Titel: | Ansichten verschiedener französischer Fabrikanten über den gegenwärtigen Zustand ihres Industriezweiges in Frankreich, und über die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes für ihre Fabriken. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. LI., S. 277 |
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LI.
Ansichten verschiedener franzoͤsischer
Fabrikanten uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand ihres Industriezweiges in
Frankreich, und uͤber die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes fuͤr
ihre Fabriken.Der dermalige Handelsminister Frankreichs, Hr. Duchâtel, hat, wie unseren Lesern aus den politischen
Zeitschriften bekannt ist, als Gegner des Prohibitivsystemes und seinem Meister
Huskisson folgend, beschlossen, das
Einfuhrverbot, welches gegenwaͤrtig noch zu Gunsten mehrerer
Fabrikationszweige in Frankreich besteht, abzuschaffen, oder wenigstens gegen
einen maͤßigen Schuzzoll zu vertauschen. Er ließ sich, um mit seinem
hierauf bezuͤglichen Gesezesentwurfe gehoͤrig geruͤstet vor
den naͤchsten Kammern zu erscheinen, nicht nur von den verschiedenen
Handelskammern Berichte uͤber die wahrscheinlichen Folgen einer solchen
Maßregel erstatten, sondern er sezte, gleichfalls dem englischen Beispiele
folgend, auch eine Commission nieder, welche die Ansichten mehrerer der ersten
Fabrikanten hieruͤber zu Protocoll nehmen sollte. Das viele Interessante,
welches diese Protocolle zu Tage foͤrderten, das getreue Bild, welches
dieselben von dem Zustande mancher Industriezweige in Frankreich, und von der
Bildungsstufe, auf der die franzoͤsischen Fabrikanten stehen, geben,
veranlaͤßt uns, unseren Lesern Auszuͤge aus denselben in mehreren
auf einander folgenden Artikeln vorzulegen. Was die Berichte der Handelskammern
betrifft, welche gleichfalls hoͤchst wichtige Documente bilden, so werden
wir denselben einen eigenen Artikel widmen. A. d. R.
Im Auszuge aus dem Moniteur
universel.
Gegenwaͤrtiger Zustand des Industriezweiges in
Frankreich.
I. Ueber die Toͤpferwaaren- und
Porcellan-Fabrikation.
1. Aussagen des Herrn Clément
Désormes, Professors der Chemie.
Fr. Haben Sie die Guͤte, dem Conseil alle
Ihnen bekannten Ausschluͤsse uͤber die Fabrikation von Steingut
und Toͤpferwaaren aus Pfeifenthon, so wie uͤber den Handel mit
derlei Fabrikaten in Frankreich und England mitzutheilen.
A. Die Fabrikation von feinem Steingut hat in Frankreich bisher nur eine sehr
geringe Ausdehnung erlangt; weit groͤßer ist sie in England, obschon ich
nach dem, was ich auf meinen wiederholten Reisen zu sehen Gelegenheit hatte,
nicht glaube, daß der Handel mit derlei Fabrikaten in England von großer
Bedeutung ist. Dagegen wird in England aber eine ganz ungeheure Menge
Pfeifenthon verarbeitet. Ich besuchte vor 18 Monaten die beruͤhmten
Fabriken im Staffordshire, und uͤberzeugte mich von der großen Menge von
Fabrikaten, die aus ihnen hervorgehen, und von der enormen in den Magazinen
aufgehaͤuften Waarenmasse. Man sagte mir, und nach dem, was ich sah,
glaube ich es auch, obschon ich es nicht beweisen kann, daß die
Toͤpfereien in Staffordshire 60,000 Menschen beschaͤftigen, und
daß sie fast lediglich Pfeifenthon verarbeiten.
Fr. Welcher Unterschied findet in Hinsicht auf die
rohen Materialien zwischen Frankreich und England Statt?
A. Die rohen Materialien sind in Frankreich eben so gut und eben so wohlfeil, als
irgend anderswo. Der Pfeifenthon gilt an Ort und Stelle nur 1 Fr. das 100
Kilogr. Wir verbrauchen in der Fabrik zu St. Gobain eine große Menge solchen
Thones, den wir zu 2 Fr. bis zu 2 1/2 Fr. die 100 Kilogr. bezahlen. Allein
nehmen wir auch an, er kostete 5 Fr., so wuͤrde dieß bei der Masse von
Tellern, die man aus einer solchen Menge Thones zu verfertigen im Stande ist,
dennoch keinen wesentlichen Unterschied machen. Ich verweise in dieser Hinsicht
auf einen Bericht, den Hr. Brougniart im Jahre 1822
uͤber die franzoͤsischen Toͤpfereien erstattete, und der
die schaͤzbarsten Documente enthaͤlt. Der Thon macht also in
beiden Laͤndern keinen großen Unterschied, und was die Kieselsteine und
den Sand betrifft, so kommen diese bei uns auch nicht theurer zu stehen, als in
England; denn sie kosten 2 bis 3 Fr. die 100 Kilogr. Der Arbeitslohn ist bei uns
gleichfalls nicht hoͤher. Das Brennmaterial endlich kostet bei uns
allerdings in einigen Gegenden mehr; allein in anderen ist dieß gleichfalls
nicht der Fall. Ich glaube daher, aus Allem schließen zu koͤnnen, daß wir
den Pfeifenthon eben so wohlfeil zu verarbeiten im Stande waͤren, als in
England; und daß, wenn wir es noch nicht dahin gebracht haben, wohin es die
Englaͤnder brachten, dieß davon herruͤhren duͤrfte, daß es
uns bisher an unternehmenden und verstaͤndigen Maͤnnern fehlte,
welche die englische Fabrikationsmethode in allen ihren Details studirt und sich
eigen gemacht haͤtten.
Ich komme so eben aus Belgien, wo ich 8 Tage bei Herrn Coqueril zubrachte. Kaum entwikelt sich in England ein neuer
Industriezweig, so begibt sich dieser beruͤhmte Mechaniker dahin, um ihn
zu studiren, und um sich alle Details anzueignen, so daß er, nach Hause
zuruͤkgekehrt, nichts weiter als die Maschinen zu bauen und die
Fabrikation zu beginnen braucht. Nur dem geringen Eifer und der geringen
Ausdauer unserer Fabrikanten ist nach meiner Unsicht die niedrige Stufe, auf
welcher unsere Toͤpfereien stehen, zuzuschreiben; und wuͤrde man
das Einfuhrverbot auch ewig dauern lassen, so wuͤrde dieß die Sache doch
nicht besser machen. Herr de Pontivy ist, so viel ich
weiß, der einzige, der wahre und andauernde Anstrengungen machte, um die in den
englischen Toͤpfereien gebraͤuchlichen Fabrikationsmethoden nach
Frankreich zu verpflanzen. Er ließ sich deren Studium in England selbst
aͤußerst angelegen seyn, und kam mit allen erforderlichen Kenntnissen aus
diesem Lande zuruͤk; allein die Furcht, daß die Nachfrage nach den in
Frankreich noch
wenig bekannten Artikeln lange Zeit uͤber nicht groß genug seyn
wuͤrde, um die Kosten der Errichtung einer Fabrik zu deken, schrekten ihn
leider von einer solchen Unternehmung zuruͤk.
