Titel: | Versuche, welche auf einem Landgute zu Bilbartault, Departement de Seine et Marne, mit der Anwendung der Ablaufwasser einer Stärkmehlfabrik als Dünger angestellt wurden; von Hrn. Feldmarschall de Burggraf. |
Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. LXXXIV., S. 464 |
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LXXXIV.
Versuche, welche auf einem Landgute zu
Bilbartault, Departement de Seine et Marne, mit der
Anwendung der Ablaufwasser einer Staͤrkmehlfabrik als Duͤnger angestellt
wurden; von Hrn. Feldmarschall de
Burggraf.
Aus dem Journal des connaissances usuelles. Januar
1835, S. 18.
Anwendung der Ablaufwasser einer Staͤrkmehlfabrik als
Duͤnger.
Ich errichtete vor einem Jahre auf meinem Landgute eine Staͤrkmehl- und
Kartoffelsazmehlfabrik, theils um mehrere troken gelegte Teichstreken, die sich zum
Anbau von Getreide und Kartoffeln eigneten, gehoͤrig benuzen zu
koͤnnen, theils und noch mehr aber, um mir eine reichliche und gehaltvolle
Nahrung fuͤr meine Kuͤhe und Schafe zu verschaffen, und dadurch die
Duͤngermasse zu vermehren. Mit Schmerzen sah ich in den ersten Tagen der
Fabrikation die aus der Fabrik abfließenden Wasser unbenuzt verloren gehen; ich
suchte eine nuͤzliche Anwendung derselben zu ermitteln, und da ich an deren
duͤngenden Kraft nicht zweifelte, so richtete ich mein Augenmerk hierauf. Ich
ließ daher fuͤr diese Ablaufwasser eine Grube von 8 Klafter Laͤnge auf
6 Klafter Breite und 1 Klafter Tiefe graben.
Die gesammelten Wasser konnten auf zweierlei Weise angewendet werden: d.h. frisch, so
wie sie aus den Reiben und Bottichen kamen, oder zersezt und gegohren; ich versuchte
beide Methoden, und will zuerst mit der Wirkung dieser Wasser im ungegohrnen
Zustande beginnen.
Erster Versuch mit einer Wiese. Ich ließ 10 Ruthen einer
guten Wiese, welche jaͤhrlich auf den ersten Schnitt 350 bis 400
Buͤndel Heu gab, und dann gewoͤhnlich den Schafen zur Weide
uͤberlassen wurde, mit 4 Faͤssern Ablaufwasser begießen, von denen
jedes 50 bis 60 solcher Fuhren, wie sie die Wasserfuͤhrer in Paris mit einem
Pferde fuͤhren, enthielt. Das Begießen geschah in der lezten Haͤlfte
des Monats Maͤrz, wo sich die Vegetation zu entwikeln begann. Schon nach
wenigen Tagen bemerkte ich, daß die begossenen 10 Ruthen der Wiese einen
auffallenden Vorsprung gewonnen hatten, denn das Gras war daselbst lebhafter
gruͤn, am Boden dichter, und die Triebe kraͤftiger. Dieser Zustand
hielt auch bis zur Zeit des Maͤhens an; denn die 10 begossenen Ruthen gaben
45 Buͤndel Heu, waͤhrend ein gleicher nicht begossener Flek derselben
Wiese ihrer nur 37
gab. Auch hatte auf den ersten 10 Ruthen das Maͤhen um 10 Tage fruͤher
beginnen koͤnnen.
Zweiter Versuch mit einem alten Felde
Luzerner-Klee. Ich ließ 10 Ruthen eines alten Feldes
Luzerner-Klee, welches aus verschiedenen Ursachen den Herbst vorher nicht
umgerissen werden konnte, mit derselben Quantitaͤt frischen Ablaufwassers
begießen. Hier war der Erfolg besonders auffallend, denn der Klee erschien wie
frisch gebaut; die alten Wurzeln bekamen neue Kraft und ihre zahlreichen Triebe
verdraͤngten in kurzer Zeit die vielen Unkraͤuter, welche sich wie
gewoͤhnlich eingenistet hatten. Der erste Schnitt gab auf diesen 10 Ruthen 32
Buͤndel, waͤhrend auf ein gleiches unbegossenes Terrain nur 22
Buͤndel kamen. Zu bemerken ist jedoch, daß die Schafe, welche auf das
abgemaͤhte Luzerner-Feld getrieben wurden, die zweiten Triebe nicht
fraßen, obschon sie durch die Frische der Vegetation dahin gelokt werden mußten; ich
war daher gezwungen, die begossenen 10 Ruthen ein zweites Mal abmaͤhen zu
lassen, wo dann die Schafe die dritten Triebe, die nicht mehr so viel Kraft zeigten,
gern abweideten.
