Titel: | Ueber die sogenannte pneumatische Eisenbahn des Hrn. Henry Pinkus. |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber die sogenannte pneumatische Eisenbahn des
Hrn. Henry Pinkus.
Aus dem Mechanics'
Magazine, No. 612, 613 und 614.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Pinkus's sogenannte pneumatische Eisenbahn.
Man zeigt gegenwaͤrtig in London das Modell einer sogenannten pneumatischen
Eisenbahn, auf welche sich Hr. Henry Pinkus
kuͤrzlich ein Patent ertheilen ließ, und zu deren praktischer Ausbeutung er
die Gruͤndung einer eigenen Gesellschaft unter dem Namen: National Pneumatic Railway Association beabsichtigt. Wir
theilen aus dem Prospecte, welcher zu dieser Gesellschaft einladet, Folgendes mit,
und fuͤgen dann noch das Gutachten Lardner's und
Faraday's, so wie die Ansichten Anderer uͤber
diese neue Erfindung bei.
I. Auszug aus dem Prospecte.
„Die Erfindung besteht in der Anwendung einer der wirksamsten
Kraͤfte auf den Eisenbahnverkehr; d.h. in der Errichtung von fixirten
Eisenbahnen in Entfernungen von einigen Meilen von einander, und in der
Verbindung derselben durch ein Medium, welches den Koͤrper der Eisenbahn
selbst bildet, und so gebaut ist, daß er beinahe unzerstoͤrbar
ist.“
„Die Basis der Erfindung beruht naͤmlich auf der Anwendung der
Elasticitaͤts- oder Triebkraft der atmosphaͤrischen Luft,
welche man durch deren Verduͤnnung in einem hohlen Cylinder von 30 bis 40
Zoll im Durchmesser erhaͤlt, auf Wagen und Karren, die an der
aͤußeren Oberflaͤche dieses Cylinders auf Schienen laufen. Die
Bewegung wird durch Luftpumpen erzeugt und fortgepflanzt, und diese werden
mittelst fixirter, stationaͤrer oder localer Dampfmaschinen
betrieben.“
„Die Dampfkraft kann auf keine andere Weise vortheilhafter und wohlfeiler
als Triebkraft benuzt werden, als mit fixirten Maschinen; denn man kann hier um
den vierten Theil der Kosten der Triebkraft einer Locomotivmaschine eine gleich
starke TriebkraftTriebkaft erzielen. Die fixirten Maschinen gewaͤhren aber, abgesehen
hievon, auch noch den Vortheil, daß sich die Intensitaͤt oder
Staͤrke ihrer Kraft je nach der Natur der zu uͤbersteigenden
schiefen Flaͤchen, je nach dem fortzuschaffenden Gewichte, und je nach
dem erforderlichen Grade von Geschwindigkeit sehr verschieden abaͤndern
laͤßt. Die Kraft der fixirten Maschine wird bei dem neuen Systeme zur
Fortschaffung der Last benuzt, ohne daß noch ein indirecter Kraftaufwand zur
Ueberwaͤltigung der Schwere der Wagenzuͤge erforderlich
waͤre; die Locomotivmaschine hingegen hat zuerst auf ihr eigenes Gewicht
zu wirken, welches gewoͤhnlich nicht unter 10 Tonnen, oder den vierten
Theil der Last betraͤgt, und bei den heftigen Erschuͤtterungen
sowohl die Bahn als die Maschine selbst zu Grunde richten.“
„Die Moͤglichkeit alle Abhaͤnge hinanzufahren macht bei dem
neuen Systeme die directesten und geradesten Verbindungslinien anwendbar, so daß
auf diese Weise nicht nur die Entfernungen zwischen den einzelnen Orten
verkuͤrzt, sondern die bisherigen, der Nivellirung wegen noͤthigen
Umwege vermieden werden. Die neue Eisenbahn kann eben so gut uͤber
Moraͤste, als uͤber Gemeindegruͤnde oder Duͤnen
gelegt werden, so daß sich gar oft das Unangenehme, sie durch Gaͤrten,
Parke und Akerland zu fuͤhren vermeiden laͤßt. Die großen Kosten,
welche bei dem alten Systeme durch die Durchschnitte, das Graben von Tunnels,
das Auffuͤhren von Daͤmmen etc. veranlaßt werden, fallen bei dem
neuen Systeme weg; denn hier kommt die meiste Ausgabe auf gußeiserne
Gegenstaͤnde, die beinahe unzerstoͤrbar sind, und die immer einen
inneren Werth behalten, so daß wenig oder gar kein Verlust daraus erwachsen
kann.“
„Die neue Eisenbahn gewaͤhrt uͤbrigens nicht bloß eine
groͤßere Festigkeit, sie bedingt nicht bloß eine wohlfeilere Anwendung
der Triebkraft, sondern sie gewaͤhrt auch noch weit mehr Schuz und
Sicherheit fuͤr die Reisenden sowohl, als fuͤr die Frachtladungen,
indem die Wagen auf solche Weise auf die Schienen gebracht werden, daß sie
unmoͤglich umgeworfen werden koͤnnen. Alle Furcht und Besorgniß
vor Gefahren, die bei den gewoͤhnlichen Eisenbahnen moͤglich sind,
fallen demnach hier vollkommen weg.“
„Wenn man bedenkt, daß nach dem neuen Systeme eine Eisenbahn fuͤr
die Haͤlfte oder hoͤchstens fuͤr 2/3 der Kosten einer nach
dem alten Systeme gebauten Bahn hergestellt werden kann; daß sich auf einer
solchen Eisenbahn ein schnellerer und sicherer Verkehr mit einem Kostenaufwande
betreiben laͤßt, der um 3/4 geringer ist, als auf irgend einer der
gewoͤhnlichen Eisenbahnen; und daß Reisende und Guͤter folglich um
eine um die Haͤlfte niedrigere Fracht fortgeschafft werden
koͤnnen, so erhellt, daß die alten Bahnen mit der neuen durchaus in keine
Concurrenz treten koͤnnen.“
„Da sich auf der neuen Bahn jeder beliebige Grad von Geschwindigkeit mit
vollkommener Sicherheit und ohne alle die Unannehmlichkeiten und Gefahren, die
eine große Geschwindigkeit auf den alten Bahnen mit sich bringt, erreichen laͤßt,
so kann man bei dem neuen Systeme auch einfache Bahnlinien zur Unterhaltung des
gehoͤrigen Verkehres errichten, und folglich die Haͤlfte der
Kosten der gewoͤhnlichen doppelten Bahnlinien ersparen. Dieß
duͤrfte besonders da von Wichtigkeit seyn, wo sich eine doppelte
Bahnlinie nicht rentiren duͤrfte, wie dieß in gar vielen Gegenden der
Fall ist.“
Wir fuͤgen auf Taf. I. die beiden dem Prospecte beigegebenen Ansichten an, und
bemerken nur, daß Fig. 18 eine Ansicht einer vollkommenen pneumatischen Eisenbahn gibt,
waͤhrend Fig. 19 einen Durchschnitt des Eisenbahncylinders zeigt, aus welchem man
dessen innere Einrichtung ersieht.
