie, Tom. LI. S. 104.
9) Das im Handel vorkommende Blei enthaͤlt bekanntlich immer etwas Kupfer und
Eisen; ich fand durch Versuche, daß auch das Blei, welches ich zu meinen Versuchen
genommen hatte, gleichfalls etwas von diesen Metallen, aber kein Silber enthielt;
ich konnte selbst in den grauen Krystallen des Oxydes Spuren von Kupfer entdeken,
nachdem dieselben vor dem Loͤthrohre in der reducirenden Flamme mit Borax
geschmolzen worden. Um zu erfahren, ob die Einwirkung des Wassers und der Luft
allenfalls von dem Vorhandenseyn dieser Legirungen abhinge, suchte ich mir einige
Stuͤke ganz reines Metall zu verschaffen, womit ich meine Versuche
wiederholte.
10) Ich ließ zu diesem Behufe salpetersaures Blei so oft krystallisiren, bis die
Mutterlauge bei Zusaz von kohlensaurem Ammoniak keine Spur von Kupfer mehr zeigte;
das Oxyd, welches ich durch Calcination dieses gereinigten salpetersauren Salzes
erhielt, wurde in einem hessischen Tiegel mit schwarzem Flusse reducirt, und hierauf
in einem Tiegel aus Wedgwood bei einer schwachen Rothgluͤhhize eine Zeit lang
in Fluß erhalten, um allen etwa darin enthaltenen Kohlenstoff zu beseitigen. Das
Blei, welches ich mir auf diese Weise verschaffte, enthielt zwar kein Kupfer, wohl
aber eine Spur von Eisen, welches wahrscheinlich von der Einwirkung des Flußmittels
auf den hessischen Tiegel herruͤhrte. Ein glaͤnzender Streifen dieses
Bleies wurde wie zuvor mit destillirtem Wasser behandelt, und zwar mit gleichem
Erfolge; zuerst bildete sich die weiße krystallinische Substanz, und nach beilaͤufig einem
Monate zeigten sich auch die glaͤnzenden grauen Krystalle von wasserfreiem
Protoxyde, welche dieß Mal hoͤchstens einen schwaͤcheren Stich in's
Gruͤne hatten, als fruͤher.
11) In einer Aufloͤsung von Bleioxyd in Kalkwasser, welche ein Jahr
uͤber in einer mit einem Korkstoͤpsel verschlossenen Flasche
gestanden, hatten sich einige krystallinische, sehr duͤnne, biegsame und
elastische Blaͤttchen von beilaͤufig 1/2 Zoll im Querdurchmesser,
welche mit ihren oberen Raͤndern von der Oberflaͤche der
Fluͤssigkeit herabhingen, gebildet. Bei reflectirtem Lichte betrachtet, war
ihre Farbe und ihr Glanz dem blau angelaufenen Stahle aͤhnlich; sie
loͤsten sich in Essigsaͤure ruhig auf, wurden durch Erhizen gelb, und
schienen mit den oben (8) beschriebenen krystallinischen Blaͤttchen von
wasserfreiem Protoxyde identisch.
12) Ich trieb einen blanken eisernen Nagel in einen reinen Bleistreifen, und brachte
beide, mit einander in Verbindung, in die mit destillirtem Wasser gefuͤllte
Flasche. Schon den naͤchsten Tag darauf hatte sich auf dem Bleie die weiße
krystallinische Substanz und auf dem Kopfe des Nagels etwas Rost gebildet,
waͤhrend jener Theil des Nagels, der mit dem Bleie in Beruͤhrung
stand, mehrere Tage hindurch blank blieb. Ein anderer eiserner Nagel, den ich des
Versuches halber in eine aͤhnliche Flasche mir destillirtem Wasser brachte,
uͤberzog sich nach drei Tagen mit braunem Eisenoxydhydrat. Als ich die erste
Vorrichtung nach 7 monatlichem ruhigem Stehen untersuchte, war der Nagel in der
Naͤhe des Bleies noch immer zum Theil blank; der Kopf war mit Rost
uͤberzogen, und sowohl auf der Oberflaͤche des Bleies, als auf jener
des Eisens waren graue blaͤtterige Krystalle von Bleioxyd und kleine
dodekaëdrische Krystalle angesammelt. Das Wasser selbst gab mit
Schwefelwasserstoff eine dunkelbraune Faͤrbung.
13) Ein Streifen Blei, welcher die matte und dunkle Farbe hatte, die dieses Metall
gewoͤhnlich hat, wenn es eine Zeit lang der Luft ausgesezt gewesen, wurde in
eine Flasche destillirten Wassers, welches mit Luft geschuͤttelt worden,
gebracht; das Wasser wurde nach Ablauf einer Woche mit Schwefelwasserstoff
gepruͤft, zeigte aber keine Spur eines Bleigehaltes.
Ueber die weißen flokigen Krystalle.