Was die Steingutfabrikation betrifft, so ist sie, wie ich schon oben sagte,
selbst in England von geringer commercieller Bedeutung, und in Frankreich ist
sie vollends so null und nichtig, daß die Aufhebung des Einfuhrverbotes schon
deßhalb keinen Nachtheil bringen koͤnnte. Das seit 40 Jahren bestehende
Verbot hat diesem Industriezweige bisher noch gar kein Leben gegeben; ja das
Steingut ist bei uns so unbekannt, daß gar keine Nachfrage danach geschieht. Ich
brachte mehrere Muster aus England mit zuruͤk; allein dieß half zu gar
nichts, und die einzige Steingutniederlage, welche sich in Paris im Passage des Panoramas befindet, verdient kaum einer
Erwaͤhnung.
Fr. Sie haben uns zwar gesagt, daß die Fabrikation
von Toͤpferwaaren in Frankreich weder in Hinsicht auf den Preis der rohen
Materialien, noch in Hinsicht auf die Kosten des Brennmateriales hoͤher
zu stehen komme, als in England; allein es handelt sich auch noch um ein drittes
Element: naͤmlich um die Transportkosten. In welchen Gegenden Frankreichs
kommen daher die rohen Materialien vor?
A. In der Haͤlfte von Frankreich, naͤmlich in 24 Departements, gibt
es Thon, wie dieß aus dem oben erwaͤhnten Berichte des Hm. Brongniart erhellt. Fuͤr die meisten Orte
scheinen mir daher die Transportkosten kein Hinderniß auszumachen. Ich behaupte
uͤbrigens nicht, daß die Fabrikation in dieser Hinsicht in Frankreich
unter eben so guͤnstigen Verhaͤltnissen von Statten gehen kann,
als in England. In Newcastle befinden sich die rohen Materialien in der Nahe des
Meeres; in Chester ganz in der Nahe des nach Liverpool fuͤhrenden
Canales. Allein man kann auch in einigen Gegenden Frankreichs Fabriken
errichten, fuͤr welche die Transportkosten sehr gering seyn werden.
Dieser Umstand kommt z.B. der schoͤnen Fabrik zu Arboras zu Statten,
welche eben so gut gelegen als geleitet ist. Frankreich besizt Thon in Menge;
man suche ihn nur. Die Fabrik von St. Gobain bezog ihren Thon fruͤher von
Forges in der Normandie zu 60 Fr. die 1000 Kilogr.; wir ließen in der Umgegend
graben, und gegenwaͤrtig verschaffen wir uns dieselbe Quantitaͤt
Thon fuͤr 10 Fr.!
Fr. Welcher Unterschied besteht zwischen den Preisen
der franzoͤsischen und der englischen Fabrikate?
A. Bei den glatten Tellern ist der Unterschied nicht merklich; bei großen
Gefaͤßen und im Allgemeinen bei allen façonnirten
Gegenstaͤnden ist er ziemlich bedeutend. dessen ungeachtet glaube ich nicht, daß in den
Fabrikationskosten selbst ein großer Unterschied Statt finde; der Hauptvortheil
der Englaͤnder ist ihre groͤßere Sorgfalt: darin liegt das ganze
Geheimniß, der ganze Grund des Gedeihens. Dasselbe Verfahren, welches den einen
Fabrikanten ruinirt, kann einen anderen, in dessen Haͤnden ihm mehr
Sorgfalt zu Theil wird, zum reichen Manne machen.
Ich fragte Hrn. Davenport in England, wie er sich
einen so compacten, so strekbaren Teig verschaffe? Er nahm einen Teig, der zum
Ausdrehen fertig war, und zog denselben wie ein Stuͤk Kautschuk, ohne daß
er abbrach; die einzelnen Theile waren so abgearbeitet und in Molecule
verwandelt, daß man sie mit keiner gewoͤhnlichen Kraft von einander zu
trennen im Stande war. So zu arbeiten gibt man sich in Frankreich nicht die
Muͤhe.
Fr. Sie glauben also, daß zum Schuze unserer Fabriken
kein Einfuhrverbot noͤthig ist?
A. Allerdings; und ich glaube durch meine Angaben erwiesen zu haben, daß sich
unsere Fabriken anstatt dieses Verbotes sehr wohl mit einem Einfuhrzolle auf
fremde Fabrikate begnuͤgen koͤnnten.
Fr. Wie hoch glauben Sie, daß dieser Zoll seyn
soll?
A. Ich glaube, daß ein Zoll, der 20 bis 25 Proc. vom Werthe betruͤge,
hinreichen wuͤrde; doch muͤßte man hiebei vor Wem die
Gestehungskosten im Auge halten.
2. Antworten des Herrn
Saint-Cricq-Caseaux, Fabrikanten zu Creil.
Frankreich besizt gegenwaͤrtig 12 eigentliche
Toͤpferwaarenfabriken, und diese sind: jene zu Creil, Montereau,
Choisy-le-Roi, Gien, Forges-les-Eaux, Arboras, zwei
kleine zu Rîmes, jene zu Toulouse, Bordeaux, Sarguemines, und endlich
zwei bei Thionville. Außerdem befinden sich in vielen Departements eine Menge
anderer kleinerer Anstalten. Alle diese Fabriken zusammen liefern
jaͤhrlich beilaͤufig fuͤr 5 Millionen Fr. Waare. Zur Zeit
der Restauration bestanden bloß zu Montreru, Creil und Choisy Fabriken, welche
jaͤhrlich fuͤr 2 bis 3 Mill. Fr. Geschaͤfte machten.
Fr. Welchen Gang nahmen die Preise?
A. Sie sind fortwaͤhrend gefallen; denn die Teller, welche im Jahre 1814
noch 4 Fr. 10 S. galten, kosten jezt nur mehr 34, 35 und 36 Sous, je nachdem sie
8, 8 1/4 oder 8 1/2 Zoll haben. Man muß sich hauptsaͤchlich immer nach
dem Preise der Teller richten; denn jener der hohlen Waaren ist zu wandelbar,
als daß er als Basis dienen koͤnnte.
Fr. Dieser Fortschritte ungeachtet geben Sie aber
doch zu, daß wir noch gegen England zuruͤk sind?