II. Auszug aus dem Gutachten des Hrn.
Dr. Lardner uͤber die pneumatische
Eisenbahn.
„Ich habe die Erklaͤrung des Patentes des Erfinders und die dazu
gehoͤrigen Documente gelesen; auch habe ich die Zeichnungen und Modelle,
die mir von Hrn. Hocking, dem Director der neuen
Unternehmung vorgelegt wurden, eingesehen und untersucht.“
„Man hat bisher die Dampfkraft auf zweierlei Weise zum Fortschaffen von
Lasten auf den Eisenbahnen in Anwendung gebracht: naͤmlich in der Form
von Locomotivmaschinen oder Dampfwagen, und in der Form von fixirten oder
feststehenden Dampfmaschinen, die man in Entfernungen von 1 1/2 engl. Meile von
einander errichtete, und deren Kraft mittelst Seilen, welche laͤngs der
Bahnen uͤber Seilleitungsrollen liefen, auf die Wagen und Karren
einwirkte, so daß diese solcher Maßen von einer Station zur anderen fortgezogen
wurden. Bei der pneumatischen Eisenbahn wird nun statt des Seiles ein zum Theil
luftleer gemachter Tunnel oder Cylinder angewendet; die fixirten Dampfmaschinen
dienen zum Betriebe von Luftpumpen, mit denen die Luft in dem Tunnel
verduͤnnt wird; und die Wagenzuͤge werden auf der Eisenbahn
fortgeschafft, indem man sie mit einer Scheidewand oder einem Kolben in
Verbindung bringt, der auf solche Weise im Tunnel angebracht ist, daß sich vor
ihm die durch die Luftpumpen verduͤnnte Luft befindet, waͤhrend
hinter ihm fuͤr die atmosphaͤrische Luft Zutritt gestattet ist.
Man erhaͤlt auf diese Weise eine Triebkraft, welche ein Aequivalent
zwischen dem Druke der atmosphaͤrischen Luft auf der einen, und der
verduͤnnten Luft auf der anderen Seite des Kolbens oder der Scheidewand
ist.“
„Ueber die praktische Thunlichkeit dieses Vorschlages kann meiner Ansicht
nach kein Zweifel obwalten. Der Betrieb von großen Luftpumpen durch eine
angemessene Triebkraft, und die hiedurch in Roͤhren oder Tunnels bewirkte
Verduͤnnung der Luft ist uͤbrigens keine neue Idee. Denn schon
Papin hatte dieselbe gegen das Ende des
siebzehnten Jahrhunderts, und gab sie damals als eine Methode eine Kraft bis in
eine gewisse Entfernung fortzupflanzen, ohne dabei jenen Verlust zu erleiden,
den man bei der Anwendung von Seilen und anderen Apparaten durch die Reibung und
durch andere Umstaͤnde erleidet. Es ist ein bekanntes Gesez, daß, welche
Kraft auch immer angewendet werden mag, um die Luft in einem Cylinder zu
verduͤnnen, nothwendig auf die andere Seite einer Scheidewand, die sich
luftdicht in diesem Cylinder bewegt, und welche der freien Einwirkung des
atmosphaͤrischen Drukes ausgesezt ist, eine entsprechende Kraft wirken
wird. In gegenwaͤrtigem Falle wird daher, wenn man den pneumatischen
Kolben als vollkommen gebaut annimmt, auf die Kehrseite des Kolbens immer eine
Triebkraft wirken, die sich nach diesen Principien berechnen laͤßt. Der
Tunnel oder die verduͤnnte Luft gibt hienach keine Originaltriebkraft;
sondern die Verduͤnnung gibt nicht mehr, als die von den fixirten
Dampfmaschinen aufgewendete Kraft zuruͤk; so daß der Tunnel also nur ein
Ersazmittel der Seile ist, deren man sich sonst bei der Anwendung fixirter
Dampfmaschinen bediente. Er gewaͤhrt aber offenbar im Vergleiche mit den
Seilen mehrere Vortheile; denn bei diesen lezteren geht durch den Widerstand,
den sowohl sie, als die Rollen, Trommeln etc. durch ihr eigenes Gewicht und
durch die Reibung leisten, eine bedeutende Menge Kraft verloren, was bei dem
pneumatischen Tunnel der Fall nicht ist. Ueberdieß werden bei dem Tunnel die
Anschaffungs- und Unterhaltungskosten der Seile erspart; und wie
bedeutend diese sind, erhellt aus Folgendem. Bei der Errichtung der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn wurde die Frage aufgeworfen, ob es
nicht besser sey, den Transport auf derselben mit fixirten Dampfmaschinen zu
betreiben. Nach den Schaͤzungen Sachverstaͤndiger waͤre
hiebei fuͤr Herstellung der Triebkraft allein ein Capital von 120,000
Pfd. Sterl. erforderlich gewesen, und davon waͤren 25,000 Pfd. auf Seile,
Leitungsrollen, Trommeln und andere zugehoͤrige Theile gekommen. Die
jaͤhrlichen Unterhaltungskosten der Triebkraft wurden auf 42,000 Pfd.