14) Bevor ich in eine Betrachtung der Natur dieser Substanz eingehe, muß ich
bemerken, daß ich, als ich meine ersten Versuche uͤber diesen Gegenstand
anstellte, mit Dr. Christison's Forschungen hieruͤberSiehe dessen Treatise on Poisons. 2. edit. S. 458. noch nicht bekannt war, daß ich jedoch meinen eigenen Beobachtungen
gemaͤß nicht zweifelte, daß Guyton Morveau die
tragliche Substanz ganz richtig fuͤr ein Hydrat hielt. Dr. Christison hingegen behauptet, daß sowohl die weißen
Krystalle, deren Aeußeres er eben so beschreibt, wie ich es oben gethan, als das in
dem destillirten Wasser aufgeloͤst enthaltene Blei, Carbonate oder
kohlensaure Verbindungen seyen. Die meisten der nun folgenden Versuche wurden
demnach angestellt, um zu ermitteln, ob die Wahrheit auf Guyton Morveau's und meiner oder auf Christison's Seite gelegen sey.
15) Ich verschaffte mir die zu untersuchenden Koͤrper auf die bei 8 angegebene
Weise. Die gesammelte weiße Substanz wurde im luftleeren Raͤume mit
Schwefelsaͤure getroknet, und brauste, wenn sie mit verduͤnnter
Schwefelsaͤure behandelt wurde, hoͤchst schwach auf. 2,67 Grane wurden
in eine gebogene, an dem einen Ende geschlossene Roͤhre aus gruͤnem
Glase gebracht, das offene Ende derselben ward in eine andere Roͤhre
eingepaßt; beide Roͤhren waren mit Korkstoͤpseln versehen und wurden
vorher gegen einander abgewogen. Hierauf wurde die weiße Substanz in der
retortenartigen Roͤhre zum Rothgluͤhen erhizt, wobei sich, in der
Recipientenroͤhre etwas Wasser verdichtete; nachdem die Roͤhren dann
verschlossen, wurden sie kalt gewogen, wobei sich fand, daß die
Retortenroͤhre 0,28 Gran verloren hatte, waͤhrend das Wasser in dem
Recipienten nur 0,06 Gran wog.
16) Bei einem zweiten Versuche wurde eine offene Probirroͤhre, in welcher sich
eine Aufloͤsung von Aezkali befand, mit dem Bleie und dem Wasser in die
Flasche gebracht. Die fragliche weiße Substanz, die sich bildete, wurde wie
fruͤher im luftleeren Raume getroknet. 1,688 Gran davon wurden in eine 3 1/2
Zoll lange glaͤserne Roͤhre a, Fig. 13,
gebracht, in welche hierauf eine kleine, an beiden Enden offene, mit Calciumchlorid
gefuͤllte Roͤhre b eingerieben ward; das
Ende der Roͤhre c, welches mit Huͤlfe
eines Halsringes aus Kautschuk an der Roͤhre a
befestigt worden, ward unter Queksilber geleitet. Als nun die Roͤhre a erhizt wurde, entwichen 0,42 Kubikzoll Gas, wovon 0,16
Kubikzoll von Aezkali aufgesaugt wurden. Die Roͤhre b hatte 0,05 an Gewicht gewonnen; die Roͤhre a hingegen hatte nach dem Erkalten 0,158 Gran verloren; der
Ruͤkstand bestand aus gelbem Bleioxyde.
17) Bei einem zweiten, mit demselben Apparate vorgenommenen Versuche gaben 1,314 Gran
eine Portion Gas von sich, welche von Kali absorbirt wurde, die aber zufaͤllig nicht
bestimmt ward. Das Calciumchlorid hatte 0,36 Gran an Gewicht zugenommen, und die
Roͤhre a hatte 0,154 Gran verloren.
18) Wenn man den ganzen Verlust weniger der Quantitaͤt des gesammelten Wassers
als Kohlensaͤure annimmt, so geben die beiden lezteren Versuche folgende
Resultate:
Textabbildung Bd. 54, S. 26
2ter Versuch; 3ter Versuch;
Bleioxyd; Wasser; Kohlensaͤure
oder in 100 Theilen:
Textabbildung Bd. 54, S. 26
2ter Versuch; 3ter Versuch; 1ster
Versuch; Bleioxyd; Kohlensaͤure; Wasser
19) Diese Versuche sind hinreichend mit einander in Einklang; auch waren die
Quantitaͤten, mit denen sie angestellt wurden, nicht groß genug, um bestimmen
zu koͤnnen: ob die auf die fragliche Weise erhaltene Substanz eine bestimmte
Verbindung oder ein Gemenge ist; wenn jedoch 223,4 zwei Aequivalente Bleioxyd, 22,1
Kohlensaͤure und 9 Wasser repraͤsentirt, so wuͤrde eine
Substanz, welche aus 2 b + + Aq besteht, in 100 Theilen
enthalten:
BleioxydKohlensaͤureWasser
87,9 8,6
3,5
12,1
–––––
100,0
so daß sie durch die Formel (b + ) + (b +
Aq) bezeichnet werden koͤnnte.
