Titel: | Ueber die Anwendung des reinen Gerbestoffes als Alkaloimeter. Von Hrn. O. Henry. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XI., S. 67 |
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XI.
Ueber die Anwendung des reinen Gerbestoffes als
Alkaloimeter. Von Hrn. O.
Henry.
Aus dem Journal de Pharmacie. August 1834, S.
429.
Henry's Anwendung des reinen Gerbestoffes als
Alkaloimeter.
Ich begreife unter dem Namen Alkaloimetrie eine
Vereinigung solcher Mittel und Eigenschaften, durchweiche man in Stand gesezt wird,
die Quantitaͤten von Alkaloiden, welche in gewissen Pflanzen enthalten sind,
genau zu schaͤzen. Diese Schaͤzung, zu welcher man bisher nur nach
langen und kleinlichen Verfahrungsweisen gelangte, ist, wie Jedermann weiß, der sich
mit dergleichen Forschungen abgab, sowohl wegen der Langsamkeit der Operation, als
wegen der wiederholten Zersezungen und Abdampfungen, die sie erfordert, mit vielen
Schwierigkeiten verbunden; und man ist, besonders wenn man im Kleinen arbeitet,
beinahe immer der Gefahr ausgesezt, daß eine geringe Quantitaͤt des Produktes
verloren gehe. Da ich schon oft als Sachverstaͤndiger und Schiedsrichter
aufgefordert wurde, den Reichthum verschiedener Chinarinden an Alkaloiden zu
bestimmen, so war mir das Schwierige dieser Aufgabe nicht unbekannt: auch machte ich
deßhalb schon fruͤher mehrere Versuche ein schneller zum Zweke
fuͤhrendes Mittel ausfindig zu machen. So hatte ich anfangs die Idee den
bekannten Alkalimeter nachzuahmen, und das Chinin sowohl, als das Cinchonin durch
eine Fluͤssigkeit zu faͤllen, deren Werth oder Gehalt bekannt
waͤre, und deren angewendete Quantitaͤt sich nach den Eintheilungen
eines graduirten Probirglases bestimmen ließe. Da ich hienach vermuthete, daß ich
durch die Anwendung der Jodsaͤure, welche nach Serullas die Eigenschaft besizt, mit beinahe allen in Alkohol
aufloͤslichen Alkaloiden unaufloͤsliche Niederschlage zu bilden, zu
meinem Zweke zu gelangen, so bestimmte ich den Werth einer Aufloͤsung von
reiner Jodsaͤure, und untersuchte dann, wie viele Grade dieser
Probefluͤssigkeit eine alkoholische Chininaufloͤsung zur vollkommenen Faͤllung
erforderte. Dieses Verfahren konnte jedoch wider mein Erwarten nicht gelingen, weil
einerseits, wenn die alkaloidische Aufloͤsung mit Alkohol von 32°
bereitet worden, auch ein Theil der Jodsaͤure selbst niederfiel, ohne eine
Verbindung eingegangen zu seyn; und weil andererseits, wenn der Alkohol nur
22° hatte (eine Staͤrke, welche wenigstens noͤthig ist, damit
nicht erstere Wirkung Statt findet), auch ein Theil des organischen jodsauren Salzes
aufgeloͤst blieb. Ich entsagte daher nach diesen mißlungenen Versuchen meinen
Ideen, in der Hoffnung spaͤter auf einem anderen Wege hierauf
zuruͤkzukommen.
Die Gewinnung der vegetabilischen Alkalien, welche zu den originellsten Entdekungen
gehoͤrten, und welche bereits mannigfaltige gluͤkliche Anwendungen in
der Heilkunst gefunden, ist nunmehr zu einem neuen und wichtigen Industriezweige
geworden, zu dessen Ausbildung auch ich mir Einiges beigetragen zu haben schmeicheln
darf, und welches, auf franzoͤsischem Boden entsprungen, auch schon
laͤngere Zeit ein Monopol der franzoͤsischen Fabriken ist. Bei dem
Aufschwuͤnge, den diese Fabrikation genommen, duͤrfte ein Probemittel,
welches beim Ankaufe der rohen Stoffe oder bei entstehenden Streitigkeiten den
Ausschlag gaͤbe, gewiß von großem Nuzen seyn.
Ich kam daher abermals auf meine Ideen zuruͤk, und suchte sie eben
auszufuͤhren, als die merkwuͤrdige Abhandlung des Hrn. Pélouze uͤber den Gerbestoff erschien.Man findet diese Abhandlung im Polyt. Journale
Bd. LII. S. 302. A. d. R. Ich fand in dieser die Wirkung des Gerbestoffes auf die vegetabilischen
Alkalien bestaͤtiget; denn es wird darin gesagt, daß das Chinin, das
Cinchonin, das Morphin, Narcotin, Codein, Strychnin und Brucin mit Gerbestoff weiße,
in Wasser beinahe unaufloͤsliche Niederschlage bilden.