A. Man muß hiebei zwischen den Fabrikaten aus Pfeifenthon und dem sogenannten
Halbporcellan (demi-porcelaine ou porcelaine
opaque) unterscheiden. Die Fabrikation aus gewoͤhnlichem
Pfeifenthone ist in Frankreich zuruͤk, indem in England weit mehr
ordinaͤre Toͤpferwaare verbraucht wird, als bei uns. Dagegen ist
das Porcellan, wovon in England nur wenig erzeugt wird, in Frankreich
haͤufig und wohlfeil. In jedem nur einiger Maßen gut eingerichteten Hause
hat man bei uns Geschirr aus feinem Pfeifenthone; das gewoͤhnliche
Fayence wird nur von der aͤrmeren Classe verbraucht.
Fr. Welcher Unterschied im Preise besteht zwischen
den englischen und jenen unserer inlaͤndischen Fabrikate, die damit in
Vergleich gebracht werden koͤnnen?
A. Bei den Fabrikaten aus Pfeifenthon besteht schon in der Fabrik ein Unterschied
von 20 Proc.; dazu sind aber noch die Transportkosten in Anschlag zu bringen,
welche in Folge eines neuerlichen Gesezes, wodurch die Schifffahrtszoͤlle
auf den Fluͤssen und Canaͤlen erhoͤht wurden, noch
groͤßer werden duͤrften, als sie bereits sind. Einer der
Hauptgruͤnde, warum die englischen Fabrikate aus Pfeifenthon viel
wohlfeiler sind, als die unsrigen, liegt darin, daß man in England herrliche,
mehrere Meilen weit verbreitete Thonlager hat, waͤhrend sich bei uns der
Thon nur in sogenannten Nestern findet. Uns kostet der Thon 40 Sous die 50
Kilogr.; in England kommt eine Last von 500 Kilogr. nicht hoher, als auf 10 Fr.
Ueberdieß hat England, welches einige 160 Fabriken dieser Art besizt, eigene
Anstalten, die bloß zum Mahlen der Kieselsteine bestimmt sind, und welche das
Kieselpulver weit wohlfeiler liefern, als wir uns dasselbe verschaffen
koͤnnen. Hr. Brongniart hat zu Sevres eine
solche Muͤhle errichtet; allein das Mahlen kommt in derselben beinahe
doppelt so hoch zu stehen, als in den englischen Muͤhlen. Endlich haben
die Englaͤnder ganz in der Nahe ihrer Fabriken Steinkohlen, welche sie
den Hectoliter zu 15 Sous bezahlen, waͤhrend wir sie vier Mal so theuer,
d.h. zu 3 Fr. zahlen muͤssen. Ein Brand, der uns 200 Fr. kostet, kommt in
England kaum auf 60 zu stehen. Auch der Arbeitslohn ist in England wohlfeiler,
als bei uns, was davon herruͤhrt, daß die Englaͤnder schon eine
150jahrige Erfahrung fuͤr sich haben, waͤhrend wir so zu sagen
noch Neulinge sind, indem unsere aͤltesten Fabriken erst 30, und die
uͤbrigen erst 10 bis 12 Jahre lang bestehen.
Fr. Wieviel kostet in England das Duzend Teller,
welche man in Frankreich mit 34 bis 36 Sous bezahlt?
A. Man hat in England eine Sorte zu 25, eine zu 34 und eine zu 40 Sous; hierauf
kommt die feinere Sorte, die wir das Halbporcellan nennen, welche die
Englaͤnder aus ihrem sogenannten Ironstone verfertigen, und die sie je
nach der Form zu 3 Fr. 10 S. bis zu 4 Fr. verkaufen. Die Wohlfeilheit der hohlen
Toͤpferwaaren ist in England ganz erstaunlich; wir sind weit entfernt
dieselben so billig liefern zu koͤnnen. Die Englaͤnder haben den
Vortheil, daß sie ihre Fabrikate, selbst die schlechtesten, uͤberall hin
versenden koͤnnen, wo sie weniger Einfuhrzoll zahlen als wir; ihre Waaren
werden bloß in Heu verpakt in ganzen Schiffsladungen versendet, waͤhrend
wir außerordentliche Emballage und Transportkosten bezahlen muͤssen. Alle
englischen Fabriken liegen an Canaͤlen; und zwar an Canaͤlen, auf
denen ein weit geringerer Zoll entrichtet wird, als auf den unserigen.
Fr. Wie hoch schaͤzen Sie die
jaͤhrliche Production der englischen Toͤpfereien?
A. Man schlaͤgt den Werth ihrer Fabrikate jaͤhrlich auf 38
Millionen Franken an.
Fr. Versenden Sie viel in das Ausland?
A. Wir haben bisher nur sehr wenig nach den fremden Colonien ausgefuͤhrt;
groß ist hingegen die Ausfuhr nach Martinique und Guadeloupe, wo wir Herren und
Meister sind. Einige Fabrikanten machen auch Versendungen nach Amerika, indem
wir einige Gegenstaͤnde verfertigen, die die Englaͤnder nicht mit
derselben Eleganz fabriciren, wie wir.
Fr. Wie hoch kommt der Transport zu Lande?
A. Der Transport nach Havre komme uns auf 3 Fr. fuͤr 50 Kilogr.;
haͤtten wir einen Canal oder Fluß zur Disposition, so wuͤrde der
Transport nur 30 Sous betraget. – In zwei oder drei Jahren werden wir,
wie ich glaube, im Stande seyn, uns mit einem schuͤzenden Zolle zu
begnuͤgen, und hiebei scheint mir ein nach dem Gewichte berechneter Zoll
allein passend zu seyn. Wenn Sie hoͤren, daß die franzoͤsischen
Fayence- und Toͤpferwaarenfabriken mit Capitalien arbeiten, welche
beinahe zwei Mal so groß sind, als die Summe ihres jaͤhrlichen Verkaufes,
so werden Sie zwar seufzen, aber auch einsehen, daß sie das Einfuhrverbot
noͤthig haben. Wir haben ganz anders angefangen, als die
Englaͤnder; wir brauchen wehr Plaz; unsere Arbeiter, deren Zahl in allen
Fabriken gegen 3000 betraͤgt, worunter jedoch die außer den Fabriken
beschaͤftigten nicht begriffen sind, lassen sich nicht so behandeln, wie
die englischen; sie Verlangen bessere Werkstaͤtten, und arbeiten im
Winter nicht in ungeheizten Zimmern, wie dieß in England großen Theils der Fall
ist. Capitalien,
die auf diese Weise angelegt sind, brauchen Zeit, bis sie Gewinn abwerfen, und
hieß ist einer der Hauptgruͤnde, warum ich darauf beharre, daß wir erst
nach 2 bis 3 Jahren in die Umwandlung des Einfuhrverbotes in einen Zoll willigen
koͤnnen.
3. Antworten des Hrn. Hautin,
Fabrikanten zu Choisy.