20) Wenn eine Portion dieser Substanz mit destillirtem Wasser in ein verschlossenes
Flaͤschchen gebracht, und wenn das Wasser nach einigen Tagen mit
Schwefelwasserstoff gepruͤft wurde, so erhielt es eine kaum merkliche
braͤunliche Faͤrbung. Wurde etwas von der Substanz schwach befeuchtet
2–3 Stunden lang der freien Luft ausgesezt, so loͤste sie sich dann
wie gewoͤhnliches kohlensaures Blei unter lebhaftem Aufbrausen in
Saͤuren auf.
Von der Aufloͤsung des Bleies in destillirtem
Wasser.
21) Um die alkalische Wirkung der waͤsserigen Aufloͤsung des Bleioxydes
zu zeigen, braucht man bloß einen frisch abgeschnittenen Bleispan in ein
Flaͤschchen mit destillirtem Wasser, welches mit Luft geschuͤttelt
worden, zu bringen, und zugleich mit demselben ein Stuͤkchen Curcumepapier einzutragen. Schon
nach 2–3 Stunden wird dieses Papier hiedurch bleibend geroͤthet
werden.
22) Die nach dem Versuche 8 bereitete Fluͤssigkeit hat folgende Eigenschaften:
1) roͤthet sie Curcumepapier leicht, und stellt die Farbe des
geroͤtheten Lakmuspapieres wieder her; 2) wird sie mit einer
Aufloͤsung von Schwefelwasserstoffgas dunkelbraun, und es sezt sich bald ein
schwarzer Niederschlag aus ihr ab; 3) wird sie durch Zusaz von Schwefelsaͤure
augenbliklich truͤb; ebendieß erfolgt 4) auf Zusaz von Kohlensaͤure;
5) wird sie durch eine Aufloͤsung von schwefelsaurem Natron getruͤbt,
und die Truͤbung wird durch Zusaz von Schwefelsaͤure vermehrt; 6)
gleicher Erfolg zeigt sich auch durch Zusaz von saurem schwefelsaurem Kali. Mit
einem Tropfen einer Aufloͤsung von Kaliumjodid entsteht eine weiße
Truͤbung, welche durch Zusaz eines Tropfens sehr verduͤnnter Salzsaure
orangegelb wird, und einen gelben Niederschlag von Bleijodid absezt. Mit einer
Aufloͤsung von gewoͤhnlichem Kochsalze wird sie augenbliklich
truͤb, und eben so mit einer Aufloͤsung von schwefelsaurem Kalke, wenn
dieselbe auch nur 1/1000 dieses Salzes enthaͤlt. Mit
Salpeteraufloͤsung erfolgt eine leichte Truͤbung; auf Zusaz von
neutralem chromsaurem Ammoniak bleibt sie klar; so wie jedoch nur ein Paar Tropfen
Essigsaͤure hinzugegossen werden, erfolgt ein gelber Niederschlag.
Schuͤttelt man sie in einem nur zur Haͤlfte gefuͤllten
Flaͤschchen, so wird sie truͤb; was auch dann geschieht, wenn man sie
in einem glaͤsernen Flaͤschchen siedet. Frei der Luft ausgesezt
scheidet sich alles oder beinahe alles darin enthaltene Oxyd in Form der weißen,
oben beschriebenen Substanz ab.
23) Becquerel hat gezeigt, daß, wenn Blei- oder
Manganaufloͤsungen durch eine Volta'sche Batterie
zersezt werden, und die Leitungsdraͤhte aus Platin bestehen, die Peroxyde
dieser Metalle sich an dem positiven Pole abscheiden. Dieß ist auch der Fall mit dem
Bleie, man mag essigsaures oder salpetersaures Blei, oder eine Aufloͤsung von
Bleioxyd in Kalkwasser anwenden. Zersezte ich hingegen die waͤsserige
Bleiaufloͤsung auf gleiche Weise, so wurde der negative Pol von metallischem
Blei schwach geschwaͤrzt, waͤhrend der positive Pol schoͤn
bronzegelb gefaͤrbt wurde, und ein damit in Beruͤhrung gebrachtes
Stuͤkchen Lakmuspapier bleichte.
24) Bei meinen ersten Versuchen, welche ich unternahm, um die Quantitaͤt des
im destillirten Wasser aufgeloͤsten Bleioxydes zu bestimmen, filtrirte ich
die nach §. 8 erhaltene Fluͤssigkeit; die Fluͤssigkeit wurde
jedoch gerade hiedurch truͤb; und als ich sie, um sie klar zu machen, noch
ein Mal filtrirte, fand sich, daß sie kein Blei mehr enthielt. Ich wiederholte diesen
Versuch mehrere Male mit ganz gleichem Erfolge.