Man wußte schon ziemlich lange, daß die Gallaͤpfeltinctur mit verschiedenen
organischen Substanzen, und namentlich mit den vegetabilischen Alkalien einen
weißen, flokigen Niederschlag bilde; Dublanc hatte
angegeben, daß sehr geringe Quantitaͤten Morphin durch dieses Reagens entdekt
werden koͤnnen; und mein Vater hatte, als er die Einwirkung der rothen Weine
auf die Chinarinde untersuchte, gezeigt: daß das Chinin sowohl, als das Cinchonin
durch den rothen Faͤrbestoff dieser Weine, welcher dem Gerbestoffe
aͤhnlich ist, gefaͤllt wird. Er schloß hieraus auch ganz richtig, daß
zur Bereitung von sogenanntem Chinaweine weiße und suͤße Weine bei Weitem den
Vorzug vor den rothen Weinen verdienen. Auch Berzelius
gibt in seinem Handbuche der Chemie die Einwirkung des Gerbestoffes auf die
vegetabilischen Alkalien an, und glaubt, daß sich vielleicht einige organische Salzbasen
abscheiden ließen, wenn man aus ihren unaufloͤslichen Gerbestoffverbindungen
mittelst essigsaurem Blei durch doppelte Verwandtschaft Salze bilden
wuͤrde.
Diesen Thatsachen fuͤge ich noch bei, daß man mit Gerbestoff selbst sehr
geringe Quantitaͤten organischer Alkalien aus Aufloͤsungen abscheiden
kann;1/2000 schwefelsaures Chinin gibt noch eine sehr merkliche Truͤbung,
wenn man reinen, in Wasser aufgeloͤsten Gerbestoff in die
Aufloͤsung gießt. A. d. O. und zwar um so leichter, je voluminoͤser und weißer die
Gerbestoffverbindungen als Hydrate sind; sie fallen in der Form eines
kaͤseartigen Gerinnsels schnell aus der Fluͤssigkeit nieder.
Auf diese Beobachtungen gestuͤzt, suchte ich nun den reinen Gerbestoff als
Probemittel fuͤr gewisse organische Substanzen, in denen Alkaloide enthalten
sind, und namentlich zur Pruͤfung der Chinarinden zu benuzen. Ich bereitete
mir also vor Allem eine Quantitaͤt reinen Gerbestoff nach dem einfachen
Verfahren des Hrn. Pélouze, an welches ich hier
nur mit einigen Worten erinnern will. Man nimmt naͤmlich einen Vorstoß,
dessen Roͤhre zum Theil mit einem Baumwolldochte verschlossen ist,
waͤhrend die Muͤndung mit einem guten beweglichen Stoͤpsel
verschlossen wird. In diesen Vorstoß bringt man dann 8 bis 10 Unzen gepulverte
Gallaͤpfel, welche man leicht zusammendruͤkt, so daß sie
ungefaͤhr die Haͤlfte des Vorstoßes ausfuͤllen; die zweite
Haͤlfte fuͤllt man mit Schwefelaͤther, welcher etwas Wasser
enthaͤlt, und nachdem dieß geschehen, verschließt man den Apparat. Der Aether
sikert nach und nach durch das Pulver, und laͤuft dann in den darunter
gesezten Behaͤlter ab. Die Fluͤssigkeit, welche man mehrere Male
uͤber die Gallaͤpfel laufen lassen kann, hat eine gruͤnliche
Farbe; durch ruhiges Stehen scheidet sich aus ihr eine syrupartige
braͤunliche Schichte ab, welche man durch sorgfaͤltiges Abgießen
sammelt, und welche, wenn sie noch ein Mal mit Schwefelaͤther ausgewaschen
und neuerdings abgegossen wurden, den reinen Gerbestoff aufgeloͤst
enthaͤlt. Man braucht dann diese Fluͤssigkeit nur im luftleeren Raume
oder im Marienbade bis zur vollkommenen Trokenheit abzudampfen, und erhaͤlt
hiedurch im ersten Falle einen sehr umfangreichen, gelblichweißen, gleichsam
blaͤtterigen, sehr leichten, und leicht zu puͤlvernden
Ruͤkstand, waͤhrend man im zweiten Falle eine gruͤnliche, in
der Waͤrme weiche, in der Kaͤlte trokene und bruͤchige,
harzartige Masse erhaͤlt, welche sich sehr leicht in ein weißes Pulver
verwandeln laͤßt, und welche aus trokenem Gerbestoff besteht.