Die franzoͤsischen Fabriken sind sehr verschieden gelegen; mehrere der
seit 25 bis 30 Jahren errichteten haben keine gut gewaͤhlte Lage:
allein dieß sind Werthe, die sich nicht leicht verpflanzen lassen. Diese
Fabriken, zu denen namentlich auch Choisy gehoͤrt, besizen zwar leichtere
Transportmittel; allein sie zahlen dafuͤr auch alle uͤbrigen
Dinge, und namentlich das Holz, theurer.
Fr. Welche Absazwege haben Sie gegenwaͤrtig,
und fuͤhren Sie auch ins Ausland aus?
A. Wir verkaufen gar nichts nach Belgien, denn die Einfuhrzolle sind daselbst so
groß, daß sie einem Verbote gleichkommen. Nach Martinique und Guadeloupe senden
wir Mehreres, allein auch dieß geht nur gut, wenn die Zukerernte reichlich war.
7/8 unserer Fabrikate bleiben in Frankreich, und eben so duͤrfte sich's,
wie ich glaube, in allen unseren Fabriken verhalten. – Ich fabricire
jaͤhrlich fuͤr 500,000 bis 550,000 Fr., und beschaͤftige
beilaͤufig 300 Arbeiter; zu Choisy habe ich deren 200 bis 250: die
uͤbrigen sind an anderen Orten mit dem Graben des Thones und mit dem
Transporte der Materialien beschaͤftigt.
Fr. Brennen Sie mit Holz oder mit Steinkohle?
A. Die Steinkohle schien uns einen Vortheil zu versprechen; allein in der Praxis
ergab sich durch die Wirkung des Rauches und in Folge der schlechteren
Fabrikation eher ein Verlust, als eine Ersparniß, so daß wir nun die Steinkohlen
aufgegeben haben.
Fr. Wie hoch kommt Ihnen der Thon zu stehen, und
welches sind die Preise Ihrer Fabrikate?
A. Der halbe metrische Centner Thon kostet mich 45 Sous, und ich verbrauche bei
meiner Fabrikation jaͤhrlich fuͤr 20,000 Fr. Thon. Teller aus
Pfeifenthon nach englischer Façon verkaufe ich zu 36 bis 40 Sous Netto;
das Halbporcellan zu 46 bis 50 Sous Brutto, wovon jedoch der Disconto abzuziehen
kommt. Die Fabrikation von Steingut habe ich ganz aufgegeben, weil dieß ein
Luxusartikel ist, der schlechten Abgang hat.
Fr. Sie glauben also, daß die Inferioritaͤt
der franzoͤsischen Fabriken gegen die englischen von dem hoͤheren
Preise des Brennmateriales und der verschiedenen rohen Materialien
herruͤhre?
A. Ja; dazu kommt aber noch, daß der Arbeitslohn bei uns im Allgemeinen hoͤher
ist. Unsere Arbeiter sind geschikt; allein sie wollen auch gut leben. In der
Nahe von Paris ist der Lohn sehr hoch; die Arbeiter nach dem Stuͤke,
welche gewoͤhnlich 5 bis 6 Jahre lang gelernt haben, verdienen
taͤglich 5, 6 und 10 Fr.; die Arbeiter nach dem Taglohne verdienen 2,
2,25 bis 2,50 Fr.
Fr. Wie schwer wiegt das Duzend Teller, welches zu 36
Sous verkauft wird?
A. Das Duzend Teller von 8 1/4 Zoll wiegt 8, jenes von 8 1/2 Zoll beinahe 9 Pfd.;
allein es gibt Fabriken, welche auch dikere Teller verfertigen, so daß man diese
Daten nicht allgemein als Basis annehmen kann. Der Preis der hohlen
Stuͤke haͤngt von der Form und Groͤße derselben, so wie von
dem Raume, den sie einnehmen, ab. Eine Schuͤssel von 13 Zoll kostet 40
Sous, und sollte dem Gewichte des Duzendes Teller nach gerechnet nur 20 kosten.
Die Emballage der Toͤpferwaaren, die wir versenden, kommt auf 8 bis 9 Fr.
fuͤr 12 bis 1500 Pfd., also beilaͤufig auf 3 Proc. zu stehen.
– Das Einfuhrverbot ist uns guͤnstig; allein es ist kein
Privilegium und kein Monopol, weil Jedermann dasselbe benuzen kann. Ich
fuͤrchte sehr, daß sich statt desselben nicht wohl ein Zoll
einfuͤhren laͤßt; denn wonach sollte derselbe bestimmt werden?
Etwa nach dem Gewichte, wo doch die feineren und theureren Artikel leichter
wiegen, als die groben? Ich bin, ich gestehe es, fuͤr das Einfuhrverbot,
waͤre es auch nur wegen der hohen Transportkosten. Wir zahlen
naͤmlich 16 Sous fuͤr den metrischen Centner bis Ronen, und 32
Sous bis 2 Fr. bis Havre; und noch theurer ist der Transport auf den
Canaͤlen. Wir zahlen, um mit einer Last von 30,000 Pfunden den Canal von
Briare, auf dem wir unseren Thon beziehen, befahren zu duͤrfen, nicht
weniger als 50 Thaler!
4. Antworten des Hrn. André,
Porcellanfabrikanten.
Ich sehe keinen Grund, warum man die Toͤpferwaaren nicht gegen einen
schuͤzenden Zoll einfuͤhren lassen sollte; ohne einen solchen
wuͤrden sie jedoch dem Porcellan nachtheilig werden. Ich weiß nicht,
warum wir nicht eben so gute Toͤpferwaaren zu erzeugen im Stande
waͤren, als die Englaͤnder, wenn wir derselben wirklich
beduͤrften. Man fabricirt seit einiger Zeit sogenanntes Halbporcellan,
welches aus einem dem Anscheine nach schoͤneren Pfeifenthone besteht. Der
englische Pfeifenthon ist zum Gebrauche beinahe eben so gut, als das Porcellan;
wuͤrde man die Fabrikate aus demselben gegen einen Zoll zulassen, so
wuͤrde entweder wenig eingefuͤhrt wer, den, und dieß haͤtte
keinen Einfluß auf unsere Fabriken; oder die Einfuhr waͤre
bedeutend, und dann wuͤrden wir selbst zu fabriciren anfangen.
Fr. Es hat sich aus fruͤheren Angaben ergeben,
daß der niedrigste Preis der ordinaͤren Fabrikate in England 25, bei uns
in Frankreich hingegen 34, 35 und 36 Sous steht. Ist Ihnen etwas
hieruͤber bekannt?