25) Um die in dem Wasser aufgeloͤste Quantitaͤt Bleioxyd zu bestimmen,
wurden die Bleistangen sorgfaͤltig aus dem Flaͤschchen genommen, der
Stoͤpsel wieder an Ort und Stelle gebracht, und die Fluͤssigkeit mit
einem Heber klar abgenommen. 3000 Gran dieser Aufloͤsung mit einem Tropfen
Salpetersaͤure abgedampft, in ein schwefelsaures Salz umgewandelt und
gegluͤht, gaben 0,33 Gran = 0,242 Bleioxyd. 3000 Gran Aufloͤsung mit
einem Tropfen Salpetersaͤure abgedampft, und zulezt in einem Platintiegel
gegluͤht, gaben 0,245 Gran Bleioxyd. 5000 Gran Aufloͤsung wurden in
zwei Theile getheilt, der eine Theil wurde zu einem weiteren Versuche aufbewahrt,
der andere auf die zulezt angegebene Weise abgedampft, wobei 0,244 Gran zum
Vorschein kamen. Bei den beiden ersten Versuchen betrug also die Quantitaͤt
Bleioxyd beilaͤufig 1/12300, bei dem dritten hingegen 1/10250.
26) Es ist jedoch moͤglich, daß reines Wasser eine weit groͤßere Menge
Bleioxyd aufgeloͤst halten kann, als sich hier ergab; denn es ist schwer, wo
nicht ganz unmoͤglich, diese Aufloͤsungen zu behandeln, ohne daß sich
ein Theil des Oxydes in Form eines weißen Pulvers abscheidet; so z.B. ist schon das
Herausnehmen der Bleistaͤbe aus der Fluͤssigkeit hiezu hinreichend.
Ich kann nicht sagen, ob dieß dadurch, daß die Fluͤssigkeit mit der in der
atmosphaͤrischen Luft enthaltenen Kohlensaͤure in Beruͤhrung
kommt, oder aus irgend einer anderen Veranlassung geschieht, und ob die Substanz,
die sich hiebei abscheidet, mit dem beschriebenen, weißen, krystallinischen
Koͤrper identisch ist; allein es scheint nur, daß diese Erscheinung
hauptsaͤchlich auf Rechnung der Bewegung der Fluͤssigkeit geschrieben
werden duͤrfte, indem hiedurch in einer gesaͤttigten Aufloͤsung
allerdings schnell eine Krystallisation bedingt wird.
Bei einem Versuche, zu dem ich frisch destillirtes Wasser, welches ich mit reinem
Sauerstoffgase schuͤttelte, nahm, und bei welchem ich, nachdem ich blanke
Bleispaͤne in das Flaͤschchen gebracht, durch den
durchloͤcherten Korkstoͤpsel eine offene, mit gebranntem Kalke
gefuͤllte Roͤhre einfuͤhrte, zeigte sich die
Fluͤssigkeit, als ich sie nach drei Wochen untersuchte, als die
staͤrkste waͤsserige Bleiaufloͤsung, die ich noch je erhalten
hatte. Der weiße Bodensaz in dem Flaͤschchen hingegen war weit weniger, und
nicht so voluminoͤs; auch hatte er nichts von dem fruͤher beobachteten
krystallinischen Charakter. Er zeigte weder feucht, noch nachdem er im Vacuum
getroknet worden, bei der Behandlung mit verduͤnnter Salpetersaͤure
auch nur das geringste Brausen.
27) Ich bemerkte schon oben, daß Christison behaupte, das
in Wasser aufgeloͤste Blei befinde sich in kohlensaurem Zustande. Folgende
Versuche werden, wie mir scheine, beweisen, daß dieß bei meinem Verfahren wenigstens
nicht der Fall ist, und daß das kohlensaure Blei in weit geringerem Grade
aufloͤslich ist, als das reine Bleioxyd.
28) Ich bereitete mir eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure, indem ich
kohlensaures Gas, welches ich durch verduͤnnte Salpetersaͤure aus
Kalkspath entband, in destillirtes Wasser leitete, welches unter maͤßigem
Druke mit dem Gase geschuͤttelt werden konnte. Ich erhielt auf diese Weise
eine Ausloͤsung, in der keine andere Saͤure enthalten war, und welche
beim Kochen beilaͤufig 2/3 ihres Volumens kohlensaures Gas von sich gab. Wenn
nun diese Aufloͤsung von Kohlensaͤure in eine nach §. 8.
bereitete Aufloͤsung von Bleyoxyd in destillirtem Wasser gegossen wurde, so
entstand ein Niederschlag, welcher sich in einem bedeutenden Ueberschusse von
Kohlensaͤure wieder aufloͤste. Eine Aufloͤsung von
gesaͤttigtem kohlensaurem Kali erzeugte jedoch wieder eine
Truͤbung.