Nachdem ich mir auf diese Weise zu meinen Versuchen sehr reinen und vollkommen
trokenen Gerbestoff verschafft hatte, begann ich damit, daß ich eine bestimmte
Quantitaͤt davon, gegen den Zutritt der aͤußern
atmosphaͤrischen Luft geschuͤzt, in einem mit kaltem Wasser
gefuͤllten Gefaͤße aufloͤste. Die Aufloͤsung erfolgte
anfangs etwas langsam und die Masse kluͤmperte sich zusammen; bald wurde die
Fluͤssigkeit aber klebrig, und es bildete sich am Boden des Gefaͤßes
eine braͤunliche Schichte, welche sich durch Umruͤhren leicht mit der
uͤbrigen Fluͤssigkeit vermengen ließ. Die Aufloͤsung erfolgte
vollkommen, und die Fluͤssigkeit hatte, nachdem sie filtrirt worden war, eine
leichte gruͤnlichbraune Farbe.
Um zu bestimmen, wie viel reiner Gerbestoff darin enthalten sey, nahm ich davon je 15
Grammen, und goß in die eine Portion sehr sorgfaͤltig eine wasserige
Aufloͤsung von BrechweinsteinDas Gerbestoff-Spießglanzoxyd ist in Wasser hoͤchst
unaufloͤslich; geschieht die Faͤllung mit
uͤberschuͤssigem Brechweinstein, so nimmt die filtrirte
Fluͤssigkeit durch Zusaz von Eisenpersulphat nur mehr eine nicht sehr
dunkle gruͤne Farbe an. A. d. O., in die andere hingegen eine Aufloͤsung von neutralem essigsaurem
Blei. Die Niederschlaͤge, welche sich hiedurch bildeten, wurden ausgewaschen,
gesammelt und bei 120° getroknet. Ich erhielt hiedurch:
Gr.
Gr.
1) Gerbestoff-Spießglanzoxyd
Sb²O³
= 0,69 Gr.
0,68
0,685.
2) Gerbestoff-Bleioxyd
= 0,82
0,84
–
Ich erhielt also mit dem Spießglanz-Salze 0,5576, und
mit dem Bleisalze 0,5398 Gr. reinen Gerbestoff; denn:
1 Atom Gerbestoff-Spießglanzoxyd
enthaͤlt
SpießglanzprotoxydGerbestoff
1912,908064,59
oder
ProtoxydGerbestoff
19,1880,82
1 Atom Gerbestoff-Bleioxyd
enthaͤlt
BleiprotoxydGerbestoff
1394,4982688,198
oder
ProtoxydGerbestoff
34,1665,84
Diese Gerbestofffluͤssigkeit nun gab, als ich sie zu 15 Grammen in das
Probeglas des Descroizilles'schen Alkalimeters brachte,
33,07 Maaße, woraus sich also ergab, daß jedes Maaß dem Spießglanzsalze
gemaͤß, 0,168 Gr. reinen Gerbestoff, und 100 Grammen oder 220 Maaße 3,71 Gr.
reinen Gerbestoff repraͤsentirten. Ich werde diese Aufloͤsung die
alkaloimetrische Fluͤssigkeit nennen. Ich nahm hierauf einerseits 1 Gr. sehr
reines Chinin, und andererseits 1 Gr. krystallisirtes, gleichfalls sehr reines
Cinchonin, welche bei 120° des hundertgradigen Thermometers getroknet worden,
und loͤste sie in einer bestimmten Menge destillirten, mit 3 bis 4 Tropfen
Schwefelsaͤure versezten Wassers auf.Diese saͤuerliche Fluͤssigkeit erleidet fuͤr sich allein
durch den Gerbestoff keine Veraͤnderung. A. d. O. Diesen ganz klaren und hoͤchst reinen alkaloidischen
Aufloͤsungen wurde mit der groͤßten Sorgfalt und Aufmerksamkeit von
der alkaloimetrischen Fluͤssigkeit zugesezt, und dabei die Zahl der zur
Fallung angewendeten Maaße genau aufgezeichnet. Die Gerbestoffverbindung, welche sich hiedurch bildete, war
weiß, sehr voluminoͤs, geronnener Milch aͤhnlich, und in Wasser
beinahe unaufloͤslich. Als die Fuͤllung so bedeutend geworden war, daß
ich das Ende der Operation erreicht zu haben glaubte, saͤttigte ich die
Saͤure der Fluͤssigkeit groͤßten Theils durch Zusaz einiger
Tropfen Ammoniak, worauf ich dann noch einige Maaße zusezte, bis gar kein
Niederschlag mehr erfolgte.
