Titel: | Beschreibung einer von Hrn. Bret in Paris, rue du Four-Saint Honoré No. 10, erfundenen Maschine zum Mahlen des Gypses und zum Ausdreschen des Kleesamens. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XVIII., S. 110 |
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XVIII.
Beschreibung einer von Hrn. Bret in Paris, rue du Four-Saint Honoré No. 10, erfundenen
Maschine zum Mahlen des Gypses und zum Ausdreschen des Kleesamens.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Junius 1834, S. 229.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Bret's erfundene Maschine zum Mahlen des Gypses etc.
Die Maschine des Hrn. Bret, welche man in Fig. 10 im Aufrisse von
Vorne und in Fig.
11 im senkrechten Durchschnitte sieht, besteht aus einer Trommel A, welche an beiden Enden geschlossen, aus starken,
hoͤlzernen Dauben verfertigt, und mit eisernen Reifen beschlagen ist. Durch
diese Trommel, welche 4 1/2 Fuß aͤußeren Durchmesser und 25 Zoll Dike hat,
geht eine vierekige eiserne Achse B, welche
gehoͤrig in derselben befestigt ist, und mit ihren beiden Enden auf dem
Rahmen oder Gestelle C ruht. In dem Umfange der Trommel,
welche mittelst der Kurbel D umgedreht wird, befinden
sich 42 vierekige Loͤcher von 4 Zoll Laͤnge auf 2 Zoll Breite. An
diesen Oeffnungen befinden sich außen Falzen b, in
welchen sich kleine Rahmen a, welche mit einem Drahtgitter von beliebiger Feinheit
uͤberzogen sind, schieben. Diese Rahmen, wovon man in Fig. 12 einen einzeln
fuͤr sich abgebildet sieht, werden mittelst der Schrauben c befestigt.
Im Inneren dieser Trommel rollen 8 gußeiserne Kugeln, von denen 6 je 8 und 2 je 6 Pfund
wiegen, und welche durch ihr Herumrollen den Gyps, der in die Trommel geschafft
wurde, zermalmen. Der auf diese Weise in Pulver verwandelte Gyps entweicht in Folge
der Centrifugalkraft durch die Drahtgitter, und faͤllt auf ein schief
geneigtes Drahtgitter F, durch welches er in das
Gehaͤuse gelangt, in welchem der untere Theil der Trommel eingeschlossen ist.
Durch dieses Gitter wird der sogenannte Sakgyps, d.h. der ganz, feine Gyps von dem
gewoͤhnlichen gesiebten Gypse abgeschieden.
Um die Maschine gehoͤrig zu speisen, wirft man den gebrannten, in mehr oder
minder große Stuͤke zerschlagenen Gyps in den Trichter H, welcher auf dem Gestelle I ruht, und aus
welchem die Stuͤke auf dem schief gestellten Fallbrette K durch die seitliche Oeffnung L in die Trommel gelangen. Zur Regulirung der Quantitaͤt Gyps,
welche in die Trommel zu kommen hat, ist das Fallbrett vorne mit einem
Thuͤrchen oder einem Schuzbrette versehen, an dessen Schaft eine Schnur N angebracht ist, welche von hier aus an einen Tritt
laͤuft, den der Arbeiter nach jeder Umdrehung der Kurbel mit dem Fuße in
Bewegung sezt.
Der obere Theil der Trommel ist mit einem Gehaͤuse aus Zink umgeben, damit
nichts durch Staub verloren gehen kann.
––––––––––
Die Société d'encouragement ließ sich
sowohl von ihrem Comité der mechanischen, als jenem der oͤkonomischen
Kuͤnste einen Bericht uͤber die Maschine des Hrn. Bret erstatten, und wir erlauben uns, aus diesen
Berichten zu oben stehender Beschreibung noch Folgendes beizufuͤgen.
Eine Maschine von den oben angegebenen Dimensionen, sagt Hr. Graf Lambel in seinem Berichte, liefert nach einem aus zwei
Versuchen genommenen mittleren Durchschnitte stuͤndlich 20 bis 25
Saͤke Gyps, welche beilaͤufig 60 Pfd. wiegen muͤssen. Das
Verhaͤltniß ist jedoch nach der Natur des Gypses, nach seiner Haͤrte,
je nachdem er mehr oder weniger gebrannt, und je nachdem man ihn mehr oder weniger
fein haben will, verschieden. Der Kleesamen, mit welchem Versuche angestellt wurden,
schien in der Maschine gehoͤrig von den Huͤlsen befreit zu werden;
doch war der angewendete Klee zu schlecht, als daß man in dieser Hinsicht zu
bestimmten numerischen Daten haͤtte gelangen koͤnnen.