Dritter Versuch mit einem Kohlbette. Ich begoß ein Bett
Maylaͤnder Kohl in meinem Garten drei Mal mit dem Ablaufwasser meiner
Staͤrkmehlfabrik, und kam dadurch zu einem außerordentlichen Resultate. Die
Staͤngel erreichten eine Hoͤhe von 3 bis 3 1/2 Fuß, ehe sie Kopfe
bildeten, und dennoch stieg keiner in Samen; sie waren von einer großen Menge sehr
breiter Blaͤtter umgeben, es kamen viele kraͤftige Sprossen aus
denselben hervor, und an dem Ende eines jeden bildete sich ein Kopf, der sich
weniger durch seine Groͤße, als durch seine Festigkeit auszeichnete.
Auf diese wenigen beschraͤnkten sich wegen Mangel an Zeit die Versuche mit dem
frischen ungegohrnen Ablaufwasser. Ich gehe daher auf jene Versuche uͤber,
die ich mit diesem Wasser anstellte, nachdem dasselbe in dem zu dessen Aufbewahrung
dienenden Behaͤlter eine Zersezung erhalten hatte, die bei der Hize des
vorjaͤhrigen Sommers schnell eintrat. Ich bemerke vorlaͤufig nur, daß
das Wasser In dem Behaͤlter schnell eine dunkel schwarze Farbe annahm, und
daß sich auf dessen Oberflaͤche schnell große Fleken bildeten, die die
Regenbogenfarben spielten, und dergleichen man oft auch auf anderen stehenden
Wassern oder Odellaken bemerkt. Der Behaͤlter stieß dabei einen
unertraͤglichen, dem Geruche der Schwindgruben aͤhnlichen Gestank aus,
und diese Ausduͤnstung nahm jedes Mal zu, so oft eine Veraͤnderung in
der Temperatur eintrat.
Erster Versuch. Ich pflanzte Runkelruͤben, welche
im Bette gezogen worden waren, mit dem Sezholze, und begoß die Pflanzen mit dem gegohrnen Wasser. Die
Pflanzen waren sehr zart; die Hize verbrannte deren Blaͤtter schnell, und
bald war nichts mehr davon sichtbar, so daß der ganze Anbau in den Augen meiner
Nachbarn fuͤr verloren galt. Ich verlor jedoch die Hoffnung nicht, sondern
begoß meine Pflanzen am dritten Tage neuerdings mit dem gegohrnen Wasser. Nach zehn
Tagen hatte ich das Vergnuͤgen das Herz meiner Pflanzen uͤber der Erde
erscheinen zu sehen; ich begoß sie daher noch ein drittes Mal, und im Herbste, wo
meine Pflanzen bereits drei Mal abgeblaͤttert worden waren, erregten sie eine
eben so allgemeine Bewunderung, als sie mir eine reichliche Ernte gaben.
Zweiter Versuch. Ich ließ auf einem Tagwerke gelber
Ruͤden ein Beet fortwaͤhrend mit dem gegohrnen Ablaufwasser begießen.
Nach dem ersten Gaͤten wuchsen die Pflanzen so schnell, daß deren
Blaͤtter in kurzer Zeit den ganzen Boden bedekten, daß bald alle
Unkraͤuter dadurch verdraͤngt waren, und daß ich kein zweites
Gaͤten fuͤr noͤthig fand. Die Pflanzen behielten den ganzen
Sommer ihr lebhaftes Wachsthum bei, und ihre Blaͤtter zeichneten sich auch
durch ihre dunkle Farbe aus. Die Ernte entsprach jedoch meinen Erwartungen nicht;
denn die begossenen Ruͤben waren beinahe durchaus gespalten und sehr zaserig,
waͤhrend die uͤbrigen, die nur auf die gewoͤhnliche Weise
behandelt worden waren, eine entsprechende Laͤnge und Dike erreichten.
Dritter Versuch. Ich besaß ein 15 Jahr altes, ganz
erschoͤpftes Artischokenbeet, welches nur mehr sehr kleine Fruͤchte
gab, und welches ich im vorigen Herbst aufgeben wollte. Ich baute daher gegen Ende
September runde, platte Ruͤben, deren Samen ich mir aus dem Elsaß kommen
ließ, hinein; da diese jedoch wegen der großen Trokenheit lange nicht keimen
wollten, so nahm ich meine Zuflucht zu dem gegohrnen Ablaufwasser, womit ich sie mit
Huͤlfe eines Sprizkruges reichlich begoß. Die Ruͤben gingen nun
sogleich auf, und wuchsen aͤußerst schnell zu einer seltenen
Schoͤnheit; noch mehr wunderte es mich aber, daß auch die Artischoken der
guͤnstigen Wirkung der Begießung theilhaftig wurden, und gleichsam
verjuͤngt erschienen, indem sie noch im Spaͤtherbste eine ansehnliche
Menge schoͤner Fruͤchte lieferten, und ringsum so kraͤftige
Schoͤßlinge trieben, daß ich mein Beet nunmehr noch laͤngere Zeit mit
Vortheil beizubehalten im Stande bin.