angeschlagen, wovon 18,000 Pfd. auf Abnuͤzung der Seile etc. kamen. Die
Uebertragung der Kraft auf die Wagenzuͤge durch Anwendung von Seilen
haͤtte also 20 Proc. des aufgewendeten Capitals gekostet, und die
Unterhaltung der Seile allein wuͤrde sich auf 43 Proc. der
jaͤhrlichen Kosten belaufen haben.“
„Eine weitere Ersparniß ergibt sich jedoch offenbar daraus, daß bei dem
neuen Systeme eine weit geringere Anzahl von fixirten oder stationaͤren
Dampfmaschinen erforderlich ist. In der bereits erwaͤhnten
Schaͤzung, welche die Ingenieure abgaben, hatte man naͤmlich berechnet, daß die 30
engl. Meilen betragende Streke zwischen Liverpool und Manchester in 17 Stationen
abgetheilt, und an jeder dieser Stationen zwei Dampfmaschinen zu 40
Pferdekraͤften errichtet werden muͤßten. Ueberdieß waͤren
am Grunde einer jeden der schiefen Flaͤchen zwei, am Tunnel eine, am
Scheitel der schiefen Flaͤchen zwei und an dem Ende der Bahn in
Manchester eine Dampfmaschine noͤthig gewesen, so daß man an der ganzen
Bahn 42 fixirte Maschinen gezaͤhlt haben wuͤrde. An der neuen
pneumatischen Eisenbahn hingegen waͤren nach den Berechnungen des
Erfinders in einer gleichen Streke nur 6–12 Dampfmaschinen
noͤthig, so daß sich auch hier eine ungeheure Ersparniß an den Kosten der
Anschaffung und Unterhaltung ergibt.“
„Einen Begriff von der Ersparniß an Kraftaufwand, den das Aufgeben der
Seile mit sich bringen wuͤrde, erhaͤlt man ferner, wenn man sich
an die Versuche erinnert, welche die HH. Stephenson
und Locke uͤber den durch die Anwendung der
Seile bedingten Widerstand anstellten. Beide fanden naͤmlich, daß eine
Last von 52 Tonnen, welche von fixirten Maschinen mit Seilen durch Stationen von
1 1/2 engl. Meilen gezogen wird, einen Gesammtwiderstand von 1156 Pfd. leistet,
und daß hievon 582 Pfd. auf die Reibung der Last und 574 auf die Reibung der
Seile kommen. An der pneumatischen Eisenbahn tritt nun an die Stelle der Reibung
der Seile die Reibung der Luftpumpen und der Treibapparate, welche im Vergleiche
mit ersterer hoͤchst unbedeutend ist; so daß der Kraftverlust, welcher in
dem einen Falle aus deren Uebertragung von den fixirten Maschinen auf die Last
erfolgt, 50 Proc. der ganzen Triebkraft betraͤgt, waͤhrend er im
anderen Falle kaum Beruͤksichtigung verdient.“
„Schiefe Flaͤchen sind an den Eisenbahnen, welche Kraft man auch
zum Betriebe der Wagen anwenden mag, immer nachtheilig; denn selbst die
geringste Steigung erhoͤht den Widerstand der Last in ungeheurem
Verhaͤltnisse. Die hieraus erwachsenden Schwierigkeiten sind bei der
Anwendung fixirter Maschinen bedeutend geringer, als bei der Anwendung von
Dampfwagen oder Locomotivmaschinen; und noch geringer wuͤrden sie im
ersteren Falle werden, wenn die Seile unnoͤthig gemacht wuͤrden.
Der durch die Seile bedingte Widerstand ist naͤmlich an schiefen
Flaͤchen wegen der groͤßeren Dike, die sie hier haben
muͤssen, und mithin auch wegen ihrer groͤßeren Schwere noch weit
groͤßer; denn fuͤr eine Last, welche auf einer ebenen
Flaͤche ein Seil von 4 1/2 Zoll erfordert, ist bei einer Steigung der
Bahn von 1 in 100 schon ein Seil von 5 1/2 Zoll noͤthig; und die Schweren
gleicher Laͤngen dieser Seile wuͤrden sich wie 2 zu 3 verhalten.