Ein von den Abgeordneten der Bauunternehmer von Paris uͤber die fragliche
Maschine aufgenommenes Protokoll enthaͤlt folgende Daten: 1) ein Arbeiter
lieferte in 5 Minuten aus Gyps von den Pariser Gypsbruͤchen 2 1/2 Sak fein
gesiebten Gyps; 2) innerhalb derselben Zeit lieferte ein anderer Arbeiter dieselbe
Quantitaͤt, wovon 1/4 ganz feiner Sakgyps und 3/4 feiner Gyps waren; 3) die Maschine lieferte in 4
1/2, Minute 3 Saͤke Gyps; 4) in einer Stunde und 2 Minuten verwandelten drei
Maurerjungen 36 Saͤke unzerschlagenen Gyps, welcher aus den
Gypsbruͤchen des Hrn. Drevet kam, in Pulver.
Die Trommel macht, Hrn. Bret zu Folge, wenn Gyps gemahlen
werden soll, 20, und wenn Kleesamen enthuͤlst wird, 30 Umdrehungen in der
Minute, und kann dabei von einem einziges Arbeiter in Bewegung gesezt werden. Das
Comité bemerkt hiezu, daß es zu wuͤnschen waͤre, daß die
Trommel unter allen Umstaͤnden zur Erreichung des Maximums der Wirkung
wenigstens 30 bis 35 Umdrehungen machte, indem eine solche Geschwindigkeit die Arme
am wenigsten zu ermuͤden scheint. Man brauchte, um diesen Zwek zu erreichen,
nur den Durchmesser der Trommel oder das Gewicht der Kugeln abzuaͤndern. Eben
so meint das Comité, daß die zur Regulirung der Speisung der Maschine
dienende Vorrichtung mit mehr Vortheil an der Achse der Kurbel angebracht werden
koͤnnte, indem hier der Arbeiter nicht so viel Aufmerksamkeit darauf zu
verwenden brauchte, als wie auf den Tretschaͤmel.
Das Comité glaubt, daß diese einfache und solide Maschine, besonders wenn sie
innen mit Blech ausgekleidet waͤre, mit groͤßerem oder geringerem
Vortheile zu den angegebenen Zweken verwendet werden kann; daß, obwohl das Princip
dieser Maschine nicht neu ist, doch dessen Anwendung zu diesem Zweke eine
vortheilhafte Neuerung ist, und daß auch die mit Drahtgitter uͤberzogenen
Oeffnungen im Umfange der Trommel, durch welche der gepulverte Gyps im Maaße seines
Entstehens austreten kann, eine sehr lobenswerthe, neue Einrichtung bilden, indem
sie nicht nur das Pulver austreten lassen, sondern auch bewirken, daß die Kugeln
ihre ganze Kraft auf die nicht zermalmten Theile ausuͤben koͤnnen.
Das Comité der oͤkonomischen Kuͤnste schloß sich im Ganzen
obigem Berichte an, und fuͤgte noch mehrere Thatsachen bei, von denen wir im
Wesentlichen Folgendes erwaͤhnen zu muͤssen glauben.
Hr. Callou, einer der vorzuͤglichsten
Bauunternehmer von Paris, welcher auch die Ausfuͤhrung der Bauten der
Niederlage auf der Place des Marais uͤbernommen,
ließ die Bret'sche Maschine auf die Baustelle bringen,
und daselbst mehrere Tage lang vergleichsweise mit ihr und nach der
gewoͤhnlichen Stoß- und Siebmethode mit der Hand arbeiten. Das
Resultat dieses Versuches, dem auch der Berichterstatter, Hr. Gourlier, in seinen Details folgte, war: daß die neue Methode in der
Haͤlfte der Zeit das leistet, was die alte Methode leistet, und daß der nach
der neuen Methode zubereitete Gyps eben so gut und brauchbar ist, wie der alte. Lezteres
bestaͤtigen auch mehrere andere ausgezeichnete Architecten.