Vierter Versuch. Zwei Mandelbaͤume, welche vor
zwei Jahren verpflanzt worden waren, nachdem sie bereits eine bedeutende
Groͤße erreicht hatten, befanden sich in einem so schwaͤchlichen
Zustande, daß mir wenig Hoffnung blieb, sie zu erhalten. Da ich jedoch im
Fruͤhjahre darauf noch einiges Leben daran bemerkte, so ließ ich vor dem Aufsteigen des
Saftes um jeden Baum einen kleinen Graben ziehen, den ich mit dem gegohrnen Wasser
fuͤllte. Beide Baͤume bluͤhten im Fruͤhjahre zu meinem
Erstaunen, allein alle Bluͤthen fielen ab, und gegen Mitte Junius starben sie
beide ploͤzlich ab, obschon ich sie fortwaͤhrend mit
gewoͤhnlichem Wasser hatte begießen lassen.
Fuͤnfter Versuch. Ich ließ beim Pflanzen meiner
Erdaͤpfel auf meinen Pflug ein Faß folgen, so daß zwei Furchen des
Kartoffelfeldes mit gegohrnem Ablaufwasser begossen wurden. Die Kartoffelpflanzen
dieser beiden Furchen trieben schneller als die uͤbrigen; auch behielten die
Triebe, die staͤrker waren, der Trokenheit ungeachtet, den ganzen Sommer
uͤber eine dunklere gruͤne Farbe, so wie sie denn im Herbste wegen
ihrer groͤßeren Zaͤhigkeit den ersten Reifen mehr widerstanden. Bei
der Ernte zeigte sich an jedem Stoke eine ungeheure Menge kleiner Knollen, von denen
der groͤßte nicht uͤber eine Wallnuß groß war, waͤhrend die
Mehrzahl von der Groͤße einer Haselnuß war. Ich zaͤhlte an einem
einzigen Stoke bis gegen 140 solcher Knollen; das Merkwuͤrdigste dabei war
jedoch, daß die Mutterkartoffel ganz unveraͤndert und von gleicher Festigkeit
blieb, und daß nur deren Farbe in ein roͤthliches Schwarz uͤberging.
Ich werde diese Versuche ungeachtet des unguͤnstigen Resultates, welches sie
das erste Mal gaben, weiter fortsezen.
Sechster Versuch. Da es mir bei der Wohlfeilheit des
weißen Staͤrkmehls unmoͤglich war, meinen Vorrath an schwarzem
Staͤrkmehl mit Vortheil in die von meinem Landgute entfernte Hauptstadt zu
schaffen, so kam ich auf die Idee, die 150 Kilogr., welche ich davon besaß, als
Duͤnger zu verwenden. Ich ließ daher einen Theil davon auf zwei Tagwerke
Landes streuen, welche ich im vorigen Herbste mit Korn bebaute, waͤhrend ich
den anderen Theil auf zweijaͤhrigen Luzerner-Klee streute, und zwar in
einem Verhaͤltnisse von 8 Hectolitern auf ein Tagwerk. Die Wirkung des
ersteren Theils steht noch zu erwarten; jene des zweiten entsprach hingegen bereits
vollkommen meinen Erwartungen, denn die Vegetation des Luzerner-Klees ist in
voller Ueppigkeit. Zu bemerken ist, daß die Schafe dieses Feld mit Vergnuͤgen
abweiden.
Siebenter Versuch. Ein Feld, welches im Jahre 1833 mit
Ruͤbsamen bestellt worden war, welches unmittelbar darauf eine schoͤne
Ruͤbenernte gab, und welches im Herbste 1834 mit Roggen bebaut werden sollte,
wurde im Fruͤhlinge dieses Jahres mit Feldbohnen bestellt. Als die
Saͤmlinge aufgegangen und geeggr worden waren, ließ ich sie reichlich mit
gegohrnem Wasser begießen. Ich erhielt auf diese Weise eine sehr reichliche
Bohnenernte, und da sich unter den Bohnen, die ich nach der Reife ausreißen ließ, eine sehr große Menge
Reps befand, den ich als Winterfutter verwenden zu koͤnnen glaubte, so
entsagte ich meinem Plane in dieses Feld Roggen zu bauen. Der Erfolg war auch ganz
ausgezeichnet; kaum waren die Bohnen ausgerissen, und kaum konnte die Luft frei
zwischen den Repspflanzen circuliren, so schossen diese 3 bis 4 Fuß hoch in die
Hoͤhe, und erzeugten ungeheure Triebe, welche an den aͤußersten Enden
in Bluͤthen uͤbergingen. Ich verfuͤtterte dieses uͤppige
Kraut im Herbste an meine Kuͤhe; die Wurzelstoͤke ließ ich aber im
Boden, und diese werde ich des Versuches wegen im heurigen Fruͤhjahre
abermals mit dem Ablaufwasser aus meiner Fabrik begießen.
