Titel: | Die Wirkungen des Schalles in Rüksicht auf die Baukunst, für die wesentlichsten Fälle nach der Erfahrung zusammengestellt. Von C. A. Menzel, königl. Universitäts-Bauinspector und Lehrer der Baukunst an der landwirthschaftlichen Akademie in Eldena. |
Autor: | Carl August Menzel |
Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. XXXIII., S. 190 |
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XXXIII.
Die Wirkungen des Schalles in Ruͤksicht
auf die Baukunst, fuͤr die wesentlichsten Faͤlle nach der Erfahrung
zusammengestellt. Von C. A.
Menzel, koͤnigl. Universitaͤts-Bauinspector und
Lehrer der Baukunst an der landwirthschaftlichen Akademie in Eldena.
Die Wirkungen des Schalles in Ruͤksicht auf die
Baukunst.
Wie weit man auch in der Bestimmung der Wirkung der Schallstrahlen gekommen ist, und
wie viel hochverdiente Physiker sich theoretisch damit beschaͤftigt haben, so
ist selten die besondere Ruͤksicht auf Baukunst dabei genommen; auch lag dieß
nicht geradezu im vorgestekten Ziele. Wohl wird zuweilen der Wirkungen des Schalles
in Bezug auf antike und moderne Theater, und der immer noch nicht
hinlaͤnglich erklaͤrten sogenannten Schallgefaͤße der ersteren
Erwaͤhnung gethan; allein dieß hilft so allgemein, wie es geschieht (z.B.
durch Chladuy), nicht recht viel, und wenn auch hin und
wieder, wie durch Langhans, Untersuchungen uͤber
diesen Gegenstand hinsichtlich der zwekmaͤßigen Form der Theater erschienen
sind, so waren die Ergebnisse der rein theoretischen Forschungen zuweilen der
Erfahrung geradezu widersprechend, wie die gepriesene elliptische Form fuͤr
Schauspielhaͤuser und Concertsaͤle beweiset, welches die schlechteste
ist, die man waͤhlen kann.
Leider treten, wie ganz natuͤrlich, in der Baukunst so mannigfache
Zusammenwirkungen hervor, die aus Bedingungen der Localitaͤt, des Materiales,
welches zur Construction disponibel ist, aus Sitten, Gebraͤuchen, Lebensart
u. dergl. entspringen; daß die Theorie allein, bei aller Richtigkeit der
Saͤze, worauf sie basirt, nicht im Stande ist, alle diese Nebenwirkungen zu
beruͤksichtigen, woraus haͤufig eine fuͤr die Nichttheoretiker
scheinbare Unrichtigkeit derselben entsteht.
Es sollen daher hier nur solche Saͤze vorgetragen werden, welche mit der
Erfahrung uͤbereinstimmen; und es wird gewiß fuͤr alle Baumeister
wuͤnschenswerth seyn, wenn der vorliegende Versuch einen Physiker vom Fach
veranlassen sollte, den hoͤchst interessanten Gegenstand auch theoretisch in
seiner ganzen großen Ausdehnung zu beleuchten.
Nur gerade das gegenwaͤrtige Beduͤrfniß soll hervorgehoben werden, da
das fruͤhere ein ganz anderes, uns zum Theil entfremdetes war, welches in der
Zukunft fuͤr uns so gut wie nicht existirt.
Im jezigen gesellschaftlichen Leben sind die Wirkungen des Schalles namentlich bei
folgenden Bauanlagen ganz insbesondere zu beruͤksichtigen.
1) Bei Kirchen, und vorzugsweise bei solchen, wo die Predigt Hauptsache des
Gottesdienstes ist, wo also die vollkommene Verstaͤndlichkeit der Rede
unbedingt verlangt wird.
2) Bei Concertsaͤlen.
3) Bei solchen Raͤumen, worin oͤffentliche Reden gehalten werden, wie
in den Kammern und Assisenhoͤfen.
4) Bei Schauspielhaͤusern.
Ehe aber diese Faͤlle einzeln betrachtet werden koͤnnen, muͤssen
einige allgemeine Bemerkungen vorangeschikt werden.
Bei allen genannten Zweken ist es die erste und wesentliche Bedingung: daß der Schall
moͤglichst verstaͤrkt und gleichzeitig kein Widerhall (Echo) erzeugt
werde, weil durch den lezteren im eingeschlossenen Raume eine Verwirrung der
Toͤne entsteht, welche aller beabsichtigten Klarheit der Rede oder Musik
zuwider ist.
Diese beiden Forderungen jedoch gleichzeitig durch die Anlage zu erreichen ist sehr
schwierig, und es soll gezeigt werden, wie man sich der Aufloͤsung
moͤglichst naͤhern kann.
1) Die Erfahrung lehrt, daß bei geschlossenen Raͤumen,
welche hier vorzugsweise nach dem herrschenden Beduͤrfnisse nur gemeint
seyn koͤnnen, der Ton am klarsten, ohne Widerhall, in einem vierekigen
Raume gehoͤrt wird, welcher durch seine Proportionen dieser
beabsichtigten Wirkung nicht widerspricht. Diese Proportionen koͤnnen jedoch
erst weiter unten naͤher bezeichnet werden.
Raͤume, deren Grundriß eine Curve einschließt, oder wo ein Vielek die
Einschließung ist, haben stets einen starken Widerhall, und dieser ist um so
staͤrker, wenn auch die Deke nach einer gekruͤmmten Linie construirt
ist. Je mehr Seiten ein Vielek hat, je mehr es sich also dem Kreise naͤhert,
desto staͤrker hallt ein in solcher Grundrißform erbauter Raum wider,
besonders bei gewoͤlbter Deke.
Aus dem Gesagten folgt einfach, daß runde, elliptische und vielekige Grundrißformen
also fuͤr die vorerwaͤhnten Zweke nicht so gut sind, als vierekige.
Nichts desto weniger sind sie zuweilen aus anderen Ruͤksichten
erforderlich.
2) Der zur Verstaͤrkung des Tones dienlichste Koͤrper ist das Holz, wenn es als Bekleidung der Waͤnde, Deken und
Fußboͤden des Raumes gebraucht wird. Bloß steinerne Waͤnde etc. geben
einen dumpfen Klang, das Holz aber, besonders wenn es nicht unmittelbar an den
Waͤnden anliegt, sondern um einen, wenn auch ganz geringen Zwischenraum davon
absteht, wirkt als Taͤfelung, wie ein sogenannter Resonanzboden. Diese
Wirkung ist um so staͤrker, je trokener das verwendete Material ist.