Ueberdieß hat beim
Ansteigen uͤber schiefe Flaͤchen die Triebkraft auch noch das
Gewicht des Seiles selbst zu uͤberwinden, welches im Verhaͤltnisse
der Steilheit der Bahn steigen muͤßte. Die Anwendung von Dampfwagen auf
schiefen Flaͤchen ist mit noch groͤßeren Nachtheilen verbunden;
denn die Maschinen muͤssen an diesen uͤber ihre Kraft angestrengt
und folglich bald zerstoͤrt werden, oder sie muͤssen eine
bedeutend hoͤhere Kraft besizen, als dieß fuͤr ebene Bahnen
erforderlich waͤre, so daß hieraus eine bedeutende Vermehrung der Kosten
und ein großer Verlust an Kraft entsteht; oder endlich, es muß an jeder schiefen
Flaͤche bestaͤndig eine Huͤlfsmaschine bereit gehalten
werden, die fortwaͤhrend geheizt werden muß, und die folglich, da selbst
auf der belebtesten Eisenbahn der Verkehr kein ununterbrochener ist, gleichfalls
einen großen Verlust an Kraft und Geld bedingen wuͤrde. Alle diese
Schwierigkeiten und Einwendungen fallen weg, wenn die fixirten Dampfmaschinen
auf die pneumatische Eisenbahn wirken.“
„Das Gewicht der Wagenzuͤge, die auf der pneumatischen Eisenbahn
fortgeschafft werden koͤnnen, und die ihnen mittheilbare Geschwindigkeit
haͤngen ganz und gar von der Kraft der fixirten Dampfmaschinen ab; und da
die Reibung oder der Widerstand mit der Geschwindigkeit nicht zunimmt, so kann
die Last mit gleichem absolutem Kraftaufwande mit jeder beliebigen
Geschwindigkeit fortgeschafft werden. Die große mit den Dampfwagen erzielte
Geschwindigkeit veranlaßte zwar allerdings einen groͤßeren Kostenaufwand;
die Ursache hievon liegt jedoch nicht in dem vermehrten Kraftaufwande, sondern
in der groͤßeren Abnuͤzung der Maschinen, und in der
Nothwendigkeit, auf dem Feuerherde eine sehr hohe Temperatur zu unterhalten,
damit bei dem kleinen Umfange dieser Maschinen so viel Dampf erzeugt werden
kann, als die Geschwindigkeit erfordert. Da die Groͤße der fixirten
Dampfmaschinen an keine Graͤnzen gebunden ist, und da sie auch nicht den
nachtheiligen Einfluͤssen einer raschen Bewegung ausgesezt sind, so kann
hier ohne Kostenvermehrung und ohne Nachtheil fuͤr die Maschinerie jede
erforderliche Geschwindigkeit erzielt werden.“
„Bei der Anwendung von Seilen kann hauptsaͤchlich deßwegen durch
die fixirten Dampfmaschinen keine so große Geschwindigkeit hervorgebracht
werden, weil an jeder Station ein Aufenthalt verursacht wird. Das erreichte
Bewegungsmoment geht naͤmlich bei jeder Station, d.h. nach je 1 1/2 engl.
Meilen verloren, so daß der Wagenzug kaum die gehoͤrige Geschwindigkeit
erreicht hat, wenn sie auch wieder zur Uebertragung desselben an eine andere
Maschine unterbrochen werden muß. Auch dieser Einwurf faͤllt bei dem
pneumatischen Systeme
weg; denn die Wagen behalten hier von einer Station zur anderen ihr
Bewegungsmoment, indem an jeder Station durch eine Art von Klappe Vorsorge
getroffen ist, daß die Wagen ohne alle Unterbrechung ihrer Bewegung in den
Bereich der naͤchsten Maschine gelangen.“
„Obschon die gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen Dampfwagen weit
weniger Ungluͤksfaͤllen ausgesezt sind, als die Wagen, welche auf
den Landstraßen fahren, so kamen doch schon einige solche ungluͤkliche
Faͤlle vor, in denen die Dampfwagen von den Schienen abglitten oder gegen
einander stießen, oder in denen etwas daran brach, oder in denen Leute, die
zufaͤllig auf der Bahn standen, uͤberfahren wurden. Bei dem
pneumatischen Systeme ist allen diesen Gefahren abgeholfen; denn da die
Maschinen stationaͤr sind, und der Tunnel sich zwischen den
Raͤdern der Wagenzuͤge erhebt, so ist ein Abgleiten der Wagen von
der Bahn offenbar unmoͤglich, und eben so unmoͤglich ist bei der
ganzen Einrichtung ein Gegeneinanderstoßen der Wagen, oder das Stehen von
Menschen auf der Bahn. Das Herabstuͤrzen der Wagen von schiefen
Flaͤchen, uͤber welche sie mit stationaͤren Maschinen und
Seilen hinaufgezogen wurden, und bei denen man also Gefahr laͤuft, daß
die Seile brechen, faͤllt hier gleichfalls weg.“
„Besondere Erwaͤhnung verdient noch folgender Vorzug des neuen
Systemes vor der Kanteneisenbahn (edge-railroad). An dieser lezteren werden naͤmlich die
Wagen dadurch auf der Bahn erhalten, daß Randstuͤke, die sich an den
Reifen der Raͤder befinden, gegen die innere Seite der Schiene
druͤken; die Folge hievon ist, daß, so wie die Wagen gegen die eine oder
die andere Seite schwanken, die Randstuͤke sich an den Schienen reiben,
und daß diese Reibung vollends sehr bedeutend wird, wenn sich zufaͤllig
an der einen oder anderen Schiene eine Kruͤmmung oder eine Curve
befindet. An der pneumatischen Eisenbahn sind weder an den Raͤdern, noch
an den Schienen hervorstehende Randstuͤke angebracht; sondern die
Raͤder werden von horizontal gestellten Raͤdern oder Walzen