Aus allen diesen Versuchen und Beobachtungen ergibt sich nun, daß die
duͤngende Kraft der Ablaufwasser der Starkmehlfabriken, sie moͤgen in
frischem oder gegohrnem Zustande Angewendet werden, eine bedeutende
Duͤngkraft besizen. In ersterem Falle scheinen sie eine unmittelbare und
aͤußerst kraͤftige, reizende Wirkung zu haben, so zwar, daß gerade
hiedurch zu fuͤrchten waͤre, daß durch ihre wiederholte Anwendung der
Humus des Bodens erschoͤpft werden, und der Boden selbst also an Guͤte
verlieren koͤnnte; im zweiten Falle hingegen ist dieß nicht zu
fuͤrchten: denn die durch die Gaͤhrung zersezten Fluͤssigkeiten
enthalten selbst wieder eine betraͤchtliche Menge Humus, so daß sie also
nicht nur reizend auf den Boden wirken, sondern ihm zugleich auch wieder geben, was
ihm durch die groͤßere Thaͤtigkeit entzogen wurde. Uebrigens scheint
die Wirkung dieser Wasser den Pflanzen mit Pfahlwurzeln oder mit knolligen Wurzeln
nicht so sehr zuzusagen, als jenen Gewaͤchsen, bei denen die Entwikelung mehr
nach Oben zu Statt findet; wenigstens habe ich, was die ersteren betrifft, noch die
gehoͤrige Anwendungsweise dieses Duͤngers nicht ermittelt. Weitere
Versuche werden mir, wie ich hoffe, auch hieruͤber Aufschluß geben.
Da mir die Getreideernte in den beiden lezten Jahren nur wenig Stroh gab, so
unternahm ich, um nicht in Duͤngermangel zu gerathen, auch noch einen anderen
Versuch. Ich ließ naͤmlich Erde in den Behaͤlter, in welchem sich das
Ablaufwasser sammelte, schaffen, und dieses Gemenge bis zum Anbaue des Getreides
gaͤhren. Es wurde dann mit Schaufeln herausgenommen, wobei es schwarz und
fett wie gegohrner Duͤnger aussah, und einen unertraͤglichen Geruch
verbreitete, und auf die Felder geschafft und eingepfluͤgt. Ich widmete
diesem Versuche vier Tagwerke Landes, wovon zwei seit drei Jahren mit Mergel
behandelt wurden. Die Resultate dieses Versuches werde ich seiner Zeit bekannt
machen.
Nach der Wirkung, welche die Kaͤlte auf dieses Gemenge hatte, d.h. daraus, daß es schon durch
einige leichte Froste sehr leicht zerreiblich und pulverisirbar wurde, glaube ich
schließen zu koͤnnen, daß ein Duͤnger dieser Art auch leicht in
Pulverform gebracht, und in solcher mit der Hand ausgestreut werden koͤnnte.
Ein solches Duͤngpulver wuͤrde meiner Ansicht nach gewiß eben so viel
leisten, als irgend ein anderes der vorzuͤglicheren Duͤngmittel; und
die Sache verdient um so mehr Beruͤksichtigung, als die
Staͤrkmehlfabriken nach diesem Verfahren einen kraͤftigen, wohlfeilen
und leicht transportablen Duͤnger erzeugen koͤnnten.
Durch die guͤnstigen Resultate meiner ersten Versuche aufgemuntert stand ich
nicht an, neben dem ersten Behaͤlter fuͤr die Ablaufwaͤsser
meiner Fabrik auch noch drei andere solche zu graben, damit ja so wenig als
moͤglich davon verloren gehe. Da sich diese Behaͤlter
saͤmmtlich uͤber einander befinden, und da folglich der eine immer in
den anderen uͤberlaͤuft, so sezen sich auf diese Weise alle festen,
von dem Wasser fortgerissenen Theilchen nach und nach ab; und daß deren Menge der
Vollkommenheit meiner Reiben und der Feinheit meiner Siebe ungeachtet nicht
unbedeutend ist, geht daraus hervor, daß sich beim Raͤumen des ersten
Behaͤlters eine beilaͤufig 8 Zoll dike Schichte eines diken Teiges in
demselben zeigte. Ich werde bei diesen erweiterten Vorrichtungen meine Versuche im
heurigen Jahre wiederholen und weiter ausdehnen, und auch seiner Zeit Bericht
daruͤber erstatten.