29) Ich ließ durch die zweite Haͤlfte der in §. 22. erwaͤhnten,
2500 Gran betragenden Bleiaufloͤsung Kohlensaͤure stroͤmen,
welche durch verduͤnnte Salpetersaͤure aus Kalkspath ausgetrieben
wurde; es entstand augenbliklich eine Truͤbung, und als sich der Niederschlag
abgeschieden, wurde die klare Fluͤssigkeit durch Zusaz von
Schwefelwasserstoff nur mehr schwach braͤunlich gefaͤrbt. Die aus dem
Niederschlage erhaltene Quantitaͤt Bleioxyd betrug 0,132 Gran; ein Theil war
jedoch verloren gegangen.
30) Ich brachte etwas reines Bleiprotoxyd, welches ich mir durch Gluͤhen von
basischem salpetersaurem Blei in einem Platintiegel verschaffte, in ein mit einer
Aufloͤsung von Kohlensaͤure gefuͤlltes Flaͤschchen. In
ein anderes, mit destillirtem Wasser gefuͤlltes Flaͤschchen gab ich
gleichfalls etwas von demselben Protoxyde; beide Flaͤschchen wurden mit
eingeriebenen Stoͤpseln verschlossen und verlittet. In dem destillirten
Wasser bildete sich nach einiger Zeit uͤber dem gelben Oxyde eine weiße
flokige Substanz, waͤhrend in der kohlensauren Aufloͤsung keine
Veraͤnderung bemerkbar war; erst nach Ablauf eines Monates war hier unter dem
gelben Oxyde eine geringe Menge weißer Substanz sichtbar. Als beide
Fluͤssigkeiten nach einiger Zeit mit Schwefelwasserstoff gepruͤft
wurden, zeigte die kohlensaure Aufloͤsung keine Veraͤnderung,
waͤhrend in dem destillirten Wasser, welches das Curcumepapier
roͤthete, alsogleich eine dunkelbraune Faͤrbung entstand; lezteres gab
auch mit schwefelsaurem Kali und mit einer Aufloͤsung von Kohlensaͤure
Niederschlaͤge.
31) Ich brachte blanke Bleistreifen in eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure
(a); und um uͤberzeugt zu seyn, daß der
Unterschied der Wirkung von keiner anderen Substanz, als von der Kohlensaͤure
herruͤhren konnte, wurde ein Theil der Aufloͤsung (b) eine Zeit lang ausgekocht, bevor ich auch in diese
blankes Blei brachte. Den Tag darauf war die Fluͤssigkeit (b) milchig, waͤhrend das Blei in a laͤnger dann eine Woche blank blieb; in
ersterer bildeten sich weiße krystallinische Floken, welche den fruͤher
beschriebenen aͤhnlich waren; die Fluͤssigkeit a hingegen nahm durch Zusaz von Schwefelwasserstoff eine kaum merkliche
braune Faͤrbung an.
32) Ich bereitete mir kohlensaures Blei, indem ich eine Bleizukeraufloͤsung
mittelst eines durchgeleiteten Stroms kohlensauren Gases faͤllte, und den
Niederschlag gut auswusch. Das Waschwasser zeigte bei der Probe mit
Schwefelwasserstoff immer noch eine geringe Menge Blei an, und durch laͤnger
fortgeseztes Auswaschen verschwand auch diese Wirkung nicht; denn, selbst wenn sie
ihr Minimum erreicht hatte, faͤrbte der Schwefelwasserstoff die
Fluͤssigkeit noch sehr blaß braun, waͤhrend eine Aufloͤsung von
neutralem kohlensaurem Kali nach einiger Zeit eine schwache weißliche
Truͤbung hervorbrachte. Wenn ich eine Aufloͤsung von
Kohlensaͤure auf ein Filtrum goß, auf welchem sich kohlensaures Blei befand,
so wurde die filtrirte Fluͤssigkeit durch Zusaz von neutralem, kohlensaurem
Kali sogleich milchig; Schwefelwasserstoff erzeugte eine deutliche braune
Faͤrbung, die jedoch bei Weitem nicht so deutlich war, als in destillirtem
Wasser, welches 3 bis 4 Tage mit Blei in Beruͤhrung gestanden.
Ich brachte etwas von dem kohlensauren Blei mit der Aufloͤsung von
Kohlensaͤure, und einen anderen Theil mit destillirtem Wasser in ein
Flaͤschchen. Nach zweitaͤgigem Stehen gab die kohlensaure
Aufloͤsung mit Schwefelwasserstoff eine braune; jene in destillirtem Wasser
hingegen nur eine sehr blasse Faͤrbung.
