Titel: | Allgemeine Theorie der Färbekunst; von Hrn. Chevreul, Professor der Chemie und Director der Gobelins-Manufactur in Paris. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. LXIV., S. 344 |
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LXIV.
Allgemeine Theorie der Faͤrbekunst; von
Hrn. Chevreul, Professor der
Chemie und Director der Gobelins-Manufactur in Paris.Wir glauben, daß diese Abhandlung des Hrn. Chevreul,
welche wir mit einigen Abkuͤrzungen aus dem Dict.
technol. mittheilen, die wissenschaftlichgebildeten Faͤrber und
Cottonfabrikanten um so mehr interessiren wird, weil in derselben nicht nur die
wenigen Versuche, welche bisher angestellt wurden, um die Theorie der Farbekunst
im Allgemeinen aufzuklaͤren, zusammengestellt sind, sondern der Verfasser
dieselben auch noch durch seine eigenen bereichert hat. Hr. Chevreul theilt gelegentlich Beobachtungen mit,
welche fuͤr die praktische Wollenfaͤrberei wichtig sind, in der er
als Director der Gobelins-Manufactur schaͤzbare Erfahrungen zu
machen Gelegenheit hatte. A. d. R.
Aus dem Dictionaire technologique, Bd. XXI. S.
365.
Chevreul's allgemeine Theorie der Faͤrbekunst.
Die Faͤrbekunst hat bekanntlich zum Gegenstande auf Hanf, Linnen, Baumwolle,
Seide, Wolle und anderen Substanzen organischen Ursprungs gefaͤrbte
Koͤrper anzubringen, welche sich darauf durch die chemische Verwandtschaft
und nicht mechanisch, wie z.B. die auf Holz aufgestrichenen Oelfarben
befestigen.
Wir werden mit der Benennung Stoffe, wie Bertholtet, den Hanf, Flachs, die Baumwolle, Seide,
(thierische) Wolle etc. bezeichnen, mit welchen man die Faͤrbeoperationen
vornimmt, diese Substanzen moͤgen nun in dem Zustande, wie man sie zum
Verspinnen anwendet, oder bereits gesponnen oder als Gewebe vorkommen. Unter der
allgemeinen Benennung Pflanzenfaser (vegetabilischer Faserstoff) werden wir den
Hanf, Flachs und die Baumwolle begreifen.
Nach der Definition, welche wir so eben von der Faͤrbekunst gegeben haben,
sind die Verfahrungsarten, wodurch man in neuester Zeit in die Zwischenraͤume
der Fasern leinener und baumwollener Gewebe und sogar in die der Fasern des
Wollengarns außerordentlich fein zertheilte gefaͤrbte Pulver
einfuͤhrte, bloß mechanische und im Allgemeinen von den Verfahrungsarten,
welche im Ganzen die Faͤrbekunst ausmachen, verschieden; ich sage im
Allgemeinen, denn es koͤnnte wohl der Fall seyn, daß manches gefaͤrbte Pulver, welches
mechanisch zwischen die Fasern eines Stoffes gebracht worden ist, sich darauf zum
Theil wenigstens in Folge der chemischen Verwandtschaft dieses Pulvers zur Substanz
des Stoffes befestigte.
Die Beziehungen der Faͤrbekunst zu den Grundlehren der Chemie machen die
Theorie der eigentlich so genannten Kunst aus, und diese Theorie beruht auf der
Kenntniß
1) der verschiedenen Koͤrper, welche bei den Faͤrbeoperationen mit
einander in Beruͤhrung kommen;
2) der Umstaͤnde, unter welchen diese Koͤrper wirken;
3) der Erscheinungen, welche sich waͤhrend der Wirkung einstellen
koͤnnen;
4) der Eigenschaften der gefaͤrbten Verbindungen, welche erzeugt worden
sind.
Die Kenntnisse, welche wir so eben aufgezaͤhlt haben, sind zwar die Grundlagen
der Theorie aller Faͤrbeoperationen; sie machen aber noch nicht das Ganze der
theoretischen Kenntnisse aus, welche auf diese Kunst in ihrer groͤßten
Allgemeinheit Bezug haben. Es gibt in der That Erscheinungen, welche sich nur durch
die Grundsaͤze der Optik erklaͤren lassen, die man aber als erwiesene
Thatsachen, welche auf einem physischen Geseze beruhen, doch kennen muß: dahin
gehoͤren z. B. die Veraͤnderungen, welche verschiedenartige Farben
wechselseitig zu erleiden scheinen, wenn wir sie gleichzeitig sehen. Man muß nicht
nur diese Modificationen kennen, sondern auch das Gesez selbst, durch welches man
voraussehen kann, welche Art von Veraͤnderung zwei gegebene Farben durch ihre
Nebeneinanderlegung erleiden werden: denn ohne diese Kenntniß waͤre es
unmoͤglich, uͤber Stoffe, welche man in Hinsicht auf die
Schoͤnheit ihrer Farben mit einander vergleicht, ein richtiges Urtheil zu
faͤllen, weil eine und dieselbe Farbe nach der ihr zunaͤchst
liegenden, welche gleichzeitlich gesehen wird, mehr oder weniger variirt. Hienach
besteht die Theorie oder die Wissenschaft der Faͤrbekunst aus einem
chemischen und einem physischen Theile.
Unsere Leser werden uͤberzeugt werden, daß die chemische Theorie der
Farbekunst nur ein Zweig der Chemie ist, wenn sie uns bei der Auseinandersezung der
wichtigsten Thatsachen folgen wollen, die die Kunst, Farbstoffe auf den Zeugen zu
befestigen, ausmachen. Wir werden uns keiner Hypothese
hingeben, sondern bloß die allgemeinen Thatsachen auffuͤhren, aber
in derjenigen Ordnung, welche ihren gegenseitigen Zusammenhang auf die
einleuchtendste Weise darlegt. Folgende Tabelle enthaͤlt die Titel der
Abteilungen, unter denen diese Thatsachen nach einander abgehandelt werden.
Tabelle, enthaltend die Classification der chemischen und
physischen Geseze, welche die Wissenschaft der Farbekunst ausmachen.
I. Abtheilung. Vorbereitung der Stoffe.
1ste Unterabtheilung.
Vorbereitung
des vegetabilischen Faserstoffes.
Baumwolle.Hanf.Flachs.
2te –
–
der Seide.
3te –
–
der Wolle.
II. Abtheilung. Gegenseitige Wirkung
der (zu faͤrbenden) Stoffe und der einfachen Koͤrper.
III. Abtheilung. Gegenseitige
Wirkung der Stoffe und der Sauren.
IV. Abtheilung. Gegenseitige Wirkung
der Stoffe und der Salzbasen.
V. Abtheilung. Gegenseitige Wirkung
der Stoffe und der Salze.
VI. Abtheilung. Gegenseitige Wirkung
der Stoffe und der neutralen, nicht salzartigen Verbindungen.
Gegenseitige Wirkung der Stoffe, der
neutralen,nicht salzartigen Verbindungen und der
sauren, basischenu. salzartigen Verb.
VII. Abtheilung.
Gegenseitige Wirkung der Stoffe, einer
oder mehrerer
bestimmten Verbindungen
saurer,basischer,salzartiger
und derorganischenFarbstoffe.
VIII. Abtheilung. Die
gefaͤrbten Stoffe, hinsichtlich der Haltbarkeit ihrer Farbe bei der
Einwirkung der Waͤrme, des Lichtes, des Wassers, des Sauerstoffes, der Luft,
der Seife und der Reagentien betrachtet.
IX. Abtheilung. Die
Faͤrbekunst in ihrer Beziehung zur Chemie.
X. Abtheilung. Die
Faͤrbekunst in ihrer Beziehung zur Optik, der Lehre von der Waͤrme
etc.
I. Abtheilung. Vorbereitung der
Stoffe.
Die Operationen, welche man mit den Stoffen vornimmt, ehe man sie faͤrbt,
haben hauptsaͤchlich zum Zwek: 1) fremdartige Substanzen von denselben zu
beseitigen; 2) sie geeigneter zu machen, sich mit den Koͤrpern zu vereinigen,
welche die farbigen Stoffe bilden, die der Faͤrber auf ihnen befestigen
will.
Die fremdartigen Substanzen, welche man von den Stoffen absondert, sind entweder
Koͤrper, die sie urspruͤnglich enthalten, oder fremdartige
Koͤrper, die man ihnen zugesezt hat, um sie spinnen oder weben zu
koͤnnen; oder endlich Koͤrper, womit sie zufaͤllig verunreinigt
wurden.
1) Den vegetabilischen Gespinnsten oder Geweben entzieht man eine farbige Verbindung
von stikstoffhaltiger Substanz, gelben organischen Farbstoff und eisenhaltige oder
kalkhaltige Stoffe, Chlorophyll und Pektiksaͤure (Gallertsaure), welche sie
alle urspruͤnglich enthalten; man entzieht ihnen auch Eisenoxyd, das sich
darauf zufaͤllig befestigte; und bei den Geweben kommt zu diesen
verschiedenen Substanzen noch die Schlichte, womit das zur Kette bestimmte Garn
impraͤgnirt wurde.
Die farbigen Bestandtheile der organischen Faser, bestehend entweder aus der gelben
Substanz, welche man Extractivstoff genannt hat, oder aus reinem oder mehr oder
weniger veraͤndertem Chlorophyll, koͤnnen erst dann durch eine
alkalische Lauge leicht beseitigt werden, nachdem sie dem Einfluß des Sauerstoffs
der feuchten Luft oder einer Chlor- oder Chloralkaliaufloͤsung
ausgesezt waren. Endlich kann man die Stoffe vom Eisenoxyd, so wie von einer
schwarzen Verbindung desselben mit einer adstringirenden Substanz durch
Saͤuren reinigen.
2) Der rohen Seide entzieht man durch kochendes Seifenwaffel eine Materie, die
uneigentlich Gummi oder Firniß
genannt wurde und die hauptsaͤchlich aus einer stikstoffhaltigen Substanz
besteht, welche beim Erkalten des Wassers, das damit in der Waͤrme
gesaͤttigt wurde, sich als Gallerte absondert. Diese Substanz, welche
ungefaͤhr den vierten Theil vom Gewichte der rohen Seide betraͤgt, ist
nur durch Spuren von Farbstoff gefaͤrbt. Wenn die Seide gebleicht werden muß,
sey es, um daraus weiße Zeuge zu verfertigen, oder um ihr lebhafte und
moͤglichst reine helle Farben ertheilen zu koͤnnen, so sezt man sie
der feuchten schwefeligen Saͤure aus.
3) Die Wolle wird zuerst mit Wasser gewaschen, um den groͤßten Theil ihrer
Unreinigkeiten zu beseitigen und dann mit Wasser entschweißt, welches schon Schweiß
und außerdem ammoniakalischen Urin oder gruͤne Seife oder auch Soda
(einfachkohlensaures Natron) enthaͤlt.
Die gewoͤhnliche Wolle verliert 20 bis 50 Proc. Schweiß und die Merinoswolle
50 bis 72 Proc.
Die Wolle wird, wie die Seide und aus demselben Grunde mit schwefeliger Saͤure
gebleicht. Sie zeigt merkwuͤrdige Unterschiede, hinsichtlich ihrer
Tauglichkeit, sich mit gefaͤrbten Koͤrpern zu verbinden; daher nimmt
man auch mit ihr, ehe man sie beizt oder faͤrbt, besonders wenn sie gemengt
ist, oft eine Operation vor, welche zum Zwek hat, ihre natuͤrliche Neigung,
sich mit den Beizen und Farbstoffen zu vereinigen, noch zu erhoͤhen. Man
glaubt allgemein in den Faͤrbereien, daß wegen einer fetten Substanz, die
beim Entschweißen nicht vollstaͤndig beseitigt wurde, gewisse Wollensorten
schwieriger zu faͤrben sind, als andere, welche man fuͤr vollkommen
entschweißt haͤlt. Wir koͤnnen diese Meinung nicht theilen, denn Wolle, der wir
durch Alkohol und Aether so viel Fett entzogen, als sie abgeben konnte,
faͤrbte sich nicht merklich besser als solche, die noch dasselbe Fett
enthielt und bloß mit Wasser entschweißt worden war.
Die Operationen, denen man das Wollengarn unterziehen kann, sind das Quellen und das Passiren in einer
alkalischen Fluͤssigkeit. Die gewebte Wolle, welche man als Tuch
oder stuͤkweise faͤrbt, kann in einer alkalischen Fluͤssigkeit
passirt werden.
Das Quellen, welches dann besteht, daß man auf Staͤben befindliches Wollengarn
entweder in Paͤden, wenn es wenig gedreht ist, oder nicht in Paͤden,
wenn es mehr oder weniger gedreht ist und sich daher nicht leicht filzen kann, eine
oder zwei Stunden lang in Wasser taucht, das ungefaͤhr den vierten Theil vom
Gewichte der Wolle an Kleie enthaͤlt, kann nicht unnuͤz seyn, wenn die
Wolle nicht gemengt ist; im entgegengesezten Falle aber und wenn sie mit Cochenille
carmesinroth, oder wenn sie saͤchsischgruͤn oder in gewissen anderen
Farben gefaͤrbt werden soll, welche wie leztere durch zwei verschiedene
Farbstoffe erzielt werden, ist das Quellen durchaus nicht hinreichend, um ganz
gleichfoͤrmige Farben zu erhalten. Beim Carmesinroth z.B. werden manche Faden
fast weiß oder schwach rosenroth seyn, und andere dunkelroth; beim
Saͤchsischgruͤn wird man blaue oder gruͤnlichblaue und gelbe
Faͤden erhalten.
Der Uebelstand, welchen ein Gemenge von verschiedenen Wollensorten darbietet und der
sich zeigt, wenn man gleichfoͤrmige Farben erzielen will, verschwindet, wenn
man an Statt des kochenden Seifenbades ein alkalisches Bad anwendet.
Gewoͤhnlich benuzt man dazu das einfach kohlensaure Natron, indem man in 40
Theilen Wasser 1/4 Theil krystallisirte Soda aufloͤst und die
Fluͤssigkeit auf 50 bis 85° C. (40 bis 68° R.) erhizt: in
dieselbe taucht man einen Theil Wolle 20 bis 30 Minuten lang. Die aus diesem Bade
kommende Wolle ist gelb gefaͤrbt, welche Farbe ihr dadurch schnell benommen
werden kann, daß man sie 10 Minuten lang in verduͤnnte Salzsaͤure von
5° taucht, die auf 40 bis 50° C. (32 bis 40° R.)
erwaͤrmt ist; sie verschwindet auch nach und nach an der Luft. Wahrscheinlich
entsteht diese gelbe Farbe durch die Einwirkung des Schwefels und des Eisens, welche
die Wolle enthaͤlt.