A. Ich kenne die Preise der englischen Toͤpfereien zwar nicht genau;
allein ich glaube, daß der angegebene Unterschied allerdings richtig seyn
duͤrfte. Ich bin aber auch der Ansicht, daß man in Frankreich wohlfeiler
zu fabriciren im Stande seyn wuͤrde, als in England, wenn man bei uns die
Lage der Fabriken gehoͤrig zu waͤhlen wuͤßte. In England
befinden sich beinahe alle Toͤpfereien in Staffordshire, und die meisten
derselben haben eine Thuͤre, welche unmittelbar an den Canal
fuͤhrt. Bei uns hingegen fuͤhren sowohl die Fabrik von Gien als
jene von Montereau ihre Materialien auf der Art herbei. Die Porcellanfabrikation
hat in lezter Zeit außerordentliche Fortschritte gemacht; denn als ich mich mit
derselben abzugeben anfing, verkaufte ich fuͤr 12 bis 13 Fr. Teller,
welche ich gegenwaͤrtig im Großen fuͤr 5 Fr. 10 Sous zu geben im
Stande bin. In der Fabrik wird nur im Großen verkauft, und bei den Tellern nur
eine doppelte Auswahl getroffen, indem man nur die gemischte Sorte und den
Ausschuß unterscheidet. Alle diese gemischten Sortimente werden nach einem und
demselben Preise berechnet; die Niederlage in Paris verkauft sie zu 5, 6 und
manchmal auch zu 10 Fr. das Duzend, wenn eben Mangel an Vorrath ist. Ich lichte
mich jedoch nicht hienach, sondern ich bestimme meinen Preis nach dem ganzen
Brande, und verkaufe das Duzend zu 6 Fr., wobei angenommen wird, daß die
Haͤlfte zur dritten, ein Viertel zur zweiten, und ein Viertheil zur
ersten Sorte gehoͤrt, die zu 8 bis 9 Fr. verkauft wird. Der Ausschuß wird
zu 40 bis 50 Sous das Duzend abgegeben.
Fr. Dieser Ausschuß tritt also mit den Fabrikaten aus
Pfeifenthon in Concurrenz?
A. Allerdings; der Ausschuß ist es hauptsaͤchlich, der die allgemeine
Anwendung des Porcellans bei uns in Frankreich nach sich zog. Vor 5 bis 6 Jahren
wurde nur Ausschuß in die Provinzen gesandt; gegenwaͤrtig verkauft man
schon Porcellan von erster Sorte dahin. – Die Englaͤnder verzieren
ihr Porcellan in ihren eigenen Fabriken; die franzoͤsischen Fabriken
hingegen liefern nur weißes Porcellan. Dieß ist ein großer Fortschritt; denn
wenn das Porcellan, welches ich weiß an die Kaufleute liefere, die es verzieren
lassen, in einer
Fabrik verziert wenden wuͤrde, so koͤnnte ich 5 Procent Rabatt
geben.
Fr. Haben Sie den Preis Ihres weißen Porcellans nicht
in lezter Zeit erhoͤht?
A. Nein; das Steigen des Preises trat ganz natuͤrlich durch die vermehrte
Nachfrage und dadurch ein, daß der Bedarf großer war, als die Fabrikation.
Fr. Versenden Sie von Ihrem Porcellan ins
Ausland?
A. Wir versenden aus unserer Fabrik sehr viel nach Amerika, allein nicht in
unsere Colonien, sondern in die Vereinigten Staaten, welche unseren
hauptsaͤchlichsten Absazweg bilden. Nach England versenden wir sehr
wenig, und eben so nach Belgien, wo der Einfuhrzoll, der dem Gewichte nach
erhoben wird, 100 Proc. des Werthes betraͤgt, abgesehen von dem Verluste,
der durch den Bruch auf dem Transporte entsteht, und wodurch uns der belgische
Markt vollends verschlossen wird.
Fr. Ein nach dem Werthe bestimmter Zoll
braͤchte jedoch noch groͤßere Nachtheile, indem man hier
Stuͤk fuͤr Stuͤk visitiren muͤßte; waͤhrend
es bei der Bestimmung des Zolles nach dem Gewichte genuͤgen
wuͤrde, wenn man z.B. von 15 Kisten nur eine oder zwei untersuchen
wuͤrde, um zu sehen, ob denn auch wirklich Porcellan darin enthalten
ist.
A. Es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß sich ein Mittel ausfindig machen
ließe, wodurch das Auspaken der Kisten ganz umgangen werden koͤnnte; denn
dieses Umpaken erzeugt jedes Mal einen großen Verlust durch das Zerbrechen.
5. Aussagen des Hrn. Stephan
Flachat.
Hr. Flachat bemerkte, daß ihm Hr. Leboeuf von Montereau sagte, daß seine Fabrik weder
des Einfuhrverbotes noch eines schuͤzenden Zolles beduͤrfe, und
daß das Brennen mit Steinkohlen eine große Ersparniß bewirkt. Die Forderungen
des Hrn. Saint-Cricq haͤlt er
fuͤr uͤbertrieben. Auch Hr. Utzschneider, Fabrikant zu Sarguemines, haͤlt das Einfuhrverbot
fuͤr unnoͤthig, indem Lothringen wegen der vortheilhaften Lage, in
der es sich in Hinsicht auf Brennmaterial befindet, zu jeder Zeit mit England
Concurrenz gehalten hat, wie dieß selbst aus einem alten Documente hervorgeht,
welches die Regierung vor 44 Jahren in Folge der Reclamationen, die der Vertrag
vom Jahre 1786 veranlaßte, bekannt machen ließ. Hr. Utzschneider bemerkte ferner Hrn. Flachat,
daß die Ausfuhr seiner Fabrikate, namentlich jene in den Rheinkreis, sich seit
dem Anschlusse Bayerns an den preußischen Zollverein bedeutend vermindert habe, indem der
bayerische Zoll auf Toͤpferwaaren und Fayence viel geringer gewesen sey,
als der preußische, obwohl auch dieser noch keine gaͤnzliche
Ausschließung bedingt.
Ich habe mich, fuhr Hr. Flachat nach diesen
Bemerkungen fort, vielfach uͤberzeugt, daß der Widerwillen der
Fabrikanten gegen die Vertauschung des Einfuhrverbotes gegen einen
maͤßigen Zoll je nach der Entfernung ihrer Fabriken von dem
Brennmateriale mehr oder minder groß ist. Die gut gelegenen Fabriken, wie z.B.
jene von Montereau, Arboras und Sarguemines beduͤrfen desselben nicht.
Die Fabrik von Arboras erklaͤrte in einer Note, welche sie der Jury der
dießjaͤhrigen Industrieausstellung einsandte, daß sie ihrer Sache so
gewiß sey, daß sie gar keine Einwendungen dagegen machen wuͤrde, wenn die
Regierung die Einfuhr englischer Toͤpferwaaren gegen einen
maͤßigen Zoll gestatten wuͤrde. Eine andere Fabrik, jene in
Valentine bei Toulouse, welche zu den am meisten emporbluͤhenden
gehoͤrt, druͤkt sich in dieser Hinsicht nicht so entschieden aus,
wie jene in Noras; ich erlaube mir hier einen Auszug aus einem Schreiben des
Vorstandes dieser Fabrik, des Hrn. Arnoux,
vorzulegen.