gefuͤhrt, und diese bewegen sich auf den aͤußeren Seiten des
Canales, der zur Aufnahme der klappenartigen Sehne (valvular cord) dient. Auf diese Weise ist hier aller jener Widerstand
beseitigt, der durch die sogenannte reibende Friction entsteht, so daß sich alle
Oberflaͤchen, die sich auf einander bewegen, mit einer rollenden Bewegung
fort bewegen.“
„Der guͤnstigen Verhaͤltnisse der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn-Compagnie ungeachtet waren
die Ausgaben fuͤr Dampfwagen auf dieser Eisenbahn dennoch so
außerordentlich groß, daß sie von Seite der Unternehmer Besorgnisse erwekten: so
zwar, daß einige sogar der Ansicht waren, man muͤsse die Anwendung
stationaͤrer Dampfmaschinen abermals in Betracht ziehen. Diese Ansicht
wuͤrde wahrscheinlich bestaͤrkt werden, wenn sich die Thunlichkeit
des pneumatischen Systemes bei einem im Großen angestellten Versuche praktisch
bewaͤhren sollte.“
„Im Ganzen scheint es mir, daß, wenn sich die mechanischen
Schwierigkeiten, mit denen es verbunden ist, den pneumatischen Tunnel
gehoͤrig luftdicht zu erhalten, gluͤklich uͤberwinden
lassen, das neue System alle Wahrscheinlichkeit des Gelingens darbietet. Diese
Schwierigkeiten duͤrften nicht so groß seyn, als man anfangs glauben
moͤchte; denn es ist durchaus nicht nothwendig, daß der Tunnel luftleer
gemacht werde; ja es ist nicht ein Mal ein bedeutender Grad von
Verduͤnnung erforderlich. Gesezt, der Tunnel habe einen Durchmesser von
40 Zoll im Lichten, und die Scheidewand oder der Kolben eine Oberflaͤche
von beilaͤufig 9 Quadratfuß, so wird, wenn in einem solchen Tunnel nur
ein solcher Grad von Verduͤnnung erzeugt wird, daß ein Queksilbereichmaaß
um 2 Zoll faͤllt, hiedurch eine Triebkraft hervorgebracht werden, welche
ein Pfund auf jeden Quadratzoll der Oberflaͤche des Kolbens
betraͤgt: so daß mithin auf diese Weise eine Triebkraft von mehr dann
einer halben Tonne zum Vorscheine kaͤme. Da nun angenommen ist, daß auf
den gewoͤhnlichen Eisenbahnen die Last 200 Mal groͤßer seyn kann,
als die Kraft, so wuͤrde hieraus folgen, daß obige Kraft von einer halben
Tonne zum Fortschaffen einer Last von 100 Tonnen hinreichen wuͤrde.
Selbst wenn man das Queksilber zur Ausgleichung der Reibung etc. noch um einen
Zoll mehr sinken machen wuͤrde, waͤre dieß noch kein bedeutender
Grad von Verduͤnnung. Die Vorrichtungen zur Verhuͤtung des
Eindringens der Luft scheinen in mechanischer Hinsicht keine besonderen
Schwierigkeiten darzubieten. Aus allen diesen Gruͤnden glaube ich, daß,
wenn der neue Vorschlag in praktische Ausfuͤhrung kommen wird, derselbe
groͤßere Ersparnisse und Sicherheit darbieten duͤrfte, als irgend
eine andere Art von Eisenbahn; auch sehe ich keinen Grund, warum auf diese Weise
nicht eine eben so große Geschwindigkeit erreichbar seyn sollte, als mit den
Dampfwagen. Der Vorschlag duͤrfte jedenfalls auf einer Eisenbahn von
geringer Ausdehnung, wie z.B. auf der zwischen London und Greenwich
projectirten, wo eine stationaͤre Dampfmaschine an den beiden Enden
hinreichen wuͤrde, eines Versuches werth seyn.“
III. Auszug aus dem Gutachten des Hrn.
Faraday.
Das Princip der Mittheilung der Kraft ist richtig; die Anwendung localer oder
stationaͤrer Dampfmaschinen ist sowohl wegen der Wohlfeilheit der Kraft, als
auch wegen der Moͤglichkeit dieselbe abzuaͤndern, sehr vortheilhaft;
die Nivellirungen duͤrften großen Theils vermieden werden; die Verbindung des
Cylinders mit der Schiene ist eine solche, daß die ganze Bahn bei gehoͤriger
Dike des Cylinders einen hohen Grad von Festigkeit besizen muß; endlich sehe ich
nicht ein, wie der Governor und die Wagen die Bahn verlassen koͤnnen.
Uebrigens enthalte ich mich, da ich keine praktischen Kenntnisse von dem Baue, den
Kosten und dem Ertrage der gewoͤhnlichen Eisenbahnen besize, von einem
allgemeinen Urtheile uͤber die Anwendbarkeit des neuen Systemes.
IV. Bemerkungen der Redaction des Mechanics' Magazine
.Wir haben aus den nachfolgenden Actenstuͤken nur das ausgehoben, was
in rein wissenschaftlicher und technischer Hinsicht von Interesse ist; wer
ein Freund einer animosen, aber uͤbrigens gut durchgefuͤhrten
Polemik ist, mag in dieser Beziehung das Original nachlesen. A. d. R.
Hr. Dr. Lardner sagte oben ganz richtig, daß die Idee,
große Luftpumpen durch eine entsprechende Kraft in Bewegung zu sezen, um dadurch die
Luft in Roͤhren oder Tunnels zu verduͤnnen, nicht neu ist, sondern von
Papin schon gegen das Ende des siebenzehnten
Jahrhunderts angedeutet wurde; allein er haͤtte zugleich auch sagen sollen,
daß Papin diese Idee auch praktisch auszufuͤhren
versuchte, und daß ihm dieses vollkommen mißlang. Papin
schlug naͤmlich vor, ein Bergwerk durch eine beilaͤufig eine engl.