Die verschiedenartigen alkalischen Fluͤssigkeiten haben zwar die Eigenschaft
die ungleichartige Wolle zu disponiren, daß sie sich gleichfoͤrmig
faͤrbt, erzeugen jedoch nicht alle durchaus dieselbe
Wirkung: es ist dieses das Ergebniß von Versuchen, die mich seit mehreren
Jahren beschaͤftigen und wovon die wichtigsten in einer dem Institut
uͤbergebenen versiegelten Abhandlung beschrieben sind. Ich habe diese Versuche nur
deßwegen noch nicht bekannt gemacht, weil ich ihre Resultate mit denjenigen
vergleichen wollte, die man bei den gewoͤhnlichen Verfahrungsarten
erhaͤlt, um zugleich dem Publicum die Vortheile und Nachtheile dieser neuen
Verfahrungsarten vor den alten auseinanderzusezen; man wird seiner Zeit sehen, daß
ich sehr zahlreiche Versuche anstellte, damit diejenigen, welche sie im Großen
wiederholen wollen, in keine Irrthuͤmer gefuͤhrt werden.
II. Abtheilung.
Da die vegetabilischen und animalischen Faserstoffe ternaͤre und
quaternaͤre Verbindungen sind, so haben sie keine oder doch nur eine sehr
schwache Neigung sich mit einfachen Koͤrpern zu verbinden. Wir wissen auch,
daß sich leztere fast nur untereinander oder mit binaͤren Verbindungen
vereinigen und daß sie in den meisten Faͤllen, wo sie auf mehr
zusammengesezte Verbindungen einwirken, nur die Anordnung der Elemente dieser
lezteren stoͤren, nicht aber sich mit ihnen durch resultirende Verwandtschaft vereinigen.
Stoffe, die in ihren Zwischenraͤumen von Selenwasserstoffsaͤure
durchdrungen sind, faͤrben sich durch hoͤchst fein zertheiltes
Selenium, indem der Wasserstoff, womit dasselbe verbunden war, durch den Sauerstoff
der Luft verbrannt wird. Die schwarze Kohle wurde angewandt, um vegetabilische
Gewebe grau zu faͤrbenPolyt. Journal Bd. XL. S. 356. A. d.
R.; es ist aber sehr wahrscheinlich, daß sie sich nicht durch chemische
Verwandtschaft darauf befestigt. Mehrere Metalle, wie das Gold und das Silber,
werden in Blattform vermittelst einer leimenden Substanz auf baumwollenen, seidenen
und wollenen Geweben befestigt, die man vergolden oder versilbern will; man hat sie
auf denselben in einem noch viel mehr zertheilten Zustande angebracht,
naͤmlich nach dem Verfahren der Madame Fulhame,
welches darin besteht, den Stoff in eine aͤtherische Aufloͤsung von
Phosphor zu tauchen, ihn dann herauszuziehen und wenn er weiße Daͤmpfe zu
verbreiten anfaͤngt, ihn in eine Aufloͤsung von Chlorgold oder
salpetersaurem Silber zu tauchen.
III. Abtheilung. Gegenseitige
Wirkung der Stoffe und der Saͤuren.
IV. Abtheilung. Gegenseitige
Wirkung der Stoffe und der salzfaͤhigen Basen.
Obgleich man als Grundsaz aufstellen kann, daß die Stoffe, die sich gegen
gefaͤrbte Reagentien wie neutrale Verbindungen verhalten, eine gleiche
Tendenz haben, sich mit den Saͤuren und den salzfaͤhigen Basen zu
verbinden, so wird man doch, wenn man die bekannten Thatsachen mir Aufmerksamkeit
untersucht, sehen, daß sie, in den meisten Faͤllen geneigter scheinen, sich
mit den sauren Verbindungen zu vereinigen, als mit den alkalischen, und daß sie
folglich alsdann, wenn auch nur in geringem Grade, eher alkalischer als saurer Natur
sind.
Wenn man nun die Ursachen untersucht, welche hauptsaͤchlich Einfluß auf die
Verbindungen ausuͤben, die sich zwischen den Stoffen und den Sauren oder
zwischen den Stoffen und den salzfaͤhigen Nasen bilden koͤnnen, so
wird man finden, daß die Aufloͤslichkeit oder Unaufloͤslichkeit im
Wasser, welche eine mit einem befeuchteten Stoffe in Beruͤhrung gebrachte
Saͤure oder salzfaͤhige Basis besizt, den groͤßten Einfluß auf
die Leichtigkeit oder Schwierigkeit hat, womit die Vereinigung sich herstellen kann,
und außerdem auch aus die Bestaͤndigkeit dieser Verbindung, nachdem sie sich
gebildet hat.
Man muß bei den Wirkungen, welche wir untersuchen, zwei allgemeine Faͤlle
unterscheiden: denjenigen, wenn der Stoff entweder mit einer Saͤure oder mit
einer salzfaͤhigen Basis, im freien Zustande, in Beruͤhrung kommt, und
denjenigen, wo er mit einer Saͤure, die mit einer salzfaͤhigen Basis
verbunden ist, oder mit einer salzfaͤhigen Basis, die mit einer Saͤure
vereinigt ist, zusammengebracht wird. La der zweite Fall in die 5te Abtheilung
gehoͤrt, so werden wir ihn hier nicht naͤher betrachten.
Gemaͤß dem, was wir uͤber die Neutralitaͤt der Stoffe gesagt
haben, und uͤber den Einfluß, welchen die Aufloͤslichkeit oder
Unaufloͤslichkeit der Sauren oder salzfaͤhigen Basen, womit man sie in
Beruͤhrung bringt, auf die gegenseitige Wirkung dieser Koͤrper
ausuͤbt, werden wir zuerst von der Wirkung der in Wasser aufloͤslichen
Saͤuren oder salzfaͤhigen Basen auf die Stoffe, und dann von der
Wirkung der unaufloͤslichen Saͤuren und salzfaͤhigen Basen auf
dieselben Koͤrper handeln.
Bisher hat man, um auszumitteln, ob zwischen einem Stoffe und einer Saͤure
oder einer salzfaͤhigen Basis, die in Wasser aufgeloͤst, mit demselben
in Beruͤhrung kam, eine Vereinigung Statt gefunden hat, den Stoff mehrmals
mit destillirtem Wasser ausgewaschen; hiebei ist es aber sehr schwierig, den
Zeitpunkt zu errathen, wo man aufhoͤren muß auszuwaschen. War naͤmlich
das Auswaschen unzureichend, so wird der Stoff offenbar Saͤure oder Basis in
bloß beigemengtem Zustande zuruͤkhalten; wurde hingegen das Auswaschen zu
weit getrieben, so kann es dahin kommen, daß alle Saͤure oder Basis durch die
aufloͤsende Wirkung des Wassers (welche die Verwandtschaft des Stoffes zum
aufloͤslichen Koͤrper uͤbertrifft) abgezogen wird. Man hat also
bei diesem Verfahren kein verlaͤßliches Kennzeichen, um den Augenblik zu
treffen, wo man aufhoͤren muß, den Stoff mit Wasser zu behandeln.
Um diese Schwierigkeit zu umgehen, haben wir ein von jenem ganz verschiedenes
Verfahren eingeschlagen. Es besteht in folgen: dem: wir fangen damit an, die Menge
der im Wasser aufgeloͤsten Saͤure oder Basis dem Gewichte nach genau
zu bestimmen; wir bringen die Aufloͤsung mit einem moͤglichst trokenen
Stoffe in einem gut verschlossenen Gefaͤße in Beruͤhrung, und
bestimmen, nachdem sich zwischen den Koͤrpern das chemische Gleichgewicht
hergestellt hat, das Verhaͤltnis der Saͤure in einem bestimmten
Gewichte der Fluͤssigkeit. Offenbar muß, wenn die Fluͤssigkeit weniger
Saͤure als vorher enthaͤlt, eine Vereinigung zwischen dem Stoffe und
der Saͤure Statt gefunden haben.
Wir theilen hier die Resultate mehrerer Versuche mit:
1) In Wasser, welches in 10 Kubikcentimeter 1 Gramm wasserfreie Schwefelsaͤure
enthielt, wurde Wolle eingeweicht, an die es auch einen Antheil Saͤure abgab,
denn nach der Reaction enthielt das Wasser viel weniger Saͤure als
vorher.
2) Ein aͤhnliches Resultat gab die Seide.
3) Bei der vegetabilischen Faser war das Resultat gerade umgekehrt, d.h. die Faser
hatte mehr Wasser als Saͤure verschlukt.
4) Wasser, welches in 10 Kubikcentimeter 1,1628 Gr. Salzsaͤure enthielt,
verhielt sich mit der Wolle wie die Schwefelsaure.
5) Alle Verbindungen der aufloͤslichen Saͤuren mit den Stoffen, die wir
Gelegenheit hatten zu untersuchen, koͤnnen durch eine hinreichende Menge von
Wasser vollstaͤndig zersezt werden.
Die Bittererde, der Kalk etc. koͤnnen sich mit der Wolle verbinden.
Wenn man die Wirkung der unaufloͤslichen Saͤuren und
salzfaͤhigen Basen auf die Stoffe untersucht, so findet man, daß nur eine
kleine Anzahl davon sich in festem Zustande geradezu bei Dazwischenkunft von Wasser
mit ihnen vereinigt, da die Cohaͤsionskraft dieser Substanzen und die des
Stoffes meistens ein Hinderniß der Vereinigung ist. Unter die salzfaͤhigen
Vasen, welche sich als unaufloͤsliche Hydrate mit ihnen verbinden
koͤnnen, gehoͤrt das Eisenoxyd. Ich ließ diese Basis ein Jahr lang in
Flaschen, welche Wasser mit Wolle, Seide und Baumwolle enthielten; sie verband sich
mit den beiden ersten Stoffen und faͤrbte dieselben gleichfoͤrmig,
waͤhrend sie mit der Baumwolle keine merkliche Vereinigung einging.
V. Abtheilung. Gegenseitige Wirkung
der Stoffe und der Salze.
Die Salze haben sehr verschiedene Wirkungen auf die Stoffe, und nach dem, was wir von
dem Einfluß der Aufloͤslichkeit und Unaufloͤslichkeit der
Saͤuren und Basen auf ihr Vermoͤgen sich mit ihnen zu verbinden,
gesagt haben, laͤßt sich voraussehen, daß sich die aufloͤslichen Salze
anders verhalten werden, als die unaufloͤslichen, und daß die Salze, deren
Saͤure und Basis aufloͤslich sind, sich ganz anders verhalten
koͤnnen, als diejenigen, bei welchen bloß die Saͤure oder Basis
aufloͤslich ist; endlich wird abgesehen von der Aufloͤslichkeit, auch
die specielle Wahlverwandtschaft der Saͤure oder Basis zu den Stoffen
ebenfalls einen Einfluß ausuͤben koͤnnen. Ungluͤklicher Weise
hat man die Versuche in theoretischer Hinsicht nicht genug vervielfaͤltigt,
um uͤber die gegenseitige Wirkung der Stoffe und der Salze im Allgemeinen, so
wie uͤber die eines Stoffes und eines Salzes insbesondere, etwas
Vollstaͤndiges mittheilen zu koͤnnen.
Wenn man ein aufloͤsliches Salz mit einem Stoffe in Beruͤhrung bringt,
so kann es sich treffen
1) daß keine gegenseitige Wirkung zwischen den Koͤrpern Statt findet;
2) daß zwischen dem Stoffe und dem Salze eine Vereinigung erfolgt, ohne daß die
naͤheren Bestandtheile dieses lezteren in ihrem gegenseitigen
Verhaͤltnisse eine Veraͤnderung erleiden;
3) daß sich auf dem Stoffe Antheile von Saͤure und Basis befestigen, und zwar
in einem anderen Verhaͤltnisse, als sie in dem Salze vor seiner
Beruͤhrung mit dem Stoffe vorhanden waren;
4) daß zwischen dem Stoffe und einem der naͤheren Bestandtheile des Salzes,
entweder bloß der Saͤure, oder bloß der Basis, eine Vereinigung erfolgt.
I. Fall. Es findet zwischen dem
Stoffe und dem Salze keine Verbindung Statt.
Aus Mangel an Versuchen, die nach der oben angegebenen Methode angestellt sind,
und weil die Verwandtschaft eines Salzes zu einem Stoffe so schwach seyn kann,
daß sich auf demselben nur eine außerordentlich geringe Menge davon befestigt,
und daß es der Wirkung des Auswaschens nicht widersteht (welches man anwendet,
um den Theil der Salzaufloͤsung wegzuschaffen, welche den Stoff bloß
befeuchtet, ohne sich mit demselben verbunden zu haben), ist es bei dem
gegenwaͤrtigen Standpunkte der Wissenschaft sehr schwer ein Beispiel
anzufuͤhren, das unwiderlegbar beweist, daß dieser Fall wirklich
vorkommt.
II. Fall. Vereinigung zwischen
dem Stoffe und dem Salze.
Da sich das Cyaneisenkalium (gelbes eisenblausaures Kali) bei Anwendung einer
viel groͤßeren Menge Wasser als zur Aufloͤsung des Salzes
erforderlich ist) mit der Seide und der Wolle vereinigt, so ist es
wahrscheinlich, daß eine große Anzahl der aufloͤslichen Salze, welche aus
einer aufloͤslichen Saͤure und irgend einem, ebenfalls
aufloͤslichen Alkali bestehen, sich auf eine aͤhnlich Art
verhalten koͤnnen; man begreift aber sehr wohl, daß eine maͤchtige
Verwandtschaft zwischen den naͤheren Bestandtheilen dieser Verbindungen
Statt finden muͤßte, wenn sie der Wirkung des Wassers auf das
aufloͤsliche Salz widerstehen sollten.
Es gibt Salze, bei denen nur einer ihrer naͤheren Bestandtheile in Wasser
aufloͤslich ist und die sich mit den Stoffen ohne Zersezung verbinden;
ein solches ist nach den HH. Thenard und Roard der Alaun. Es ist merkwuͤrdig, daß
ungeachtet der Unaufloͤslichkeit der Alaunerde das Salz durch reines
kochendes Wasser, ohne eine Veraͤnderung zu erleiden, dem Stoffe wieder
entzogen wird. Dieß beweist, daß die wechselseitige Verwandtschaft der
Schwefelsaure zur Alaunerde und die der schwefelsauren Alaunerde zum
schwefelsauren Kali dann uͤber die Verwandtschaft der Alaunerde zum
Stoffe das Uebergewicht erhalten, obgleich diese Verwandtschaft durch den festen
Zustand dieser beiden lezteren Koͤrper beguͤnstigt wird.
Schwefelsaures Kupfer, Zink etc. schienen sich wie der Alaun zu verhalten.
Schwefelsaures Eisenoxydul scheint sich auch auf dieselbe Art zu verhalten: so
oft man einen Stoff in seine Aufloͤsung ohne Luftzutritt taucht, findet
die Vereinigung Statt, ohne daß sich der Stoff faͤrbt; wenn aber ein Mal
das schwefelsaure Eisenoxydul damit verbunden ist, wird es ihn in
Beruͤhrung mit der Luft faͤrben, indem es sich in gelbes und
unaufloͤsliches basisch schwefelsaures Eisenoxyd verwandelt.
III. Fall. Vereinigung des
Stoffes mit der Saͤure und der Basis des Salzes, aber in einem anderen
Verhaͤltnisse, als sie im Salze vorhanden sind.