„Einige seit 20 Jahren in der Umgegend von Paris errichtete Fabriken
brachten Fayence, welches zwar einigen Glanz hat, allein von sehr schlechter
Beschaffenheit ist, in den Handel. Da dieses schlechte Fabrikat unter dem
Schuze des Einfuhrverbotes bestaͤndig Absaz fand, so trachteten die
Fabrikanten um so weniger dahin, dasselbe zu verbessern, als Aenderungen in
der Wahl der rohen Materialien Und in dein Fabrikationsverfahren
haͤufig mit großem Nachtheile verbunden sind. Diese Fabriken
verkauften viel und mit reichlichem Gewinne. Seit einigen Jahren sind nun im
suͤdlichen Frankereich einige aͤhnliche Fabriken erstanden,
von denen mehrere bessere Producte lieferten, als die noͤrdlichen.
Hiedurch wurden die aͤlteren Fabriken zu Verbesserungen gezwungen,
und man muß gestehen, daß sie ihnen auch vollkommen gelangen. Hr. de Saint Cricq von Ereil, Hr. Leboeuf von Montereau und unsere Fabrik haben bei
der heurigen Industrieausstellung Fayence vorgelegt, welches man
faͤlschlich mit dem Namen Halbporcellan (demi-porcelaines ou porcelaines opaques) belegt, und
welches dem englischen Ironstone nichts nachgibt. Nur der Concurrenz haben
wir diesen Schritt, den unsere Fabriken vorwaͤrts machten, und dessen
Anerkennung wir von der Jury wohl erwarten duͤrfen, zu verdanken. Die
neue Entdekung und Verbesserung ist jedoch noch nicht allgemein genug
verbreitet, sondern sie ist bisher noch das Eigenthum einer geringen Anzahl
von Fabrikanten, die den Verbrauch nicht zu deken im Stande sind. Die
Umwandlung der Fabrikationsmethode erfordert von Seite des Fabrikanten große Ausgaben,
und wenn derselbe auch zu solchen Opfern bereit ist, so ist dieß noch nicht
Alles, sondern er braucht Zeit. Man muß naͤmlich warten, bis es die
Arbeiter durch die Hebung dahin bringen, nach dem neuen Verfahren gut und
viel und folglich wohlfeil zu arbeiten, und bis die Arbeiter sowohl, als die
Maschinen gehoͤrig in Gang sind. Ist dieß ein Mal der Fall, so werden
wir eben so raschen Schrittes vorwaͤrts eilen, wie unsere Nachbarn,
die schon so lange Zeit diese Bahn betreten haben. In vier Jahren wird
Frankreich, wie ich glaube, dem Auslande in dieser Hinsicht seine Thore
oͤffnen koͤnnen; wuͤrde es vor dieser Zeit mit
auslaͤndischen Fabrikaten uͤberschwemmt werden, so
wuͤrden jene Fabrikanten, die sich die neue Methode noch nicht
angeeignet haben, ruinirt seyn, waͤhrend jene, die dieselbe eben erst
zu befolgen begannen, den groͤßten Gefahren ausgesezt waͤren,
indem man sie zu einem Kampfe zwaͤnge, bevor sie noch die dazu
erforderliche Kraft gesammelt haben. – So muß ich als Fabrikant von
feinem Fayence sprechen; als Porcellanfabrikant hingegen ist meine Sprache
eine andere; denn hier kann ich sagen: wir haben von dem Auslande nichts zu
fuͤrchten, und zwar aus folgendem Grunde. Man fabricirt in England
hauptsaͤchlich zweierlei Arten von Toͤpferwaaren: die eine
besteht aus jenem weißen, gewoͤhnlich blau bedrukten Fayence, dessen
sich die mittlere Classe in England allgemein bedient, und dessen Einfuhr in
Frankreich gegenwaͤrtig noch gefaͤhrlich seyn wuͤrde.
Die zweite ist die fuͤr den Reichen bestimmte Art, welche uns keinen
Eintrag thun kann, weil sie mir dem franzoͤsischen Porcellan keinen
Vergleich aushaͤlt. Es ist zwar moͤglich, daß die
huͤbschen englischen Fabrikate dieser Art bei ihrem ersten Erscheinen
auf dem Markte der Neuheit und der Eigenheiten der Mode halber guten Absaz
finden wuͤrden; allein dieß wuͤrde nicht lange dauern, und
zuverlaͤssig wuͤrde man gar bald wieder auf unser
inlaͤndisches Porcellan zuruͤkkommen, welches schoͤner,
dauerhafter und wohlfeiler ist. Aus diesem Grunde konnte das englische
Steingut in Frankreich auch nie gegen das Porcellan emporkommen.“
Fr. Wenn man das Einfuhrverbot gegen einen Zoll
vertauschen wuͤrde, wie hoch muͤßte nach Ihrer Ansicht dieser Zoll
seyn?
A. Was die Bestimmung des auf die feinen, gegenwaͤrtig verbotenen
Steingutwaaren zu legenden Zolles betrifft, so gestehe ich, daß ich nicht genug
Materialien dazu gesammelt habe. Ich glaube jedoch, daß die Regierung
fuͤr diese Artikel im Maximum einen Zoll von 30 Proc. zugestehen soll,
indem ein Industriezweig, der selbst bei einem solchen Schuze nicht Concurrenz
zu halten vermag, gar keine Beruͤksichtigung von Seite der Regierung zu
verdienen scheint. Der Zoll auf die uͤbrigen Toͤpferwaaren soll viel niedriger
seyn, und bei dem feinen Fayence, so wie bei den Artikeln aus englischem
Pfeifenthone 10 oder hoͤchstens 15 Proc. nicht uͤbersteigen. Ich
bitte hiebei zu beruͤksichtigen, daß jene Fabrikanten, die den Rath
befolgten, den ihnen die Regierung vor 40 Jahren gab, und die sich in der
Nachbarschaft von hinlaͤnglichem Vorrathe an Brennmaterial niederließen,
gegenwaͤrtig erklaͤren, daß sie bei einem sehr maͤßigen
Zolle die Concurrenz mit dem Auslande zu halten im Stande sind. Nur jene
Fabriken, die vom Brennmaterials entfernt sind, verlangen heut zu Tage noch hohe
Zoͤlle oder ein Einfuhrverbot. Haͤtte der Vertrag vom Jahre 1786
fortbestanden, so bin ich der gewissen Ueberzeugung, daß die
franzoͤsischen Fabriken gegenwaͤrtig in einem weit
bluͤhenderen Zustande waͤren. – Was die façonnirten
und verzierten Toͤpferwaaren betrifft, so ist der Consumtionskreis
derselben ein sehr beschraͤnkter; auch besize ich keine
hinlaͤnglichen Aufschluͤsse uͤber dieselben. Die hohlen
Toͤpferwaaren veranlassen wegen ihres großen Gewichtes und des großen
Raumes, den sie einnehmen, so große Transportkosten, daß die
inlaͤndischen Fabrikanten sich schon deßhalb mit einem niedrigen Zolle
begnuͤgen koͤnnen.
