Titel: | Einiges über Mahlmühlen. Von Hrn. Titot. Mit einem Berichte der HH. Jeremias Risler und Georg Scheidecker. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XLIX., S. 252 |
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XLIX.
Einiges uͤber Mahlmuͤhlen. Von Hrn.
Titot. Mit einem
Berichte der HH. Jeremias
Risler und Georg
Scheidecker.So wenig dieser Artikel fuͤr den Mechaniker und Muͤhlenbauer Neues
hat, eben so nuͤzlich halten wir ihn fuͤr unsere deutschen
Muͤller, die gleich den elsassischen groͤßten Theils noch
fortwaͤhrend bei ihrem alten Schlendrian verharren, und deren
Muͤhlen nicht selten ein wahres Scandal sind. Ehrenvolle Ausnahmen hievon
machen einige in neueren Jahren errichtete großartige Muͤhlen in
Wuͤrtemberg und in den Rheingegenden. Wir, die wir in der Mitte des
Getreidelandes sizen, die wir einen bedeutenden Handel mit Getreide treiben, wir
haben beinahe noch keinen Schritt vorwaͤrts gethan! Nur mit Jammer kann
man sehen, wie man die herrlichsten Fruͤchte in schlechtes Mehl
verwandelt, und wie man in den Kornkammern Deutschlands beinahe gezwungen ist,
fremdes Mehl zu suchen, wenn es sich um ganz feine Gebaͤke handelt. Es
wuͤrde uns bei diesem unglaublichen Festhangen an dem alten Herkommen gar
nicht Wunder nehmen, wenn unser Getreide ausgefuͤhrt, und
dafuͤr als Mehl wieder eingefuͤhrt wird, gleichwie dieß mit so
vielen anderen unserer rohen Producte geschieht. Warum fuͤhren wir nicht
lieber Mehl als Getreide aus? Wir verlieren auf diese Weise den Gewinn der
Muͤller, und der Kaͤufer muß die Transportkosten der Kleie zahlen,
die fuͤr unser Vieh daheim verloren geht. A. d. R.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 34, S. 342.
Titot, einiges uͤber Mahlmuͤhlen.
Erst seit wenigen Jahren hat die Muͤllerei, welche seit langer Zeit gleich so
vielen anderen Kuͤnsten dem Druke des Schlendrians und alten Herkommens erlag, die
Aufmerksamkeit tuͤchtiger Mechaniker auf sich gezogen; und schon hat diese
Kunst einen Grad von Vollkommenheit erreicht, der, man kann wohl sagen, alle
Erwartungen uͤbertrifft. Die ersten Versuche mußten natuͤrlich auf die
Untersuchung der zu mahlenden Substanz gerichtet seyn, und aus dieser Untersuchung
ergab sich, daß das Getreidekorn nur aus einer einzigen und gleichfoͤrmigen
Art von Mehl, und aus der Rinde oder der Kleie bestehe. dessen ungeachtet zerfallt
jedoch das Mehl in zweierlei Sorten: 1) in jenes, dessen Kern weniger compact oder
dicht ist, und welches im Handel als Mehl von erster Qualitaͤt gilt, und 2)
in jenes, welches der Einwirkung der Muͤhlsteine kraͤftigeren
Widerstand leistet, und welches folglich auch eine zweite Behandlung erleiden muß.
Dieses leztere ist unter dem Namen Gries (gruan)
bekannt.
Der Zwek bei dem Mahlen ist daher, die beiden Mehlsorten vollkommen von einander
geschieden und frei von aller Kleie zu erhalten. Dieser Zwek wurde in neuerer Zeit
beinahe vollkommen erreicht, und ich bitte daher die Gesellschaft, mir zu erlauben,
daß ich ihr eine Beschreibung der Muͤhle des Hrn. Dramard in la Ferté-Alais, welche ich zu meiner Belehrung
besuchte, und welche mir dieser achtenswerthe Gewerbsmann mit groͤßter
Bereitwilligkeit einzusehen gestattete, vorlegen darf.
Die Muͤhle des Hrn. Dramard hat naͤmlich 4
Gaͤnge oder 4 Paar Muͤhlsteine, welche durch ein großes, mit einem
Wasserrad verbundenes Triebwerk in Bewegung gesezt werden. Das Getreide kommt
gemahlen zu ebener Erde aus der Muͤhle, waͤhrend mit Huͤlfe
eines endlosen, mit mehreren Schoͤpfeimern versehenen Laufriemens gerade so
viel Getreide, als zur Speisung der Muͤhle erforderlich ist, in das obere
Stokwerk emporgeschafft wird. Diese Schoͤpfeimer entleeren sich zuerst in
eine Maschine, in welcher das Getreide gereiniget wird; und von dieser lezteren aus
gelangt dasselbe allmaͤhlich, und ohne daß irgend eine Handarbeit dabei
noͤthig waͤre, in drei andere Puzmuͤhlen und Siebe. Beim
Austritte aus dem lezten vertheilt es sich, um zwischen zwei Paar gußeisernen Walzen
von beilaͤufig 15 Zoll im Durchmesser auf 10 Zoll Laͤnge zu gelangen.
Hier geschieht die erste als Vorbereitung des Mahlens dienende Operation, welche in
unseren gewoͤhnlichen Mahlmuͤhlen gaͤnzlich unbekannt ist. Das
Getriebe wird
naͤmlich zwischen diesen Walzen zerquetscht, um dann hierauf in
Roͤhren aus Eisenblech zu gelangen, in denen es zwischen die
Muͤhlsteine geleitet wird.
Diese Muͤhlsteine, welche 42 Zoll im Durchmesser haben, bestehen aus reinem
Quarze, und sind nach englischer Methode behauen, d.h. mit vielen Strahlen versehen.
Der Laͤufer macht gewoͤhnlich 125 bis 145 Umgaͤnge in der
Minute, und die Zahl dieser Umgaͤnge wird durch einen eigenen Regulator
angedeutet. An der einen Seite des hoͤlzernen, die Muͤhlsteine
umschließenden Gehaͤuses befindet sich ein Ventilator, der die Hize, welche
sich bei der großen Geschwindigkeit der Muͤhle aus dem Getreide entwikelt,
unschaͤdlich macht.
