Titel: | Ueber eine Methode Dampfboote ohne Ruderräder zu treiben. Von Hrn. Walter Forman, Commander in der königl. großbrit. Marine. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XLIV., S. 234 |
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XLIV.
Ueber eine Methode Dampfboote ohne
Ruderraͤder zu treiben. Von Hrn. Walter Forman, Commander in der koͤnigl.
großbrit. Marine.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 577, S.
361.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.Das Original der Abbildung im Mechanics' Magazine ist ein Holzschnitt. A. d. R.
Forman's Methode Dampfboote ohne Ruderraͤder zu
treiben.
Man hat mir zwar gesagt, daß bereits schon oͤfter eine der meinigen sehr
aͤhnliche Methode versucht wurde, um Dampfschiffe zu treiben, und daß diese
Versuche zu keinem guͤnstigen Resultate gefuͤhrt haͤtten; da
ich jedoch allen Grund habe zu vermuthen, daß meine und die fruͤhere Methode,
wenn sie einander auch im Principe vollkommen aͤhnlich sind, doch wesentlich
von einander abweichen, so wende ich mich dennoch mit meiner Erfindung an das
Publikum.
Hr. Webster, der vor ungefaͤhr 10 Jahren
Vorlesungen uͤber die Dampfmaschine hielt, besaß ein Modell eines
Dampfbootes, welches durch Austreiben von Wasser aus dem Hintertheile des Fahrzeuges
in Bewegung gesezt wurde. In so weit ist sein Princip auch wirklich dem von mir
befolgten gleich, obschon sich beide in anderen wesentlichen Punkten maͤchtig
von einander unterscheiden. Hrn. Webster's Vorrichtung
bestand, naͤmlich aus mehreren flachen Metallstaͤben, welche sich
unter dem Boden des Fahrzeuges an horizontalen Angelgewinden hin und her schwangen,
und durch die Dampfmaschine in Bewegung gesezt wurden. Diese Staͤbe trieben,
so wie sie sich nach Ruͤkwaͤrts bewegten, allerdings das Wasser bei
dem Hintertheile aus; allein sie hatten beim Zuruͤkkehren gar keinen
Nuzeffect, und darin mag denn auch wahrscheinlich die Ursache gelegen seyn, warum
diese Ruder mit den gewoͤhnlichen keinen Vergleich aushalten konnten. Die
Ruderraͤder wirken immer nach einer und derselben Richtung, und da eines
derselben immer unter Wasser ist, so wird der Impuls ein fortwaͤhrender,
ununterbrochener. Bei der Webster'schen Methode hingegen,
welche, so viel ich wenigstens weiß, die einzige ist, die mit der meinigen
Aehnlichkeit hat, wirken nur die abwechselnden Bewegungen der Ruder dahin das
Fahrzeug vorwaͤrts zu treiben, so daß also nur die Haͤlfte der
Dampfkraft zum wirklichen Treiben der Schiffe verwendet wird. In diesem
hoͤchst wichtigen Punkte verdient nun meine Methode offenbar den Vorzug; denn
da meine Vorrichtung zwei Kolben oder Taucher (plungers)
hat, von denen der eine herabsteigt, waͤhrend der andere aufwaͤrts steigt, so muß sie
gleichfalls, wie das Ruderrad, eine fortwaͤhrende oder ununterbrochene
Wirkung ausuͤben. Wenn daher die Flaͤchenraͤume der
Canaͤle eben so groß sind, als jener Flaͤchenraum des Ruders, welcher
untergetaucht ist, so laͤßt sich wohl begreifen, wie der Nuzeffect meiner
Vorrichtung groͤßer, nicht aber, wie er kleiner seyn kann.
Es mag eine Vorrichtung wie die meinige bereits versucht worden seyn oder nicht, so
wuͤnsche ich doch, daß die meinige bekannt werde: waͤre es auch nur,
um andere von aͤhnlichen, unausfuͤhrbaren Erfindungen abzubringen, und
um die Berichtigungen anderer zu vernehmen. Sollten jedoch bisher Versuche in dieser
Beziehung fehlen, so duͤrfte der Gegenstand doch allerdings die
Aufmerksamkeit der Dampfschifffahrts-Compagnien verdienen, indem er im Falle
des Gelingens fuͤr sie und das ganze Publikum von wesentlichem Nuzen werden
muͤßte. Die Ausgaben des Baues eines Modelles eines Bootes, welches entweder
mit Ruderraͤdern oder nach meinem Plane betrieben werden koͤnnte,
wuͤrden fuͤr eine solche Compagnie so hoͤchst unbedeutend seyn,
daß dieß kein Hinderniß fuͤr die fraglichen Versuche seyn kann.