3) Die groͤßtmoͤglichste Verstaͤrkung des Tones wuͤrde in
Raͤumen entstehen, welche wie ein (vierekiges) Sprachrohr gebaut sind. Dieser
Forderung laͤßt sich jedoch nur in ganz einzelnen Faͤllen und nur
annaͤherungsweise genuͤgen.
4) Eine Schwaͤchung des Tones entsteht durch alle und jede Verwendung von
Draperien, gepolsterten Meubles und Bruͤstungen, Gardinen, Fußteppichen etc.;
wie sich jeder am auffallendsten in einem Raume uͤberzeugen kann, wo viele
Betten ausgebreitet liegen. Man hoͤrt in solchem die Toͤne nur
schwach, dumpf und klanglos.
Selbst ein Saal, welcher vor dessen Fuͤllung durch Zuschauer eine bedeutende
Resonanz hat, verliert dieselbe um so mehr, je mehr Menschen hineinkommen, die durch
ihre Kleider diese Wirkung hervorbringen, da die Kleider den Ton, wie man zu sagen
pflegt, verschluken, indem sie zu wenig elastisch sind, um ihn fortzupflanzen.
Die Anwendung von solchem Materiale, welches den Ton verschlingt, kann in einzelnen
Faͤllen bei schon bestehenden Raͤumen, welche einen zu starken
Widerhall haben, dazu dienen, diesen zu schwaͤchen. Der nun erfolgende Ton
aber wird immer eine gewisse Klanglosigkeit erhalten. Die Verkaͤufer von
Musikinstrumenten lassen diese gewoͤhnlich in einem moͤglichst großen,
ganz leeren Zimmer probiren. Werden die angekauften Instrumente in die Wohnung des
Kaͤufers gebracht, so glauben diese zuweilen, daß eine Verwechselung
vorgegangen sey, obgleich der verminderte schoͤne Ton nur durch die Gardinen,
Sopha, Teppiche etc., oder auch durch die Kleinheit des Raumes bewirkt wird.
5) Im freien Raume bewegt sich der Ton vom Punkte seiner Entstehung
gleichmaͤßig nach allen Seiten hin; im geschlossenen Raume dagegen wird er
von den Waͤnden etc. aufgehalten, mannigfach zuruͤkgeworfen, nach
Umstaͤnden verstaͤrkt, geschwaͤcht, und es ist demnach klar,
daß von der Form des Bauwerks und einer Menge Nebenursachen, welche die reine
Theorie gar nicht alle beruͤksichtigen kann, die gute Wirkung in
obenerwaͤhnten Raͤumen abhaͤngen muß.
Betrachten wir zuvoͤrderst die Einrichtung der Kirchen
hinsichtlich des guten Verstehens des Predigers.
Je groͤßer nach den Maaßen eine Kirche ist, welche Form sie immer haben mag,
um so weniger braucht der Baumeister alles oben Angefuͤhrte zu
beruͤksichtigen, welches als auf den Ton schaͤdlich einwirkend
geschildert worden ist. Der Grund ist einfach folgender: In einem sehr großen Raume
ist die Anzahl der Zuhoͤrer, welche den Prediger noch deutlich hoͤren
koͤnnen, im Verhaͤltnisse zum ganzen Raume sehr gering. Da man nur auf
etwa hoͤchstens hundert Fuß Entfernung in gerader Linie gerechnet die
menschliche Stimme im
geschlossenen Raume deutlich vernehmen kann, wenn der Redner sich nicht ganz
uͤbermaͤßig anstrengen soll. Vermoͤge der Groͤße der
Dimensionen kann der Ton sich in den ersten Momenten seiner Entstehung ungehindert
verbreiten, und wird erst spaͤter, nachdem er von den Zuhoͤrern
bereits verstanden ist, mannigfach gebrochen. Hiezu traͤgt wesentlich eine
große Hoͤhe des Raumes bei. In der Peterskirche wird dieser Fall eintreten.
Aus demselben Grunde hoͤrt man in den meisten großen altdeutschen Kirchen die Predigt sehr gut: hier wirken noch die
rechtwinkeligen Grundrißformen des Ganzen mit.
Die Gewoͤlbe der altdeutschen Kirchen von großen Dimensionen schaden der
Verstaͤndlichkeit ebenfalls nicht, da sie sehr hoch uͤber dem
Zuhoͤrer liegen, und auch in keiner staͤtigen, sondern in gebrochener
Curve construirt sind; uͤberdieß ist in genannten Bauwerken die Anzahl der
Zuhoͤrer im Verhaͤltnisse zum ganzen Raume auf einen kleinen Flek
zusammengedraͤngt, kommen also nicht wie in kleineren Kirchen hinter und
neben Pfeiler zu sizen, welche den Ton abfangen, zerstreuen und
unregelmaͤßige Brechungen verursachen.
Die altdeutschen Gewoͤlbe enthalten auch in der Regel sogenannte
Schallloͤcher, welche eine Menge Schallstrahlen entweichen lassen und so den
Widerhall vermindern. Auch in zirkelrunden und vielekigen, mit Kuppeln geschlossenen
Raͤumen wird der Widerhall zerstoͤrt, wenn oben in der Mitte der
Kuppel eine hinlaͤnglich große Oeffnung, 1/4 bis 1/3 der ganzen Breite des
Durchmessers, gelassen wird, und um so mehr, wenn, wie im roͤmischen
Pantheon, keine Bedekung weiter uͤber dieser belassenen Oeffnung zu seyn
braucht.
Fuͤr unser Klima und unsere Beduͤrfnisse geht dieß jedoch nicht wohl
an. Den meisten Widerhall verursachen demnach solche Gewoͤlbe, welche keine
Schallloͤcher haben, wie das Tonnengewoͤlbe, welches in der neueren
Zeit wohl selten damit versehen wurde. Wo man die Gewoͤlbe der
Kostenersparung wegen aus Holz construirt hat, ist der Widerhall natuͤrlich
viel staͤrker, als in den von Stein erbauten, und diese Art zu verfahren ist
den aufgestellten Bedingungen gaͤnzlich zuwider.