Meile entfernte Wasserkraft troken legen zu lassen. Er schlug hiebei zuerst vor, das
Wasser auf einen Kolben wirken zu lassen, der die Luft in einem Cylinder bis auf
einen gehoͤrigen Grad verdichtete, und die verdichtete Luft dann in eine
lange, enge Roͤhre, die mit einem anderen, an der Muͤndung der Grube
befindlichen Cylinder in Verbindung stand, stroͤmen zu lassen. Er glaubte,
daß hiedurch ein in lezterem Cylinder angebrachter, und mit der Hebepumpe des
Bergwerkes in Verbindung stehender Kolben emporgedruͤkt werden muͤßte;
allein der Apparat arbeitete gar nicht, welchen Grad von Compression der Luft er
auch an dem einen Ende anbrachte. Er kehrte daher das Verfahren um, und
verduͤnnte nun die Luft, anstatt sie zu verdichten; denn er glaubte, daß bei
der ungeheueren Geschwindigkeit, mit der die Luft in einen luftleeren Raum
eindringt, hiedurch eine rasche und kraftvolle Mittheilung der Kraft erfolgen
muͤßte; allein auch dieser Plan mißlang eben so vollkommen, als der
erstere.
Uebrigens ist Papin nicht der einzige, der auf diesem Wege
eine Triebkraft zu erzielen suchte. Dr. Robison
erzaͤhlt naͤmlich, daß man viele Jahre spaͤter in Wales an einem
kraͤftigen Wassersturze eine Maschine errichtete, die mehrere
Cylindergeblaͤse in Thaͤtigkeit sezte, von denen man ein Windrohr an
einen 1 1/2 engl. Meilen entfernten Schmelzofen gefuͤhrt hatte. Bei aller
Vorsicht, die man angewendet hatte, um dieses Windrohr so luftdicht und innen auch
so glatt als moͤglich zu machen, war dasselbe doch kaum im Stande, auch nur
ein Kerzenlicht auszublasen. Man schrieb das Mißlingen der Unmoͤglichkeit,
die Roͤhren luftdicht zu machen, zu; allein merkwuͤrdig war, daß die
Geblaͤse 10 Minuten lang in Thaͤtigkeit seyn mußten, bevor man an dem
Ende des Windrohres auch nur eine Spur von Wind bemerkte, waͤhrend die
Ingenieure hoͤchstens auf 6 Secunden Verzug gerechnet hatten.
Noch spaͤter, d.h. im Jahre 1826, schlug noch ein Hr. John Vallance vor, Wagen mit Reisenden und Guͤtern
beladen mit einer vorher noch unerreichten Geschwindigkeit durch Auspumpen der Luft
aus einem Tunnel oder aus mehreren großen Roͤhren fortzuschaffen. Er zeigte
seine Erfindung in Brighton an einem kleinen Modelle; allein nach mehreren Wundern,
die man auch hievon erzaͤhlte, blieb die Sache in Vergessenheit.Das Polyt. Journal gab Bd. XVIII. S. 267, Bd. XIX. S. 362 und Bd. XXIII. S.
385 ausfuͤhrliche Nachrichten von der Erfindung des Hrn. Vallance. A. d. R.
Die gegenwaͤrtige pneumatische Eisenbahn ist nun nichts weiter als eine
Wiedergeburt des mißlungenen Vallance'schen Projectes,
und zwar mit einer leichten Modification. Das Princip, nach welchem die Triebkraft
erzielt werden soll, ist in beiden Faͤllen genau dasselbe; der einzige
Unterschied besteht darin, daß nach Vallance die Wagen
innerhalb des Cylinders dicht an dem Vacuum laufen, waͤhrend sie nach Pinkus an der aͤußeren Seite des Cylinders laufen, indem die Kraft des Vacuums mittelst
der von Hrn. Lardner unter der Benennung
„klappenartige Sehne“ angefuͤhrten Vorrichtung auf
sie fortgepflanzt wird. Welche von diesen beiden Methoden die bessere ist, bedarf
keiner weiteren Untersuchung, indem sich die Wagen bei keiner von beiden von der
Stelle bewegen werden.
Die Versuche Papin's und jene, welche der oben
angefuͤhrte Mechaniker in Wales anstellte, beweisen, daß die Schwierigkeit
den Tunnel luftdicht zu erhalten nicht das einzige Hinderniß ist, welches dem
Gelingen des Planes des Hrn. Pinkus im Wege steht. Denn
an dem Modelle des pneumatischen Tunnels des Hrn. Vallance war rings um das Gestell, auf welchem sich der Wagen befand, ein
offener Raum von einem Zoll gelassen, und dessen ungeachtet wurde der Wagen im
Verhaͤltnisse zu der Distanz mit bedeutender Kraft hin und her bewegt. Die
groͤßte Schwierigkeit, gegen welche alle uͤbrigen nur von geringer
Bedeutung sind, liegt darin, auf eine etwas lange Saͤule einer so
duͤnnen und elastischen Substanz, wie die Luft ist, zu wirken. Papin war nicht im Stande, auf eine Saͤule von der
Laͤnge einer engl. Meile einen ersprießlichen Eindruk hervorzubringen; und
doch spricht Hr. Pinkus in allem Ernste von der
Leichtigkeit, mit welcher sich eine Luftsaͤule von mehreren Meilen
Laͤnge handhaben laͤßt; und doch empfiehlt Hr. Dr. Lardner eben so ernstlich zwischen London und Greenwich einen Versuch
mit der sogenannten pneumatischen Eisenbahn anzustellen!