Bei dem Chinin hatte ich hiebei eine Anzahl von Maaßen angewendet, die 2,5 Gr., bei
dem Cinchonin hingegen eine Anzahl, welche 2,71 Gr. reinen Gerbestoffes gleichkam.
Hieraus ergeben sich also durch Berechnungen fuͤr die gebildeten
Gerbestoffverbindungen folgende Resultate.Die Gerbestoffaufloͤsung muß so frei von Gallussaͤure seyn, als
es nur immer moͤglich ist; ist dieß nicht der Fall, so laͤuft
man Gefahr eine groͤßere Anzahl von Maaßen anzuwenden, als
noͤthig ist, indem die organischen gallussauren Salze ziemlich in
Wasser aufloͤslich sind. Man uͤberzeugt sich von der Reinheit
des Gerbestoffes theils durch die Analyse mit einem Spießglanzsalze, welches
auf 100 Grammen einer Aufloͤsung von 1/10 12,36 trokenes
Gerbestoff-Spießglanzoxyd gibt; oder durch das von Hrn. Pélouze angegebene Verfahren mit einer
frischen abgehaarten Haut. A. d. O.
2 Atome Gerbestoff und 1 Atom Alkaloid, oder:
ChininGerbestoffCinchoninGerbestoff
1 At. 21452 At. 53761 At. 20052 At.
5376
und in 100 Theilen
ChininGerbestoffCinchoninGerbestoff
28,1971,1027,1772,83
Ich glaube daher diese Salze als Bitannate betrachten zu koͤnnen; sie
verhalten sich gegen die Reagentien als sauer, und passen auch in das Gesez der
Zusammensezung der anderen von Pélouze angegebenen
Gerbestoffverbindungen. Ich beschaͤftige mich gegenwaͤrtig mit einer
ausfuͤhrlichen Untersuchung dieser Verbindungen sowohl, als der neutralen
Verbindungen des Gerbestoffes mit organischen Alkalien, beschraͤnke mich
jedoch hier auf die Mittheilung einer Anwendung derselben, zu welcher ich gekommen
bin, und welche ich als ein neues alkaloimetrisches Verfahren in Vorschlag bringen
will.
Alkaloimetrisches, besonders auf die Chinarinden anwendbares
Verfahren. (Chininometrie.)
Probefluͤssigkeit. Diese Fluͤssigkeit
bereitet man sich, indem man 10 Grammen gepulverten, hoͤchst reinen
Gerbestoff in 190 Grammen kalten destillirten Wassers aufloͤst, und die
Fluͤssigkeit durch Filtrirpapier laufen laͤßt. Es darf sich hiebei
kein Ruͤkstand ergeben, auch duͤrfen nur wenige und unwaͤgbare
Unreinigkeiten zum Vorschein kommen. Diese Fluͤssigkeit enthaͤlt 1/20
reinen Gerbestoff; sie ist entweder farblos oder sehr schwach gruͤnlich
braun; sie muß in einem vollen Glaͤschen aufbewahrt werden, und soll nie
lange im Voraus bereitet werden.
Jeder Grad des Descroizilles'schen Alkalimeters faßt 0,47
Gr. davon, und enthaͤlt dann 0,0235 Gr. reinen Gerbestoff, was 0,0095 Gr.
Chinin entspricht. Man braucht also die Zahl der angewendeten Grade nur mit dieser
leztern Zahl zu multipliciren, um bei dem Versuche alles Alkaloid abzuscheiden.
Gesezt z.B. der Versuch habe gezeigt, daß man zum ganzlichen Abscheiden einer
Quantitaͤt n Chinins 100 Maaße der
alkaloimetrischen Fluͤssigkeit beduͤrfe, so braucht man diese nur mit
0,0095 Gr. zu multipliciren, um die Quantitaͤt des in der untersuchten
Chinarinde enthaltenen Chinins zu erfahren; so daß man also hier erhielte: 100
× 0,0095 = 0,95 Gr. Chinin fuͤr n
Chinarinde.
Untersuchung der Chinarinde mit der
Probefluͤssigkeit. Man nimmt aus der Masse der grauen oder gelben
Chinarinde, welche man untersuchen will, beilaͤufig 10 Pfund Rinde,
verwandelt sie in Pulver, und erhaͤlt auf diese Weise ein Gemenge, welches so
ziemlich die Beschaffenheit der ganzen Masse repraͤsentirt. Von diesem Pulver
nimmt man ein Pfund, welches man 3 Mal mit kochendem Alkohol von 32°
behandelt, wobei man dem Alkohol jedes Mal 8 Grammen Schwefelsaͤure zusezt.