Die meiste Verwirrung der Toͤne entsteht in den Brennpunkten der zur
Construction der Raͤume gewaͤhlten Curven; deßhalb sind elliptische,
mit Gewoͤlben geschlossene die allerunvortheilhaftesten, welche man
waͤhlen kann; denn hoͤchstens an den Seitenwaͤnden und in dem
Durchschnittspunkte der Achsen (welche Punkte also von den Brennpunkten meistens am
weitesten entfernt liegen) kann man leidlich hoͤren, obgleich der Widerhall
immer noch stoͤrend bleibt. In den Brennpunkten selbst aber kann man kein
Wort verstehen. Saͤulen oder Pfeiler, welche freistehend die Deke oder
Gewoͤlbe tragen, Vertiefungen in den Mauern, Oeffnungen nach anderen Raͤumen hin als an die
Kirche angebaute Capellen etc. vermindern sehr den Widerhall. Ueberhaupt thut dieß
jede Unterbrechung der staͤtigen Linien, welche die Einschließungen
bilden.
Bei den altdeutschen Kirchen mit 3 und 5 Schiffen kann man sich hievon deutlich
uͤberzeugen, und die sogenannten Fluͤstergallerien koͤnnen nur
dann wirken, wenn die Anlagen derselben, zufaͤllig oder absichtlich, so
entstanden sind, daß sie nach einer durchaus staͤtigen Linie fortlaufen. Jede
bedeutende Unterbrechung dieser staͤtigen Linie wuͤrde ihre Wirkung
sogleich aufheben.
Große Kirchen aber werden wohl jezt selten gebaut, und der katholische Ritus, welcher
derselben etwa bedarf, braucht weniger Ruͤksicht auf die Predigt zu nehmen,
da diese in ihm nur einen Theil des Gottesdienstes ausmacht, dieselbe dagegen in der
protestantischen Kirche als Hauptsache des Gottesdienstes hervortritt. Wir wenden
uns also zu den evangelischen Kirchengebaͤuden insbesondere.
Am besten hoͤrt man ohne laͤstigen Widerhall, wie bereits gesagt und
wie die Erfahrung bestaͤtigt, im vierekigen, rechtwinkeligen Raume, welcher
eine gerade Deke oder eine ganz wenig gekruͤmmte Linie zur Bedekung hat. (NB. liegt der Mittelpunkt der krummen Linie weit unter
dem Fußboden des Raumes, so wird eine maͤßige Verstaͤrkung des Tones
ohne Widerhall entstehen.) Der rechtwinkelige Grundriß waͤre demnach
Bedingung. Je mehr die Zuhoͤrer sich vom Prediger entfernen, desto weniger
werden sie ihn auch bei der vortheilhaftesten Form des Gebaͤudes verstehen;
deßhalb darf das Vierek des Grundrisses das Verhaͤltniß der zweimaligen
Breite zur Laͤnge nicht uͤberschreiten. Je hoͤher der Raum,
desto klarer der Ton. Deßhalb waͤre die schmale Seite zur Hoͤhe
genommen, das geringste Maaß dafuͤr, und so haͤtten wir die
Hauptbestimmungen der Form.
So lange es die Construction zulaͤßt, ist es vortheilhafter, keine freistehenden Pfeiler etc. zur Unterstuͤzung
der Deke anzuwenden.
Die in dem evangelischen Kirchengebaͤude so sehr beliebten sogenannten
Choͤre (Emporkirchen) sind fuͤr das deutliche Hoͤren um so
unvortheilhafter, je geringer die Hoͤhe zwischen denselben ist; denn nur die
erste, hoͤchstens die zweite Reihe der Zuhoͤrer hoͤrt noch
etwas, die dahinter Sizenden werden durch die uͤber ihnen befindliche,
gewoͤhnlich sehr niedrigliegende Deke gaͤnzlich daran verhindert.
Hieraus geht hervor: daß so wenig wie moͤglich Pfeiler anzubringen und die
Choͤre moͤglichst wegzulassen sind.
Die lezteren gewaͤhren uͤberhaupt nicht den Vortheil, welchen man sich davon
verspricht. Es werden freilich mehr Zuhoͤrer untergebracht, allein die
wenigsten davon hoͤren und sehen etwas, was man auch dagegen sagen mag. Es
entsteht hiebei etwas ganz Aehnliches, wie bei den hinteren Plaͤzen der
Theaterlogen, wovon weiter unten die Rede seyn wird.
Die Stellung der Kanzel ist im quadratischen Raume gleichguͤltig hinsichtlich
der Seite, woran sie steht. Bei dem laͤnglichen Vierek ist eine der schmalen
Seiten die beste, da, wenn die Kanzel an einer der Langseiten steht, alle
diejenigen, welche sich mit dem Prediger auf derselben Langseite befinden, denselben
weder sehen noch hoͤren koͤnnen. Dieß gilt also von der Haͤlfte
der Zuhoͤrer.
Insofern das evangelische Kirchengebaͤude keinem bestimmten Typus hinsichtlich
der Form unterworfen war, so hat man seit 300 Jahren dasselbe ganz nach
Willkuͤr veraͤndert, um den beiden Hauptbedingungen, dem guten
Hoͤren und Sehen, zu genuͤgen; allein die stete Beibehaltung der
Choͤre (Emporkirchen), welche wohl groͤßten Theils darin ihre
Entstehung fanden, daß man mit den geringsten Kosten die
groͤßtmoͤglichste Anzahl Zuhoͤrer unterbringen wollte, hat den
gewuͤnschten Erfolg immer vernichtet. Man suchte sein Heil in der Ellipse, im
Halbkreise, im Vielek, im Kreise, kurz in allen geometrischen Figuren des
Grundrisses der Reihe nach. Alle Formen aber befriedigten nicht in jeder Hinsicht,
und koͤnnen es auch nicht, da den genannten Bedingungen nur auf die
allereinfachste Art, aber mit großen Kosten, d.h. nur in einem Gebaͤude
entsprochen werden kann, welches einen verhaͤltnißmaͤßig großen, ganz freien Raum einschließt, worin am besten keine Unterstuͤzungen der Deke und keine
Emporkirchen sich befinden, welche Anordnungen beide wenigstens dem geforderten
Zweke des guten Hoͤrens und Sehens nicht entsprechen werden.
Auch der Halbkreis wuͤrde beider Bedingungen wegen gleicher Laͤnge der
Radien entsprechen, da er bei gerader Deke wenig widerhallt; allein seiner Form
haben sich mehr oder weniger die Theater bemaͤchtigt, und man wuͤrde
von vielen Seiten eine Kirche in dieser Art erbaut, deßhalb anstoͤßig finden;
folglich unterbleibt eine dergleichen Anlage.
Mancherlei erschwerende Bedingungen treten hiebei noch dazu. Der Altar soll frei
bleiben, damit man den Priester daran sehen kann. Die Kanzel darf also nicht vor dem
Altare stehen, obgleich sie so gestellt, dem Zuhoͤrer am naͤchsten und
gerade in der Mittellinie der Kirche, folglich fuͤr alle Bedingungen am
vortheilhaftesten zu stehen kaͤme. Die Schiklichkeit verbietet es aber, und
somit kann es nicht geschehen.