33) Um den Grad der Aufloͤslichkeit des kohlensauren Bleies in einer
Aufloͤsung von Kohlensaͤure zu ermitteln, brachte ich etwas
kohlensaures Blei, welches ich mir nach der oben angegebenen Methode bereitet hatte,
in eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure in destillirtem Wasser. Nach
mehrtaͤgigem Stehen goß ich die klare Fluͤssigkeit (α) zu weiteren Versuchen ab. Eine andere
Aufloͤsung verschaffte ich mir, indem ich etwas gutes Bleiweiß so lange auf
einem Filter auswusch, bis die filtrirte Fluͤssigkeit durch Zusaz von
Schwefelwasserstoff keine Faͤrbung mehr annahm. Nach fortwaͤhrendem
Aufgießen von destillirtem Wasser wurde die Aufloͤsung der
Kohlensaͤure durch das ausgewaschene kohlensaure Blei filtrirt, und die
Fluͤssigkeit zu weiterem Gebrauche aufbewahrt. (β)
34) Ich bereitete mir ferner eine als Maßstab dienende Bleiaufloͤsung, indem
ich einen Gran reines Bleioxyd in Essigsaͤure aufloͤste, die
Aufloͤsung bei der Siedhize des Wassers zur Trokenheit eindampfte, und das
ruͤkstaͤndige essigsaure Salz in 1000 Gran destillirten Wassers
aufloͤste.
35) Wenn ich nun einen Theil der Musteraufloͤsung mit beilaͤufig 83
Theilen destillirten Wassers verduͤnnte, so war die Faͤrbung, welche
durch Schwefelwasserstoff darin erzeugt wurde, gerade so stark, wie jene, welche
dasselbe Reagens in der Aufloͤsung des kohlensauren Bleies in
Kohlensaͤure (α) erzeugte. Wurde die
Musteraufloͤsung hingegen mit 50 bis 60 Theilen destillirten Wassers
verduͤnnt, so kam die durch Schwefelwasserstoff entstehende Truͤbung
jener, die in der Aufloͤsung (β) zum
Vorscheine kam, gleich.
36) Es scheint demnach, daß eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure,
dergleichen ich mich bediente, 1/50000 bis zu 1/60000 Bleioxyd aufgeloͤst zu
halten vermag, wenn ihr dasselbe in kohlensaurem Zustande dargeboten wird. Diese
Aufloͤsungen werden durch Zusaz von basischem oder gesaͤttigtem
kohlensaurem Kali alsogleich truͤb; alle uͤbrigen Reagentien, welche
ich auf die Aufloͤsung des Bleies in destillirtem Wasser wirken ließ,
brachten wenigstens in der Fluͤssigkeit (a) keine
Wirkung hervor; auch wurde dieselbe durch Schuͤtteln nicht
getruͤbt.
37) Wenn ich blanke Bleispaͤne in Kochfalz und Gypsaufloͤsungen, in
denen auf 1000 Theile destillirten Wassers ein Theil Salz kam, in einer Unze Wasser,
welcher ein Tropfen Schwefelsaͤure zugesezt worden, oder in dem Quellwasser
§. 5 kochte, und die Fluͤssigkeiten nach drei Wochen probirte, so
konnte ich keine Spur eines Gehaltes an Blei entdeken.
Die Kraft der Salze, die Wirkung des reinen Wassers auf das Blei zu verhindern,
welche zuerst von Guyton Morveau angedeutet worden, wurde
von Dr. Christison so ausfuͤhrlich abgehandelt,
daß ich hier nicht lange dabei zu verweilen brauche. Dr.
Christison fand, daß 1/30000, phosphorsames oder hydrojodsaures Kali die
Einwirkung des destillirten Wassers auf das Blei vollkommen verhindere; er
aͤußert aber zugleich auch die Ansicht, daß eine außerordentliche Menge
Kohlensaͤure, welche in dem Wasser enthalten ist, die gewoͤhnlichste
Ursache ist, wodurch die schuͤzende Kraft der Salze aufgehoben wird; er
unterstuͤzte endlich diese Ansicht durch einen Versuch, welchen er mit einem
Edinburgher Wasser anstellte. Die von mir beobachteten und hierauf
bezuͤglichen Thatsachen stimmen jedoch nicht hiemit uͤberein;
wenigstens nicht insofern es sich um die Aufloͤskraft des Wassers
handelt.
38) Ich erwaͤhnte schon im ersten Paragraphen eines Quellwassers, welches einen Theil Blei
aufgeloͤst zu halten im Stande war; ich fand, daß, wenn man dieses Wasser aus
dem Haupte der Quelle nahm, und wie bei den fruͤheren Versuchen auf Blei
einwirken ließ, es Zeichen eines sehr geringen Bleigehaltes gab. Ich untersuchte
daher dieses Wasser, indem ich eine gut verschlossene Flasche an dem Haupte der
Quelle damit fuͤllte. Es blieb bei Zusaz von uͤberschuͤssigem
Kalke vollkommen klar. 32 Unzen gaben, als sie in einem silbernen Tiegel bei einer
Temperatur, die etwas uͤber 300° F. betrug, abgedampft wurden, einen
Ruͤkstand, welcher 1,75 Gran wog. 6/10 Gran dieses Ruͤkstandes waren
in starkem Alkohol aufloͤslich, und bestanden aus salzsaurem Manganoxyd und
salzsaurer Thonerde, waͤhrend der uͤbrige Theil aus Gyps mit etwas
schwefelsaurem Eisen und Kieselerde bestand. Sowohl diese Quelle, als die andere,
deren ich oben erwaͤhnte, entsprang aus den oberen Lagern eines alten rothen
Sandsteines, welcher mehrere kleine Braunsteinadern enthielt.