Die Fluͤssigkeit seiht man dann heiß durch, und den Ruͤkstand
druͤkt man gut aus; mit der rothen, sauern Fluͤssigkeit ruͤhrt
man hierauf einen gehoͤrigen Ueberschuß von Bleihydrat an,Ich habe mich uͤberzeugt, daß das Bleihydrat unter diesen
Umstaͤnden das Chinin durchaus nicht veraͤndert; ich nahm
naͤmlich eine gleiche Quantitaͤt dieser Basis, und
faͤllte sie das eine Mal mit Gerbestoff, waͤhrend ich sie das
andere Mal mit gesaͤuertem Alkohol behandelte, dann Bleihydrat
zusezte etc., und erhielt jedes Mal dasselbe Resultat. A. d. O. bis eine vollkommene Entfaͤrbung erfolgt, welche gewoͤhnlich
schnell Statt findet. Nachdem man die Fluͤssigkeit hierauf sorgfaͤltig
filtrirt hat, sezt man ihr etwas kleesaures Natron oder Ammoniak zu, um dadurch den
Kalk und das Blei, welches der Alkohol allenfalls in Folge der Gegenwart der
gebildeten oder von Natur aus vorhandenen chinasauren Salze aufgenommen haben
mochte, niederzuschlagen. Der alkalische Alkohol wird dann durch Zusaz einiger
Tropfen Schwefelsaͤure gesaͤttigt und abgedampft. Nachdem der
Ruͤkstand, den man dabei erhaͤlt, endlich leicht gesaͤuert, mit
reinem Wasser behandelt, und um das Chlorophyll oder etwas gruͤnliches Harz
abzuscheiden, filtrirt worden, wiegt man denselben, um dann den zehnten Theil davon
zur Probe zu verwenden.
Dieses Zehntel behandelt man naͤmlich nach dem oben angegebenen Verfahren mit
der alkaloimetrischen Fluͤssigkeit, wobei man mit Vorsicht verfaͤhrt,
gegen das Ende sorgfaͤltig filtrirt, so lange Gerbestoffaufloͤsung
zusezt, bis kein Niederschlag mehr erfolgt,Man kann, wie oben gesagt worden, gegen das Ende der Operation den
groͤßten Theil der freien Saͤure durch ein Paar Tropfen
Ammoniak, die man mit einem Glasstabe eintraͤgt, saͤttigen,
indem dann die Abscheidung der Gerbestoffverbindung noch schneller und
vollkommener erfolgt. A. d. O. und endlich erforscht, wie viel Grade des Alkalimeters zu dieser Operation
noͤthig waren. Hat man z.B. auf den zehnten Theil der aus einem Pfunde Rinde
erzeugten Fluͤssigkeit 123 Maaße des Alkalimeters verbraucht, so gibt dieß
1,2 Gr. Chinin; und folglich enthaͤlt ein Pfund der fraglichen Chinarinde 12
Grammen oder 3 Quentchen Chinin.Da jeder Grad der Probefluͤssigkeit nur eine hoͤchst geringe
Quantitaͤt Chinin repraͤsentirt, so hat es nicht viel zu
sagen, wenn man 2 bis 3 Grade zuviel zusezt; denn dieß gaͤbe nur
0,0073 × 3 = 0,0219 Gr. Chinin, und fuͤr das Pfund also 0,219
Gr. – Sollte man jedoch durch ein Versehen allzuviel Gerbestoff
zugesezt haben, so koͤnnte man aus einer bekannten Quantitaͤt
der Aufloͤsung des organischen Salzes sehen, wie viel zur
Saͤttigung noͤthig ist, und dieß dann in Anschlag bringen.
Dieser Versuch laͤßt sich ziemlich schnell durchfuͤhren, und gibt
dabei, wenn man mit der angegebenen Sorgfalt verfaͤhrt, was fuͤr
jeden, der mit der Extraction der vegetabilischen Alkalien nur einiger Maßen
vertraut ist, ein Leichtes ist, ein sicheres und bestimmtes Resultat. Ich glaube,
daß sich diese Eigenschaft des Gerbestoffes auch noch in andern Faͤllen
benuzen laͤßt; naͤmlich zur Ausmittelung des Alkaloidgehaltes des
Opiums, der Kraͤhenaugen, des Sabadillsamens, des Laͤusesamens etc.,
so wie auch bei Analysen zum Abscheiden gewisser bekannter oder unbekannter
organischer Vasen. Ich werde diese Forschungen fortsezen, und dann spaͤter
hieruͤber berichten.