Der Laͤufer erhaͤlt seine Bewegung durch eine senkrechte Welle, an der
sich ein Anstoß oder Manchen befindet, welcher von Oben eingeschnitten ist, und in
welchem ein Galgen angebracht wird, der in der Mitte des Laͤufers befestigt
ist, so daß dieser leztere durch die Bewegung, die ihm mitgetheilt wird, seine
lothrechte Stellung erhaͤlt. Die senkrechte Welle kann mit Huͤlfe
einer Schraube, welche sich unter einem Querbalken mit Scharnier, worauf das
Zapfenlager dieser Welle ruht, befindet, nach Belieben gehoben und gesenkt werden,
damit man die Muͤhlsteine hienach einander mehr oder weniger naͤhern
kann.
Die acht Muͤhlsteine, welche sich im ersten Stokwerke befinden, entleeren das
von ihnen gemahlene Mehl in einen zu ebener Erde angebrachten Behaͤlter, der
in rotirende Bewegung versezt wird. An der einen Seite dieses Behaͤlters
befindet sich abermal ein Laufriemen mit Schoͤpfeimern, welche das rohe Mehl
der 8 Muͤhlsteine auffassen, und es neuerdings wieder in eine im obersten
Stokwerke des Gebindes befindliche Kammer emporschaffen. Das Mehl wird in der Mitte
dieser Kammer ausgeleert, und dann mittelst einer senkrechten Welle mit vier
Fluͤgeln, die eine Art von Archimed'scher Schraube
bilden, auf verschiedenen Umwegen gegen die Enden der Kammer geschafft, von denen es
dann in vier Loͤcher gelangt, die in die Beutelapparate fuͤhren. Diese
Operation, so wie das ihr vorausgehende Verfahren gewaͤhrt den Vortheil, daß
das rohe Mehl abgekuͤhlt wird, ehe die Scheidung des Mehles von der Kleie,
die in der Waͤrme nur unvollkommen von Statten gehen wuͤrde,
geschieht.
Die Beutelapparate sind große hoͤlzerne Gehaͤuse, in welchen sich in
einer leicht geneigten Flaͤche Cylinder drehen, die mit Seidengaze
uͤberzogen sind. Diese Cylinder haben 2 bis 2 1/2 Fuß im Durchmesser, und
sind an Wellen, von denen Radien oder Halbmesser auslaufen, befestigt. An jedem
dieser Radien ist ein gußeiserner oder bleierner Ring von beilaͤufig einem Pfunde
Schwere ein: gesezt, und an den Enden derselben ist eine Latte befestigt, an die der
ganzen Laͤnge des Beutelapparates nach der Seidengaze angenagelt wird. Diese
Ringe erzeugen, indem sie sich in Folge der kreisfoͤrmigen Bewegung, die dem
Beutelapparate mitgetheilt wird, heben und senken, die Erschuͤtterungen,
durch welche das Mehl durch den Gaze getrieben wird. Das rohe Mehl wird in den
oberen Theil des Beutelapparates gebracht; der Gries und die Kleie wild an dem
anderen Ende entleert. Die Scheidung dieser geschieht in zwei anderen
aͤhnlichen, aber um die Haͤlfte kleineren Apparaten. Der Gries wird
noch ein Mal gemahlen und gebeutelt, so daß die Umwandlung des Getreides in Mehl
groͤßten Theils in einer einzigen Operation vollbracht wird. Jeder
Muͤhlgang oder jedes Paar Muͤhlsteine kann bei dieser Art des
Betriebes in 24 Stunden 20 bis 22 Hectoliter Getreide mahlen.
So groß diese Muͤhle ist, so erfordert sie doch nur 4 Muͤhlknechte, die
uͤbrigens auch das Einfuͤllen des Mehles in Saͤke und das
Waͤgen des Mehles besorgen. Es waͤre mir sehr lieb gewesen, wenn ich
diesen Details auch noch eine genaue Berechnung des Ertrages der Muͤhle an
Mehl haͤtte beifuͤgen koͤnnen, die Anstalt ist jedoch noch zu
neu, als daß Hr. Dramard gewagt haͤtte, denselben
genau zu bestimmen. Er glaubte mich jedoch versichern zu koͤnnen, daß er
durch das erste Mahlen 60 Proc. sogenanntes Vorlaufmehl gewinne.
Diese Mahlmethode unterscheidet sich von jener, die bei uns noch gewoͤhnlich
uͤblich ist, dadurch, daß man schon durch die erste Operation eine vollkommen
ausgeriebene Kleie erhaͤlt; und daß man folglich kein Nachmehl oder schwarzes
Mehl bekommt, welches nur dadurch entsteht, daß ein Theil der Kleie unter das Mehl
gemahlen wird. Dieses Resultat beruht auf folgenden Gruͤnden:
1) Auf dem hohen Grade von Reinigung, den man dem Getreide gibt, und wodurch alle die
Substanzen, die der Weiße des Mehles schaden koͤnnten, entfernt werden.
2) Auf dem vorlaͤufigen Durchgange des Getreides zwischen den beiden
gußeisernen Walzen. Durch diese Operation, durch welche die Getreidekoͤrner
zerquetscht werden, werden naͤmlich die einzelnen Theilchen derselben schon
großen Theils von einander getrennt, und von der Huͤlle befreit.
3) Auf der Beschaffenheit der Muͤhlsteine, welche weit haͤrter sind,
als die gewoͤhnlich gebraͤuchlichen Muͤhlsteine aus Sandstein,
und welche schneidend wirken, waͤhrend durch die unseligen nur ein Zermalmen
bewirkt wird. Man hat zwar, um dem hieraus erwachsenden Nachtheile abzuhelfen,
empfohlen, das Getreide vor dem Mahlen, zu nezen; bei diesem Verfahren, bei welchem
die Kleie mehr Zaͤhigkeit bekommt, behaͤlt das Mehl zwar seine weiße
Farbe; allein die Kleie muß nachgemahlen werden, woher dann die große Menge Nachmehl
kommt.
4) Endlich auf dem Abkuͤhlen des Mehles, bevor dasselbe in die Beutelapparat
gelangt.