Fr. Haben Sie in den verschiedenen Fabriken, die Sie
besuchten, einige Notizen uͤber den Preis des Thones gesammelt?
A. Nein; allein ich erlaube mir eine andere Thatsache anzufuͤhren. Die
Fabrik, welche gegenwaͤrtig das Einfuhrverbot am lebhaftesten
vertheidigt, naͤmlich die Fabrik in Creil, lebt gerade selbst von der
Handelsfreiheit. Die Producte dieser Fabrik genießen auf den
franzoͤsischen Maͤrkten einen Vorzug, der beinahe 10 Proc.
betraͤgt, und dieser Vorzug ruͤhrt, wie Hr. Saint-Cricq selbst zugesteht, von der Anwendung des Kaolin's
her, welches die Fabrik aus Cornwallis bezieht! Im
Allgemeinen laͤßt sich sagen, daß die franzoͤsischen Fabriken in
Hinsicht auf den Thon sehr gut gelegen sind. Creil kommt auch der schoͤne
Sand von Aumont gut zu Statten, und Arboras sowohl als Sarguemines sind in
dieser Beziehung gleichfalls gut gelegen. Arboras befindet sich uͤberdieß
in der Nahe der Steinkohlen, und Sarguemines in der Naͤhe des Holzes; in
Ereil hingegen kostet die Holzkohle 3 Fr. 25 Cent.
Fr. Man hat uns gestern gesagt, daß bei einer
Fabrikation, welche fuͤr 500,000 Fr. Waaren erzeugt, 25,000 Fr., d.h.
beilaͤufig 5 Proc., auf die Kosten des Thones kommen; ist dieß
richtig?
A. Ich kenne die Documente des Hrn. Clément,
denen ich vielen Glauben beimesse, und glaube, daß sie mit den angegebenen
Zahlen uͤbereinstimmen. – Ich erlaube mir nur noch einige Worte
uͤber das Porcellan beizufuͤgen. Ich glaube naͤmlich, daß
eine groͤßere Einfuhr von englischen Toͤpferwaaren der Porcellanfabrikation nicht nur
nicht nachtheilig, sondern vielmehr vortheilhaft seyn wuͤrde Das
Porcellan findet seinen Absaz hauptsaͤchlich unter den Reichen, und
beginnt nun auch in die Mittelclasse uͤberzugehen. Werden nun unsere
Fabrikanten durch die Concurrenz des feinen und gemeinen englischen Fayence mit
dem unserigen zur Verbesserung ihrer Fabrikate gezwungen, und wird die
aͤrmere Classe an besseres Fayence gewoͤhnt, so wird die
Mittelclasse um so mehr gewoͤhnliches, und die reiche um so mehr ganz
feines oder verziertes Porcellan verbrauchen.
6. Aussagen des Hrn. Honoré,
Porcellanfabrikanten.
Fr. Glauben Sie, daß die Aufhebung des
Einfuhrverbotes, welches gegenwaͤrtig auf den auslaͤndischen
feinen Steingutwaaren und auf den Fabrikaten aus Pfeifenthon lastet, unseren
Porcellanfabriken einen Nachtheil bringen koͤnnte?
A. Wenn das Einfuhrverbot nicht durch einen bedeutenden Zoll ersezt wird, so
werden unsere Toͤpfereien zu Grunde gehen, indem dieselben beinahe noch
um 40 bis 50 Jahre zuruͤk sind. Unser Porcellan hingegen kann
gegenwaͤrtig schon auf den fremden Maͤrkten mit dem englischen
Concurrenz halten. Laͤßt man hingegen die englischen, aus Pfeifenthon
fabricirten und blau bemalten Fabrikate, welche sehr wohlfeil sind und
huͤbsch aussehen, frei nach Frankreich einfuͤhren, so wird der
Absaz unseres wohlfeileren Porcellans, wovon das Duzend Teller 6 bis 7 Fr.
kostet, dadurch bedeutenden Schaden leiden; denn in England kann man das halbe
Duzend solcher blau bemalten Teller aus Pfeifenthon fuͤr 2 1/2 Schill.
haben.
Fr. Wie groß ist der Preis des Porcellans, welches
von den Leuten, die sonst solches englisches Fabrikat kaufen wuͤrden,
gelaust wird?
A. Er betraͤgt 6 Fr. 50 Cent, per Duzend mit 5
Proc. Nachlaß und eben so viel Disconto. Die Basis meiner Fabrikation besteht
aus solcher Waare; monatlich kommen 18,000 Teller aus meinen Oefen, und
wuͤrde man diesen Zweig antasten, so waͤre mein ganzes
Geschaͤft entnervt.
Fr. Ist dieß der Preis der niederen Sorte oder eines
Gemisches von Sorten?
A. Es ist der Preis der sogenannten dritten Sorte. Die Concurrenz ist so groß,
daß die groͤßten Verkaͤufe unter dem Namen dieser Sorte geschehen,
obschon man in der That Fabrikat von zweiter Sorte darunter mengt. Fabrikat von
vierter Sorte wird so wenig verkauft, daß es gar nicht in Anschlag kommen kann;
es gehoͤrt zum Ausschusse.
Fr. Sie glauben, daß der Nachtheil, unter welchem die
franzoͤsischen Fabriken feiner Toͤpferwaaren arbeiten, von ihrer
Lage, von den groͤßeren Transportkosten, und von dem hoͤheren
Preise des Brennmateriales herruͤhre; meinen Sie nicht, daß die
Inferioritaͤt auch auf der Handarbeit und der Fabrikationsmethode
beruhe?
A. Unsere Fabriken sind nicht nur schlecht gelegen, sie haben nicht nur mit
groͤßeren Transportkosten und einem viel theureren Brennmateriale zu
kaͤmpfen, sondern sie benuzen auch noch bei weitem nicht alle die
vorteilhaften Vorrichtungen, deren man sich in England bedient. Kurz unsere
Fabriken sind, wie ich oben sagte, um 50 Jahre zuruͤk, und werden wohl
noch 10 Jahre brauchen, um sich gehoͤrig emporzuschwingen. Unsere
Fabrikanten muͤssen angereizt und gezwungen werden, Einiges zur
Verbesserung ihrer Producte zu thun, und den Schlendrian abzuschuͤtteln.