Es ist merkwuͤrdig, daß Dr. Lambe in seinen Researches on Spring Water S. 158 die Kraft des
Quellwassers Blei aufzuloͤsen, einem zusammengesezten Salze zuschrieb, deren
Basis aus Mangan und Eisen, und vielleicht aus etwas Nikel besteht, waͤhrend
er die Saͤure als Salzsaͤure annehmen zu duͤrfen meinte. Er
glaubt, daß eine derlei Composition in allem Quellwasser enthalten sey: eine
Behauptung, die gewiß zu weit ausgedehnt, und weder durch seine eigenen, noch durch
die Versuche anderer bestaͤtigt ist. So viel scheint jedoch gewiß, daß er in
mehreren Quellen Manganoxyd entdekte.
39) Ich fand mich im Laufe dieser Beobachtungen auch veranlaßt einige Versuche
uͤber das elektrische Verhaͤltniß des Bleies zu anderen Metallen,
besonders zum Bleie anzustellen, theils weil es schien, daß einige der beschriebenen
Wirkungen durch die Beruͤhrung mit anderen Metallen modificirt werden
wuͤrden; theils weil verschiedene Physiker dem Bleie eine verschiedene Stelle
in der elektrischen Ordnung anweisen.
40) Ich stellte meine Versuche mit einem Galvanometer an, welcher gleich jenem Ritchie's zwei Nadeln und einen glaͤsernen Faden
hatte. Die Metallplatten hatten 2 Zoll Laͤnge auf 1 1/2 Zoll Breite, und
wurden dadurch, daß ein Stuͤk Holz von 1/4 Zoll Dike zwischen denselben
befestigt ward, in gleicher Entfernung von einander erhalten. An den Platten wurden
Kupferdraͤhte angeloͤthet, damit dieselben mit den Schaͤlchen
des Galvanometers in Verbindung gebracht werden konnten. Die Fluͤssigkeiten
befanden sich in cylindrischen irdenen Schaͤlchen, welche beilaͤufig 4
Unzen Wasser faßten.
Ich fand, daß wenn destillirtes Wasser, Quellwasser, Aufloͤsungen von
Neutralsalzen, verduͤnnte Schwefelsaͤure, Salz- oder
Salpetersaͤure, Kalkwasser oder eine Aezkaliaufloͤsung angewendet
wurde, und beide Metalle blank waren, das Blei sich zum Eisen bestaͤndig
verhielt, wie sich an der gewoͤhnlichen Volta'schen Saͤule das Zink zum Kupfer verhaͤlt; oder daß die
Stroͤmung vom Blei zum Eisen durch die Fluͤssigkeit Statt fand. War
hingegen das Blei matt, bevor es in das Wasser gebracht wurde, oder ließ man
dasselbe, nachdem es in Saͤuren oder Salzaufloͤsungen gebracht worden,
eine kurze Zeit uͤber untergetaucht, so nahm die Abweichung der Nadel schnell
ab, und erfolgte in einiger Zeit nach der entgegengesezten Richtung. Hr. Davy gab im Jahre 1826 die allgemeine Ursache dieser
Veraͤnderungen in den Beziehungen zweier Metalle zu einander an; allein
erwaͤhnte dabei des Bleies nicht insbesondere, sondern ließ es sogar in der
Tabelle, die er gab, in derselben Ordnung, in welche er es im Jahre 1802
stellte.
41) Die Kraft die Nadel abweichen zu machen, so wie sie durch die Drehung der
Glasfaden, welche durch Blei und Eisenplatten hervorgebracht wurde, im Vergleiche
mit der Drehung, welche aͤhnliche Verbindungen von Zink und Kupfer mit
denselben Fluͤssigkeiten geben, bemessen wurde, ersieht man
annaͤherungsweise aus folgenden Resultaten, welche wahrscheinlich auch die
relativen Quantitaͤten der entwikelten Elektricitaͤt andeuten.
1) Fluͤssigkeit: destillirtes Wasser: Blei und Eisen gab
1/10 der Kraft gleicher Zink- und Kupferplatten.
2) Fluͤssigkeit: Quellwasser, wie das in §. 4 und 5
angewendete, gab 1/50. Das Blei war bei beiden Versuchen anstatt Zink
angewendet.