Alle diese Vorzuͤge zusammengenommen sind von hohem Belange; denn man
erhaͤlt nach der neuen Methode, wie gesagt, nur weißes Mehl und Kleie. Ich
wuͤnsche daher sehr, daß die Gesellschaft allen ihren Einfluß anwenden
moͤge, um diese neue Methode allgemein einzufuͤhren. Ich weiß zwar,
daß hieraus eine große Umwandlung in manchen Gebrauchen der Landleute erfolgen
wuͤrde, und daß dergleichen alte Gebrauche sich nur sehr schwer
unterdruͤken lassen; allein da das neue Verfahren andererseits so offenbar
zum Vortheile ausschlagen muß, so duͤrfte es doch wahrhaftig nicht lange Zeit
brauchen, bis dessen Werth allgemein anerkannt seyn wird. Der Muͤller muß
nicht bloß Gewerbsmann seyn, sondern er muß auch Handelsmann werden; und statt daß
er sich darauf beschraͤnkt, jedem einzelnen Landmanne sein Getreide, welches
dieser zur Muͤhle bringt, zu mahlen, soll er vielmehr dieses Getreide
alsogleich gegen eine verhaͤltnißmaͤßige Quantitaͤt Mehl und
Kleie, die er immer in Vorrath haben muß, austauschen.
Ich erbiete mich Jedem, den die Sache interessirt, alle Aufschloͤsse zu geben,
die ich zu ertheilen im Stande bin. Die von mir zu Ensisheim erbaute Muͤhle,
welche zwar nicht so vollkommen als jene des Hrn. Dramard, aber doch nach demselben Systeme erbaut ist, steht Jedermann zur
Einsicht offen. Da ich das Product meiner Muͤhle selbst verbrauche, so mahle
ich bloß rundes Mehl (farines rondes), welches ein
nahrhafteres Brod gibt, als das feine Mehl. Ich kann bei meinem Verfahren in einer
Stunde 4 Hectoliter Getreide mahlen; wenn ich das Getreide vorher zerquetschen ließ,
und 3 Hectoliter, wenn diese vorlaͤufige Operation nicht Statt fand. Um
Jedermann in Stand zu sezen uͤber den Ertrag meiner Muͤhle ein Artheil
zu faͤllen, bemerke ich, daß bei meinen Muͤhlsteinen, welche 49 Zoll
im Durchmesser haben, und welche nur 110 und 120 Umgaͤnge in der Minute
machen, 4 Hectoliter guter Weizen vom Jahre 1832 folgende Producte gaben.
Die eine Haͤlfte wurde gemahlen, nachdem dieselbe zwischen den beiden Walzen
durchgelaufen, und gab bei der ersten Operation:
Weißes MehlGriesRundes
MehlKleie
55 Kil.14 –69
–16 –
154 Kil.
Bei der zweiten Operation, wobei das Getreide nicht zwischen den Walzen zermalmt,
sondern per Hectoliter mit einem Liter Wasser befeuchtet
wurde, erhielt ich:
Weißes MehlGriesRundes
MehlKleie
49 Kil.16 –74
–16 –
155 Kil.
Um zu diesem lezteren Resultate zu gelangen, mußte jedoch die Kleie, in welcher sich
noch viel Mehl befand, nachgemahlen werden. Das weiße Mehl des zwischen den Walzen
zerquetschten Getreides ist schoͤner, als jenes des befeuchteten Getreides,
dagegen ist aber das runde Mehl bei lezterem Verfahren besser, als bei ersterem. Was
die Quantitaͤt betrifft, so sieht man, daß, obschon in lezterem Falle dem
Getreide beinahe 3 Kilogr. Wasser zugesezt wurden, der Ertrag an Producten doch nur
um ein Kilogr. groͤßer war: es hat mithin beim Befeuchten des Getreides
offenbar ein kleiner Verlust Statt, abgesehen davon, daß das Mehl dadurch bei der
Brodbereitung weniger ergiebig wird. Wuͤrde man in unseren
gewoͤhnlichen Muͤhlen das Getreide durch Walzen laufen lassen, ehe man
es zwischen die Muͤhlsteine braͤchte, so wuͤrde nach meiner
Ueberzeugung eine Ersparniß an Zeit, und ein groͤßerer Ertrag an besseren
Producten erzielt werden, indem die Mehle nicht so oft durch die Steine zu laufen
brauchten.
––––––––––
Die HH. Jeremias Risler und Georg Scheidecker erstatteten der Société
industrielle uͤber diese Notiz des Hrn. Titot folgenden Bericht.
Hr. Titot verdient großen Dank der Gesellschaft, indem er
in deren Mitte eine Frage zur Sprache brachte, welche, obgleich sie zu den
sogenannten Lebensfragen gehoͤrt, bisher noch von uns vernachlaͤssige
wurde. Die Sache ist um so wichtiger, als es in einem Lande, wo die angewandten
Wissenschaften so große Fortschritte gemacht haben, wahrlich Zeit seyn
duͤrfte den Zustand unserer Muͤhlen, der beinahe Jahrhunderte lang auf
seiner niederen Stufe stehen blieb, endlich ein Mal wesentlich zu verbessern.
Hr. Titot gibt uns in seiner Abhandlung nach kurzer
Auseinandersezung der Principien der neuen Mahlmethode eine Beschreibung einer
Muͤhle, welche kuͤrzlich von Hrn. Dramard
in La-Ferté-Alais errichtet wurde; er bezeichnet die
Verbesserungen, welche dieser Mann an seiner Muͤhle anbrachte, gibt uns Daten uͤber die
Producte dieser Muͤhle, und schließt endlich mit den Resultaten der von ihm
selbst zu Ensisheim erbauten Anstalt.
Die Vorzuͤge der neuen Methode sind erwiesen. Vor 12 oder 15 Jahren wurden die
ersten Muͤhlen dieser Art, welche unter dem Namen der englischen oder
amerikanischen bekannt sind, in der Umgebung von Paris und namentlich in St. Denis
erbaut. An lezterem Orte erstand besonders die Muͤhle des Hrn. Benoît, welche die Société d'encouragement in Paris im Jahre 1827 in ihrem Bulletin beschrieb, und uͤber welche man in Hrn.
Benoît's Guide du
meunier die besten Aufschluͤsse findet.Die Muͤhle des Hrn. Benoît ist
bereits im Polyt. Journ. Bd. XXVI. S.
1 beschrieben und abgebildet. Man vergleiche uͤbrigens auch
Dr. Alban's Aufsaz uͤber die
englischen Kornmuͤhlen Bd. XXXI. S.
329. A. d. R. Gegenwaͤrtig findet man in Frankreich bereits eine große Anzahl
dieser Muͤhlen, und die Vorurtheile, welche man in Bezug auf die
Brodbereitung uͤber diese Art von Mahlmethode hegte, sind beinahe
verschwunden.