Hr. Dr. Lardner gibt zwar zu, daß in keinem Falle hinter
dem Kolben eine groͤßere Kraft gewonnen werden kann, als vor demselben zur
Bewirkung der Luftverduͤnnung angewendet wird; und daß der Tunnel daher nur
als eine Vorrichtung zu betrachten ist, durch welche die Anwendung der Seile mit
stationaͤren Dampfmaschinen ersezt werden soll. Er gruͤndet hiebei den
Vorzug, den er der pneumatischen Eisenbahn einraͤumt, darauf, daß bei dieser
statt der Reibung der Seile nur die Reibung der Luftpumpen und des Treibapparates
eintritt, welche im Vergleiche mit der Reibung der Seile hoͤchst unbedeutend
ist; allein er vergaß dafuͤr die Reibung in Anschlag zu bringen, die bei
einer mehrere Meilen langen Luftsaͤule an den inneren Waͤnden des
Cylinders Statt finden muß; und eben so vergaß er, daß es weit schwieriger ist, auf
eine Luftsaͤule, als auf eine Seillinie zu wirken. Die Abnuͤzung der
Seile ist allerdings sehr groß; allein sie leisten am Ende doch das, wozu sie
bestimmt sind; waͤhrend das luftige Ersazmittel, welches Hr. Pinkus statt ihrer in Vorschlag bringt, gar nichts
leistet.
Nach den in dem Prospecte aufgestellten Behauptungen sollte man glauben, daß Hr. Pinkus meint, seine Cylinder koͤnnten ohne
Ballast, ohne Nivellirung, ohne Daͤmme, ohne Tunnels etc. uͤberall in
einer directen Linie gelegt werden, so daß es gar nicht darauf ankaͤme, ob
sie fest oder lose, gerade oder gekruͤmmt liegen. Er nimmt absolut die Kraft,
Anhoͤhen durch einfaches Auspumpen der Luft aus einer Roͤhre zu
uͤbersteigen als seine Erfindung in Anspruch; wir hingegen glauben, daß wenn
eine Luftpumpe bis zum Tage der Auferstehung auf die von dem Patenttraͤger
angegebene Weise arbeiten wuͤrde, dadurch auch nicht ein Centner uͤber
eine schiefe Flaͤche hinauf geschafft werden konnte. Der ganze Vorschlag ist
unserer Ansicht nach so widersinnig, daß er gar keine Erwaͤhnung verdient
haͤtte, wenn sich nicht Maͤnner, wie Lardner und Faraday, guͤnstig
fuͤr denselben ausgesprochen haͤtten.
V. Auszug aus der Erwiederung des Hrn.
Pinkus auf die Bemerkungen des
Mechanics' Magazine.
Der Haupteinwurf, den das Mechanics' Magazine gegen die
pneumatische Eisenbahn vorbrachte, gruͤndet sich auf das Mißlingen der Papin'schen Versuche, deren Erzaͤhlung, wie wohl
der Erwaͤhnung bedurft haͤtte, aus der Encyclopaedia Britannica Vol. XIV. S. 719 entlehnt ist. Allein viele
Theorien der aͤlteren und selbst neueren Physiker zeigten sich in der Praxis
als nicht stichhaltig, so daß sie gegenwaͤrtig allgemein aufgegeben sind. Was
Papin der Unvollkommenheit der damaligen Mittel wegen
mißlang, gelingt gegenwaͤrtig mit Leichtigkeit. Hr.
Hague, der gewandte Mechaniker von Cablestreet, wußte naͤmlich das
von Papin angedeutete Princip auf eine ersprießliche
Weise zu benuzen, und verfertigt taͤglich Maschinen, welche ihre Kraft durch
Verduͤnnung der Luft in geschlossenen Roͤhren von geringem Durchmesser
bis auf Entfernungen von 3, 4, 5, 6 und selbst 7 Meilen fortpflanzen. An den
Steinkohlengruben des Hrn. Brown bei Manchester z.B. hat
Hr. Hague vier Apparate errichtet, welche
saͤmmtlich von einer Dampfmaschine von 27 Pferdekraͤften, die sich in
einer Entfernung von 3 Meilen befindet, in Bewegung gesezt werden. Hr. Hague versicherte mich, und Jedermann kann sich davon
uͤberzeugen, daß ungeachtet der Kleinheit der Roͤhren, durch welche
die Mittheilung geschieht, ungeachtet der großen Ausdehnung der Oberflaͤche,
an welcher eine Reibung Statt finden kann, und ungeachtet der vielen Biegungen, die
die Roͤhren machen mußten, dennoch die ganze Kraft der Maschine an das
Bergwerk uͤbertragen wird: und zwar bei einem Grade von Verduͤnnung,
der einer Queksilbersaͤule von 7 bis 10 Zoll gleichkommt. Das Queksilber
steht naͤmlich an beiden Enden der Roͤhre genau auf einem und
demselben Punkt, und die Uebertragung geschieht, obschon die Roͤhre eine
Laͤnge von drei englischen Meilen hat, so augenbliklich, daß es beinahe
unmoͤglich ist, irgend einen Unterschied in der Zeit zu entdeken. –
Dieß ist uͤbrigens nicht das einzige Beispiel, denn Hr. Hague baute nach demselben Principe auch noch in Cornwallis und in anderen
Theilen Englands aͤhnliche, auf große Entfernungen wirkende Maschinerien. So
besteht ein solcher Apparat seit 6 Jahren an den Werken des Hrn. Foster in Stourbridge, ohne daß er seither einer
wesentlichen Reparatur bedurft haͤtte. Gegen ein Duzend Apparate, welche Hague fuͤr Holland, und gegen 50 andere, die er
fuͤr Mexico und Suͤdamerika verfertigte, beweisen, auf welche
vortheilhafte Weise er das Princip anzuwenden wußte, dessen praktische
Ausfuͤhrung einst
Papin mißlang, und bei dessen Ausbeutung auch er mit eben
so viel Unwissenheit als Uebelwollen zu kaͤmpfen hatte, wie dieß bei meiner
Erfindung der Fall zu werden droht.