Die Salze, welche einen naͤheren unaufloͤslichen und einen
naͤheren aufloͤslichen Bestandtheil enthalten und durch Einwirkung
des Wassers in ein unaufloͤsliches Salz verwandelt werden, worin der
unaufloͤsliche Bestandtheil im Ueberschuß enthalten ist, erleiden im
Allgemeinen auch diese Zersezung, wenn man sie mit einem Stoffe in
Beruͤhrung bringt, der zu dem unaufloͤslichen Bestandtheile eint
gewisse Verwandtschaft hat. Ein Beispiel liefert die Wirkung des schwefelsauren
Eisenoxyd auf die Seide, die ich sehr genau untersucht habe.
Wenn man 0,50 Gr. schwefelsaures Eisenoxyd in so viel Wasser aufloͤst, daß
die Aufloͤsung 110 Kubikcentimeter einnimmt, die Fluͤssigkeit dann
in zwei gleiche Theile theilt, und in einen davon 1 Gramm Seide zwei Stunden
lang taucht, so wird der Stoff nach Verlauf dieser Zeit von Eisenoxyd eine
Rostfarbe angenommen haben, und die Fluͤssigkeit wird natuͤrlich
einen groͤßeren Antheil Saͤure enthalten, waͤhrend die
Aufloͤsung, welche nicht mit der Seide in Beruͤhrung kam, sich
nicht getruͤbt haben wird; uͤberlaͤßt man leztere aber
mehrere Monate lang sich selbst, so wird sie basisch schwefelsaures Eisenoxyd
absezen; daraus folgt:
1) Daß die Seide in Beruͤhrung mit schwefelsaurem Eisenoxyd, welches in
Wasser aufgeloͤst ist, eine Zersezung dieses Salzes bewirkt, die ohnedieß
wenigstens nicht innerhalb zwei Stunden erfolgt waͤre.
2) Daß die Ursache der Zersezung des schwefelsauren Eisenoxyds in basisches Salz,
welches sich auf der Seide befestigte, nur der chemischen Verwandtschaft
derselben zum basischen Eisensalze zugeschrieben werden kann.
Aus der Art, wie wir die Wirkung des schwefelsauren Eisenoxyds auf die Seide
betrachtet haben, laͤßt sich leicht einsehen, daß die Menge des Wassers
in der Aufloͤsung einen großen Einfluß auf die Quantitaͤt des
Salzes, welches sich zersezt, haben wird. Wenn man einerseits 1 Gramm Seide in
10 Gr. Wasser taucht, worin 0,5 Gr. schwefelsaures Eisenoxyd aufgeloͤst
ist und andererseitsandererseis 1 Gr. Seide in 60 Gr. Wasser, worin ebenfalls 0,5 Gr. des Salzes
aufgeloͤst ist, so werden die Muster, wenn man sie nach Verlauf einer
Stunde aus der Fluͤssigkeit nimmt und stark ausdruͤkt, bevor man
sie waͤscht, sich von einander unterscheiden; das erste wird eine
ziemlich hellere Farbe haben, als das zweite: es findet aber bei dem Einflusse
des Wassers eine Graͤnze Statt, und wenn diese uͤberschritten
wird, so gilt die Aufloͤsung weniger Oxyd an den Stoff ab, als unter
dieser Graͤnze, sey es, daß der Stoff nicht mehr so viel
Beruͤhrung mit den Salzatomen hat, oder daß die Wirkung des Wassers,
heftig genug ist, um die Zersezung eines Antheiles Salz vor der Zeit zu
bewirken, wo dieser Antheil sich durch die Verwandtschaft auf der Leide
befestigen koͤnnte. Endlich begreift man auch nach den vorhergehenden
Thatsachen wohl, daß alle Ursachen, welche die Aufloͤsungskraft der
Fluͤssigkeit auf das Eisenoxyd verstaͤrken, auch gegen die
Verwandtschaft des Stoffes zu diesem Oxyd wirken. Versezt man z.B. das Salz mit
Schwefelsaure, so wird sich weniger Basis auf dem Stoffe befestigen; dagegen
wird eine Eisenaufloͤsung, welche mit der hineingetauchten Seide im
Gleichgewicht ist, an dieselbe eine neue Quantitaͤt Basis abgeben
koͤnnen, wenn man die uͤberschuͤssige oder frei gewordene
Saͤure mit Kali saͤttigt. Die Erfahrung bestaͤtigt
vollstaͤndig alle aus den vorhergehenden Thatsachen gezogenen
schloͤsse. Endlich begreift man auch, daß Aufloͤsungen von
verschiedenen Eisenoxydsalzen unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden
eine desto groͤßere Wirkung auf die Seide haben werden, je groͤßer
ihre Neigung, ihre Basis fallen zu lassen, ist, und zwar innerhalb einer geeigneten Zeit,
damit diese Basis mit dem Stoffe eine Verbindung eingehen kann.
IV. Fall. Vereinigung zwischen
dem Stoffe und bloß einem der naͤheren Bestandtheile des Salzes.
Nach den Versuchen der HH. Thenard und Roard zersezt die Wolle, mit zweifach weinsteinsaurem
Kali in Beruͤhrung gebracht, einen Antheil davon vollstaͤndig; es
bleibt neutrales weinsteinsaures Salz in Aufloͤsung, waͤhrend sie
sich mit Weinsteinsaͤure und außerdem, wie es scheint, mit einer geringen
Menge unzersezten Salzes verbindet.
Es waͤre moͤglich, daß unter den Salzen, von denen man weiß, daß
sie an die Stoffe ein basisches Salz abgeben, einige wirklich eine gewisse Menge
ihrer Basis in reinem Zustande ihnen uͤberlassen. So viel ist gewiß, daß
es Faͤlle gibt, wo Stoffe, welche mit Salzaufloͤsungen in
Beruͤhrung waren, deren Basen unaufloͤslich sind und nicht stark
an ihrer Saͤure haͤngen, wenn sie dann mit heißem oder einer
hinreichenden Menge kalten Wassers behandelt werden, bloß die reine Basis des
Salzes zuruͤkhalten. Wenn z.B. Baumwolle in eine Aufloͤsung von
essigsaurer Alaunerde eingeweicht, dann an der Luft getroknet wird, wodurch sie
schon ein wenig Essigsaure verliert, und hierauf mit kochendem Wasser behandelt
wird, so enthaͤlt sie nur noch reine Alaunerde.
Endlich ist es offenbar, daß wenn Stoffe, die mit Salzen von
unaufloͤslicher Basis getraͤnkt wurden, mit alkalischen
Fluͤssigkeiten behandelt werden, leztere sich der Saͤure
bemaͤchtigen, und die Basis den Stoffen in reinem Zustande
uͤberlassen. Dieß ist auch der Fall, so oft Stoffe mit kalkhaltigem
Wasser in Beruͤhrung kommen, welches sich oͤfters erneuert. Der
kohlensaure Kalk eines solchen Wassers kann die Saͤure des auf dem Stoff
befestigten Salzes neutralisiren, und seine Basis im aͤzenden, oder wenn
sie sich mit Kohlensaͤure zu verbinden vermag, im kohlensauren Zustande
zuruͤklassen.
Das Studium der Wirkung der Salze auf die Stoffe ist heut zu Tage die Grundlage
der Theorie der Farbekunst; mehrere Sch werden auch geradezu als Farbstoff
angewandt. So faͤrbt man rostgelb mit den Eisensalzen; blaͤulich
mit schwefelsaurem oder essigsaurem Kupfer; blaͤulichgruͤn mit
arseniksaurem Kupfer; gelb und orange mit chromsaurem Blei; blau mit
Berlinerblau; olivenblau mit demselben Salze und Eisenoxyd oder einem basischen
Eisenoxydsalze; gruͤnlichblau mit basischem Eisenoxydsalze und
eisenblausaurem Kali (Blutlaugensalz); solidgruͤn mit Berlinerblau und
eisenblausaurem Titan etc.
VI. Abtheilung. Gegenseitige
Wirkung der Stoffe und der neutralen nicht salzartigen binaͤren,
ternaͤren etc. Verbindungen. Gegenseitige Wirkung derselben
Koͤrper und der sauren, basischen und salzartigen Verbindungen.
Mehrere Schwefelmetalle, wie die Schwefelungsstufen des Arseniks, das
Schwefelcadmium, Schwefelblei, Schwefelkupfer, das wasserhaltige Schwefelantimon,
die Schwefelungsstufen des Zinns, das Queksilberjodid etc. und alle sogenannten unorganischen Verbindungen koͤnnen auf
den Stoffen befestigt werden, und ihnen mehr oder weniger haltbare Farben ertheilen.
Folgende sind die merkwuͤrdigsten Verfahrungsarten solcher Anwendungen.
Um mit rothem Schwefelarsenik zu faͤrben, loͤst Hr. Braconnot diese Verbindung in concentrirtem Ammoniak auf,
und taucht dann die Stoffe in diese Aufloͤsung. Wenn sie damit
gleichfoͤrmig getraͤnkt sind, sezt er sie der Luft aus; das
Schwefelarsenik bleibt dann darauf zuruͤk, weil das Ammoniak verdampft.
Hr. Houtou-Labillardiére, gab diesem
Verfahren eine neue Ausdehnung, indem er auf Baumwollenzeugen orangerothe,
rothbraune, braune und schwarze Substanzen befestigte,Polytechn. Journ. Bd. XXXII. S. 289.
A. d. R. die er als Verbindungen von gelbem Schwefelarsenik mit Bleioxyd betrachtet.
Nachdem er den Zeug mit saurem oder basischem essigsaurem Blei gebeizt hat, bringt
er ihn in eine kalte alkalische Aufloͤsung von gelbem Schwefelarsenik, die er
mit einfach kohlensaurem Kali versezt hat, wenn er Orangeroth erhalten will, oder
mit Aezkali, wenn er Braunroth oder Braun will; um Schwarz zu erhalten, operirt er
in der Waͤrme, indem er Aezkali anwendet.
Man traͤnkt auch die Baumwollenzeuge mit einer Aufloͤsung von
Schwefelantimon in Aezkali, und saͤttigt lezteres dann mit einer
Saͤure, wodurch sich das Schwefelmetall niederschlaͤgt, und auf dem
Faserstoffe befestigt.
Das Schwefelcadmium kann man auf Seide etc. befestigen, indem man den Stoff mit einem
Cadmiumsalz beizt und ihn dann durch eine Aufloͤsung von Schwefelkalium in
Wasser zieht.
Durch aͤhnliche Verfahrungsarten kann man auch das Schwefelblei,
Schwefelkupfer, Schwefelzinn u.s.w. auf den Stoffen befestigen.
Das Schwefelblei faͤrbt die Wolle unter mehreren Umstaͤnden: diese
Faͤrbung gibt ein Mittel an die Hand, um die Wolle und uͤberhaupt die
Haare, welche, wie sie, urspruͤnglich Schwefel enthalten, von der Seide und
anderen aͤhnlichen Substanzen zu unterscheiden, die Uns Insecten liefern. Zu
diesem Ende erhizt man einen Theil dieser Substanzen gelinde in 200 Theilen Wasser,
in welches man einen Theil Bleioxyd und 1/4 Theil Aezkali gebracht hat; die Wolle
oder die Haare werden geschwaͤrzt, weil auf Kosten ihres Schwefels
Schwefelblei entsteht, waͤhrend die anderen keinen Schwefel enthaltenden
Substanzen ihr Aussehen nicht veraͤndern.
Das rothe Jodqueksilber kann auf Baumwolle befestigt werden, da diese Farbe aber
keine Bestaͤndigkeit hat, so wendet man sie in den Kattundrukereien nicht
an.Ueber die deßhalb angestellten Untersuchungen vergleiche man Polytechn.
Journal Bd. XXVII. S. 37. A. d.
R.
––––––––––
Man wendet in den Faͤrbereien eine große Anzahl ternaͤrer oder
quaternaͤrer Farbstoffe (sogenannte organische,
weil sie nur im Pflanzen- und Thierreiche vorkommen) an, es ist aber bei dem
gegenwaͤrtigen Standpunkte der Wissenschaft schwer, sich ihre Wirkung auf die
Stoffe genuͤgend zu erklaͤren, weil diese Substanzen nicht
ausschließlich die (natuͤrlichen) Farbmaterialien bilden, sondern in
denselben von Koͤrpern begleitet sind, die ihre Wirkungsart mehr oder weniger
abaͤndern; dazu kommt noch, daß man uͤber die Wirkung der chemisch reinen Farbstoffe auf die Faserstoffe bis jezt
nur wenige Versuche angestellt hat. Man begreift uͤbrigens wohl, daß es sehr
interessant waͤre, mit den ternaͤren und quaternaͤren
Farbstoffen organischen Ursprunges eine Reihe von Versuchen anzustellen, um ihre
Wirkungsart in den einfachsten Faͤllen zu erfahren, ehe man die Operationen
in den Fabriken zu erklaͤren sucht, wo sie zugleich mit anderen
Koͤrpern wirken, deren Natur wir bei weitem noch nicht genau kennen. Unter
diesem Gesichtspunkte wollen wir nun, um unseren Theorien mehr Sicherheit zu geben,
das Verhalten des Indigotins, Haͤmatins, Brasilins, Alizarins, Luteolins, des
weißen und gelben Morins und des Quercitrins zu einigen Stoffen durchgehen.
Indigotin.Mit diesem Ausdruk bezeichnet Hr. Chevreul den
reinen blauen Farbstoff des Indigo's, dessen Darstellung im Polytechn.
Journ. Bd. XXV. S. 482
umstaͤndlich beschrieben ist. A. d. R. – Diese Substanz, welcher der kaͤufliche Indigo
hauptsaͤchlich seine Eigenschaft veilchenblau zu faͤrben, verdankt ist
in vielfacher Hinsicht merkwuͤrdig. Sie kann einen Theil ihres Sauerstoffes
verlieren, und wird dadurch weiß; in diesem Zustande kommt sie in den Waid-
und in den warmen und kalten Indigokuͤpen vor. In den ersteren ist das weiße
oder desoxydirte Indigotin durch Kalk, Ammoniak und oft auch durch Kali
aufgeloͤst; in den warmen Kuͤpen ist es durch Kali aufgeloͤst, in den kalten
endlich fast immer durch Kalk. Um eine weiße alkalische Aufloͤsung des
Indigotins zu erhalten, muß man jedoch das Wasser, den Indigo und die alkalische
Basis mit einer brennbaren Substanz versezen, welche dem Farbstoff Sauerstoff zu
entziehen vermag. In der Waidkuͤpe besteht die brennbare Substanz aus einem
Theile der naͤheren Bestandtheile des Waids selbst und des Krapps; bei der
warmen Indigkuͤpe (Potaschekuͤpe) ruͤhrt sie von den
Bestandtheilen des Krapps her, und auch der Kleie, wenn man solche zusezt; in der
kalten Kuͤpe besteht die brennbare Substanz aus Eisenoxydul, bisweilen auch
Zinnoxydul oder Schwefelarsenik.