Das Princip der neuen Mahlmethode besteht nicht bloß in einem solchen Baue der
Muͤhle, bei welchem die angewendete Kraft einen groͤßeren Nuzeffect
gibt, sondern es beruht hauptsaͤchlich auch darauf, daß man gleich bei dem
ersten Durchgange des Getreides durch die Muͤhlsteine Mehl erhaͤlt,
waͤhrend bei der alten Methode ein dreimaliger, und manchmal sogar ein
vier-, fuͤnf- und mehrmaliger Durchgang erforderlich ist:
– ein Uebelstand, der um so groͤßer ist, als das Mehl in dem Maaße an
seiner Naͤhrkraft verliert, als es oͤfter durch die Muͤhlsteine
laufen muß. Der Unterschied zwischen der alten und neuen Mahlmethode ergibt sich am
besten, wenn man bedenkt, daß jedes unnuͤze Durchlaufen des Mehles durch die
Muͤhlsteine ein Verlust an Zeit und Kraft ist; und wenn man ferner
erwaͤgt, welche große Menge Kraft in den alten Muͤhlen durch den
schlechten Bau der Wasserraͤder, dergleichen fuͤr jedes Paar
Muͤhlsteine eines nothwendig ist, verloren geht.
Betrachtet man das Getreidekorn, um mit dem Verfasser des obigen Aufsazes zu
sprechen, als aus durchaus gleichem Mehle und aus der Huͤlle oder Kleie
bestehend; nimmt man mit Christian an, daß die mehlige
Substanz im Inneren des Kornes leichter zerreiblich ist, als die kleine Zone, welche
dieselbe umgibt, – eine Eigenschaft, wodurch das Zermalmen der Koͤrner
sehr erleichtert wird, – so muß man, wie wir glauben, schließen, daß die
Koͤrner, so wie sie der Einwirkung der Muͤhlsteine ausgesezt werden,
in Stuͤke zerspringen, und Grieskoͤrner bilden, welche sich nach und
nach abrunden, in dem Maaße, als sich Mehl davon losloͤst, kleiner werden,
und durch die
Centrifugalkraft vom Mittelpunkte gegen den Umfang hin geschleudert werden, wo sie
theils als Mehl, theils als Gries, theils als ausgeriebene Kleie niederfallen. Wir
nehmen diese Definition der Wirkung der Muͤhlsteine um so lieber an, als sich
daraus nothwendig das Princip der Beschaffenheit und der Behauung dich Steine
ergibt; und als hieraus erhellt, daß sich die verschiedenartigsten
Muͤhlsteine, von denen der ruhende gerade, der laufende hingegen leicht
concav behauen ist, ausschließlich nur fuͤr die neue MO Methode eignen. Bei
der alten Methode kommen hingegen diese Principien gar nicht in Anschlag; die
meisten Muͤller sind gewohnt, nur die wohlfeilsten oder dauerhaftesten Steine
zu kaufen, und sie gerade zu behauen.
Die Muͤhlen unseres Departements bezogen ihre Steine aus den
Steinbruͤchen von Guebwiller, Soultzmatt und Schaͤfferthal, von denen
das Paar von 3,8 bis 4 Schuh im Durchmesser an Ort und Stelle 4 bis 500 Franken
kostet. Heut zu Tage lassen sich einige Muͤller Steine von einem zwischen
Andernach und Coblenz gelegenen Steinbruche kommen, indem diese lezteren besser
sind; ein Paar der selben von 4 Fuß im Durchmesser kommt in Straßburg auf 1000 bis
1200 Fr. zu stehen.
Hr. Titot bezog fuͤr seine Muͤhle in
Ensisheim die Steine aus der Gegend von Badenweiler; da ihm diese jedoch nicht
entsprachen, so kam er auf jene von La Ferté sur
Jouarre zuruͤk, welche die besten sind, und welche bis Ensisheim
gestellt 1100 bis 1200 Fr. kosten.
Eine Muͤhle mit drei Gaͤngen, wie man sie in Muͤlhausen
gewoͤhnlich hat, kann in 24 Stunden 30 bis 40 Hectoliter Getreide mahlen,
wobei auf folgende Weise verfahren wird. Man befeuchtet das Getreide zuerst je nach
seiner Guͤte und je nach der herrschenden Temperatur mit einem, zwei oder
drei Liter Wasser, und laͤßt es dann durch ein Paar harte Coblenzer
Muͤhlsteine, welche man hollaͤndische Muͤhlsteine zu nennen
pflegt, laufen. Diese Steine sind vollkommen flach und haben strahlenfoͤrmig
divergirende, zwei Linien tiefe Furchen; an ihnen ist auch ein kleiner Beutelapparat
angebracht, der das gemahlene Getreide in Gries, in gewoͤhnliches Mehl und in
Kleie scheidet. Die beiden lezteren erleiden keine weitere Behandlung; der Gries
hingegen kommt in einen eigenen Beutelapparat, und wird in demselben in vier Sorten:
naͤmlich in feines rundes Mehl, in rundes Mehl, in drittes und endlich in
viertes Mehl geschieden. Das feine runde Mehl gibt, nachdem es ein Mal
durchgelaufen, das feinste oder sogenannte Kernmehl (fleur). Der Ruͤkstand wird mit dem runden Mehle oder dem Mehle von
zweiter Guͤte
vermengt, und gibt, nachdem er mit diesem durch die Muͤhlsteine gelaufen, das
weiße Mehl. Das dritte, mit dem Ruͤkstand des zweiten vermengte Mehl gibt
gewoͤhnliches Mehl; und das vierte, mit dem Ruͤkstande des dritten
vermischt, gibt etwas gewoͤhnliches Mehl, schwarzes Mehl und mehlige Kleie,
welche man zwei und drei Mal, und manchmal sogar auch noch ein viertes Mal
durchlaufen laͤßt. Das Getreide muß daher sieben Mal durch die
Muͤhlsteine laufen, bis man aus 100 Pfd. Weizen erhaͤlt:
30 Proc.
weißes oder Kernmehl;
44 –
gewoͤhnliches Mehl;
7 1/2 –
schwarzes Mehl;
18 1/2 –
gemischte Kleie.
Diese Muͤhlen arbeiten gewoͤhnlich nur
fuͤr die Baker der Stadt.