Will man ihre Traͤgheit, die die nothwendige Folge ihrer bisherigen
guͤnstigen Verhaͤltnisse ist, bekaͤmpfen, und will man sie
vorwaͤrts schreiten machen, so muß das Einfuhrverbot aufgehoben, und
nicht durch uͤbermaͤßige Zoͤlle ersezt werden. Dessen
ungeachtet wuͤnschte ich aber ziemlich hohe Zoͤlle. Was bei diesen
an fremden Waaren eingeht, wird unseren Fabrikanten als Muster dienen, und sie
dazu antreiben, ihre Fabrikate auf eine hoͤhere Stufe zu bringen. Ich
befinde mich bei der Porcellanfabrikation z.B. in diesem Falle. Seit einigen
Jahren uͤberschwemmen uns die Englaͤnder mit Theeservicen aus
vergoldetem rothem und blauem Porcellan, welche bei uns im Detail zu 72 bis 80
Fr. mit Vortheil verlauft werden, waͤhrend sie in England 25 bis 30
Schill. gelten. Seit dieser Zeit nun verkaufe ich nur mehr sehr reiche Service,
und gar keine gewoͤhnlichen.
Fr. Sie halten aber doch auf den fremden
Maͤrkten Concurrenz?
A. Allerdings, in solchen Artikeln, in welchen wir es noͤthig gefunden
haben; in anderen haben die Englaͤnder uns verdraͤngt.
Fr. Welche Sorte Porcellan versenden Sie nach
Amerika?
A. Nach Amerika wird ein Porcellan von eigener Form versendet. Ich verfertige
seit 3 bis 4 Jahren zu diesem Behufs diese Formen, die den englischen
aͤhnlich sind, und welche mir die Amerikaner als Muster einsandten. Ich
kann sie zu einem so niedrigen Preise liefern, daß ich mit den
Englaͤndern Concurrenz zu halten im Stande bin. Ich habe vor einigen
Monaten auch angefangen Service zu fabriciren, welche den englischen
aͤhnlich sind, und welche 36 bis 40 Fr. kosten; ich werde sie auf die
fremden Markte bringen, und sehen, ob ich in Amerika gluͤklich damit seyn
werde.
Fr. Versenden Sie auch nach England Porcellan?
A. Ja, aber nur reiches, kostbares.
Fr. Ist zwischen dem englischen und dem
franzoͤsischen weiß Porcellan ein bedeutender Unterschied?
A. Der Preis ist, so viel ich weiß, bei beiden so ziemlich gleich.
Fr. Auf welche Weise soll der Zoll bestimmt
werden?
A. Ich glaube, er ließe sich am besten nach dem Werthe bestimmen. Der Unterschied
des Preises der feinen und der gemeinen Waare ist so groß, daß ein nach dem
Gewichte bemessener Zoll der den feinen Artikeln beinahe von gar keiner
Bedeutung seyn wuͤrde waͤhrend er fuͤr die gemein Waare
ganz enorm waͤre. 100 Kilogr. gemeines Porcellan repraͤsentiren
einen Werth von 100 Fr.; da nun der Zoll gegenwaͤrtig 164 Fr. per 100 Kilogr. betraͤgt, so ist dieß ein
Zoll von 164 Proc.
Fr. Glauben Sie nicht, daß bei einem nach dem Werthe
berechneten Zolle, abgesehen von vielen anderen Schwierigkeiten, viele
Unterschleife durch falsche Angaben sich ergeben wuͤrden?
A. Ich habe oft Porcellan nach England versendet, wo der Zoll nach dem Werthe
regulirt ist; allein ungeachtet meines Strebens den moͤglich niedrigsten
Zoll zu zahlen, konnte ich nie mehr, als hoͤchstens den vierten Theil des
Werthes gewinnen.
Fr. Haben Sie nie gefunden, daß der nach dem Werthe
zu entrichtende Zoll manche andere Unannehmlichkeiten mit sich bringt?
A. Die Untersuchung geschieht in England sehr streng; und das beim Aus-
und Einpaken immer vorkommende Zerbrechen einiger Gegenstaͤnde ist sehr
nachtheilig. Dennoch ist dieß nach meiner Ueberzeugung die leichteste Methode
den Zoll zu erheben, besonders wenn man sie mit dem Verkaufsrechte in Verbindung
bringt. Ich glaube nicht, daß es moͤglich ist, den Schaz um mehr als 25
bis 30 Cent. des wirklichen Werthes zu hintergehen.
Fr. Ließe sich nicht ein Minimum des Welches
festsezen?
A. Allerdings; allein es fehlt mir an Documenten zur Bestimmung desselben.
Fr. Wie hoch schlagen Sie den Zoll an, den unsere
Porcellanfabriken gegenwaͤrtig noch als Schuz noͤthig haben?
A. Bei dem gewoͤhnlichen Porcellan duͤrfte der dem Werthe nach
bestimmte Zoll nicht niedriger seyn, als jener Zoll, der gegenwaͤrtig dem
Gewichte nach darauf haftet.
Fr. Dieser Zoll betraͤgt aber, wie Sie selbst
sagten, 164 Proc.; und wenn Sie, wie Sie erklaͤrten, bereits auf den
fremden Maͤrkten mit den Englaͤndern Concurrenz halten
koͤnnen, so scheint es nicht, daß Sie zum Schuze auf dem eigenen Markte
einen so enormen Zoll beduͤrfen?
A. Wir halten allerdings in ganz feinem Porcellan mit den Englaͤndern
Concurrenz; allein keineswegs koͤnnen wir dieß mit unserem
gewoͤhnlichen Porcellan, dem die Englaͤnder mit Vortheil ihren
schoͤnen und guten Pfeifenthon und ihr blau gemaltes
Ironstone-China entgegensezen, welche beide sehr wohlfeil und sehr
brauchbar sind, vergleichen. Die Nachtheile unserer Fabrikation ruͤhren,
wie gesagt, von den hohen Transportkosten und dem Preise des Brennmaterials her;
es wird genuͤgen, wenn ich bemerke, daß mich der Transport an meiner zu
Champroux, Dept. de l'Allier, gelegenen Fabrik
allein auf 6 bis 7 Proc. zu stehen kommt.
Fr. Glauben Sie, daß sich diese Transportkosten durch
die Wendung der gegenwaͤrtigen im Baue befindlichen Canaͤle
vermindern werden?
A. Allerdings; allein diese Canaͤle scheinen nicht fettig werden zu
wollen.
Fr. Haben Sie sonst noch etwas
beizufuͤgen?
A. Ich erlaube mir, um der Commission den fraglichen Gegenstand noch mehr an's
Herz zu legen, nur noch zu bemerken, daß wir in Frankreich gegenwaͤrtig
31 Porcellanfabriken besizen, deren Mate sich jaͤhrlich auf
beilaͤufig 4,200,000 Fr. belaufen. Ich weiß nicht, ob die auf 5 Millionen
angeschlagene Produktion der Toͤpfereien uͤbertrieben ist; allein
so viel weiß ich, daß die Porcellanfabrikation der Toͤpferei
taͤglich mehr Raum abgewinnt.
[Fortsetzung.]