Man muß die Kuͤpen, worin das desoxydirte Indigotin mit Kali, Natron oder
Ammoniak verbunden ist, von denjenigen unterscheiden, wo es mit Kalk vereinigt ist,
weil in jenen ein Ueberschuß von Basis kein farbloses Indigotin
niederschlaͤgt, was bei diesen der Fall ist, wenn man die zur
Aufloͤsung des Indigotins erforderliche Menge Kalk uͤberschreitet; es
faͤllt dann naͤmlich ein Theil dieser Substanz in Verbindung mit dem
uͤberschuͤssigen Kalk nieder; diese Thatsache darf man also bei der
Leitung der kalten Indigokuͤpen oder der Waidkuͤpen nicht außer Acht
lassen.
Es ist bei dem gegenwaͤrtigen Standpunkte der Wissenschaft schwer zu sagen, ob
das desoxydirte Indigotin, wenn man einen Stoff in eine Kuͤpe taucht, sein
Alkali verlaßt und sich auf den Stoff wirft. Wenn aber auch keine solche Vereinigung
Statt findet, so ist doch eine Tendenz zu derselben vorhanden; folglich ist ein
Ueberschuß von Alkali in der Kuͤpe dieser Tendenz entgegen. Im Falle nun
wirklich eine solche Verbindung in einer Kuͤpe, die nur die geeignete Menge
von Basis enthaͤlt, Statt faͤnde, muͤßte man die Bildung
derselben durch uͤberschuͤssig zugeseztes Alkali verhindern
koͤnnen. Jedenfalls ist klar, daß die Wirkung des Alkalis derjenigen entgegen
ist, welche den Farbstoff mit dem Zeug zu vereinigen strebt.
Wenn der mit der Fluͤssigkeit der Kuͤpe getraͤnkte Stoff der
Luft ausgesezt wird, so fuͤhrt der Sauerstoff derselben das Indigotin in den
blauen Zustand uͤber und es wuͤrde sich also, falls es nicht schon auf
dem Stoffe befestigt waͤre, im statu nascente mit
demselben vereinigen und das Alkali frei zuruͤkbleiben.
Durch Eisenoxydul oder Zinnoxydul desoxydirtes und in Kali aufgeloͤstes
Indigotin ertheilt den wollenen und seidenen Zeugen nicht genau dieselbe Farbe, wie
das Indigotin einer Waidkuͤpe oder einer warmen Indigkuͤpe; da das
reine Indigotin eine in Violett stechende Farbe hat, so braucht es nur von einer
sehr geringen Menge gelber Farbstoffe begleitet zu seyn, um einen Stoff mehr
gruͤnlich als violettblau zu faͤrben: dieß zeigt sich besonders bei
hellen Farben.
Das in Schwefelsaͤure aufgeloͤste Indigotin, die
Schwefelindigotinsaͤure, vermag sowohl die vegetabilischen, als die seidenen
und wollenen Stoffe zu faͤrben. Man kann sie auf der Seide und Wolle ohne
Mithuͤlfe eines anderen Koͤrpers befestigen; auf den vegetabilischen
Stoffen bedient man sich aber fast immer eines Alaunerdesalzes.
Die Schwefelindigotinsaͤure kann sich mit den Stoffen auch im farblosen
Zustande verbinden; dann haben diese die ihnen eigene Weiße; bei meinen Versuchen
schien es, daß sie an luftfreies Wasser, worin man sie einweicht, nichts abgeben;
sobald sie aber mit der Luft in Beruͤhrung kommen, werden sie blau.
Taucht man Stoffe, die mit schwefelsaurem Indigotin gefaͤrbt sind, in eine
Aufloͤsung von Schwefelwasserstoff oder schwefelwasserstoffsaurem Alkali, so
werden sie entfaͤrbt. 0,01 Gramme Indiogotin in 0,0612 Gr. reiner
concentrirter Schwefelsaͤure aufgeloͤst und mit so viel Wasser
verduͤnnt, daß die Aufloͤsung den Raum von 20 Kubikcentimeter
einnimmt, koͤnnen nach meinen Versuchen faͤrben:
1 Gramm Wolle auf den Ton
18 einer aus 28 Farbentoͤnen bestehenden
Scala.
1 – – – –
7,5
1 – – – –
1
und wenn man Seide anwendet,
1 Gramm Seide auf den Ton
16 einer aus 28 Farbentoͤnen bestehenden
Scala.
1 – – – –
9
1 – – – –
5
Haͤmatin.Die Darstellung des Haͤmatins und der unten folgenden Farbstoffe in
ihrem chemisch reinen Zustande ist in den neueren Lehrbuͤchern der
Chemie, besonders in Gmelin's Handbuch der
theoretischen Chemie und in Schubarth's Elementen
der technischen Chemie ausfuͤhrlich beschrieben. A. d. R. – Das Haͤmatin ist der reine Farbstoff des Campescheholzes,
dessen Darstellung ich vor mehr als 20 Jahren schon angab. Es bildet mit den
salzfaͤhigen Basen blaue Verbindungen, die schwach in Violett stechen; die
Verbindungen desselben mit den Saͤuren sind in festem Zustande mehr oder
weniger purpurroth, in sehr verduͤnnter Aufloͤsung aber orangegelb.
Das Zinnoxydul sich zu dem Haͤmatin wie eine salz faͤhige Basis, das
Zinnoxyd wie eine Saͤure; die Boraxsaͤure wie ein basisches Salz.
Seine Faͤrbungskraft ist wirklich merkwuͤrdig: wenn man 0,025 Gr.
Haͤmatin in 250 Kubikcentimeter Wasser bei einer geeigneten Temperatur
aufloͤst und dann einen Baumwollenzeug hineintaucht, welcher 1,82 Gr. wiegt
und wenigstens zu drei Viertel seiner Oberflaͤche mit Alaunerdebeize
fuͤr Krapproth und Krapprosa und mit Eisen: beize fuͤr Krappschwarz
und Krappviolett bedrukt ist, so wird er sich dunkelviolett, violettblau und schwarzblau faͤrben;
in diesem Bade wird man dann aber noch fuͤnf solche Zeugmuster nach einander
faͤrben koͤnnen; das lezte wird jedoch nur eine violettgraue Farbe
erhalten.
Brasilin. – Das Brasilin, der Farbstoff des
Fernambukholzes, hat, wie ich schon vor langer Zeit angab, zahlreiche Analogien mit
dem Haͤmatin, und man kann die Eigenschaften des ersteren nach denen des
zweiten voraussehen, wenn man weiß, daß die Koͤrper, welche die Farbe des
Haͤmatins in Violettblau umaͤndern, die des Brasilins in Purpurroth
verwandeln, und daß die Koͤrper, welche die Farbe des Haͤmatins in
Purpurrot!) umaͤndern, die des Brasilins in reines Roth oder in Orangeroth
verwandeln.
Carminstoff. – Der Carminstoff, welchen die HH.
Pelletier und Caventou aus
der Cochenille ausschieden, hat viele Aehnlichkeit mit dem Brasilin hinsichtlich der
Veraͤnderungen, welche er durch die sich mit Ihm verbindenden Saͤuren
und Basen erleidet. Die Verbindungen des Carminstoffes, welche denjenigen des
Brasilins entsprechen, sind aber viel bestaͤndiger. Da die respectiven
Verbindungen dieser beiden Stoffe in der Farbe einander so aͤhnlich sind und
sich hauptsaͤchlich in der Haltbarkeit von einander unterscheiden, so benuzt
man das Fernambukholz, um Falschroth, und die Cochenille, um Aechtroth zu
faͤrben. Ich habe schon vor langer Zeit erwiesen, daß das Zinnoxydul auf die
Farbstoffe des Campescheholzes, Fernambukholzes und der Cochenille nach Art der
alkalischen Basen, das Zinnoxydul aber auf dieselben Koͤrper nach Art der
Saͤuren wirkt.
Flechtenroth. – Hr. Robiquet hat gezeigt,Polyt. Journ. Bd. XXXIII. S. 249 u.
Bd. XXXVI. S. 153. U. d. R. daß die Orseille, welche man in den Faͤrbereien anwendet, ihre
Faͤrbungskraft einem suͤßen farblosen Stoff verdankt, welcher sich
durch Sauerstoff und Ammoniak in eine Substanz verwandelt, die der Wolle und der
Leide die bekannte schoͤne violette Farbe ertheilt. Leider ist diese Farbe
aber sehr fluͤchtig.
Alizarin. – Der Krapp verdankt seine Eigenschaft
die mit Alaunerde gebeizte Baumwolle aͤcht roth und rosenroth, und die mit
Eisenbeize vorbereitete acht violett oder schwarz zu faͤrben, einem
schoͤnen Farbstoffe, welchen die HH. Robiquet und
Colin
Polyt. Journ. Bd. XXIV. S. 530. A. d.
R. daraus abschieden und Alizarin nannten.
Ich habe mit zwei Mustern Baumwollenzeug, wovon jeder 7,27 Gr. wog und welche auf die
oben (S. 358 beim Haͤmatin) angegebene Weise bedrukt waren, Versuche
angestellt und dabei folgende Resultate erhalten.
Nr. 1 wurde in einem aus 1000 Gr. Wasser und 20 Gr. Avignonkrapp bestehenden Bade
gefaͤrbt.
Nr. 2 in einem Bade aus 1000 Gr. Wasser und 0,100 Gr. Alizarin.
Die beiden Operationen, welche auf dieselbe Art angestellt wurden, gaben sehr
merkwuͤrdige Resultate.
Das mit Alizarin erhaltene Schwarz und Violett war satter und schoͤner als
dasjenige, welches der Krapp lieferte.
Das mit Alizarin erhaltene Roth und Rosenroth war satter und mehr amaranthfarbig als
das Roth und Rosenroth vom Krapp.
Folglich faͤrbte 1/10 Gr. Alizarin mehr als 20 Gr. Avignonkrapp.
Andererseits nahm man Stuͤke von den Mustern Nr. 1 und Nr. 2, und kochte
dieselben zur Vergleichung:
1) in einer Aufloͤsung von 1 Gr. reinem Aezkali in 1000 Gr. Wasser eine halbe
Stunde lang;
2) in einer Aufloͤsung von 1 Gr. reiner Schwefelsaure In 1000 Gr. Wasser, acht
Minuten lang;
3) in 1000 Gr. Wasser, worin salzsaures Zinnoxydul aufgeloͤst war, 7 Minuten
lang;
4) sezte man dieselben mehrere Monate lang dem Sonnenlichte aus.
Die mit Alizarin gefaͤrbten Muster verloren weniger als die mit Krapp
gefaͤrbten. Hieraus kann man schließen, daß die mit Krapp erhaltenen Farben
weniger mit Farbstoff gesaͤttigt waren, als die mit Alizarin dargestellten;
wir behaupten aber deßwegen nicht, daß aus unseren Versuchen unwiderlegbar hervorgeht, daß erstere Farben weniger solid sind, als
leztere, sondern nur, daß diese wenigstens eben so haltbar sind wie die Krappfarben,
und daß ein Theil Alizarin an die Baumwolle mehr Farbe abgibt, als 200 Theile
Krapp.Man vergleiche uͤber diesen Gegenstand auch das Schreiben des Hrn. Robiquet an Hrn. Gay-Lussac im Polyt. Journ. Bd. XLVI. S. 123. A. d. R.
Luteolin. – Luteolin nennen wir den gelben
Farbstoff des Wau (reseda luteola). Das Luteolin
faͤrbt die mit Alaun gebeizte Wolle und Seide vollkommen und schoͤn
gelb, mehr citronen- als orangegelb. Eben so faͤrbt es die
Baumwolle.
Wenn man in 250 Gr. Wasser, worin 0,025 Gr. Luteolin aufgeloͤst sind, bei
einer geeigneten Temperatur 1,82 Gr. Baumwollenzeug durchnimmt, der mit
Alaunerdebeize fuͤr Krapproth und Krapprosa und mit Eisenbeize fuͤr
Krappschwarz und Krappviolett vorbereitet ist, so wird man mit der Alaunerdebeize
ein schoͤnes Gelb
und mit der Eisenbeize ein schoͤnes schwarzroͤthliches Braun erhalten;
der nicht gebeizte Theil des Zeuges wird sich schwach gelb faͤrben. In
demselben Bade kann man aber nach einander noch zwei solche Zeugstuͤke
durchnehmen, nur wird der leztere dann mit zum Theil veraͤndertem Luteolin
gefaͤrbt seyn.
Die bei obigem Versuche mit Luteolin erhaltene gelbe Farbe war auf den gebeizten und
nicht gebeizten Stellen des ersten Zeugstuͤkes lebhafter und satter als
diejenige, welche ein aͤhnliches Zeugstuͤk unter denselben
Umstaͤnden durch 4 Gr. Wau annahm: die mit Eisenbeize bedrukten Theile
erhielten aber im Wau eine dunklere und lebhaftere Farbe.
Quercitrin. – Ich habe aus der Quercitronrinde
einen krystallisirbaren Stoff abgeschieden, welcher ihr Farbstoff im reinen Zustande
ist.
Erhizt man 1,82 Gr. von einem auf oben angegebene Weise vorbereiteten Zeuge in einem
aus 250 Gr. Wasser und 0,025 Gr. Quercitrin bestehenden Bade, so faͤrben sich
die mit Alaunerde gebeizten Stellen des Zeuges gelb, welche Farbe, nicht ganz so
satt wie die durch Luteolin erzeugte ist und die mit Eisen gebeizten Theile braun
(etwas mehr ins Roͤthliche stechend als beim Luteolin) und schwarzbraun; die
nicht gebeizten Theile des Zeuges faͤrben sich nur sehr wenig. Bekanntlich
faͤrbt auch der Wau den nicht gebeizten Grund der Zeuge, welche man durch
seinen Absud nimmt, sehr merklich, waͤhrend die Quercitronrinde ihn kaum
faͤrbt.
Taucht man in das Quercitrinbad noch zwei solche Zeugstuͤke, wie das erste
war, so faͤrben sie sich auch noch, das lezte aber ist sehr rothgelb, ein
Beweis, daß der Farbstoff eine Veraͤnderung erlitten hat.
Farbstoffe des Gelbholzes. – Das Gelbholz
enthaͤlt zwei Farbstoffe, welche die mit Alaunerde gebeizten Zeuge gelb
faͤrben koͤnnen; ich habe sie weißes und gelbes Morin genannt; beide sind wie das Luteolin etc. in Krystallen sublimirbar.
Sie unterscheiden sich hauptsaͤchlich dadurch von einander, daß die
waͤsserige Aufloͤsung des gelben Morins durch schwefelsaures
Eisenoxydul gruͤn, die waͤsserige Aufloͤsung des weißen Morins
hingegen durch dasselbe Reagens braunroth wird.