Wir haben auch die Muͤhlen von Ribauvillé, und namentlich jene des Hrn.
Steiner, der wegen der Schoͤnheit seines
Mehles einen ausgebreiteten Ruf genießt, besucht. Hr. Steiner, der fuͤr eigene Rechnung arbeitet und Mehlhandel treibt,
hat uns mit groͤßter Bereitwilligkeit alle Daten, um die wir ihn ersuchten,
geliefert; und wenn der Ertrag seiner Muͤhle auch in Hinsicht auf die Kraft,
die er arbeiten laͤßt, nicht groͤßer ist, als jener der
uͤbrigen Muͤhlen in unserer Gegend, – obschon er sein Getreide
nur in drei Operationen vermahlt, – so liegt in derselben doch etwas ganz
Eigenthuͤmliches, was um so mehr angefuͤhrt zu werden verdient, als
man es nirgendwo dahin brachte das schoͤne Mehl von Ribauvillé,
welches sich ausschließlich zu feineren Gebaͤken und Zukerbaͤkereien
eignet, nachzumachen. 100 Pfd. Weizen von guter Qualitaͤt geben ihm
naͤmlich:
62 7/10 Proc.
weißes Mehl und Kernmehl;
15 8/10 –
gewoͤhnliches Mehl;
1 –
schwarzes Mehl;
13 8/10 –
ordinaͤre und feine Kleie;
5 –
mehlige Kleie (Ruͤkstand des Grieses);
1 7/10 –
Verduͤnstung.
Dieser große Ertrag an weißem Mehle haͤngt nicht bloß von der Guͤte des
Getreides, sondern hauptsaͤchlich von der Behandlung desselben ab. Hr. Steiner bringt naͤmlich sein Getreide, ehe er es
mahlen laͤßt, zum Behufe des Entschaͤlens und der Reinigung in eine
sehr sinnreiche Maschine, welche bloß aus einem Paare kleiner Muͤhlsteine von
27 bis 30 Zoll im Durchmesser, aus einem Ventilator und einem Beutelapparate
besteht. Das zwischen den Muͤhlsteinen entschaͤlte Getreide
faͤllt in den Beutelapparat, und wird auf seinem Durchgange mittelst des
Ventilators, der alles Leichte in einen mit dem Beutelkasten in Verbindung stehenden Canal
treibt, gereinigt. Das auf diese Weise entschaͤlte und gereinigte Getreide
wird je nach dem Grade feiner Trokenheit mit 1 bis 4 Liter Wasser befeuchtet, 6 bis
12 Stunden lang in diesem Zustande belassen, damit die Feuchtigkeit sich
gehoͤrig verbreite, und endlich nach und nach zwischen die Muͤhlsteine
gebracht.
Wir haben verschiedene Daten uͤber den Ertrag unserer gewoͤhnlichen
Muͤhlen auf dem Lande gesammelt, und gefunden, daß der selbe weit hinter dem
eben angegebenen zuruͤkbleibt. Wenn man eine unserer nach dem alten Systeme
erbauten Muͤhlen mit drei Gaͤngen arbeiten sieht, so kann man jedes
Mal annehmen, daß sie 12 Pferdekraͤfte verbraucht; denn zu den 3
Pferdekraͤften, welche zu den Betriebe eines jeden Paares Muͤhlsteine
erforderlich sind, muß man jederzeit noch 3 Pferdekraͤfte rechnen, welche in
Folge des schlechten Baues der Wasserraͤder verloren gehen. Und da diese
Muͤhlen selbst dann, wenn sie bestaͤndig zu mahlen haben, in 24
Stunden nur 30 bis 40 Hectoliter mahlen koͤnnen, so kann man annehmen, daß in
24 Stunden auf eine Pferdekraft hoͤchstens 3 Hectoliter Getreide kommen.
Dagegen sagt uns aber Hr. Titot, daß Hr. Dramard mit
einer Kraft, welche er zu 24 Pferden anschlaͤgt, und mit der er acht Paar
Muͤhlsteine in Bewegung sezt, in 24. Stunden 160 Hectoliter Getreide mahlt,
wonach also in 24 Stunden 6,66 Hectoliter auf die Pferdekraft kommen. Der Ertrag der
Muͤhle des Hrn. Titot in Ensisheim gewaͤhrt
ein noch außerordentlicheres Resultat; denn er betraͤgt 20 Hectoliter per Pferdekraft; und wenn er troken mahlt, so
erhaͤlt er aus 100 Pfd. Getreide 80,60 Proc. Mehl, waͤhrend er nur 9
Proc. Gries abermals durchlaufen zu lassen braucht, wenn er denselben nicht in
Natura verwendet. Es ist zwar wahr, daß die von dieser Muͤhle gelieferte
Mehlsorte nie allgemein in Anwendung kommen kann; indem Hr. Titot (da seine Dampfmaschine auch noch eine Spinnerei zu treiben hat, und
daher nur 5 Stunden des Tages ihre Kraft zum Betriebe der Muͤhle Herleihen
kann) nothwendig hauptsaͤchlich auf Erzielung einer großen Menge Mehl bedacht
seyn mußte. Allein das Brod, welches er fuͤr die Straͤflinge in dem
Strafarbeitshause in Ensisheim aus seinem Mehle baken laͤßt, ist so
vortrefflich, daß diese Art von Mehl mit allem Rechte zum Brodbaken empfohlen werden
kann.
Wir beschraͤnken uns jedoch darauf, allen unseren Muͤllern zu sagen,
daß ihre Muͤhlen nicht zur Haͤlfte so viel erzeugen, als sie mit
derselben Triebkraft erzeugen koͤnnten. Erwaͤgt man hienach, daß unser
Departement allein nach der im Jahre 1827 erhobenen Statistik, welche ziemlich genau
zu seyn scheint, 937 Paar Muͤhlsteine oder Gaͤnge mit 937 Wasserraͤdern besizt; so
laͤßt sich annehmen, daß die Kraft des Wassers, welche diese Muͤhlen
verbrauchen, wenigstens 3800 Pferdekraͤften gleichkommt. Da nun die Kraft
eines Pferdes wenigstens 2000 Fr. werth ist, so folgt hieraus, daß die
Muͤhlen mit einem Capitale von 7,600,000 Fr. an Wasserkraft arbeiten.