Ich schlage naͤmlich vor statt der Ruderraͤder zwei gerade, und
folglich starke metallene Canaͤle anzubringen, so zwar, daß sich an jeder
Kielschwinne einer befindet, und daß das eine Ende eines jeden an dem Vordertheile
oder Buge, das andere hingegen an dem Hintertheile mit dem Wasser in Verbindung
steht. Die Flaͤchenraͤume dieser Canaͤle muͤssen beinahe
eben so groß seyn, als der Flaͤchenraum jenes Theiles eines Ruders, der bei
der senkrechten Stellung der Schaufel sich unter Wasser befindet. Diese
Canaͤle werden also immer mit Wasser gefuͤllt seyn, welches jedoch als
Ballast wirken wird; und da sie sich am Boden des Dampfbootes, an beiden Seiten der
Kielschwinne befinden, so werden sie auch kaum einen groͤßeren Raum
einnehmen, als gewoͤhnlich fuͤr den Ballast erforderlich ist. In jeden
dieser Canaͤle schlage ich nun vor, an einem Theile, den man dazu am
geeignetsten haͤlt, ein metallenes senkrechtes Rohr einzufuͤhren,
dessen oberes Ende beilaͤufig 6 Zoll uͤber den Wasserspiegel
hinausreicht, wie man aus Fig. 13 ersieht.
Die innere Oberflaͤche dieser Roͤhren muß glatt polirt seyn, damit
keine Reibung Statt finden koͤnne, und in jeder derselben muß ein metallener
Taucher oder Kolben angebracht seyn, der genau hineinpaßt, damit er frei darin
auf- und niedergleiten kann, ohne durch die Reibung daran verhindert zu
werden. Diese Taucher oder Kolben muͤssen durch eine Stange und eine
sogenannte Parallelbewegung mit dem Hebelballen in Verbindung gebracht werden, und
dieser Hebelbalken wird
mittelst der Kolbenstange einer Dampfmaschine so in Bewegung gesezt, daß einer der
Taucher herabsteigt, waͤhrend der andere in dem anderen Rohre hinaufsteigt.
In jedem dieser horizontalen Canaͤle muß sich ein starkes metallenes
Thuͤrchen befinden, welches sich nach Aufwaͤrts in einen Ausschnitt
oͤffnet, waͤhrend es sich nach Abwaͤrts schließt. Eines dieser
Thuͤrchen muß vor, und das andere hinter dem senkrechten Rohre angebracht
werden, und eines derselben muß immer geschlossen seyn, waͤhrend das andere
geoͤffnet ist, wie Fig. 13 zeigt. Es kann
leicht eine solche Einrichtung getroffen werden, daß sich, wenn man ein Rad dreht,
das eine Thuͤrchen oͤffnet, waͤhrend sich das andere schließt,
so daß die Bewegung des Schiffes also durch das Umdrehen der beiden Raͤder
so, gleich unterbrochen oder wieder hergestellt werden kann. Die beiden in Fig. 13 und
14
beigefuͤgten Zeichnungen werden diese ganze Einrichtung anschaulich
machen.
In Fig. 13
(welche eine Seitenansicht eines dieser Rohre mit dem auf seinem hoͤchsten
Punkte und in gleicher Hoͤhe mit dem Wasserspiegel befindlichen Kolben gibt,
waͤhrend das andere Rohr, als auf der entgegengesezten Seite befindlich,
unsichtbar ist) ist A ein starker eiserner Canal,
welcher in gerader Richtung der Laͤnge nach durch das Dampfboot
laͤuft, und sowohl am Vorder- als am Hintertheile mit dem Wasser
communicirt. B ist ein senkrechtes metallenes Rohr von
demselben Flaͤchenraume wie der horizontale Canal. C ist ein metallener Taucher oder Kolben, und D die Kolbenstange. E¹ und E² sind zwei Thuͤrchen, welche sich an
Angelgewinden bewegen, und durch welche, je nachdem es noͤthig ist, die
Communication mit dem Wasser geoͤffnet oder abgesperrt wird. E¹ ist hier geschlossen, damit zwischen dem
Kolben und dem Vorderwasser keine Verbindung Statt finde; E² hingegen ist geoͤffnet, damit die Verbindung mit dem
Hinterwasser auf diese Weise hergestellt ist. F ist
naͤmlich der vordere, und S der Hintere Theil des
Canales; w, w bezeichnet die Wasserlinie, und x endlich ist eine Ausmuͤndung, durch welche das
Wasser, welches zwischen dem Kolben und den Seitenwaͤnden des senkrechten
Rohres nach Aufwaͤrts entweicht, austreten, und durch eine Roͤhre
abgeleitet werden kann.