Das weiße Morin zeigte besonders merkwuͤrdige Eigenschaften, als ich es auf
Baumwollenzeug, der mit Alaunerde und Eisenbeize vorbereitet war, zu befestigen
versuchte. Erhizt man 0,025 Gr. weißes Morin mit 250 Gr. Wasser, so loͤst es
sich darin auf, ohne dasselbe merklich zu faͤrben; taucht man in die
Aufloͤsung 1,820 Gr. eines mit Alaunerde und Eisenoxyd gebeizten Zeuges, so
wird sich derselbe
allmaͤhlich faͤrben, und zwar nicht nur in den gebeizten Theilen,
sondern auch in den ungeheizten, und leztere werden sich noch viel starker
faͤrben als das Luteolin einen ungeheizten Zeug faͤrbt; die mit
Alaunerde gebeizten Theile faͤrben sich gelb, und die mit Eisen gebeizten
braun, mehr roͤthlich als durch Quercitrin.
Wenn man den Punkt, wo der Zeug seine groͤßte Schoͤnheit erreicht hat,
uͤberschreitet, so wird er allmaͤhlich verlieren, indem sich das Morin
durch den Einfluß der Luft immer mehr veraͤndert.
Wenn man das Zeugstuͤk zu rechter Zeit herausgezogen hat, so kann man noch
zwei dem ersten gleiche Stuͤke in demselben Bade faͤrben; die mit
Alaunerde gebeizten Stellen werden aber auf dem lezten nicht mehr gelb, sondern
rostgrau werden.
Der Einfluß der Luft auf das Faͤrbevermoͤgen des weißen Morins ist
merkwuͤrdig, denn bisher hat man noch keine aͤhnliche Erscheinung bei
einem fuͤr sich allein schon in Wasser aufloͤslichen Farbstoff
bemerkt, und gewiß gibt es noch andere Koͤrper, die ein aͤhnliches
Verhalten zeigen. Auf folgende Art kann man sich von dem Einflusse der Luft auf das
Farbevermoͤgen des weißen Morins, welches sich auf einem gebeizten Zeuge
befestigt, uͤberzeugen. Wenn man waͤhrend zwei Stunden einen mit
Alaunerde gebeizten Zeug in einem Kolben faͤrbt, welcher kochendes Wasser und
Morin enthaͤlt und gegen den Zutritt der Luft geschuͤzt ist, so wird
sowohl die Fluͤssigkeit als der Zeug schwach gruͤnlichgelb werden,
waͤhrend ein anderes, diesem gleiches Zeugstuͤk, das man eben so lange
beim Zutritt der Luft in einer jenen ganz gleichen Morinaufloͤsung
laͤßt, eine rein rostgelbe Farbe annehmen wird; in lezterem Falle wird sich
die Fluͤssigkeit stark roͤthlichorange faͤrben. Das erste
Zeugstuͤk wird sich, wenn man es aus dem Kolben nimmt, in Beruͤhrung
mit der Luft sehr merklich faͤrben, so wie auch die Fluͤssigkeit, in
die es getaucht war; der Zeug und die Fluͤssigkeit werden aber nie so dunkel
werden, wie der Zeug und die Morinaufloͤsung, welche bestaͤndig mit
der Luft in Beruͤhrung waren.
Das gelbe Morin kann die Stoffe zwar faͤrben, schien uns aber in
Beruͤhrung mit der Luft noch schneller als das weiße Morin roth zu
werden.
VII. Abtheilung. Ueber die
Wechselwirkung der Stoffe, einer oder mehrerer sauren, basischen oder salzartigen
Verbindungen und der organischen Farbstoffe, so wie dieselben im Handel
vorkommen.
Wir haben bisher die Wirkung der Farbstoffe in ihrem chemisch reinen Zustande auf die
Stoffe betrachtet und gehen nun zum Verhalten der organischen Farbstoffe, so wie sie
im Handel vorkommen, uͤber. Da die Zusammensezung dieser lezteren mehr oder weniger verwikelt
ist, indem sie immer mehrere naͤhere Bestandtheile in verschiedenem
Verhaͤltnisse enthalten, so sind die Operationen, welche man mit denselben in
den Faͤrbereien vornimmt, auch viel schwieriger zu erklaͤren.
Wir wollen also von einer Anzahl organischer Farbstoffe unter dem theoretischen
Gesichtspunkte die allgemeinsten Resultate zusammenstellen, welche sie darbieten,
wenn man sie nach den Verfahrungsarten der Faͤrber auf den Stoffen
befestigt.
Indigo. – Der kaͤufliche Indigo von erster
Qualitaͤt enthaͤlt nicht viel uͤber die Haͤlfte seines
Gewichtes an reinem Farbstoffe oder Indigotin. Um sich zu uͤberzeugen, daß
die fremdartigen Bestandtheile desselben bei den Faͤrbeoperationen Einfluß
haben koͤnnen, braucht man nur einerseits das Verhalten des mit Indigo
gelochten Wassers zu den Stoffen zu untersuchen, und andererseits das Verhalten des
Alkohols oder Aethers, die mit Indigo behandelt wurden, der zuvor durch Wasser
erschoͤpft worden ist, zu denselben Stoffen. Das Wasser entzieht
naͤmlich dem kaͤuflichen Indigo außer einer geringen Menge
desoxydirten Indigotins Substanzen, welche die Stoffe mehr oder weniger schmuziggelb
oder roͤthlich faͤrben und die Seide nimmt darin bei Anwendung von
Waͤrme eine noch dunklere roͤthlichgelbe Farbe an, als die Baummwolle,
waͤhrend die Wolle eine mehr fahlgelbe Farbe erhaͤlt. In der
Kaͤlte faͤrbt sich die Seide weniger als die Wolle, und diese Farbe
ist mehr gelb. Der Alkohol entzieht dem durch Wasser erschoͤpfen Indigo ein
rothes Harz, das mehr oder weniger Indigotin zuruͤkhaͤlt; dieses Harz
kann die Seide roͤthlich faͤrben.
Kalte Kuͤpen. – Die kalten Kuͤpen,
welche man gewoͤhnlich mit Wasser, schwefelsaurem Eisenoxydul, Indigo und
Kalk, bisweilen auch Soda, bereitet, sind die einfachsten. Die Farbe, welche diese
Kuͤpe den vegetabilischen Geweben ertheilt, naͤhert sich sehr
derjenigen, die sie in einer mit Indigotin angesezten kalten Kuͤpe annehmen.
Dieß erklaͤrt sich durch die schwache Verwandtschaft des vegetabilischen
Faserstoffes zu den Farbstoffen, welche das Wasser aus dem kaͤuflichen Indigo
auszieht. Die kalten Kuͤpen werden fast ausschließlich fuͤr die
vegetabilischen Stoffe angewandt.
Einige glauben, daß das Eisenoxyd im Saz der Kuͤpen den Nachtheil haben kann,
daß es die Farbe des Indigotins verunreinigt, welches mit Eisenoxyd vermengt ist,
waͤhrend es sich auf den Stoffen befestigt, und daß es daher in vielen
Faͤllen besser sey, eine kalte Kuͤpe mit einem Zinnoxydulsalz an Statt
mit einem Eisenoxydulsalz anzusezen. Wir glauben, daß man mit der
Eisenvitriolkuͤpe sehr schoͤne Farben erhalten kann, wenn man die Stoffe von dem Eisenoxyd
reinigt, welches mechanisch auf denselben
zuruͤkbleibt; oben wurde naͤmlich schon bemerkt, daß flokiges
Eisenoxydhydrat ein Jahr lang unter Wasser mit einem Zeugstuͤk aufbewahrt,
sich nicht damit verband. Baumwollenzeuge, die man in einer kalten Kuͤpe
faͤrbt, welche aufgeruͤhrt wurde, und daher durch Eisenoxyd ganz
getruͤbt ist, erhalten eine sehr schoͤne blaue Farbe, nachdem sie in
saͤuerliches Wasser getaucht wurden.
Warme Kuͤpen. – Die einfachste warme
Kuͤpe wird bloß mit Indigo, guter Potasche, Krapp und Kleie angesezt. Sie
dient zum Faͤrben der Seide und Wolle.
In dieser Kuͤpe spielen die Kohlenstoff und Wasserstoff enthaltenden
naͤheren Bestandtheile des Krapps oder der Kleie oder des Indigo's selbst die
Rolle des Eisenoxyduls in den kalten Kuͤpen. Der Krapp und die Kleie
koͤnnen auch noch die Wirkung haben, daß sie dem Wasser eine gewisse
Klebrigkeit ertheilen, welche der Suspension des Indigotins, das sich im alkalischen
Wasser aufloͤsen muß, guͤnstig ist.
Die Farbstoffe des Krapps haben aber auch noch einen ganz eigenthuͤmlichen
Einfluß, den wir jezt naͤher beleuchten wollen. Man lasse eine gewisse
Quantitaͤt Fluͤssigkeit aus einer warmen Kuͤpe erkalten und
schuͤttle sie dann in Beruͤhrung mit der Luft so, daß sich alles darin
aufgeloͤste farblose Indigotin oxidirt; man filtrire dann diese
Fluͤssigkeit; wenn man nun in der Kaͤlte Zeuge mehrere Stunden lang in
sie taucht, so wird die Baumwolle nur eine schwache roͤthlichfahle Farbe
annehmen, die Wolle eine viel dunklere rothfahle Farbe, und die Seide endlich eine
gelbe, etwas fahle Farbe.
Wenden wir nun diese Thatsachen auf die warmen Kuͤpen an, so erklaͤren
sie uns die Erscheinungen, wenn eine Reihe wollener und eben so eine Reihe seidener
Straͤhne in Abstufungen gefaͤrbt wird. Die beiden Reihen liefern
naͤmlich heitere Farben aus einem ins Gruͤnliche stechenden Blau und
Braͤunliche, aus einem in Violett stechenden Blau bestehend, endlich einige
Zwischennuͤancen von einer Farbe, die man in Bezug auf die Extreme blau
nennen kann. Die Farbenabstufungen sind aber bei der Wolle immer weniger
gruͤnlich als bei der Seide.
Diese Resultate erklaͤren sich leicht. Die Stoffe befestigen naͤmlich
bei den heiteren Farbenabstufungen mit dem Indigotin Gelb genug, damit ein
gruͤnliches Blau entsteht, waͤhrend bei den braunen Farbenabstufungen,
wenn Gelb befestigt wird, es doch im Verhaͤltniß zum Indigotin in so geringer
Menge vorhanden ist, daß nicht nur kein Gruͤn erscheint, sondern auch das
Roth selbst, sowohl dasjenige der natuͤrlichen Farbe des Indigotins, als
dasjenige, welches vom Krapp herruͤhren kann, nicht durch Gelb neutralisirt
ist, folglich muß die Farbe in Violett stechen. Da wir andererseits gesehen haben,
daß die Seide sich dadurch von der Wolle unterscheidet, daß sie sich in der des
Indigotins beraubten Fluͤssigkeit der warmen Kuͤpe eher gelb als roth
faͤrbt, so folgt, daß das Gruͤnliche bei den Farbenabstufungen der
Seide merklicher seyn muß, als bei denjenigen der Wolle. Endlich begreift man auch,
daß bei beiden Farbenreihen Zwischennuͤancen vorkommen muͤssen, welche
blau erscheinen, weil das Gelb das Roth neutralisiren wird.
Diese Erklaͤrung wird noch durch die Thatsache bestaͤtigt, daß die
Farbenreihe der Seide, wenn leztere mehrere Stunden lang in kaltes Wasser getaucht
wird, ihr Gelb verliert, so daß man Abstufungen von reinem Violettblau
erhaͤlt; bei genauer Untersuchung zeigt es sich aber, daß die heiteren Farben
mit dem Gelb viel von ihrer Lebhaftigkeit verloren.
Wenn man auf Wollengarn, das zu Teppichen bestimmt ist, aus der warmen Kuͤpe
sehr heitere blaue Nuͤancen faͤrben will, so vermischt man
Regen- oder Flußwasser mit einer geeigneten Menge der Fluͤssigkeit
einer starken und frisch angesezten warmen Kuͤpe: man muß nicht mehr als zwei
oder drei Nuͤancen in demselben Bade machen. Endlich, wenn man acht
Nuͤancen auf diese Art gefaͤrbt hat, muß man die erste, zweite und
dritte, von der hellsten angefangen, in Wasser von 50 bis 52° C. (40 bis
41° R.) eintauchen und nicht uͤber zwei Minuten lang; die vierte
Nuͤance muß eben so lang im Nasser von 80° C. (64° R.)
eingetaucht werden; die fuͤnfte, sechste, siebente und achte endlich
muͤssen in Wasser von 98° C. (78° R.) zwei bis drei Minuten
lang getaucht werden.
Die Eintauchung in heißes Wasser hat zum Zwek, den fahlen Farbstoff abzuziehen,
welcher sich zugleich mit dem Indigotin befestigt hat. Ich habe mich
uͤberzeugt, daß man sowohl durch Eintauchung in kaltes Wasser, als auch in
heißes uͤber die oben angegebene Zeit, oder in kochendes, es mag rein,
saͤuerlich oder alkalisch seyn, keine so guten Resultate erhaͤlt, wie
im vorhergehenden Falle. Ich glaubte dieses Verfahren hier ausfuͤhrlich
mittheilen zu muͤssen, weil es nicht allgemein bekannt ist.
Englische Kuͤpe. – In einigen
Etablissements, wo man die Wolle zur Hutfabrikation im unverarbeiteten Zustande hell
und lebhaftblau faͤrbt, bedient man sich einer Waidkuͤpe oder
sogenannten englischen Kuͤpe, die sich nicht viel laͤnger als drei
Tage haͤlt.
Urinkuͤpe. – In einigen Gegenden, besonders
zu Verviers, gebraucht man eine Urinkuͤpe, worin das Indigotin durch Ammoniak
und zwar durch mehr
oder weniger kohlensaures aufgeloͤst ist. Die in dieser Kuͤpe
gefaͤrbte Wolle kann zur Verfertigung von hellblauen Tuͤchern, was
meistens der Fall ist, oder zu schwarzen oder acht bronzefarbigen benuzt werden.
Waidkuͤpen. – Zum Anstellen der
Waidkuͤpen sind erforderlich: 1) Waid, entweder in praͤparirtem
(gegohrenem) oder getroknetem oder bloß in rohem Zustande; 2) Kleie; 3) Krapp; 4)
Kalk; 5) Indigo; 6) sehr oft sezt man auch Potasche zu und ehemals auch 7) Waid, den
man aber jezt weglaßt. Wir wollen nun die Rolle untersuchen, welche die
angefuͤhrten Substanzen spielen koͤnnen, wenn sie bei einer geeigneten
Temperatur im Wasser vertheilt sind.
Der Kalk kann wirken:
1) dadurch, daß er mehreren Kalisalzen die Sauren entzieht, besonders der Potasche,
wenn man solche der Kuͤpe zugesezt hat; die anderen Kalisalze ruͤhren
vom Krapp und Waid her;.
2) dadurch, daß er aus den Ammoniaksalzen Ammoniak entbindet;
3) indem er mehrere organische Substanzen, und wenn er in Ueberschuß vorhanden ist,
das Indigotin selbst niederschlaͤgt;
4) durch Verzoͤgerung der Gaͤhrung, indem er gewissen Koͤrpern,
womit er sich verbindet, Bestaͤndigkeit gibt.