Wuͤrde man die Muͤhlen verbessern, so ließe sich zuverlaͤssig
die Haͤlfte dieser Kraft ersparen; und es ließen sich daher beinahe 2000
Pferdekraͤfte zu anderen industriellen Zweken verwenden, – was durch
Dampfpumpen, welche mit Steinkohlen geheizt werden, repraͤsentirt, 1,600,000
Fr. gleichkaͤme, wenn man auf eine Pferdekraft jaͤhrlich 700 bis 800
Fr. rechnen wuͤrde.
Diese Bemerkungen sind von solchem Belange, daß sie die volle Aufmerksamkeit der
Gesellschaft verdienen, und daß es die Pflicht derselben ist, das Emporkommen der
neuen Verbesserungen in den Muͤhlen nach allen Kraͤften zu
unterstuͤzen. Wir werden daher am Ende dieses Berichtes auch in Vorschlag
bringen, demjenigen Muͤhlenbesizer, der sich zuerst zur Abaͤnderung
seines bisherigen Verfahrens herbeilaͤßt, einen Preis zu ertheilen. Um den
Eigenthuͤmern den Entschluß leichter zu machen, fuͤgen wir am Ende
auch noch das Inventar einer alten und einer neuen Muͤhle bei, in welchem wir
den Werth der Immobilien des Muͤllers zu 70,000 Fr. angenommen haben, weil es
keinen Muͤller in Muͤlhausen gibt, der z.B. seine Muͤhle unter
80,000 Fr. verkaufen moͤchte.
Die alte Muͤhle gewinnt nach diesem Inventars jaͤhrlich 3400 Fr.; die
neue verbesserte hingegen wirft deren 8400 Fr. oder mehr als das Doppelte ab.
Erstere liefert jaͤhrlich 12,000 Saͤke Mehl; leztere hingegen liefert
bei gleichem Kraftaufwande deren wenigstens 19,000. Dabei ist wohl zu bemerken, daß,
um zu diesem Resultate zu gelangen, nicht alles in einer allen Muͤhle
Bestehende uͤber den Haufen geworfen zu werden braucht; denn es handelt sich
nur darum, zu den drei gewoͤhnlichen Gaͤngen noch einen vierten
hinzuzufuͤgen, und sie saͤmmtlich durch ein einziges Wasserrad zu
betreiben. Es ist ferner nicht die Absicht, daß der Muͤller das System das
Mehl auf mehrere Male zu mahlen aufgeben soll; sondern die Aufgabe ist bloß alles
mehr als zweimalige Durchlaufen des Mehles durch die Muͤhlsteine entbehrlich
zu machen, bis sich die Baͤker endlich daran gewoͤhnt haben werden ein
Mehl zu verbaten, welches nur ein Mal durchgelaufen, und welches ganz einfach aus
den Beutelapparaten kommt. Endlich glauben wir, daß ein Muͤller in
Muͤlhausen, welcher seine Muͤhle nach dem neuen Systeme zu verbessern
gesonnen ist, dazu nur ein Capital von 20,000 Fr. braucht.
Wir wissen zwar wohl, daß die von uns in Vorschlag gebrachten Verbesserungen bei der großen
Anzahl und der großen Zerstreutheit unserer Muͤhlen, von denen eine große
Menge nur einen Theil des Jahres uͤber beschaͤftigt sind, nur sehr
langsam in's Leben treten werden; allem wir wissen gluͤklicher Weise auch,
daß es bei vielen unserer Muͤller nur einer Aufklaͤrung uͤber
ihr wahres Interesse bedarf, um sie zu dem Entschlusse zu bringen, ihre
Muͤhlen entweder zu verkaufen oder zu verbessern. Wuͤrden alle
Muͤller nur fuͤr ihre eigene Rechnung arbeiten, so wuͤrden die
Muͤhlen wahrscheinlich viel fruͤher in einem besseren Zustande zu
finden seyn; weil die Muͤller dann, indem sie selbst den Mehlhandel trieben,
vollkommen Meister ihrer Fabrikation seyn wuͤrden. Gegenwaͤrtig
arbeiten die Muͤller leider gewoͤhnlich auf Rechnung der
Baͤker, welche durch den Handel mit den Fruͤchten, die sie mahlen
lassen, gewinnen, und welche, indem sie Alles zusammenkaufen, solche mehlige
Substanzen, die wohlfeiler sind, oder die das Gewicht des Brodes erhoͤhen,
unter das Getreide mengen.
Dieß ist jedoch nicht die einzige Schwierigkeit, die bei diesem Stande der Dinge der
Verbesserung der Muͤhlen im Wege steht; denn ein Muͤller, der von
mehreren Baͤkern, welche bei ihm mahlen lassen, abhaͤngt, wird mit
diesen auf gutem Fuße bleiben wollen, und wird also nur mit Zustimmung der Baker
eine Veraͤnderung an seiner Muͤhle vornehmen duͤrfen.
Die erste Maschine, welche in unseren Muͤhlen eingefuͤhrt werden muß,
muß zum Reinigen des Getreides bestimmt seyn. Einige Muͤller bedienen sich
zwar zu diesem Behufe einer bereits aͤlteren Maschine; allein diese ist nicht
wirksam genug, und kommt wenigstens den bei der neuen Methode gebraͤuchlichen
Puzmuͤhlen durchaus nicht gleich.
Die zweite einzufuͤhrende Vorrichtung waͤre unserer Ansicht nach jene,
womit Hr. Steiner von Ribauvillé das Getreide
zugleich entschaͤlt und reinigt.
Die dritte Maschine bestuͤnde in einer Vorrichtung zum Zerquetschen des
Getreides; Hr. Titot fuͤhrt in dieser Hinsicht
jene des Hrn. Dramard an, welche aus zwei Cylindern
besteht; wir verweisen auch noch auf jene des Hrn. Maitre
in Chatillon fuͤr Seine. Lezterer glaubt mit seiner Maschine selbst Mehl
mahlen zu koͤnnen; allein wenn wir auch dieß mit gutem Grunde bezweifeln
koͤnnen, so glauben wir doch, daß die Maschine wenigstens zum Zermalmen des
Getreides geeignet seyn duͤrfte. Sie besteht ans einem senkrechten
Muͤhlsteine, der wie ein Schleifstein an Wellen aufgezogen ist, und welcher
sich in einem bogenfoͤrmigen Muͤhlsteine, der einen Trichter damit
bildet, umdreht. Der Trichter befindet sich oberhalb und liefert das Getreide, welches durch die
drehende Bewegung des Muͤhlsteines fortgerissen, zermalmt und sogar gemahlen
wird.