Fig. 14 zeigt
denselben Mechanismus nach einem Querdurchschnitte. Hier sind beide Rohre sichtbar,
und die Kolben sind so gedacht, als wuͤrden sie durch die an dem Hebelbalken
angebrachte Kolbenstange auf und nieder bewegt. A, A
sind naͤmlich die beiden horizontalen Canaͤle; B, B die beiden senkrechten, metallenen Rohre; C,
C die metallenen Kolben; D, D die beiden
Kolbenstangen, welche nach dem Principe der Parallelbewegung in Bewegung gesezt
werden;
L ist der Hebelbalken; P der
metallene, in die Kielschwinne eingesenkte Pfeiler; w, w
die Wasserflaͤche, und O das mittlere Verdek.
Die beiden Thuͤrchen E¹, E² sind so durch ein Uhrwerk mit einander
verbunden, so daß sich das eine jederzeit oͤffnet, sobald sich das andere
schließt. In Fig.
13 ist das vordere Thuͤrchen geschlossen; das Wasser wird also, so
wie der Kolben herabsteigt, nach Ruͤkwaͤrts ausgetrieben, und das
Fahrzeug folglich nach Vorwaͤrts getrieben werden. Wird hingegen E¹ geoͤffnet und E³ geschlossen, so muß der Kolben beim Herabsteigen das Wasser
nothwendig vorne austreiben, und dadurch wird folglich die Bewegung des Fahrzeuges
geradezu umgekehrt werden.
Die Kolben werden auf und nieder bewegt, indem die Dampfkraft auf einen der Arme des
Hebelbalkens wirkt, und da der eine Kolben nicht hinaufsteigen kann, ohne daß der
andere herabsteigt, so wird auf diese Weise offenbar ein bestaͤndiger oder
ununterbrochener Stoß nach Unten Statt finden, durch welchen, wenn das
Thuͤrchen E¹ geschlossen ist, das Fahrzeug
vorwaͤrts getrieben wird. Denn, so wie die Kolben herabsteigen,
muͤssen sie sich vorwaͤrts bewegen, um fuͤr das Wasser, welches
herabgedruͤkt werden soll, Raum zu schaffen; und wenn der Rauminhalt dieser
Rohre und Canaͤle so groß ist, wie jener Flaͤchenraum eines
Ruderrades, der sich in senkrechter Stellung unter dem Wasser befindet, so wird der
Widerstand, den das aͤußere Wasser gegen jenes Wasser leistet, welches durch
das Herabtreten des Kolbens aus dem Canale ausgetrieben wird, genau eben so groß
seyn, wie der Widerstand, den das Wasser der Bewegung des Ruderrades entgegensezt:
vorausgesezt jedoch, daß die Kraft der Kolbenstange der Dampfmaschine eine und
dieselbe ist. Dagegen wird das Wasser in dem Maaße, in welchem es das Emporsteigen
der Kolben gestattet, die Canaͤle und Rohre jedes Mal wieder
anfuͤllen, so daß also keine Unterbrechung des Ganges der Maschine Statt
finden kann.
Ich habe bereits bemerkt, daß sich diese Kolben frei und ohne Reibung auf und nieder
bewegen muͤssen; wenn sie daher so genau in die Rohre passen, so wird die
kleine Quantitaͤt Wasser, welche zwischen den Kolben und den Wandungen der
Rohre empordringt, und welche oben durch eine Austrittsroͤhre entweicht von
keiner Bedeutung seyn.
Ich will nun, da mein Apparat noch nicht durch Versuche bewaͤhrt ist,
theoretisch zeigen, daß diese Methode mit einer und der selben Dampfkraft den
Dampfbooten eine groͤßere Geschwindigkeit geben muß, und daß bei ihr
zugleich auch alle Bewegung und Erschuͤtterung des Wassers vermieden
wird.