Die Kleie kann wirken:
1) indem sie eine Saͤure entwikelt, welche einen Alkaliuͤberschuß
neutralisirt;
2) indem sie wegen des in ihr enthaltenen Mehles gaͤhn;
3) indem sie dem Indigotin Sauerstoff entzieht;
4) indem sie das Wasser klebrig macht.
Der Krapp kann wirken:
1) indem er an die Wolle rothen Farbstoff abgibt, welcher die Farbe des Indigotins
satter und violetter macht;
2) indem er nach Art der Kleie gaͤhrt;
3) indem er dem Indigotin Sauerstoff entzieht;
4) indem er das Wasser klebrig macht.
Der Wald kann wirken:
1) indem er den Indigotingehalt der Kuͤpe vergroͤßert;
2) indem er gaͤhrt;
3) indem er dem Indigotin Sauerstoff entzieht;
4) indem er Kali- und Ammoniaksalze liefert.
Man sieht, daß unter allen Kuͤpenalten die Waidkuͤpe die verwikeltste
ist und die groͤßte Sorgfalt und Geschiklichkeit erfordert, um mit Erfolg
geleitet zu werden.
Ungluͤklicher Weise laͤßt sich aber die Direction derselben nicht auf
so genaue Regeln zuruͤkfuͤhren, daß ein verstaͤndiger
Faͤrber, welcher sie begriffen hatte, Waidkuͤpen das erste Mal, wo er
sie leiten muͤßte, geschikt fuͤhren koͤnnte.
Die groͤßte Schwierigkeit bei den Waidkuͤpen besteht nicht im Ansezen
derselben, sondern darin, sie beim Gebrauch in gutem Zustande zu erhalten, damit man
periodisch faͤrben kann und aus dem angewandten Indigo und Waid alles
Indigotin auszieht. Die große Schwierigkeit entsteht hiebei dadurch, daß sich der
Zustand der Kuͤpe in dem Maaße, als man daraus faͤrbt, immer mehr
veraͤndert. In dem Augenblike, wo man aufgehoͤrt hat, aus der frisch
angesezten Kuͤpe zu faͤrben, wurde ihr naͤmlich durch den Stoff
Indigotin entzogen; andererseits wurden auch die brennbaren Substanzen, welche zur
Desoxydation des Indigotins dienten, eben dadurch mehr oder weniger
veraͤndert. Dazu kommt noch die Veraͤnderung, welche sie durch das
reine Alkali und durch die gemeinschaftliche Wirkung des Alkalis und des
atmosphaͤrischen Sauerstoffs erleiden konnten. Um die Kuͤpe wieder in
Stand zu sezen, zu faͤrben, muß man sie also mit Kalk, Indigo und brennbaren
Substanzen versezen; offenbar wird sie aber nach diesem Zusaze nicht genau in
demselben Zustande seyn, wie anfangs, weil die Kuͤpe bei der zweiten Speisung
nicht mehr bloßes Wasser, sondern eine complicirte und mehr oder weniger
veraͤnderte Fluͤssigkeit enthaͤlt. Endlich ist es klar, daß
sich die Fluͤssigkeit der Kuͤpe um so mehr vom anfaͤnglichen
Zustande entfernt, je oͤfter man sie speist, so daß es immer schwieriger
wird, sie stets in gutem Zustande zu erhalten. Daraus erklaͤrt es sich auch,
warum das aus einer alten Kuͤpe gefaͤrbte Heiterblau immer durch eine
fahlbraune Farbe verunreinigt ist, welche an der Wolle weit mehr haͤlt, als
die fahlgelbe Farbe, die ihr eine frisch angesezte Kuͤpe ertheilt.
Die Hauptsache bei der Speisung dieser Kuͤpen ist der gehoͤrige Zusaz
von Kalk. Zu viel Kalk verhindert die Aufloͤsung
des Indigotins, indem er entweder die brennbaren Substanzen niederschlaͤgt,
oder, was auf dasselbe hinauskoͤmmt, die Desoxydation (oder Gaͤhrung)
verzoͤgert, oder endlich, indem er das bereits desoxydirte Indigotin
niederschlaͤgt. Dem Kalkuͤberschuß hilft man durch Zusaz einer
Saͤure oder eines Gemenges von Kleie und Krapp, welches Saͤure
entwikelt, ab.
Wenn im Gegentheil zu wenig Kalk vorhanden ist, so kann
eine zu weit vorschreitende Zersezung oder eine Faͤulniß eintreten, wobei
sich die schwefelsauren Alkalien zum Theil in Sulfuride verwandeln; es ist dann
unumgaͤnglich noͤthig, Kalk zuzusezen.
Da die aus den angegebenen Gruͤnden entstehenden Schwierigkeiten bei der
Waidkuͤpe immer groͤßer werden, je laͤnger man aus derselben
faͤrbt, so pflegen heut zu Tage die geschiktesten Faͤrber, an Statt
wie ehemals die Dauer ihrer Kuͤpen moͤglichst zu verlaͤngern,
sie nach 6 Wochen bis 6 Monaten wegzuschuͤtten.
Die vouéde genannte Abart des Waids
enthaͤlt nach meinen Versuchen weniger Indigotin als lezterer. Wenn man den
Waid im trokenen und noch mehr, wenn man ihn im frischen Zustande beim Ansezen der
Kuͤpen anwendet, so muß man wohl beruͤksichtigen, daß er wirksamer
ist, oder mit anderen Worten, daß seine naͤheren Bestandtheile geneigter sind
zu wirken, als wenn er praͤparirt oder in Ballenform gebracht worden ist. Man
muß hienach bei dem Ansezen der Kuͤpe entweder die Verhaͤltnisse oder
die Temperatur abaͤndern.
Die Waldkuͤpen werden hauptsaͤchlich angewandt, um Wolle zur
Verfertigung von Huͤten zu faͤrben. Das aus der Waidkuͤpe
gefaͤrbte Heiterblau hat bei der Wolle eben so, wie das aus der warmen
Kuͤpe gefaͤrbte, eine gruͤnliche Farbe, die man ihm durch
heißes Wasser benehmen kann, wenigstens wenn die Kuͤpe nicht zu alt ist.
Sowohl in den warmen als in den Waidkuͤpen erzeugt sich eine fluͤchtige
riechende Saͤure, welche der Essigsaͤure sehr aͤhnlich ist,
aber sich durch einen stinkenden Geruch von ihr unterscheidet. Ich werde
naͤchstens eine Abhandlung bekannt machen, worin ich diese Same mit
derjenigen vergleiche, welche man bei der Destillation von Wasser erhaͤlt,
worin Leichname lange gelegen sind. Außerdem enthaͤlt die Waidkuͤpe
auch noch einen fluͤchtigen Stoff von auffallend metallischem Geruch.
Blaues Tuch hat sehr oft die uͤble Eigenschaft, daß es an denjenigen Theilen,
welche der Reibung ausgesezt sind, weiß wird; ich habe mir Muͤhe gegeben, die
Ursache hievon auszumitteln; das einzige Resultat meiner Versuche war aber, daß es
kein bekanntes Verfahren gibt, wodurch sich bei irgend einer Wolle dieser Nachtheil
mit Sicherheit vermeiden ließe; wenn man aber darauf achtet, daß man zum
Blaufaͤrben nur solche Wolle anwendet, welche 1) gut erhalten ist, wobei auf
ihre Feinheit nichts ankommt; 2) welche alt genug ist, und sich daher gut entfetten
laͤßt; 3) welche vollkommen entfettet wurde; 4) wenn man solche Wolle bei dem
moͤglich hoͤchsten Hizgrade faͤrbt (alsdann ist aber die Farbe
nicht so lebhaft wie im entgegengesezten Falle), und 5) sie erst dann
auswaͤscht, nachdem sie vollkommen erkaltet ist; 6) wenn man sie in frischen
Kuͤpen oder doch nicht in zu alten faͤrbt; 7) endlich, wenn man das
daraus verfertigte Tuch
nicht auf der Glanzmaschine behandelt, so wird man in der Regel ein Tuch erhalten,
welches diesen Fehler nicht hat.Der Verein zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen schrieb im
Jahre 1825 einen Preis, bestehend in der goldenen Denkmuͤnze und
außerdem Eintausend Thaler auf eine sichere Methode aus, um in der
Kuͤpe acht blau und gruͤn gefaͤrbte Tuche so
darzustellen, daß sich dieselben nicht weiß tragen, sondern ihre
urspruͤngliche Farbe auf den Nachen der daraus gefertigten
Kleidungsstuͤke bis zur voͤlligen Unbrauchbaren behalten. Man
vergl. Polytechnisches Journal Bd. XVI. S.
522. U. d. R.
Nach meinen Versuchen kann man mit einer Quantitaͤt Indigo und Waid, welche
einen Theil Indigotin enthaͤlt, 55 bis 56 Theile Volle in der
Waidkuͤpe koͤnigsblau faͤrben.
In Schwefelsaͤure aufgeloͤster Indigo.
– Beim Saͤchsischblau-Faͤrben hat man lange Zeit nur die
Aufloͤsung des kaͤuflichen Indigo's in Schwefelsaure angewandt; da man
aber fand, daß die fremdartigen Substanzen, welche der Indigo enthaͤlt, das
Saͤchsischblau gruͤnlich oder unrein machen, so hat man mit der
schwefelsauren Indigaufloͤsung verschiedene Abaͤnderungen vorgenommen,
wovon wir sogleich sprechen werden.
Wenn Indigo von guter Sorte in ein sehr feines und vollkommen trokenes Pulver
verwandelt, und in sein vier- bis fuͤnffaches Gewicht Schwefelsaure
von 1,84 spec. Gewicht bei einer Temperatur von 30 bis 40° C. (24 bis
32° R.) eingeweicht wird, so erhaͤlt man eine Aufloͤsung, die
nach der Verduͤnnung mit 650 bis 700 Theilen Wasser, der Wolle und Seide eine
schoͤne Farbe ertheilt.
Mit Wasser ausgesuͤßter Indigo ist dem unausgewaschenen vorzuziehen.
Auf Baumwollenzeugen benuzt man diese Aufloͤsung nur um Gruͤn
darzustellen; in diesem Falle muß der Zeug mit Alaunerde gebeizt worden seyn,
wodurch jedoch die Quantitaͤt Schwefelindigotinsaͤure, welche sich auf
dem vegetabilischen Faserstoff befestigen kann, auch nicht viel groͤßer wird;
die Wolle und Seide faͤrben sich in dieser Aufloͤsung viel besser, als
der vegetabilische Faserstoff, und zwar schon in der Kaͤlte, sie
moͤgen mit Alaunerde gebeizt seyn oder nicht.
Die schwefelsaure Indigaufloͤsung ist ein sehr gutes Mittel, um zu erfahren,
ob eine Wolle gleichartig ist oder nicht; denn wenn sie auch noch so wenig gemengt
ist, so faͤrbt sie sich darin in der Kaͤlte ungleich.
Wasser, welches Schwefelmetalle enthaͤlt, taugt nicht zur Vermischung mit
schwefelsaurem Indigo.
Wird mit schwefelsaurem Indigo gefaͤrbte Wolle in eine gesaͤttigte
Aufloͤsung von Schwefelwasserstoff gebracht, so entfaͤrbt sie sich,
wie ich schon gesagt habe, in kurzer Zeit.Dieser Umstand macht es sehr wahrscheinlich, daß das desoxydirte Indigotin in
den Kuͤpen sich direct mit den Stoffen verbinden kann. A. d. O.
Wenn man alsdann die Fluͤssigkeit abdampft, so findet man darin fast keinen
blauen Stoff mehr, und doch zeigt die entfaͤrbte Wolle, indem sie an der Luft
wieder blau wird, eine schwaͤchere und weniger violette Farbe, als ein Muster
derselben Wolle, welches zur Vergleichung eben so lange in kaltes Wasser getaucht
wurde, selbst wenn lezteres von seiner Farbe ein wenig an das Wasser abgab.
Da die blaue Farbe, welche mit Schwefelwasserstoff entfaͤrbte Wolle an der
Luft wieder annimmt, nicht mehr so lebhaft und violett ist, wie die
anfaͤngliche, so kann man sich den schlechten Einfluß schwefelhaltigen
Wassers beim Saͤchsischblau-Faͤrben erklaͤren.
Um aus der schwefelsauren Indigaufloͤsung die Schwefelindigotinsaͤure,
welche darin mit anderen Substanzen vermischt ist, rein zu erhalten, befolgt man
zwei Verfahrungsarten:
Die eine, welche das sogenannte destillirte Blau gibt,
besteht darin, den Indigo mit 8 Theilen (englischer) Schwefelsaure zu behandeln, die
Aufloͤsung mit 80 Theilen Wasser von 90° C. (72° R.) zu
verduͤnnen, auf anderthalb oder zwei Theile weißer Wolle eine Portion
Schwefelindigotinsaͤure niederzuschlagen (was aufgeloͤst bleibt wird
zur Darstellung dunkelgruͤner Farben benuzt), die gefaͤrbte Wolle
auszuwaschen, und sie warm mit schwacher Sodaaufloͤsung zu behandeln; dabei
entsteht aufloͤsliches schwefelindigotinsaures Natron, womit man dann Seide
und Wolle faͤrben kann. Dieses Verfahren gruͤndet sich offenbar
darauf, daß die weiße Wolle mehr von der Schwefelindigotinsaͤure als von den
fremdartigen ihr beigemischten Substanzen aufnimmt.
Das zweite Verfahren besteht darin, einen Theil Indigo mit 10 Theilen Schwefelsaure
zu behandeln, die Masse nach 24 Stunden mit ihrem zehnfachen Volumen Wasser zu
verduͤnnen, und mit der erforderlichen Menge Potasche zu versezen, um
schwefelindigotinsaures Kali zu erhalten, welches man auf einem Filter sammelt, um
die Fluͤssigkeit, worin die fremdartigen Substanzen aufgeloͤst sind,
davon zu trennen.
Die Schwefelindigotinsaͤure widersteht sowohl in freiem Zustande, als auch an
Alaunerde oder Zinnoxyd gebunden, dem Einfluͤsse der Luft, des kochenden
Wassers und des Seifenwassers viel weniger als das Indigotin. Dessen ungeachtet ist
ihre Anwendung sehr in Aufnahme gekommen, weil sie sich sehr leicht darstellen
laͤßt, und der Seide und selbst der Wolle eine sehr lebhafte Farbe ertheilt;
endlich weil man einem in ihrer Aufloͤsung gefaͤrbten Zeuge die nicht
mit ihm verbundenen Theile durch Auswaschen sehr leicht entziehen kann,
waͤhrend es, wenn Wolle in der warmen Kuͤpe oder in der
Waidkuͤpe dunkelblau gefaͤrbt wird, sehr schwer ist, dieses so zu
bewerkstelligen, daß sie auf weißen Geweben durch Reibung nicht abfaͤrbt.
Campescheholz. – Aus den oben angegebenen
Eigenschaften des Haͤmatins erklaͤrt sich die Anwendung des
Campescheholzes hinreichend.