Die Kanzel hinter dem Altare, und so zu sagen auf demselben anzubringen, wird
ebenfalls fuͤr nicht schiklich gehalten; auch ist diese Anordnung weniger
zwekmaͤßig, da der Prediger hiebei immer weiter von den Zuhoͤrern
entfernt wird, uͤberdem ist eine solche Anlage vorschriftswidrig, und kann
also ebenfalls nicht Statt finden; es bleibt demnach nichts weiter uͤbrig,
als die Kanzel seitwaͤrts des Altares zu stellen, wodurch aber, wenn die
Kirche zugleich Emporkirchen hat allemal fuͤr diejenigen Zuhoͤrer,
welche auf einer Seite mit dem Prediger sich befinden, und nicht in der vordersten
Reihe sizen, der Nachtheil eintritt, daß sie den Redner gar nicht sehen, und wenig
oder nichts hoͤren.
Schon aus diesen Ursachen wird es einleuchten, daß es besser ist, die Zuschauer alle
im unteren Raume unterzubringen, oder die Emporkirchen, wenn man sie durchaus will,
so schmal und so hoch als es angeht zu machen. Schmale Emporkirchen aber fassen
wenig Menschen, und kosten nicht viel weniger, als breite; am besten ist es also,
sie moͤglichst zu vermeiden.
Die gerade oder wenig gekruͤmmte Deke, rechtwinkelige Waͤnde, eine
angemessene Hoͤhe, je groͤßer dieselbe ist, desto besser, und ein
moͤglichst freier innerer Raum waͤren also die Bedingungen, um gut zu
hoͤren und zu sehen.
Der sogenannte Schalldekel uͤber den Kanzeln schadet in den meisten
Faͤllen mehr, als er nuzt, und namentlich bei Emporkirchen hindert er den
Ton, sich nach Oben hin zu verbreiten. Bei gewoͤlben Kirchen dagegen, wo das
Gewoͤlbe niedrig liegt, leistet er gute Dienste, da durch ihn verhindert
wird, daß die Schallstrahlen sich nicht gleich nach ihrer Entstehung
unregelmaͤßig brechen, sondern erst einen viel laͤngeren Weg
zuruͤklegen muͤssen, ehe dieß geschieht. Auch wenn alle
Zuhoͤrer sich unterhalb der Kanzel befinden, wie wir angenommen haben,
erleichtert er dem Redner einiger Maßen des Sprechen. Im Ganzen ist er jedoch, die
erwaͤhnten Faͤlle etwa ausgenommen, nicht wesentlich nothwendig.
Die Einrichtung der Concertsaͤle.
Auch hier wie bei den Kirchen ist die rechtwinkelige Form des Raumes die
zwekmaͤßigste, wenn derselbe mit einer geraden oder wenig gekruͤmmten
Deke geschlossen ist. Ebenfalls kann man die gerade Deke mit einer geringen
sogenannten Voute an die Seitenwaͤnde anschließen lassen, welches eine
Verstaͤrkung des Tones ohne bedeutenden Widerhall erzeugt.
Fuͤr ein stark beseztes Orchester, wie die jezige Zeit sie erfordert, muß der
Raum moͤglichst große Dimensionen, und besonders große Hoͤhe haben. Das
Verhaͤltniß der doppelten schmalen Seite zur Laͤnge ist, wie bei den
Kirchen, ein Maximum. Die Hoͤhe ist mindestens gleich der schmalen Seite,
auch hoͤher zu machen. Unterstuͤzungen der Deke durch Pfeiler,
Saͤulen etc., eben so niedrige Seitenlogen, sind
nachtheilig. Die gerade oder maͤßig gekruͤmmte Deke ist mit
sogenannten Schallloͤchern zu versehen. Diese dienen dazu: 1) wenn es
noͤthig waͤre, bei schwach beseztem Saale den etwa sich noch
erzeugenden Widerhall aufzuheben, welches durch Oeffnen der Schallloͤcher
bewirkt wird; 2) zur Abfuͤhrung der verdorbenen Luft im gedraͤngt
vollen Saale; 3) geben sie ein bequemes Mittel, da die Concerte meistens des Abends
gehalten werden, die Kronleuchter darin aufzuhaͤngen.
Fuͤr gewoͤhnlich koͤnnen diese Schallloͤcher mit
durchbrochenen Metallblechen bedekt seyn, welche durch eine leichte Vorrichtung
entweder hoͤher gehoben, oder ganz abgenommen werden koͤnnen, wenn
sich irgend Widerhall erzeugte. Indeß ist dieß bei der vorgeschriebenen Form wohl
nur dann moͤglich, wenn der Saal leer ist.
Jedenfalls aber ist man durch angebrachte Schallloͤcher im Stande, den Ton
unter allen Umstaͤnden zu reguliren; sie dienen daher nicht bloß in
Concertsaͤlen, sondern in jedem anderen Gebaͤude zu aͤhnlichem
Zweke; selbst wenn vorhandene gewoͤlbte Raͤume zu Musiksaͤlen,
Rednerbuͤhnen etc. eingerichtet werden sollten, kann man durch Anbringung von
Schallloͤchern den Widerhall um so mehr vernichten, je groͤßer
dieselben gemacht werden. Daß sie immer im Scheitel des jedesmaligen
Gewoͤlbesystems liegen muͤssen, versteht sich von selbst.
Die Erfahrung zeigt ferner, daß ein gewisses Durchbrechen der Seitenwaͤnde mit
großen geradlinig geschlossenen Oeffnungen, durch welche die Schallstrahlen in
nebenliegende Raͤume entweichen, und sich also noch weniger vereinigen
koͤnnen, sehr vortheilhaft wirkt. Dieß ist z.B. so im Concertsaale des
Berliner Schauspielhauses. Die großen Oeffnungen der einen Langwand, unter der
koͤnigl. Loge, fuͤhren die Schallstrahlen nach der in das obere
Stokwerk steigenden Treppe ab. Eben so dient die Durchbrechung der beiden kurzen
Waͤnde in diesem Saale zur Entweichung und Zerstreuung der Schallstrahlen,
und auf diese Art eingerichtet eignet sich der erwaͤhnte Raum
vorzuͤglich zur Auffuͤhrung von Musik. Eben so deutlich und klar ist
darin die Rede verstaͤndlich, wenn declamirt wird.