Die einzige Ursache der Bewegung des Wassers, welche die Dampfboote erzeugen, liegt
bekanntlich in der kreisenden Bewegung der Ruderraͤder; denn wenn man ein
vierekiges Gefaͤß mit senkrechtem Aufsaze mit noch so großer Geschwindigkeit
durch das Wasser zieht, so wird die dadurch erfolgende Bewegung des Wassers so
unbedeutend seyn, daß sie kaum beachtet zu werden verdient. Da nun bei meiner
Vorrichtung der Druk auf das Wasser gleichfalls immer ein horizontaler seyn, und 3
bis 4 Fuß unter dem Wasserspiegel Statt finden wird, so kann die Bewegung des
Wassers moͤglicher Weise hier nicht wohl groͤßer seyn. Eben so
laͤßt sich aus folgenden Gruͤnden mit Wahrscheinlichkeit annehmen, daß
die Geschwindigkeit des Dampfbootes, wenn man sich meiner Vorrichtung bedient, eine
groͤßere seyn wird. 1) Laͤßt sich eine Wechselbewegung nicht ohne
einen bedeutenden Verlust an Kraft in eine kreisende oder rockende verwandeln; und
da an meiner Maschine eine solche Umwandlung nicht noͤthig ist, so wird
folglich bei derselben eben so viel an Kraft gewonnen werden, als bei der
gewoͤhnlichen durch diese Umwandlung verloren geht. 2) Wirkt das kreisende
Ruder einen großen Theil jener Zeit hindurch, waͤhrend welcher es sich im
Wasser befindet, schief nach Abwarts und nach Aufwaͤrts, und durchaus nicht
in horizontaler Richtung, wodurch die Maschine gleichfalls nochwendig einen Verlust
an Kraft erleiden muß. 3) Endlich sezen die Ruderraͤder selbst, so wie die
Verschlage, durch welche sie geschuͤzt sind, der Geschwindigkeit des Bootes
ein Hinderniß entgegen, welches bei meiner Vorrichtung gaͤnzlich
wegfaͤllt.
Nach allem diesem laͤßt sich also, in so fern man uͤber etwas, was noch
nicht durch Versuche erwiesen ist, a priori einen Schluß
ziehen darf, vernuͤnftiger Weise schließen, daß die Kraft der Maschine auf
diese Weise bedeutend erhoͤht werden wuͤrde, und daß die
Einfuͤhrung meines Planes mit wesentlichen Vortheilen verknuͤpft seyn
muͤsse. Wenn naͤmlich ein gewoͤhnliches Dampfboot sich bei sehr
stuͤrmischem Wetter auf der See befindet, so werden seine Ruderraͤder
oft verhaͤltnißmaͤßig wenig leisten; denn wenn das Schiff sehr stark
rollt, so befindet sich das eine der Ruderraͤder viel zu weit außerhalb, und
das andere viel zu weit unterhalb dem Waffel, als daß sie eine entsprechende Wirkung
hervorbringen koͤnnten; bedient man sich hingegen meiner Methode, so wird der
Wind, wie stark er auch seyn mag, keinen Einfluß auf deren Leistungen haben
koͤnnen. Wenn ferner an den Dampfbooten statt der Ruberraͤder solche Kolben oder
Taucher wie die meinigen angewendet werden, so wird deren Anwendung auf den
Canaͤlen kein Hinderniß mehr finden, indem sie dann keine solche Aufregung
des Wassers mehr erzeugen, die Waͤnde des Canales dadurch Schaden leiden,
oder andere vorbeifahrende Schiffe Gefahr laufen, umzuschlagen, wie dieß auf der
Themse durch die Ruderraͤder der Dampfboote schon mehrere Male bewirkt
wurde.
Sollte mein Plan angenommen werden, so muͤßten nothwendig zwei Canaͤle
vorwaͤrts und ruͤkwaͤrts durch das Fahrzeug laufen, wogegen man
vielleicht einwenden duͤrfte, daß dadurch, daß eine Communication mit dem
vorderen Theile des Schiffes eroͤffnet wird, dessen Geschwindigkeit
nothwendig beeintraͤchtigt werden wuͤrde. Dagegen erwiedere ich, daß
diesem Uebelstande sehr leicht abgeholfen werden kann; man braucht naͤmlich
nur zwei Thuͤrchen anzubringen, welche diese Oeffnungen genau
ausfuͤllen, und welche sich an senkrechten Angelgewinden schwingen; denn wenn
sich das Fahrzeug vorwaͤrts bewegt, so werden sich diese Thuͤrchen von
selbst schließen, und bewegt sich dasselbe nach Ruͤkwaͤrts, so werden
sie dem Wasserstrome, der durch die Kolben vorne ausgetrieben wird, leicht
nachgeben.
Da die Hube der Kolben nicht uͤber 2 Fuß lang zu seyn brauchen, so wird, wenn
das mittlere Verdek nur 3 Fuß hoch uͤber dem Wasserspiegel angebracht ist,
die ganze Maschinerie unter diesem Verdeke verborgen, und auch gegen feindliches
Geschoß gesichert seyn. Die Schuͤsse muͤßten naͤmlich durch den
diksten Theil des Verdekes gehen, ehe sie die Maschinerie treffen koͤnnten;
waͤhrend an den gewoͤhnlichen Dampfbooten die Ruderraͤder dem
feindlichen Feuer so ausgesezt sind, daß ein solches Boot nicht wohl wagen darf, in
die Schußweite zu kommen.