Wenn man in dem Absude dieses Holzes mit Beihuͤlfe einer Basis, welche auf das
Haͤmatin wie ein Alkali wirkt, Zeuge faͤrbt, so erhaͤlt man ein
schwach in Violett stechendes Blau. Auf diese Art faͤrbt man mittelst
Gruͤnspan, essigsaurem Kupfer, essigsaurer Alaunerde, die vegetabilischen
Faserstoffe und die Wolle durch Campescheholz blau.
Wenn man die vegetabilischen Faserstoffe, die Seide und die Wolle in einer
Fluͤssigkeit faͤrbt, welche eine Aufloͤsung von einem Theile
Zinn in 12 Theilen Salzsaͤure und 4 Theilen Salpetersaͤure ist, so
erhaͤlt man ein Violett, weil sehr wahrscheinlich sowohl eine Basis als eine
Saͤure auf das Haͤmatin wirkt.
Wolle, die mit reinem Alaun oder besser mit Alaun und Weinstein angesotten ist, gibt
aͤhnliche Resultate.
Nimmt man Wolle zuerst durch Weinstein, schwefelsaures Eisen und schwefelsaures
Kupfer, dann durch ein Campescheholzbad, so faͤrbt sie sich schwarz.
Wenn man mit Alaun vorbereitete Wolle lange Zeit in einem stallen und kochenden
Campescheholzabsud laͤßt, so erhaͤlt sie eine so dunkle Farbe, daß sie
schwarz erscheint; besonders wenn die Luft einwirken kann. Werden zur Vergleichung
zwei Muster mit Alaun vorbereiteter Wolle in einem Absude vom Campescheholz
gefaͤrbt, so daß das eine mit der Luft in Beruͤhrung kommt, das andere
aber gegen dieselbe vollkommen verwahrt ist, so wird dieses schwarzviolett seyn,
jenes aber gruͤnlich rothschwarz. Dieser Versuch beweist, daß durch die
Einwirkung der Luft auf die Haͤmatinverbindung eine gelbe Farbe entsteht, und
auf diese Art die violette Farbe verschwindet. Wir werden auf diesen Gegenstand
unten zuruͤkkommen, wenn wir vom Schwarz handeln. Da das Campescheholz mit
den salzfaͤhigen Basen Blau liefert, so laͤßt es sich zur Darstellung
von Gruͤn benuzen, wenn man eine solche Verbindung mit einer durch Wau,
Quercitronrinde etc. erzeugten gelben, auf den Zeugen befestigt.
Man hat das durch Alaun und Scharlachcomposition befestigte Haͤmatin benuzt,
um das Indigblau auf Wolle zu beleben; dieses nannte man bleu
de Hauseur.
Alkannawurzel. – Der Farbstoff der Alkannawurzel
wird fast nur benuzt, um auf Baumwollenzeugen Violett und Braun hervorzubringen. Zu
diesem Ende beizt man die Zeuge zuerst entweder mit essigsaurer Alaunerde oder mit
essigsaurem Eisen, und nimmt sie dann durch ein Gemisch von Wasser und einer
Aufloͤsung der Alkannawurzel in Weingeist.
Das Violett widersteht bis auf einen gewissen Grad den Chlort alkalien und anderen
chemischen Agentien, hingegen nur sehr schwach dem Lichte.
Die Alkannawurzel verbreitet unter mehreren Umstaͤnden einen so starken Geruch
nach Delphinsaure, daß ich diesen Stoff in ihrem waͤsserigen Absude
aufsuchte. Ich destillirte also denselben, neutralisirte das Destillat mit Baryt und
dampfte ab, wodurch ich ein krystallisirbares Salz erhielt, das alle Eigenschaften
des delphinsauren Baryts zu besitzen schien; verduͤnnte Phosphorsaͤure
schied dar; aus eine wasserhaltige oͤhlartige Saͤure ab, die im
Geruch, Aussehen und kurz nach allen Anzeichen Delphinsaure war; leider hatte ich
von dieser Substanz nicht so viel zu meiner Verfuͤgung, daß ich damit eine
Reihe genauer Versuche anstellen konnte.Die neuesten Versuche uͤber die Anwendung der Alkannawurzel in der
Baumwollen-, Leinen-, Seiden- und
Schafwollenfaͤrberei von Hrn. Doctor W. H. v. Kurrer findet man im Polyt. Journ. Bd. LIII. S. 111. A. d. R.
Orseille. – Die Orseille verdankt ihre Eigenschaft
zu faͤrben nicht einem in den Flechten, woraus man sie bereitet, schon
vorhandenen naͤheren Bestandtheile, sondern der Veraͤnderung, welchen
einer ihrer Bestandtheile (von Hrn. Robiquet, der ihn
entdekte, Orcin genannt) durch den Einfluß der Luft und
des Ammoniaks erleidet. Das so veraͤnderte Orcin faͤrbt die ungeheizte
Seide und Wolle außerordentlich schoͤn violett, leider haͤlt sich die
Farbe aber am Sonnenlichte nicht.
Die Orseille wird angewandt, um der Seide, welche man in der warmen Kuͤpe
violettblau oder violett faͤrben will, zuerst einen Grund zu geben. Sie dient
auch um der violetten und Colombinfarbe, die der Wolle mit Cochenille und in der
Kuͤpe ertheilt wurde, ein angenehmeres Ansehen zu geben. Man kann außer
Violett der Wolle auch noch andere Farben durch Orseille ertheilen, wenn man durch
Zinnaufloͤsung etc. nuͤancirt.
Fernambukholz. – Die Eigenschaften des Brasilins
erklaͤren uns hinreichend die Farben, welche Absude von Fernambukholz den
Stoffen ertheilen.
Die Salze, deren Basis farblos und alkalisch ist, wie z.B. die Zinnoxydulsalze,
befestigen das Brasilin mehr violettroth als orangefarbig auf den Stoffen, die
Saͤuren und die nach Art derselben wirkenden Salze hingegen mehr oder weniger
scharlachroth. Um daher baumwollene und leinene Zeuge, die mit Alaunerde gebeizt
sind, rosenroth zu faͤrben, muß man sie durch eine zweigradige
Zinnaufloͤsung (aus 1 Theile Zinn, 12 Theilen Salzsaͤure und 4 Theilen
Salpetersaͤure bereitet) nehmen, ehe man sie in die Flotte tauche. Gallirte
und mit essigsaurer Thonerde gebeizte Baumwolle nimmt eine viel sattere Farbe an,
als nicht gallirte. Mit essigsaurem Eisen gebeizte Baumwolle erhaͤlt in dem
Fernambukbade eine in Violett stechende Purpurfarbe, welche schwarz erscheint, wenn
der Stoff stark mit Eisen gebeizt ist.
Das Fernambukholz dient, um die Seide unaͤcht carmesinroth und ponceau zu
faͤrben.
Mit Alaun und Weinstein behandelte Wolle, welche man im Fernambukbade bei
abgehaltener Luft faͤrbt, erhaͤlt nicht ganz dieselbe Farbe, wie wenn
die Luft Zutritt hat; der Unterschied ist aber so gering, daß man annehmen muß, daß
der Sauerstoff der Luft hiebei leinen so großen Einfluß hat, wie bei einigen gelben
Pigmenten, wovon wir bald reden werden.
Rothes Sandelholz. – Das rothe Sandelholz wird
fuͤr sich allein nur noch gebraucht, um Wolle fuͤr grobe
Tuͤcher zu faͤrben. Die Beize ist Alaun.
Mit Gallaͤpfeln oder Schmack dient es zum Braunfaͤrben; mit
Gallaͤpfeln, Gelbholz, Krapp etc. zur Darstellung von Savoyard-,
Mahagoni- und Holzfarbe, besonders wenn man an Krapp sparen will; die Farbe
ist aber nicht nur nicht aͤcht, sondern hat auch noch den Nachtheil, daß sie
die Wolle sehr hart macht, so daß man viel Oehl anwenden muß, um sie zu spinnen, und
daß bei dem Spinnen die Nummer um mehrere Einheiten unter derjenigen bleiben kann,
welche man mit Wolle, die bloß mit Krapp, ohne Sandelholz gefaͤrbt ist,
erhalten haͤtte. Wenn man aber mit dem Krapp nur wenig von diesem Holz
anwendet, so kann man an ersterem ohne betraͤchtliche Verringerung der
Qualitaͤt des Tuches ersparen.
Ich kann aus eigener Erfahrung behaupten, daß mit Beihuͤlfe von Sandelholz
gefaͤrbtes Kuͤpenblau nicht so schoͤn ist, wie dasjenige,
welches man ohne Anwendung des Sandelholzes erhaͤlt.
Kaliaturholz. – Man wendet es wie das Sandelholz
an; es verhalt sich wie dieses, liefert aber lebhaftere und mehr in Roth spielende
Farben.
Krapp. – Der Krapp ist eine der wichtigsten
Substanzen fuͤr die Farbekunst im Allgemeinen, und ohne Zweifel die
schaͤzbarste fuͤr die Baumwollen- und Leinenfaͤrberei
insbesondere.
Er enthaͤlt zwei rothe Farbstoffe, welche mit Alaunerdesalzen rothe Farben
geben; einen gelben Farbstoff, welcher damit gelbe, und einen fahlen, welcher damit
fahle Farben liefert.
Die rothen Farbstoffe sind das Alizarin und Purpurin; dieselben sind jedoch nicht
gleich bestaͤndig, und daher ist auch das durch sie erzeugte Roth um so
haltbarer, je weniger Purpurin es enthaͤlt.
Der gelbe Farbstoff scheint viel Aehnlichkeit mit demjenigen zu haben, welcher in den
meisten Pflanzensaften, wenigstens den der Luft ausgesezt gewesenen, vorkommt.
Der fahle Farbstoff endlich ist wahrscheinlich ein Gemenge von rothem und gelbem und
einer braunen Substanz.Ueber die Farbstoffe des Krapps, ihre Darstellung und Eigenschaften, sind in
den lezten Jahren in Folge der Preisaufgaben der Société industrielle in Muͤlhausen von
verschiedenen Chemikern zahlreiche Versuche angestellt worden, wodurch wir
jedoch weder in wissenschaftlicher noch in technischer Hinsicht seit Robiquet's Entdekung des Alizarins
bemerkenswerthe Fortschritte gemacht haben. Ein großer Theil dieser Versuche
bedarf auch noch sehr der Bestaͤtigung. Die wichtigsten neueren
Abhandlungen uͤber die Farbstoffe des Krapps findet man im Polytechn.
Journale Bd. XXVII. S. 196, 200, 218, 228; Bd. XXXIII. S. 158; Bd. XXXIX. S. 385, 392; Bd. XLIII. S. 381; Bd. XLVI. S. 123, 125; Bd. L. S. 390; Bd. LII. S. 193. A. d. R.
Die Wirkung der Luft auf den Krapp scheint zur Entwiklung seiner Eigenschaft roth zu
faͤrben beizutragen, und eine laͤngere Beruͤhrung mit derselben
erhoͤht besonders sein Vermoͤgen, die Wolle braunroth zu
faͤrben, so daß man, um ein gleiches Gewicht mit Alaun und Weinstein
vorbereiteter Wolle auf dieselbe Nuance zu faͤrben, weit mehr frischen als
alten Krapp braucht; auch bemerkt man oft, daß die mit frischem Krapp erhaltene
Farbe gelber oder weniger braun ist, als die mit altem Krapp dargestellte.
Faͤrbt man andererseits zur Vergleichung von zwei Mustern gebeizter Wolle das
eine ohne Luftzutritt, und das andere bei Beruͤhrung mit der Luft in Krapp,
so wird lezteres eine braunere und weniger gelbe rothe Farbe erhalten, als das bei
abgeschlossener Luft gefaͤrbte Muster.
Wenn man sich die Wirkung des Krapps auf einen gegebenen Stoff erklaͤren will,
so muß man wohl beruͤksichtigen, daß die baumwollenen, leinenen, seidenen und
wollenen Zeuge, wenn sie auch mit derselben Beize vorbereitet wurden, sich nicht in
gleichem Grade mit den verschiedenen Farbstoffen des Krapps verbinden.
Die Anwendbarkeit des Krapps zum Faͤrben der vegetabilischen Faserstoffe
erklaͤrt sich sehr gut aus den oben (S. 359) angegebenen Eigenschaften des
Alizarins, welches mit der Alaunerde achtes Roth und Rosenroth, und mit dem
Eisenoxyd ebenfalls achtes Schwarz und Violett liefert: die auf vegetabilischem
Faserstoff mit Krapp erzeugten Farben erhalten durch Anwendung oͤhliger
Baͤder noch eine viel groͤßere Lebhaftigkeit, daher man auch das
gewoͤhnliche Rothfaͤrben und das Tuͤrkischrothfaͤrben,
wobei Oehl gebraucht wird, unterscheidet. Ungeachtet der Fortschritte, welche im
Krappfaͤrben seit vierzig Jahren gemacht wurden, bleibt aber noch eine
wichtige Entdekung uͤbrig, naͤmlich die eines Verfahrens, um mit dem
Model oder der Walzendrukmaschine die Farbe des Krapps auf vegetabilischen Geweben
befestigen zu koͤnnen; gegenwaͤrtig geschieht dieß. ausschließlich auf
die Art, daß man den gebeizten Zeug durch mehr oder weniger heißes Wasser nimmt,
worin Krapp vertheilt ist.
Gewoͤhnliches Roth (Krapproth). – Wenn man
den vegetabilischen Faserstoff mit oktaëdrischem Ammoniakalaun beizt, so
erhaͤlt man im Krapp dieselbe Farbe, wie mit oktaëdrischem
Kalialaun.
Der kubische Alaun und der mit einfachkohlensaurem Kali versezte oktaëdrische
Alaun ertheilen dem vegetabilischen Faserstoff die Eigenschaft, sich etwas dunkler
roth zu faͤrben, als bei Anwendung der oktaëdrischen Alaunarten.
Die essigsaure Alaunerde wirkt wie der cubische Alaun.
Wenn der vegetabilische Faserstoff vor dem Alaunen gallirt wird, also Gerbestoff aus
dem Gallaͤpfelabsud aufnimmt, und man ihn dann mit Alaun behandelt, so wird
er sich im Krapp viel hoͤher roth faͤrben, als ohne Gallirung. Ohne
Zweifel traͤgt zu dieser Hoͤhe des Tons auch der fahle Farbstoff der
Gallapfel bei, außer dem Umstande, daß mehr von dem Farbstoff des Krapps in Folge
der Gallirung befestigt wurde.
Tuͤrkischroth. – Obgleich es bei dem
gegenwaͤrtigen Zustande unserer Kenntnisse schwer ist, eine genaue und alle
Umstaͤnde umfassende Erklaͤrung der
Tuͤrkischrothfaͤrberei zu geben, so kann man sich doch bis auf einen
gewissen Punkt von den verschiedenen Operationen, woraus sie besteht, Rechenschaft
geben.
Das Auskochen oder Entschaͤlen hat zum Zwek, die
Baumwolle von den fremdartigen Theilen zu reinigen, welche sich der Befestigung des
Farbstoffes widersezen oder seinem Glanze schaden koͤnnten.