Eine den gleichen Zwek verfolgende Einrichtung ist im Saale der Berliner
Singakademie, wo die eine Langwand in der Hoͤhe mit eines Reihe sehr hoher
Logen durchbrochen ist. Der Saal ist verhaͤltnißmaͤßig schmal und hoch, und auch in
diesem nimmt sich die Musik sehr gut aus.
Eine wie in der Einleitung erwaͤhnte Taͤfelung der Waͤnde mit
Holz wird allemal eine gewuͤnschte Verstaͤrkung des Tones
hervorbringen; leider aber unterbleibt dieß gewoͤhnlich aus Oekonomie.
Die Stellung des Orchesters geschieht am besten auf einer der schmalen Seiten des
Saales, und zwar so, daß es moͤglichst erhoͤht steht.
Auch ein halbkreisfoͤrmiger oder mit gebrochenen Eken angelegter Schluß des
Raumes, wo sich das Orchester befindet, aber mit gerader Deke versehen, ist
vortheilhaft.
Unter allen Bedingungen jedoch muß die Wand, woran das Orchester sich befindet,
geschlossen seyn, weil eine Durchbrechung derselben die Schallstrahlen der Musik
nach Hinten wuͤrde entweichen lassen, welches die Wirkung sehr
schwaͤchte.
Die Hauptbedingungen bleiben also immer, den Ton moͤglichst zu
verstaͤrken, ohne ihn zu verwirren, das heißt, ohne Widerhall
herbeizufuͤhren.
Die Form eines vierseitigen Sprachrohres fuͤr einen solchen Zwek waͤre,
wie Eingangs gesagt, die beste, und bei einem Concertsaale ließe sich dieselbe, da
wenig Nebenbedingungen daran hindern, wohl einrichten, wenn die architektonischen
Anordnungen hinsichtlich der Verzierung danach modificirt wuͤrden.
Das Orchester befaͤnde sich alsdann, wie natuͤrlich, an der kleinsten
Seite. Die Seitenwaͤnde wuͤrden schraͤg, nach dem Eingange des
Saales sich erweiternd, angelegt. Die Deke laͤge bei dem Orchester tiefer,
der Fußboden daselbst hoͤher, welches Alles constructiv ohne große
Schwierigkeiten zu erreichen ist, wenn der so eingerichtete Saal nicht an den
Fronten, sondern in der Mitte eines Gebaͤudes liegt, von anderen
Raͤumen umschlossen. Die Beleuchtung kann durch die Deke geschehen. Ganz
besonders fuͤr Declamatorien und Reden wuͤrde sich eine solche
Einrichtung eignen.
Die Musik besteht nur aus Vocalen, jeder Ton ist daher dem
Ohre deutlich vernehmbar; die Rede dagegen besteht aus Vocalen und Consonanten,
die lezteren sind es, welche bei schwachem Tone und Undeutlichkeit die
Verstaͤndlichkeit vermindern; und hier tritt also mehr noch wie bei
der Musik die Nothwendigkeit ein, den Ton moͤglichst ohne Widerhall zu
verstaͤrken.
Sind Ursachen vorhanden, weßhalb Logen angebracht werden muͤssen, so ist es
nothwendig, dieselben so hoch, und deren so wenig als moͤglich uͤber
einander, also hoͤchstens eine Reihe, anzubringen. Denn je niedriger sie sind, um
so mehr raubt die uͤber den Koͤpfen der Zuschauer liegende Deke
denselben allen Genuß.
Die Waͤnde des Saales sind am einfachsten, d.h. eben zu halten. Bedeutende
Vorspruͤnge schwaͤchen und zerstreuen den Ton ohne Noth; auch
uͤbermaͤßig vorspringende Gesimse erzeugen diese Wirkung. Selbst runde
ovale und vielekige Formen ließen sich bei Anwendung gerader Deken in einzelnen
Faͤllen zu Musikauffuͤhrungen benuzen, wenn man die bei den
Concertsaͤlen erwaͤhnten Vorsichtsmaßregeln nicht versaͤumt;
jedoch nur mit der groͤßten Auswahl, und nie ohne besonders zu nehmende
Ruͤksichten.
Fuͤr die Einrichtung der Locale, worin oͤffentliche Reden gehalten
werden, gilt im Ganzen dasselbe, was eben von den Concertsaͤlen gesagt wurde.
Die Gewohnheit hat ihnen jedoch die Form eines Halbkreises gegeben, welcher mit
seinem Durchmesser an einen rechtwinkligen Raum anschließt.
Damit kein Widerhall entsteht, wird die Deke geradlinig geschlossen. Die
Rednerbuͤhne steht entweder im Mittelpunkte des Halbkreises oder wenig davon
zuruͤk.
Die Size erheben sich amphitheatralisch, und hiedurch wird dem Beduͤrfnisse,
den Redner gleichzeitig zu sehen, mit abgeholfen.
Es finden sich aber auch laͤnglich rechtwinkelige Saͤle, welche dem
gewuͤnschten Zweke entsprechen; nebenbei haben diese den Vortheil einer
leichteren Construction der geradlinigen Deken, welche bei Halbkreisformen immer
schwieriger wird, je mehr der Durchmesser waͤchst. Die fruͤher
erwaͤhnte Sprachrohrform wuͤrde jedoch hiebei unstreitig die besten
Dienste leisten. Der Fußboden, welcher sich senkt, wuͤrde die Zuhoͤrer
nicht hindern, den Redner gleichzeitig zu sehen, da lezterer vermoͤge der
angegebenen Form sehr hoch zu stehen kommt.
Die Theater in akustischer Hinsicht.
Wir nahen uns hier einem Gegenstande, der vielfach in obiger Hinsicht besprochen
worden ist. Nichts desto weniger leiden alle unsere Theater daran, daß man auf sehr
vielen Plaͤzen derselben weder sieht noch hoͤrt. Gewoͤhnlich
mißt man die Schuld dem Baumeister zu, welches freilich immer das Kuͤrzeste
ist. Man beruͤksichtigt aber keineswegs die Hunderte von Ursachen, welche
dieß Unzwekmaͤßige hervorbringen, und von denen der Baumeister
hoͤchstens die wesentlichsten bei aller Anstrengung zu uͤberwinden im
Stande ist.
Ein vollkommenes Theater wird bei den Anforderungen, welche jezt daran gemacht
werden, nie zu Stande kommen, weßhalb aber keineswegs der Baumeister angeklagt
werden kann, wie sich aus dem Folgenden leicht ergeben wird.
Es wird jedoch vorher nothwendig seyn, die antiken Theater zu betrachten, welche von
den neueren Baumeistern gewoͤhnlich als Grundlage, der Form nach, fuͤr
die jezigen Schauspielhaͤuser betrachtet werden.