Die Cylindermaschine wird wegen der geringen Kraft, die zu deren Betrieb erforderlich
ist, und wegen der geringen Unterhaltungskosten, die sie erheischt, immer die am
meisten verfuͤhrerische seyn. Dieses System ist jedoch nicht neu, und wurde
schon laͤngst sowohl zum Zerquetschen, als zum Mahlen benuzt, indem man die
Cylinder in ersterem Falle glatt ließ, waͤhrend man sie in lezterem mit
Riefen oder Cannelirungen versah. Schon im Jahre 1823 ließ sich John Collier in Paris ohne Erfolg ein Patent auf eine
tragbare, mit Menschenarmen zu betreibende Mahlmuͤhle gehen, welche aus zwei
gerieften Walzen bestand, die sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten nach
entgegengesezten Richtungen drehten. Spaͤter eigneten sich auch noch andere
Mechaniker diese Erfindung an, so daß dieselbe in verschiedenen anderen
Laͤndern zum Vorscheine kam.Polyt. Journal Bd. XL. S. 326. Im Jahre 1827 ließ die russische Regierung zu Warschau eine in großem
Maßstabe ausgefuͤhrte Cylindermuͤhle erbauen.Man vergleiche hieruͤber das Polyt. Journal Bd. XXII. S. 174. Bald darauf machte man einigen in Trieft ansaͤssigen Capitalisten
verschiedene geheimnißvolle Eroͤffnungen uͤber diesen Gegenstand,
wobei man glauben zu machen suchte, daß troken gemahlenes Mehl einzig und allein
lange aufbewahrt werden koͤnne und zur Verproviantirung von Schiffen tauge.
Eben solche Mittheilungen machte man auch einigen Capitalisten in Zuͤrich,
und es wurde auch wirklich in Frauenfeld eine Muͤhle nach diesem Systeme
erbaut. Alle diese Anstalten wurden mit großen Kosten erbaut, und mißlangen dennoch,
weil die Verfertigung von gehoͤrig gehaͤrteten, vollkommen
cylindrischen, gerieften oder cannelirten Cylindern mit sehr vielen Schwierigkeiten
verbunden ist. Uebrigens kommen diese Cylinder eben so theuer als die
Muͤhlsteine zu stehen, und sind dabei noch weniger dauerhaft. Wir glaubten
dieß in Erinnerung bringen zu muͤssen, damit sich nicht allenfalls einer oder
der andere unserer Capitalisten gleich so vielen anderen von den scheinbaren
Vortheilen dieses Systemes truͤgen lasse.
Ein neues System mit Muͤhlsteinen zu mahlen wurde kuͤrzlich in England
eingefuͤhrt. Die Maschine besteht naͤmlich aus zwei horizontalen
Muͤhlsteinen, von denen der untere 5, der obere aber nur 2 Fuß 4 Zoll im
Durchmesser hat. Der untere Muͤhlstein ist beweglich; er besizt die
gewoͤhnliche Geschwindigkeit und ist an einer senkrechten Welle befestigt;
der obere ist gegen den unteren excentrisch, und zwar so, daß der Umfang beider sich
in einer und derselben senkrechten Linie befindet. Dieser obere Muͤhlstein ist in seinem
Mittelpunkte an einer Schraube aufgehaͤngt, welche zum Reguliren desselben
dient, und welche zugleich auch dessen Drehungszapfen bildet. Da sich der untere
Muͤhlstein dreht, so gelangt hiedurch nothwendig auch der obere in Bewegung,
und die Folge hievon ist, daß dieser leztere auf ersterem excentrische
Kreisbewegungen macht, durch welche die Getreidekoͤrner in Mehl verwandelt
werden. Wir haben jedoch bisher weder uͤber den Kraftaufwand, noch
uͤber den Nuzeffect dieser Mahlmethode irgend welche positive und sichere
Daten.
Nach allem dem ist gewiß, daß es bisher noch nicht gelungen ist, die
Muͤhlsteine durch irgend eine andere Vorrichtung vollkommen zu ersezen; und
daß die gußeisernen Cylinder nur zum Zerquetschen des Getreides vor dem Beginne des
Mahlens dienen koͤnnen. Es ist daher den Muͤllern nur noch
einzupraͤgen, daß jene Muͤhlsteine, die sie sich zu dem niedrigsten
Preise aneignen, gerade die theuersten sind; und daß sie gerade bei den
kostspieligeren am besten fahren werden: besonders wenn sie sich bemuͤhen,
sie auf die moͤglich beste Weise zu schaͤrfen und zu behauen, und wenn
sie sich in Folge uͤbel verstandener Sparsamkeit nicht scheuen, dieselben
jedes Mal, so oft es noͤthig ist, neuerdings wieder zu scharfen. Außerdem
sind aber noch die Beutelapparate in unseren alten Muͤhlen zu empfehlen; denn
auch diese Maschine ist ihrer Einfachheit und Wohlfeilheit ungeachtet noch sehr
wenig verbreitet, so zwar, daß man in den meisten Muͤhlen unter den
Muͤhlsteinen noch die kleinen Beutel angebracht sieht. Es iß eine bekannte
Thatsache, daß sich das Mehl beim Mahlen erhizt, und daß das Mehl, so lange es warm
ist, fester an der Kleie haͤngt. Hr. Dramard
schafft daher auch das Product aller seiner Muͤhlsteine in einen einzigen
Behaͤlter, aus welchem es durch einen Laufriemen mit Schoͤpfeimern
wieder in das oberste Stokwerk emporgehoben wird, um dann von hier aus in die
Beutelvorrichtungen vertheilt zu werden.