Das Mist- oder Kothbad,
welches darin besteht, daß man die Baumwolle durch ein alkalisches Bad, worin
Schafkoth aufgeweicht ist, nimmt, ist zum Gelingen der Farbe nicht so wichtig, wie Vitalis glaubte; denn die Faͤrber, welche diese Operation
unterließen, fanden, daß sie keinen sehr merklichen Einfluß auf die
Schoͤnheit des Products hatte. Es mag sich aber wie immer mit ihrer
Nuͤzlichkeit verhalten, so hat man sich doch auf keine Thatsache
gestuͤzt, als man sie durch die Annahme erklaͤrte, die Baumwolle
erhalte, indem sie sich mit einer mit dem Natron verbunden gewesenen thierischen
Substanz vereinige (animalisire), dadurch eine groͤßere Neigung, sich mit dem
Farbstoff zu vereinigen. Diese Erklaͤrung beruht auf der Ansicht, daß die
stikstoffhaltigen Substanzen immer mehr Verwandtschaft zu den gefaͤrbten
Koͤrpern hatten, als der vegetabilische Faserstoff, was aber durchaus nicht
richtig ist. Denn die entschweißte Wolle z.B. entzieht den Eisenaufloͤsungen
das Eisenoxyd nicht so leicht wie die Baumwolle.
Das Oehlen der Baumwolle, welches darin besteht, daß man
sie in ein Gemisch von alkalischem Wasser mit Olivenoͤhl taucht,
erhoͤht ihr urspruͤngliches Vermoͤgen, sich mit dem Farbstoff
des Krapps zu verbinden, auffallend; denn ein geoͤhlter Zeug nimmt mehr
Farbestoff auf, als derselbe Zeug im nicht geoͤhlten Zustande, und Baumwolle,
welcher mittelst Alkohol ihr Oehl entzogen wurde, unterscheidet sich hinsichtlich
der Resultate beim Faͤrben nicht mehr von ungeoͤhlter. Das Oehl wirkt
also keineswegs auf die Art, daß es die Structur der Baumwollentheilchen
veraͤndert.
Da das Oehlen so nuͤzlich ist, so muß man auch die groͤßte Sorgfalt
beim Troknen anwenden, welche Operation hauptsaͤchlich zum Zwek hat, das Oehl
in allen Theilen der Baumwolle gleichfoͤrmig zu vertheilen. Bei dem Troknen
an der Luft muß der groͤßte Theil der Feuchtigkeit des Oehlbades, womit der
Stoff getraͤnkt ist, langsam verjagt werden, und beim Troknen in heißen
Kammern (Roͤsten) muß das Austroknen vollendet und bewirkt werden, daß die
oͤhlige Substanz, welche in der Waͤrme fluͤssiger wird, in das
Innere der vegetabilischen Faser dringt.
Nachdem aus meinen Versuchen die neue Theorie der Verseifung hervorgegangen war,
mußte man natuͤrlich vermuthen, daß sich bei der Operation des Oehlens das
Oehl verseift, und daß das Fabrikoͤhl (huile
tournante), da es leichter zu verseifen ist, als das gewoͤhnliche
Oehl, ebendeßwegen zum Oehlen der Baumwolle besser taugt; als ich aber mit einem
Oehl Versuche anstellte, das mir von einem Tuͤrkischrothfaͤrber
uͤberschikt worden war, der es selbst aus Baumwolle vor dem Krappen mittelst
Alkohol ausgezogen hatte, konnte ich darin keine oͤhlige Saͤure
auffinden; man darf jedoch diesem Resultate keine zu große Wichtigkeit beilegen,
weil ich nicht weiß, ob
das zur Untersuchung verwandte Oehl von Seite der Ursachen, welche es bei den
Operationen des Tuͤrkischrothfarbens veraͤndern koͤnnen,
wirklich alle moͤglichen Veraͤnderungen erlitten hatte.
Ich habe zwar bei meinen Versuchen gefunden, daß verschiedenartige oͤhlige
Koͤrper zum Oehlen gebraucht werden
koͤnnen, sie beweisen aber durchaus nicht, daß es gleichguͤltig ist,
ob man diesen oder jenen fetten Koͤrper anwendet. Auch waͤre es
moͤglich, daß aus dem fetten Koͤrper unter dem Einfluͤsse der
Luft, der Feuchtigkeit und des Alkalis eine besondere Substanz entsteht, welche
einen naͤheren Bestandtheil der farbigen Materie bildet, die das
Tuͤrkischroth ausmacht; meine Versuche sind wenigstens nicht zureichend, um
diese Vermuthung zu widerlegen. Die Untersuchung dieses Punktes ist uͤbrigens
von solcher Wichtigkeit, daß man ohne sie demjenigen, was wir im Allgemeinen
uͤber den Einfluß des Oehlens gesagt haben, nichts beifuͤgen kann.
Das Spuͤlen, welches darin besteht, daß man die
geoͤhlte Baumwolle durch eine alkalische Lauge nimmt, sie dann abtropfen
laͤßt, auswindet und troknet, hat offenbar zum Hauptzwek, aus den
groͤßten und offensten Zwischenraͤumen der Baumwolle das Oehl
wegzuschaffen, welches uͤber das zur inneren Traͤnkung noͤthige
vorhanden ist.
Wenn das Oehl wirklich durch das Alkali, die Luft und die Feuchtigkeit in eine andere
Substanz umgeaͤndert wird, welche dann ein wesentlicher Bestandtheil des
Tuͤrkischroths wird, so hat das Spuͤlen auch noch den Zwek, diese
Veraͤnderung des Oehles zu beguͤnstigen.
Was das Galliren und Alaunen betrifft, die man nach einander oder zugleich vornimmt,
so haben wir demjenigen, was wir oben beim Krapproth uͤber ihre Wichtigkeit
sagten, nichts beizufuͤgen.
Die geoͤhlte Baumwolle, welche ich untersuchte, enthielt außer Oehl auch
Alkali. Vielleicht zersezt dieses Alkali Alaun, oder traͤgt dazu bei, eine
gerbestoffsaure Alaunerde zu bilden; dieses ist noch zu untersuchen. Wenn, wie
gewisse Faͤrber behaupten, das Passarin der alaunten Baumwolle durch ein
Kreidebad vortheilhaft ist, so scheint dadurch eine Zersezung des Alauns bewirkt zu
werden.
Bei dem Krappen verbinden sich offenbar die Farbstoffe des
Krapps und besonders das Alizarin mit fetter Substanz und gerbestoffsaurer Alaunerde
oder mit Alaun oder basischem Alaun, wenn beim Krappen keine vollstaͤndige
Zersezung des Alauns erfolgt.
Beim Aviviren, wobei die Baumwolle in einem kochenden
Mischen Seifenwasser verweilt, kann Mehreres geschehen:
1) Wenn die gekrappte Baumwolle noch Alaun oder basischen Alaun enthielt, muß dieser
beim Aviviren vollstaͤndig zersezt werden; kocht man naͤmlich
tuͤrkischroth gefaͤrbte und avivirte Baumwolle mit Wasser, bis das
Aussuͤßwasser den salzsauren Baryt nicht mehr truͤbt, und zersezt sie
dann mit Salpetersaͤure, so gibt sie an diese keine Schwefelsaͤure
mehr ab.
2) Das Alkali kann einige vom Krapp herruͤhrende und selbst dem
Tuͤrkischroth fremdartige fette Koͤrper aufloͤsen.
3) Das Alkali kann mit der Farbe in Verbindung treten, nicht nur mit dem Roth des
Krapps, sondern auch mit dem Gelb der Gallaͤpfel.
4) Der Farbstoff kann durch den Einfluß des Alkalis eine Veraͤnderung
erleiden.
Das Rosiren endlich besteht in der Behandlung mit kochen:
dem Wasser, worin Seife, salzsaures Zinnoxydul und Salpetersaͤure enthalten
ist; es ist sehr schwer zu sagen, was hiebei geschieht.
Ich habe ein Rosirbad untersucht, welches aus den angegebenen Substanzen in sehr
guten Verhaͤltnissen bereitet worden war. Dieses Bad bestand: 1) aus einer
Fluͤssigkeit; 2) aus einer festen, weißen, in ersterer gleichfoͤrmig
suspendirten Substanz. Die Fluͤssigkeit war bloß Wasser, das salzsaures und
sehr wenig kohlensaures Natron aufgeloͤst enthielt. Die suspendirte Substanz
bestand aus oͤhlsaurem und margarinsaurem Zinnoxyd und saurem
oͤhlsaurem nebst saurem margarinsaurem Natron.
––––––––––
Ich will hier einige Resultate von Versuchen mittheilen, die ich mit
tuͤrkischroth gefaͤrbter, aber nicht rosirter Baumwolle an:
stellte.
Kaltes Wasser loͤste aus derselben Spuren eines Farbstoffes und eines fixen
Alkalis auf.
Das Wasser, womit sie zuerst ausgewaschen wurde, enthielt nur eine Spur von
schwefelsaurem Salz; das lezte Aussuͤßwasser war davon ganz frei.
Als die Baumwolle in kaltem Wasser ausgewunden wurde, gab sie einen flokigen rothen
Lak ab, der ihr nur anhing, und nicht chemisch mit dem Stoff verbunden war.
Alkohol, bis zum Kochen mit rother Baumwolle erhizt, die mit Wasser ausgewaschen
worden war, faͤrbte sich zuerst orangefarbig, dann roth.
Das geistige Extract, mit Wasser behandelt, gab an dasselbe nur eine Spur von gelber
Substanz und von Alkali ab, welches leztere man durch Haͤmatin entdekte.
Der in Wasser unaufloͤsliche Theil des geistigen Extracts bestand
hauptsaͤchlich 1) aus einem nicht sauren Oehle; 2) aus einer geringen Menge
sauren Oehles; 3) aus einem gelben Farbstoff; 4) aus einem rothen Farbstoff; beide
waren stark an die Oehle gebunden; 5) aus margarinsaurem Kalk, mit ein wenig
oͤhlsaurem und margarinsaurem Kali gemengt, welche rothen Farbstoff stark
zuruͤkhielten. Kalter Aether trennte die vier ersten Substanzen
vollstaͤndig von den unter Nr. 5 angefuͤhrten, die er nicht
aufloͤsen konnte.
Als die mit Alkohol behandelte rothe Baumwolle nachher in lochendes Wasser gebracht
wurde, faͤrbte sie dasselbe schoͤn purpurrosenroth; diese
Aufloͤsung hinterließ einen schwach alkalischen Ruͤkstand und einen
schoͤnen, in Wasser schwer aufloͤslichen Lak. Lezterer mit
Salpetersaͤure behandelt gab eine Fluͤssigkeit, die den salzsauren
Baryt nicht truͤbte.
Als die Baumwolle fuͤnf oder sechs Mal mit kochendem Wasser behandelt wurde,
faͤrbte sie dasselbe immer; indessen hatte sie viel von ihrer Farbe verloren
und schien keine oͤhlige Substanz mehr zuruͤkzuhalten.
Eine verduͤnnte Aufloͤsung von kohlensaurem Kali entzog ihr in der
Siedhize eine betraͤchtliche Menge Farbe; auch wurde sowohl die
Fluͤssigkeit als die Baumwolle purpurroth. Die alkalische Aufloͤsung
enthielt keine durch salzsauren Baryt faͤllbare Schwefelsaure.
Ich brachte Baumwolle, welche mit kochendem Wasser behandelt worden war, in einen
silbernen Tiegel mit Wasser und viel Aezkali; sie wurde blau. Ich dampfte zur
Trokniß ab, erhizte und verkannte den Faserstoff durch Salpeter vollstaͤndig.
Der mit Wasser behandelte Ruͤkstand wurde durch Salpetersaͤure und
Salzsaͤure vollstaͤndig aufgeloͤst und in dieser
Aufloͤsung konnte durch salzsauren Baryt keine Spur von Schwefelsaure entdekt
werden.
Ich schließe aus diesen Versuchen:
1) daß die angewandte Baumwolle zwei oͤhlige Substanzen enthielt, eine gegen
Lakmus neutrale und eine, welche dasselbe roͤthete und aus Oehlsaͤure
und Margarinsaͤure bestand;
2) daß zwischen diesen oͤhligen Substanzen und dem gelben und rothen Farbstoff
der Baumwolle eine starke Verwandtschaft Statt findet;
3) daß der Alaun bei den Operationen, welche auf die Alaunung folgten, seine
Schwefelsaͤure verlor.
Dieser Gegenstand ist so neu, daß ich diese Schluͤsse auf das in Untersuchung
genommene Muster beschraͤnke.
Das Tuͤrkischroth widersteht der Seife besser als das gewoͤhnliche
Krapproth, hingegen dem Sonnenlichte weniger; es scheint, daß beim
Tuͤrkischroth die Farbe nicht so tief in die Faser eingedrungen ist, wie die
Farbe des Krapproths, so daß ein tuͤrkischroth gefaͤrbtes Gewebe durch
Reibung auch eher weiß wird, als ein krapproth gefaͤrbtes.
Filtrirter Krappabsud ertheilt der Seide eine orangegelbe Farbe, die sehr schwach in
Braun sticht, haltbar und lebhaft ist: nicht filtrirter Krappabsud ertheilt ihr eine
Farbe, die vielleicht roͤthlicher ist.
Saflor. – Der Saflor enthaͤlt bekanntlich
zwei Pigmente, ein gelbes und ein rothes, welches leztere ich Carthamin genannt habe; sie unterscheiden sich durch ihre
Aufloͤslichkeit in Wasser sehr von einander. Wenn man naͤmlich den
Saflor so lange mit Waffel auswascht, bis er es nicht mehr faͤrbt, so
loͤst sich der groͤßte Theil des gelben Farbstoffes auf, und nur
Spuren von Carthamin. Der so ausgewaschene Saflor enthaͤlt fast noch allen
rothen Farbstoff und außerdem eine geringe Menge des gelben Farbstoffs. Weicht man
ihn nun in Wasser ein, welches mit etwas halbkohlensaurem Natron versezt ist, so
loͤst lezteres das Carthamin mit ein wenig gelbem Farbstoff auf. Mit dieser
Aufloͤsung kann man den vegetabilischen Faserstoff und besonders die Seide
schoͤn rosenroth faͤrben, indem man diese Stoffe hineintaucht, nachdem
man das Alkali mit Citronensaft, Essig etc. gesaͤttigt hat. In diesem Falle
befestigt sich das Carthamin auf dem Stoffe, und der gelbe Farbstoff bleibt in der
Fluͤssigkeit zuruͤk.
Wollte man das Carthamin frei von gelbem Farbstoff haben, so muͤßte man es auf
die angegebene Weise auf Baumwolle befestigen und von lezterer durch kohlensaures
Natron abziehen; aus der alkalischen Aufloͤsung koͤnnte man es dann
durch eine Saͤure nieder, schlagen.
Das Carthamin gibt eine außerordentlich schoͤne Farbe; welche aber dem
Sonnenlichte nicht widersteht; deßwegen kann man es auch nicht zum Faͤrben
von Zeugen brauchen, welche fuͤr Meubles bestimmt sind.
(Fortsezung im naͤchsten
Heft.)