Die vorhandenen Ueberreste antiker Theater haben jedenfalls den jezt bestehenden ihre
urspruͤngliche Form gegeben, woran die blinde Verehrung alles Antiken
hauptsaͤchlich Schuld hatte; aber wie himmelweit verschieden sind diese
Bauwerke von einander hinsichtlich ihrer Grundbedingungen.
In den antiken Theatern wurde bei Tage gespielt, bei uns am Abende; hieraus entstand
fuͤr die modernen Theater die Nothwendigkeit der Beleuchtung und Bedekung.
Aus der Schwierigkeit der lezten Bedingung entstand fuͤr unser Theater ein
gewisses Maximum des Maaßes fuͤr den Zuschauerraum, die Logen mit
eingerechnet, welches bei 100 Fuß Laͤnge hoͤchstens, und einer
verhaͤltnißmaͤßigen Breite wohl niemals uͤberschritten werden
kann.
Die antiken Theater hatten hierin kein vorgeschriebenes Maaß, denn die in seltenen
Faͤllen angewendete Bedekung durch Velarien ließ einen sehr großen
Durchmesser zu, ohne geradezu unmoͤglich zu werden, wozu sich aber bei
unseren Theatern noch andere Ursachen gesellen. Die Beleuchtung ist ohnehin bei den
jezt uͤblichen Maaßen hoͤchst schwierig und mangelhaft, und die
Verstaͤndlichkeit der menschlichen Stimme reicht hoͤchstens bis 100
Fuß Entfernung. Bei den antiken Theatern war die Ruͤksicht fuͤr die
Beleuchtung unnoͤthig, und die menschliche Stimme wurde durch Masken mit
sprachrohrfoͤrmigem Munde verstaͤrkt, welches zwar allen Ausdruk der
Gesichtszuͤge verhinderte, in akustischer Hinsicht aber seine Wirkung that.
Auch dieser Vortheil faͤllt jezt weg.
Bei der einfachen amphitheatralischen Einrichtung antiker Theatersize (ohne Logen)
konnte sich die Stimme gleichmaͤßig, ohne irgend gebrochen zu werden,
verbreiten. Wie ganz anders bei uns: die Nothwendigkeit der Logen ist diesem
Erforderniß hinderlich. In den Logen selbst hoͤrt man nur auf den vordersten
Plaͤzen gut, auf der zweiten Reihe schlecht, auf der dritten und vierten gar
nicht. Hievon sind hoͤchstens die Logen ausgenommen, welche dem Proscenium
gerade gegenuͤber liegen. Die Niedrigkeit der Logen, welche aus der
Anbringung moͤglichst vieler Plaͤze entsteht, um moͤglichst
viel Geld zu loͤsen, vermehrt diesen Uebelstand ungemein. Es liegt aber außer
den Kraͤften des Baumeisters ihm abzuhelfen. Denn was wuͤrde eine
Theaterdirection sagen, wenn vier Reihen Logen nach Zusammenzwaͤngung der
Maaße angebracht werden koͤnnten, und der Baumeister braͤchte wegen
akustischer Ruͤksichten nur drei Reihen an? Das Haus wuͤrde unbedingt
nicht gebaut werden.
Hohe Seitenwaͤnde der Logen, wie sie doch immer gewuͤnscht werden, sind
ebenfalls der Verbreitung des Schalles so wie dem Sehen hoͤchst nachtheilig.
Deßhalb sind in einigen neueren Theatern sogenannte Balconsize (auch um mehr
Plaͤze zu gewinnen) vor den Logen angeordnet worden; allein hieraus entsteht
der Nachtheil, daß die in den Logen Sizenden weder in das Parterre sehen, noch von
dort aus gesehen werden koͤnnen. Deßhalb sind diese Anordnungen wenig
beliebt, und der Baumeister hat Ursache sie zu vermeiden. Auch hoͤrt man in
den unter den Balconsizen zuruͤktretenden Logenreihen schlecht, weil die
Deken, welche die Balcons davor bilden, zu niedrig darauf liegen und zu weit
vortreten. Alle diese Ruͤksichten fielen in den antiken Theatern weg.
Das antike Proscenium war ein von drei Seiten durch Mauern umschlossener Raum, nur
mit verhaͤltnißmaͤßig kleinen Oeffnungen, durch welche man die
beweglichen Decorationen sah. Unsere Proscenien sind schmal, und nach Hinten
verliert sich der Ton in den Coulissen. Außerdem sind die bei uns so sehr beliebten
Logen im Proscenium selbst fuͤr die Verstaͤndlichkeit der Rede
hoͤchst nachtheilig, da sie als durchbrochene Seitenwaͤnde des
Prosceniums den Ton verschluken, und nicht, wie sie sollten, fortpflanzen. Wenn auch
die Schauspieler mitten in das Proscenium treten, so hilft dieß wenig. Die
angefuͤhrten Prosceniumlogen aber sind ein Erforderniß fuͤr Personen
des hoͤchsten Ranges; der Baumeister kann sie also nur in einzelnen
Faͤllen weglassen. Dieß ist im Stadttheater in Pesth wirklich geschehen, und
deßhalb, da uͤberdieß das Proscenium verhaͤltnißmaͤßig sehr
tief, und wie ein Sprachrohr zusammengezogen ist, hoͤrt man in diesem Theater
sehr gut. Man hat auch versucht, die Deke des Prosceniums nach einer krummen Linie
zu construiren, und glaubte dadurch eine Verstaͤrkung des Tones zu bewirken,
allein es entstand ein solcher Widerhall, daß man die geradlinige Deks wieder
herstellen mußte.
Der hinter dem Schauspieler befindliche offene Raum sowohl, als noch mehr die darin
befindlichen leinewandenen Decorationen, sind ebenfalls Hindernisse zur
Verstaͤrkung des Schalles, und doch kann der Baumeister sie nicht heben.
Die uͤbliche Lage des Orchesters unterhalb am Proscenium ist so unvortheilhaft
fuͤr die Verbreitung des Schalles wie moͤglich, und doch kann
naͤchst allen uͤbrigen Ruͤksichten keine andere Stelle und
keine bessere Anordnung fuͤr dasselbe ausgemittelt werden. Waͤre es
auf der Buͤhne, oder mit ihr in gleicher Hoͤhe, so wuͤrden die
unteren Zuschauer nichts
sehen; hinter oder neben der Buͤhne wuͤrde man nichts hoͤren.