3) Schwefelsaͤure 1/2 Drachme, Quellwasser 4 Unzen: 1/60;
das Blei als Zink. Nach ein Paar Minuten, und in einem Falle selbst in einer
Minute war die Ordnung umgekehrt; das Blei wurde zum Kupfer negativ, und die
Kraft 1/18 von jener des Kupfers und des Zinkes.
In diesem Zustande war das Blei also selbst zum Kupfer negativ.
Mit einer Kaliaufloͤsung, das Blei als Zink, war die Kraft doppelt so groß,
wie die von dem Kupfer und dem Zinke gegebene; und obschon dieselbe rasch abnahm, so
trat doch keine Umkehrung ein.
Mit einer Aufloͤsung von Kohlensaͤure in destillirtem Wasser entstand
beim Untertauchen der Eisen- und Bleiplatten keine Divergenz der Nadel.
Schluß.
Aus den Versuchen, welche ich in dieser Abhandlung mittheilte, so wie aus einigen,
von Anderen beobachteten Thatsachen, lassen sich nun hauptsaͤchlich folgende
Schluͤsse ziehen.
Wenn Blei in destillirtes, lufthaltiges Wasser untergetaucht wird, so entsteht, indem
sich das Blei mit dem von der Luft gelieferten Sauerstoffe verbindet, ein
Oxydhydrat, wovon ein Theil, der beilaͤusig 1/12000 von dem Gewichte des
Wassers oder etwas daruͤber betraͤgt, von dem Wasser aufgeloͤst
wird (§. 5, 22, 25, 28); außer der Bleiaufloͤsung entstehen aber auch
noch durch dieselbe Thaͤtigkeit zwei feste Koͤrper; und zwar der Zeit
nach zuerst eine sehr leichte krystallinische Substanz, welche entweder ein Gemenge
(§. 18) oder vielleicht eine Verbindung (§. 19) von gleichen
Proportionen Bleioxydhydrat und kohlensaurem Blei ist; und zweitens ein wasserfreies
Bleioxyd in grauen blaͤtterigen Krystallen und kleinen weißen
Dodekaëdern (§. 8). Daß diese zweite Substanz aus ihrer
waͤsserigen Aufloͤsung krystallisirte, geht daraus hervor, daß sie
sich auch auf das Eisen absezte (§. 12).
Befinden sich in dem Wasser, in welches das Blei untergetaucht wird, kleine, in ihrem
Verhaͤltnisse wandelbare Quantitaͤten von Salzen, so wird die eben
erwaͤhnte Wirkung des Wassers dadurch verhindert (Christison); die Verwandtschaft des Bleies zum Wasser scheint dadurch so
vermindert zu werden, daß kein Hydrat gebildet wird, und daß auch keine
Aufloͤsung Statt findet; das Blei uͤberzieht sich jedoch langsam mit
Oxyd.
Es scheint uͤbrigens, daß das Blei, wenn es einer eingeschraͤnkten, mit
Wasserdaͤmpfen uͤberladenen Atmosphaͤre ausgesezt wird, und
besonders, wenn es zugleich mit organischen hygrometrischen Substanzen in
Beruͤhrung steht, mit kohlensaurem Blei uͤberzogen wird, wie dieß Faraday an Flintenkugeln, und Becquerel an der aͤußeren Wand von bleiernen
Wasserbehaͤltern beobachtete.
Die meisten Salzaufloͤsungen, so wie die Schwefel- und
Kohlensaͤure faͤllen mehr oder weniger von dem Bleie aus seiner
Aufloͤsung in destillirtem Wasser; und zwar die neutralen Salze
wahrscheinlich als Bleioxydhydrat, und die sauren Salze, so wie die Saͤuren
als Bleisalze (§. 22).
In Wasser aufgeloͤste Kohlensaͤure wirkt nicht auf das Blei, und
loͤst auch keine meßbare Quantitaͤt seines Oxydes auf: ausgenommen sie
ist in Ueberschuß vorhanden. Allerdings loͤst sie aber eine geringe
Quantitaͤt kohlensaures Blei auf, obschon diese Quantitaͤt
wahrscheinlich nur den vierten Theil von jener betraͤgt, welche destillirtes
Wasser an Bleioxyd aufzuloͤsen vermag (§. 28–36).
Das einzige Quellwasser, welches ich untersuchte, und in welchem etwas Bleioxyd
aufgeloͤst war, enthielt keine Kohlensaͤure (§. 32).
In oͤkonomischer Hinsicht duͤrfte sich wahrscheinlich ergeben, daß
solches Quellwasser, welches am staͤrksten auf Blei wirkt, am wenigsten auf
Eisen wirkt, und umgekehrt.
Wenn man Eisen und Blei in blankem Zustande in den einfachen Volta'schen Kreis bringt, so ist das Blei gegen das Eisen positiv, welche
Stellung ihm schon Volta urspruͤnglich anwies; ist
die Oberflaͤche des Bleies hingegen oxydirt, so wird das Blei zum Eisen und
zum Kupfer negativ.