Titel: | Beschreibung des Dampfwagens Hibernia, welcher von den HH. Sharp, Roberts und Comp. für die Dublin-Kingstown-Eisenbahn erbaut wurde. |
Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. XL., S. 241 |
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XL.
Beschreibung des Dampfwagens Hibernia, welcher von den HH. Sharp, Roberts und Comp. fuͤr die
Dublin-Kingstown-Eisenbahn erbaut wurde.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 599, S.
290.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Beschreibung des Dampfwagens Hibernia.
Wir legen hier unseren Lesern eine Beschreibung und Abbildung des Dampfwagens Hibernia vor, welcher einer von den dreien ist, die die
HH. Sharp, Roberts und Comp.
in Manchester fuͤr die zwischen Dublin und Kingstown errichtete Eisenbahn
erbauten, und der die erste vollkommene Fahrt auf dieser Bahn zuruͤklegte.
Wir entlehnen dieselbe aus einer aͤußerst wohlfeilen und mit zierlichen
Abbildungen versehenen Broschuͤre, welche unter dem Titel: „Thirteen Views of the Dublin and Kingstown
Railway“ im Verlage des schaͤzenswerthen Dublin Penny Journal erschien.
Das Gestell A in Fig. 16, welches die
ganze Maschinerie traͤgt, ist aus starkem Schmiedeisen gebaut; es ist 15 Fuß
lang bei einer Breite von 7 Fuß, und ruht auf vier im Gestelle verborgenen Federn
und einer gleichen Anzahl von Raͤdern, die sich mit der Achse umdrehen.
Laͤngs der Mitte dieses Gestelles ist ein schmiedeiserner Kessel B von cylindrischer Form angebracht, an dessen einem
Ende sich der Ofen C befindet. Aus diesem wird die Hize
in mehreren Roͤhren, die mit dem an dem anderen Ende angebrachten Rauchfange
communiciren, durch das in dem Kessel befindliche Wasser geleitet. Dergleichen
Roͤhren sind an der Hibernia gegen 90 von 1 1/2 Zoll im Durchmesser
vorhanden. Der Scheitel des Rauchfanges ist mit einem aus Drahtgewebe verfertigten
Dekel D versehen, welcher die brennenden Kohkstheilchen,
die von dem starken, zur Erhaltung des lebhaften Feuers im Ofen noͤthigen
Luftzuge durch die Roͤhren gerissen werden, aufhaͤlt. Dieser starke
Luftzug wird durch den verbrauchten Dampf erzeugt, der, nachdem er in den Cylindern
seine Wirkung vollbracht, in dem Feuerzuge emporstroͤmt, und mit großer
Gewalt in die freie Luft entweicht. An dem Ofenende, an welchem der Maschinist
steht, sind drei Eichhaͤhne E angebracht, die zur
Bestimmung der in dem Kessel enthaltenen Quantitaͤt Wasser dienen; eben so
befinden sich hier auch die Hebel F, mit deren
Huͤlfe die Bewegung der Maschine nach Ruͤk- und Vorwaͤrts vollkommen in
der Macht des Maschinisten ist, so daß sie beinahe augenbliklich dirigirt werden
kann. An dem Kessel befinden sich zwei Sicherheitsklappen: die eine G steht unter der Botmaͤßigkeit des Maschinisten,
der mit ihr die Spannkraft des Dampfes reguliren kann; zu der anderen H hingegen, welche vorher fuͤr den
gehoͤrigen und bestimmten Druk eingerichtet worden ist, hat dieser keinen
Zutritt, damit er nicht allenfalls einen hoͤheren Druk zu erzeugen in
Versuchung kommt, wodurch die Bewegung der Maschine in Gefahr kommen wuͤrde.
Aus dem oberen Theile des Kessels fuͤhren eigene Leitungsroͤhren den
Dampf an die Schubladenbuͤchse K, welche an
dieser Maschine eine eigenthuͤmliche, von Hrn. Roberts erfundene Form hat, und mit den Cylindern L in Verbindung steht, die an beiden Seiten des Kessels an dem oben
erwaͤhnten Gestelle befestigt sind. Diese Schubladenbuͤchse ist ein
Behaͤlter, aus welchem der Dampf in Folge der durch die Bewegung der ganzen
Maschine regulirten Thaͤtigkeit des Ventiles abwechselnd in die obere und
untere Kammer des Cylinders eintritt. Indem der Dampf solcher Maßen auf die obere
und untere Flaͤche des Kolbens druͤkt, treibt er denselben abwechselnd
nach Auf- und Abwaͤrts, um dann bei der unteren oder sogenannten
Abzugsroͤhre R, wie schon angegeben ist, in den
Rauchfang zu entweichen.