Selbst wenn der Fußboden desselben nur wenig hoͤher ruͤkte,
koͤnnten die im Parket Sizenden nicht daruͤber hinaussehen, welches
jezt schon nicht hinlaͤnglich geschieht, da ohnedem das Lampenbrett die Beine
der Schauspieler verdekt. Es bleibt also hiebei nichts uͤbrig, als es zu
lassen, wie es ist.
Was endlich die Form des Zuschauerraums betrifft, so ist die sogenannte Hufeisenform
die beliebteste. Allein auch sie hat ihre Uebelstaͤnde, welche nicht zu heben
sind, und die namentlich bei großen Haͤusern in schlechtem Hoͤren und
in einer Menge sogenannter todter Plaͤze der Seitenlogen besteht. Der
Halbkreis als Grundrißform fuͤr kleinere Theater erfuͤllt die
geforderten Bedingungen immer noch am besten, nur ist er fuͤr große
Haͤuser deßhalb nicht anzuwenden, weil sein Durchmesser fuͤr die zu
beabsichtigende Unterbringung von 3 bis 4000 Personen so anwachsen wuͤrde,
daß die Deke wohl nicht mehr ohne uͤbermaͤßige Schwierigkeit zu
construiren waͤre.
Fuͤr ganz kleine Theater zu 600–700 Personen ist ein rechtwinkeliger
Saal mit Logen an der hinteren Wand und mit Gallerien an den Seitenwaͤnden,
welche nur eine Reihe Size enthalten, immer das Zwekmaͤßigste in jeder
Ruͤksicht.
Die gerade oder nur sehr gering gebogene Deke, in Verbindung mit dem uͤblichen
großen Schall- und Dunstloch, ist zwekmaͤßig, und bedarf keiner
Erwaͤhnung.
Die hoͤlzernen Corridorwaͤnde dienen sehr zur Verstaͤrkung des
Schalles, und hieraus ist es am meisten zu erklaͤren, daß man in allen
unseren Theatern, ungeachtet aller geruͤgten Maͤngel, wenigstens auf
den besseren Plaͤzen auch in maͤßiger Entfernung so ziemlich gut
hoͤrt.
Langhans macht die Bemerkung, daß der Luftstrom ein
bedeutendes Verstaͤrkungsmittel des Schalles werden kann, denn jedes
Geraͤusch hoͤrt man in der Richtung des Luftstromes viel weiter, als
gegen denselben. Hierauf gruͤndet er die Anlage von Zugloͤchern
zwischen dem ersten Rang und den Parketlogen, der Buͤhne gegenuͤber.
Diese Vorrichtung soll bewirken, daß der Schall von der Buͤhne aus den
Zuhoͤrern schnell und deutlich zugefuͤhrt werde. Ein starker Luftstrom
aber verursacht fuͤr die Zuschauer unangenehme Zugluft, ein sehr
maͤßiger bringt die gewuͤnschte Wirkung nicht hervor. Vielfach
angestellte Versuche wuͤrden dieß Mittel, dessen Theorie ganz
gegruͤndet ist, also erst bewaͤhren muͤssen.
Zur Befoͤrderung der akustischen Wirkung gibt es nach dem fruͤher
Gesagten keine bessere Form, als die eines Sprachrohrs. Aber bei keiner Anlage waͤre
sie so viel Schwierigkeiten und Einwendungen unterworfen, als eben bei den
Theatern.
Der Fußboden wenigstens koͤnnte darin anstatt fallend nur nach Hinten steigend
angelegt werden, wodurch die Form schon wesentlich veraͤndert wird.
Es fraͤgt sich demnach, nachdem wir alle Maͤngel der jezigen Anlagen
beruͤhrt haben, wie diesem wohl am besten abzuhelfen waͤre. Wir wollen
sehen.
Der tadelfreien Einrichtung eines Theaters sezen gerade die Interessenten, welche sie
am meisten verlangen, die groͤßten Hindernisse entgegen: die
Theaterdirectoren und das Publicum. Es liegt im Reiche der Moͤglichkeit ein
Theater zu bauen, welches in akustischer und optischer Hinsicht allen
vernuͤnftigen Forderungen genuͤgt, welche man daran machen kann.
Allein die Theaterdirectoren verlangen vom Baumeister jeden Winkel, welcher nur
irgend zugaͤnglich ist, mit Plaͤzen zu spiken, damit die Theatercasse
ein Maximum an Ertrag liefere. Hieraus entstehen niedrige Logenplaͤze, im
Hintergrunde derselben andere todte Plaͤze, wo kein Mensch weder etwas
hoͤren noch sehen kann. In den antiken Theatern war dieß nicht der Fall, da
sie so groß, wie man Lust hatte, gebaut werden konnten, indem keine Logen darin
Statt fanden. Die Einlaßkarten wurden auch nicht fuͤr Geld verkauft wie bei
uns, und also ließ sich durchweg fuͤr moͤglichst gleich gute
Plaͤze sorgen, welches bei der bekannten Anordnung derselben auch recht gut
anging.
Im antiken Theater waren keine Damen, welche außer dem Anspruch moͤglichst gut
und bequem zu hoͤren und zu sehen, auch noch, wie bei uns, verlangten,
gesehen zu werden. Auch diese Sitte hat fuͤr den Baumeister viel Unbequemes,
und namentlich den vervielfaͤltigten Gebrauch der Logen erzeugt; denn bei
einer nur amphitheatralisch ansteigenden Sizreihe wird der Einzelne nicht bemerkt,
wohl aber in der ersten Reihe der Logen, namentlich des Parkets und des ersten
Ranges. Diesem Hinderniß wird also wohl am wenigsten abzuhelfen seyn, da es ein
Universaluͤbel ist.
Die Einrichtung der Buͤhne kann vermoͤge unserer ganzen Art der
uͤblichen Darstellung nicht unmittelbar hinter dem Zuschauer geschlossen
werden.
Das Orchester kann aus demselben Grunde weder seinen Plaz noch die Art der
Construction veraͤndern.
Nur das Proscenium laͤßt eine wesentliche Verbesserung zu, und diese besteht
darin: man mache es so tief als es angeht, wenn eine oder zwei
Coulissen-Stellungen der Buͤhne fortgelassen, und die beiden
Waͤnde des Prosceniums um eben so viel verlaͤngert werden. Laͤßt man bei dieser
Vertiefung der Prosceniumwaͤnde auch noch die Seitenlogen darin fort, so hat
man vermoͤge der nach Hinten sich verengenden Seitenwaͤnde, der sich
nach Hinten senkenden Deke, und des nach Vorne niedersteigenden Fußbodens, ein
vollkommenes, wenn auch kurzes Sprachrohr, gebildet. Die Seitenwaͤnde und
Deke sind glatt zu halten; und auch der reichsten architektonischen Verzierung
desselben steht nichts im Wege. Die ohnehin an dieser Stelle ganz zwek- und
nuzlose Anwendung von Saͤulen etc. kann sich fuͤglich in
schoͤne figuͤrliche Darstellungen veraͤndern, wobei das Ganze
nur gewinnen wird.