Wenn man das Princip, daß das Mehl vor dem Beuteln abkuͤhlen muß, ein Mal
richtig erfaßt hat, so wird man dasselbe gewiß leicht in Ausfuͤhrung zu
bringen wissen. Es ist zwar wahr, daß die Gebaͤude, in denen sich unsere
Muͤhlen befinden, gewoͤhnlich so schlecht gebaut sind, daß
uͤber dem Orte, an welchem die Muͤhlsteine angebracht sind, nur mit
Muͤhe ein Plaz ausfindig gemacht werden kann, an welchem das gemahlene Mehl
geluͤftet und die Beutelapparate untergebracht werden koͤnnten;
dafuͤr haben wir aber in der Berechnung der Kosten, welche die Verbesserung
der gewoͤhnlichen Muͤhlen mit sich bringen wuͤrde, auch die
Erhoͤhung des Daches in Anschlag gebracht, ohne welche die Errichtung der
Beutelapparate und die
Beleuchtung und Luͤftung des Gemaches, in welchem sich die Muͤhlsteine
befinden, kaum moͤglich waͤre. Wann es Hr. Dramard fuͤr noͤthig erachtete zum Abkuͤhlen der
Muͤhlsteine eigene Ventilatoren anzubringen, so muͤssen wir doch
wenigstens so viel thun, als wir koͤnnen, um den Zutritt von Luft und Licht
in unsere Muͤhlen zu erleichtern. Welcher Muͤller wuͤßte nicht,
daß bei feuchtem, dunstigem, nebeligem Wetter weit schwerer zu mahlen ist, als bei
trokenem und kuͤhlem Wetter; und wer wird hienach zweifeln, daß es sehr gut
seyn muß, wenn sowohl die Temperatur als der hygrometrische Zustand der Luft in den
Muͤhlen regulirt werden kann? Zum Schluß erlauben wir uns nur noch, den
Besizern alter Muͤhlen folgende provisorische Verbesserungen ans Herz zu
legen:
1) Austausch der vielen Wasserraͤder gegen ein einziges, gut gebautes und gut
aufgestelltes, welches saͤmmtliche Muͤhlsteine und die uͤbrigen
zur Muͤhle gehoͤrigen Apparate durch einen zwekmaͤßigen
Mechanismus in Bewegung sezt.
2) Luͤftung und Erhellung der Muͤhlen; Erhoͤhung der Stokwerke;
Errichtung von Puzmuͤhlen oder anderen zur Reinigung des Getreides
noͤthigen Maschinen; wie z.B. die Errichtung von Beutelapparaten in den
oberen Stokwerken.
3) Benuzung von gußeisernen Cylindern zum Zermalmen des Getreides, weil diese Walzen
unbestreitbar mit geringem Kraftaufwands sehr viel leisten.
4) Anschaffung von guten Muͤhlsteinen; Erforschung der besten
Schaͤrfungsmethode, und solche Anwendung derselben, daß die Kleien vollkommen
ausgerieben werden.
5) es werde so troken als moͤglich gemahlen, und man suche, indem man die
Kleien vollkommen ausreibt, alles Mehl durch einen einzigen Durchgang des Getreides
zwischen den Muͤhlsteinen zu gewinnen.
6) Unterdruͤkung der kleinen Beutel unter den Muͤhlsteinen; gute
Luͤftung und Abkuͤhlung des gemahlenen Mehles, bevor dasselbe in den
nach dem einen oder dem anderen Systeme gebauten Beutelapparat gelangt.
Um alle diese Nachschlage in Ausfuͤhrung zu bringen, duͤrfte es am
besten seyn, wenn sich die Muͤller von einem tuͤchtigen Ingenieur
einen allgemeinen Plan anfertigen, und die Zimmerleute lediglich nach diesem Plane
arbeiten lassen, ausgenommen sie wenden sich gleich an irgend einen guten
Muͤhlenbauer. Wollen sie uͤbrigens selbst die neueren Vorrichtungen
studiren, so empfehlen wir ihnen hauptsaͤchlich Hrn. Benoît's
Guide du meunier, worin man sehr schaͤzbare und
sehr nuͤzliche theoretische und praktische Notizen findet, ohne daß man einen
foͤrmlichen mechanischen Lehrcurs durchzumachen braucht; sie werden auf diese
Weise manchen Verlust an Zeit und Geld ersparen.
Obschon wir nun durch unseren Bericht diesen Gegenstand nichts weniger als
erschoͤpft zu haben glauben, so glauben wir doch den Antrag stellen zu
muͤssen, daß die Gesellschaft Hrn. Titot ihren
Dank fuͤr seine interessante Mittheilung zu erkennen gebe; daß sie diesen
Bericht allen Muͤllern des Departements zustellen lasse, und daß sie jenen
Muͤllern, welche zuerst das neue System gegen das alte vertauschen, einen
Preis zuerkennen soll.
Inventarium einer zu Muͤlhausen bestehenden
Muͤhle mit drei Gaͤngen, welche mit 22 Pferdekraͤften arbeitet,
und fuͤr die Baͤker der Stadt mahlt.
Nach dem alten Systeme.
Werth der unbeweglichen Guͤter
70,000 Franken, wovon wir dieInteressen jaͤhrlich zu 6 Proc.
annehmen wollen
4200 Fr.
Steuern und große Reparaturen
600
–
Muͤhlknechte und Dienstboten
1500 –
Pferde: Interessen, Abnuͤzung und
Nahrung
800
–
Bespannung u. Geschirr der Pferde u. Wagen:
Interessen u. Unterhaltung
300
–
Betriebscapital von 20,000 Kr. zu 6
Proc.
1200 –
––––––––
Jaͤhrliche Ausgabe
8600 Fr.
Mit diesem Geldaufwands kann der
Muͤller taͤglich hoͤchstens 40 Saͤkeoder
jaͤhrlich 42,000 Saͤke oder Hectoliter Mehl mahlen,
derenmittlerer Preis mit Einschluß der Kleie auf
12,000 –
angeschlagen werden kann, so daß folglich
zu Gunsten des Muͤllersuͤbrig bleiben
3400 –
Nach dem neuen Systeme.
Interessen der unbeweglichen Guͤter
wie oben
4200 –
Interessen und Abnuͤzung einer Summe
von 20,000 Fr. zu 10 Proc.,welche Summe der Muͤller aufwenden
muß, um seine Muͤhle zuverbessern, und einen vierten Gang an
derselben anzubringen
2000 –
Die uͤbrigen Ausgaben bleiben
dieselben wie oben, also:
4400 –
––––––––
Summa der jaͤhrlichen
Ausgaben
10,600 Fr.
Bei diesem Geld- und Kraftaufwands
kann der Muͤller jedoch jaͤhrlich19,000 Saͤke
mahlen, welche einen Werth von
19,000 –
repraͤsentiren. Da nun, wie gezeigt,
jaͤhrlich nur
10,600 –
in Ausgabe kommen, so bleibt ein
jaͤhrlicher reiner Gewinn von
8400 –