Die Kolbenstange M geht durch eine Stopfbuͤchse,
welche an der oberen Oberflaͤche des Cylinders angebracht ist; die Liederung
besteht aus geoͤhlter Baumwolle oder aus Hanf, und durch sie bewegt sich die
Kolbenstange mit vollkommener Freiheit: jedoch so, daß auch nicht der geringste
Theil Dampf entweichen kann. An jeder Seite des Maschinengestelles ist eine
Winkelhebelvorrichtung N angebracht, welche durch eine
Verbindungsstange von dem Kolben her in Thaͤtigkeit versezt wird, und durch
eine aͤhnliche Verbindungsstange O die Bewegung
an die hinteren Raͤder fortpflanzt. Diese Stange O ist naͤmlich an einem Zapfen angebracht, welcher an der Nabe
befestigt ist, und zwar in einer Entfernung von ihrem Mittelpunkte, welche dem
halben Kolbenhube gleichkommt, so daß sich das Rad also nach dem Principe eines
gewoͤhnlichen Spinnrades umdreht. In Verbindung mit dieser
Winkelhebelvorrichtung sieht man durch eine elliptische Oeffnung P auch eine Stange P, welche
bis an die Drukpumpe Q fortlaͤuft, und durch
einen kleineren Hub, als jener des Kolbens ist, so viel Wasser in den Kessel treibt,
als zur Ersezung des in Dampf verwandelten Wassers erforderlich ist. Das Wasser wird
in einer von dem Munitionskarren herfuͤhrenden biegsamen Roͤhre
herbeigeleitet, und ein solcher Munitionskarren, der den Wasser- und
Steinkohlenvorrath fuͤhrt, wird an jedem Dampfwagen angehaͤngt. Die
Winkelhebelzapfen sind so an den Naben eines jeden Rades angebracht, daß sich nie
beide zugleich an den sogenannten todten Punkten befinden, d.h. mit anderen Worten,
sie sind unter rechten Winkeln gegen einander angebracht.
In den Roͤhren I, welche, wie oben gesagt, den
Dampf aus dem oberen Theile des Kessels in den Cylinder leiten, befinden sich
Regulatoren, deren Natur man leicht begreifen wird, wenn man das Princip eines
gewoͤhnlichen Wasserhahnes vor Augen behaͤlt. Diese Regulatoren
koͤnnen so gedreht werden, daß sie die Verbindung zwischen den Cylindern und
dem Kessel ganz abschneiden, und daß die Maschine hiedurch gaͤnzlich in ihrem
Laufe angehalten wird; oder man kann sie so drehen, daß so viel Dampf durchdringt,
als nach Umstaͤnden zur Erzielung einer groͤßeren oder geringeren
Geschwindigkeit erforderlich ist. An den gewoͤhnlichen Dampfmaschinen wird
die Geschwindigkeit der Maschine durch den sogenannten Governor regulirt; an den
Dampfwagen hingegen hat der Maschinist dieses Geschaͤft zu verrichten.
Wir wollen nun schließlich nur noch darzulegen suchen, nach welchem sinnreichen
Principe der Kessel erbaut ist, und wie ungegruͤndet es ist, wenn einige
befuͤrchten, daß auch hiebei noch gefaͤhrliche Explosionen erfolgen
koͤnnten. Man denke sich einen langen, an beiden Enden geschlossenen Cylinder
von irgend einer Art, welcher innen durch zwei Scheidewaͤnde in drei
ungleiche Raͤume getheilt ist. Einer dieser Raͤume, der zwischen einer
der Scheidewaͤnde und dem aͤußeren Ende befindlich ist, stellt den
Ofen vor; der entgegengesezte die Oeffnung in den Feuerzug oder Rauchfang. Der
mittlere Raum enthaͤlt das Wasser, welches in Dampf verwandelt werden soll,
und zu diesem Behufe wird die in dem Ofen entwikelte Hize in einer Anzahl von
Roͤhren durch das Wasser geleitet. Da der in dem Ofen in Folge der
Verbrennung frei gewordene Waͤrmestoff auf keine andere Weise, als zugleich
mit der verduͤnnten Luft durch diese Roͤhren entweichen kann, und auf
diesem Wege mit einer sehr ausgedehnten Oberflaͤche in Beruͤhrung
kommt, so wird er auf diese Weise nothwendig sehr rasch an das Wasser fortgepflanzt.
Die Roͤhren bestehen aus duͤnnem Kupfer- oder Messingblech, und
sind der einzige Theil des Kessels, welcher der Einwirkung des Feuers ausgesezt ist;
da sie jedoch rings von Wasser umgeben sind, so sind auch sie gehoͤrig
geschuͤzt. Wir sahen Roͤhren aus Dampfkesseln dieser Art, welche
30,000 Meilen Weges zuruͤkgelegt hatten, ohne wesentlich abgenuͤzt
worden zu seyn. Sollte jedoch durch die Heftigkeit der Hize ja eine der
Roͤhren einen Riß bekommen, oder sollte eine der Roͤhren aus irgend
einer anderen Ursache Schaden leiben, so koͤnnte hieraus kein anderer Nachtheil, als
hoͤchstens eine Verzoͤgerung entstehen: indem das Wasser und der Dampf
alsogleich durch den entstandenen Bruch in den Ofen treten, und das Feuer
ausloͤschen wuͤrden. Wir wissen, daß Ereignisse dieser Art auf der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn bereits oͤfter Statt fanden; und
daß die Reisenden nur dadurch Kenntniß davon erhielten, daß das Fuhrwerk mit einem
Male stehen blieb.