Eine Beleuchtung der Buͤhne wird durch ein tiefes Proscenium auch eher
moͤglich, als wenn Logen darin angebracht sind. So waͤren wir dadurch
auch eher in den Stand gesezt, anstatt der ganz schlechten Beleuchtung von Unten
herauf, eine dergleichen sehr schoͤne von Oben herunter, vermittelst
Hohlspiegeln und Gasflamme zu erreichen. Dieß nur nebenbei gesagt, da es fuͤr
das hier vorgestekte Ziel nicht zur Sache gehoͤrt.
Sollen die beliebten Logen am Proscenium nicht wegfallen, so koͤnnen in einer
nochmaligen etwas zuruͤkspringenden Verlaͤngerung des Prosceniums,
nach dem Zuschauerraume hin, dergleichen Logen immer noch Statt finden. Auf den
Einwand, daß man dann nicht unmittelbar auf der Buͤhne sizt, kann freilich
keine Ruͤksicht genommen werden.
Schwieriger ist die Hauptform des Zuschauerraumes anzuordnen, und es bleiben hier nur
folgende Bestimmungen uͤbrig. Der Halbkreis und das Rechtek sind in
akustischer Hinsicht, mit gerader Deke geschlossen, die besten Formen. Die Logen
muͤssen hoͤchstens zwei Reihen Size hinter einander erhalten, da
mehrere zu nichts nuzen. Dieß gilt ganz insbesondere von denen, die nahe an der
Buͤhne sind.
Die Logen muͤssen moͤglichst weit der Hoͤhe nach von einander
abstehen, und dieß ist bei unserer Sparsamkeit eine schlimme Bedingung, da sehr bald
ein Rang weniger entsteht. Sind die Logen hoͤher, so koͤnnen sie auch
mehr Sizreihen erhalten; hiedurch wird obiger Verlust an Plaͤzen
groͤßten Theils ersezt.
Der Logenraum muß keine hohen Seitenwaͤnde erhalten, denn diese hindern am
Hoͤren und Sehen.
Der ganze Zuschauerraum muß ganz frei von Unterstuͤzungen seyn. Deßhalb hat
man auch in neuerer Zeit sehr duͤnne eiserne Saͤulen zur Tragung der
Logenreihen verwendet.
Die Size, welche hinter einander stehen, muͤssen so viel Steigung erhalten,
daß der Kopf des Hintersizenden ganz uͤber dem Kopf des Davorsizenden
hervorragt. Ebenfalls eine schlimme Bedingung, da dadurch die Parketlogen verloren
gehen, indem das Parket und Parterre, der groͤßeren Steigung wegen, diesen
Hoͤhenraum fortnehmen.
Fuͤr ganz große Theater, bei denen die Hauptbedingung ist, viel Geld
einzunehmen, haͤufen sich uͤbrigens die Schwierigkeiten ungemein. Sie
koͤnnen, um gut zu sehen, nicht fuͤglich anders als nach krummen
Linien im Zuschauerraume construirt werden. Bekanntlich aber findet der meiste
Widerhall in den Brennpunkten der Constructionslinien Statt. Die einfachsten Linien,
welche auch von allen nur einen Brennpunkt haben, der in den Zuschauerraum
faͤllt, sind der Dreiviertelkreis, oder, wenn noch mehr Menschen
untergebracht werden sollen, die Dreiviertelellipse. Das vierte Viertheil dieser
beiden Figuren fiele in den Raum des Prosceniums.
Auch der Halbkreis mit Verlaͤngerung der Seitenwaͤnde ist in
akustischer Hinsicht gut. Nur hat die Anbringung der Logen an der geraden
Verlaͤngerung desselben wenig Plaͤze, außer der ersten Reihe, wo man
sehen kann, und deßhalb hat diese Form auch selten Anwendung gefunden.
Entschließt man sich demnach bei ganz großen Zuschauerraͤumen als Grundrißform
die Ellipse zu waͤhlen, so fraͤgt es sich nur, wie dem in dieser Figur
sich bildenden Widerhall am besten begegnet werde?
Die Form des sprachrohrfoͤrmigen, verhaͤltnißmaͤßig sehr tiefen
Prosceniums wollen wir ein fuͤr alle Mal festhalten. Die Weglassung der
Seitenlogen darin ebenfalls.
Der Zuschauerraum sey elliptisch construirt, die Logenreihen der Hoͤhe nach
weit von einander abstehend, und nicht tief.
Die geringe Tiefe der Logen verursacht noch, daß der Schall sich nicht darin, wie man
sagt, verfaͤngt, sondern bequem weiter geleitet wird.
Eine horizontale Deke wird zuvoͤrderst dem sich noch erzeugenden Widerhall am
besten begegnen. Außerdem ordne man in Verbindung mit dem einen uͤblichen
Schallloche deren mehrere an verschiedenen Stellen an, und insbesondere eines davon
uͤber dem in den Zuschauerraum fallenden Brennpunkte der Curve. Durch
beliebiges Oeffnen und Schließen wird man im Stande seyn den Schall zu
reguliren.
Waͤre gar keine Deke vorhanden, so wuͤrde auch kein Widerhall, oder nur
ein sehr unbedeutender vorhanden seyn; je mehr Oeffnungen daher in der Deke
disponibel sind, um die Schallstrahlen entweichen zu lassen, um so mehr wird sich
dieser vermindern.
Ein deutliches Echo wird in den Gebaͤuden nie entstehen, da ihre Dimensionen
zu klein, und auch die Standpunkte der Zuhoͤrer zu verschieden sind; allein
das Ineinanderschwirren der Toͤne ist um so laͤstiger, und der
Baumeister hat alle Ruͤksicht zu nehmen, diesen so viel als moͤglich
zu verbannen, da sonst die schoͤnste Musik oder Rede dadurch ungenießbar
gemacht wird.
Nochmals wird hiemit der Wunsch ausgesprochen, daß ein Physiker von Fach durch diese
wenigen Bemerkungen veranlaßt werden moͤchte, den Gegenstand streng
theoretisch zu beleuchten.
Greifswald, den 22. Februar 1835.