Die Maschine des Hrn. Bret eignet sich uͤbrigens
nicht nur zur Zubereitung des Gypses, sondern sie ist eben so gut auch zur Bereitung
anderer Substanzen und namentlich des Cementes anwendbar. Hr. Gautier, Toͤpfer in Paris, ließ sich auf den Rath eines Mitgliedes
des Comité von Hrn. Bret zu diesem Behufe eine
Maschine verfertigen, welche ganz so wie die oben beschriebene gebaut, nur etwas
kleiner, und innen mit Eisenblech ausgefuͤttert ist. Diese Maschine liefert,
wenn sie von zwei Menschen in Bewegung gesezt wird, taͤglich 60
Schaͤffel Cement; es kommen also auf einen Schaͤffel 24 Minuten
Arbeit, waͤhrend bei der Bearbeitung mit den Haͤnden fuͤr einen
Schaͤffel eine Stunde Zeit erforderlich ist. Der mit der Maschine zubereitete
Cement ist uͤberdieß etwas weniges feiner, als der nach dem
gewoͤhnlichen Verfahren behandelte. Einige andere Versuche zeigten, daß die
Maschine, wenn sie gehoͤrig gebaut ist, und zwekmaͤßig geleitet wird,
selbst zum Zermalmen von noch haͤrteren Substanzen mit Vortheil benuzt werden
kann; wobei sich von selbst versteht, daß die Vortheile, welche die Maschine
gewaͤhrt, um so groͤßer seyn werden, wenn man dieselbe nicht durch
Menschenkraft, sondern durch Pferde, Dampf oder eine andere Triebkraft in Bewegung
sezen laͤßt.
Es ist wirklich hoͤchst merkwuͤrdig, daß an einem Orte, wie Paris, wo
es nicht nur eine so ungeheure Menge von Gyps gibt, sondern wo auch so
außerordentlich viel Gyps bei den Bauten verbraucht wird, und wo man sonst in allen
Dingen so weit fortgeschritten ist, der Gyps, den die Baumeister brauchen,
groͤßten Theils mit der Hand und nicht mit Maschinen zubereitet wird;
waͤhrend man doch in anderen weit weniger gypsreichen Gegenden, wie z.B. um
Straßburg, gegen 500 Maschinen dieser Art zaͤhlt, welche durch Pferde,
Ochsen, Kuͤhe, Wasser etc. in Bewegung gesezt werden, und waͤhrend man
selbst zu Cairo in Aegypten den Gyps in Maschinen mahlt, welche von Menschen
getrieben werden. Man hat zwar auch zu Grenoble, Lyon, Pontoise, und selbst zu
Chatillon bei Paris Maschinen, in welchen Gyps gemahlen wird; allein in keiner
derselben ist unseres Wissens das Mahlen zugleich auch mit dem Sieben verbunden, wie
dieß an der Bret'schen Maschine der Fall ist.
Die Maschine des Hrn. Bret kann je nach Umstaͤnden
entweder am Gypsofen selbst, oder an dem Bauplaze, oder an irgend einem anderen
Zwischenorte aufgestellt werden. Der erste und lezte Fall wuͤrde besonders
dann Statt finden, wenn an Orten gebaut oder Ausbesserungen unternommen werden
sollen, wo der Raum so klein ist, daß man den Gyps immer nur in kleinen Quantitaͤten und gemahlen
und gesiebt herbeischaffen kann. Der zweite Fall hingegen waͤre auf große
Bauten anwendbar, wo man in Paris den Gyps gewoͤhnlich so wie er aus dem Ofen
kommt, auf den Bauplaz zu schaffen, und daselbst in dem Maaße zu puͤlvern und
zu sieben pflegt, in welchem man seiner bedarf, indem man dieses Verfahren deßhalb
vorzieht, weil Gyps, welcher nicht zu lange an der Luft gelegen, leichter anzuwenden
ist, und bessere Resultate gibt.
Die Maschine des Hrn. Bret scheint uns auch in
Sanitaͤtspolizeilicher Hinsicht die Aufmerksamkeit der Gesellschaft zu
verdienen, da der Gypsstaub bekanntlich viele Arbeiter um ihre Gesundheit bringt.
Das Zinkgehaͤuse hindert allerdings das Entweichen von Gypsstaub, und sichert
also nicht nur gegen Verlust an Material, sondern auch gegen die daraus entstehenden
Nachtheile; allein dieser Zwek laͤßt sich, unserer Ansicht nach, im Großen
gewiß weit besser erreichen, wenn man die Maschine in einen gut geschlossenen Raum
brachte, so daß sie auf keine directe Weise mit den Menschen und Thieren, die an
derselben beschaͤftigt sind, in Verbindung stuͤnde.
Beide Comité's waren daher darin einig, die Maschine durch den Bulletin bekannt zu machen, und dem Erfinder die
Medaille der Gesellschaft zu ertheilen, wenn die Erfahrung und der Gebrauch deren
Nuzen, wie nicht zu zweifeln ist, bewahren sollten.