Der mißlungene Versuch, den man an einem Schmelzofen in Wales anstellte, und dessen
Erzaͤhlung gleichfalls aus der Encyclopaedia
Britannica entlehnt ist, hat hieher keinen Bezug, indem man es dort mit
einer mit Luft erfuͤllten, und nicht mit einer luftleeren Roͤhre zu
thun hatte. Was uͤbrigens die Behauptung betrifft, daß die groͤßte
Schwierigkeit darin liegt, auf eine einiger Maßen bedeutend lange Saͤule
einer so duͤnnen und elastischen Substanz, wie die Luft ist, zu wirken, so
erlaube ich mir folgende Bemerkungen.
Die Apparate des Hrn. Hague beweisen, daß es durchaus
nicht schwer ist, auf eine noch groͤßere Saͤule unter weit
unguͤnstigeren Umstaͤnden zu wirken, als dieß an der pneumatischen
Eisenbahn der Fall ist; und eben so beweist die Gasbeleuchtungsmethode, daß man auf
eine sehr lange Saͤule einer noch weit duͤnneren und noch mehr
elastischen Fluͤssigkeit, als die Luft, sehr wohl und nach Belieben einwirken
kann. Jedermann weiß, daß zur Zeit wo die Gasbeleuchtung zuerst in Vorschlag kam,
viele Pseudophysiker und Herausgeber von Zeitschriften sie als unthunlich
verschrien, indem es unmoͤglich sey, eine so duͤnne und elastische
Fluͤssigkeit, wie das Gas ist, in gehoͤriger Quantitaͤt und mit
gehoͤriger Geschwindigkeit durch die Roͤhren zu treiben; und wenn man
ja die Moͤglichkeit zugab, so behauptete man, die dazu erforderlichen Mittel
seyen so ungeheuer und kostspielig, daß deren Anwendung unmoͤglich Vortheil
bringen koͤnne. Und doch gehen gegenwaͤrtig alle 24 Stunden in London
allein mehrere Millionen Kubikfuß Gas mit der noͤthigen Geschwindigkeit durch
Roͤhren von kleinem Durchmesser, und zwar mit einem Druke, der an den
Gaswerken die ungeheure Wassersaͤule von – beilaͤufig 2 Zoll
betraͤgt! Ich brauche daher nicht erst auf Birmingham zu verweisen, welches
von dem 7 engl. Meilen entfernten West-Bromwich aus mit Gas beleuchtet wird,
ohne daß diese duͤnne und sehr elastische Fluͤssigkeit auch nur das
geringste Hinderniß macht.
VI. Auszug aus der
Ruͤkerwiederung des
Mechanics' Magazine.
Wir kennen den pneumatischen Apparat des Hrn. Hague sehr
wohl, denn wir haben denselben in einem fruͤheren Bande unseres Journales
beschrieben; neu war es uns aber, daß dieser Apparat wirklich so haͤufig in
Anwendung kam, wie Hr. Pinkus angibt, und wofuͤr
wir noch weiterer Beweise beduͤrfen. Wir fanden seiner nie in irgend einem
Berichte uͤber die Fortschritte der Kuͤnste erwaͤhnt, und auch Hrn. Babbage scheinen sie bei der Abfassung seines classischen
Werkes uͤber Maschinen und Fabriken unbekannt gewesen zu seyn. Denn da wo er
von der ihm sehr zweifelhaften Moͤglichkeit der Fortpflanzung einer
mechanischen Kraft durch Verduͤnnung der Luft in Roͤhren spricht,
fuͤhrt er als einziges Analogon die koͤnigliche Muͤnze an, in
der alle in einem Gemache befindlichen Praͤgepressen durch einen
pneumatischen Apparat in Bewegung gesezt werden, der nach aͤhnlichen
Principien wie der Hague'sche gebaut ist, und aus der
Fabrik der HH. Bolton und Watt
herruͤhrt. Gesezt nun aber auch, die Angaben in Betreff der Apparate des Hrn.
Hague seyen vollkommen richtig, so geben sie doch
nichts weniger als einen Beweis fuͤr die Thunlichkeit der pneumatischen
Eisenbahn. Die Roͤhren, mit denen Hr. Hague
arbeitet, sind, wie Hr. Pinkus selbst sagt, sehr kleine,
an beiden Enden geschlossene Roͤhren, in denen nie eine groͤßere
Verduͤnnung der Luft hervorgebracht zu werden braucht, als eine solche,
welche ein Aequivalent der Quantitaͤt atmosphaͤrischer Luft ist, die
beim Senken der Kolben Zutritt erhaͤlt. Wenn diese Roͤhren ein Mal
ausgepumpt sind, so bleiben sie es immer. Von einer so beschraͤnkten
Luftverduͤnnung nun darauf zu schließen, daß es eben so thunlich sey,
Roͤhren von 9 Quadratfuß und 5 Meilen Laͤnge auszupumpen, und zwar
nicht ein, zwei oder drei Mal des Tages, sondern so oft ein Wagen auf der Bahn
fortgeschafft werden soll, scheint uns eben so verstaͤndig, als wollte man
von der Kraft der Pumpen in Aldgate auf die Moͤglichkeit den atlantischen
Ocean auszupumpen schließen.
Die Analogie zwischen der Fortpflanzung von Gas und der Fortschaffung schwer
beladener Wagen ist wo moͤglich noch mehr aus der Luft gegriffen. Wir sagten
und sagen noch: daß, waͤhrend bei der Anwendung von Seilen und
stationaͤren Dampfmaschinen doch endlich die Leistung zu Stande gebracht
werden kann, die man davon verlangt, auf der pneumatischen Eisenbahn des Hrn. Pinkus nie ein Wagen fortrollen wird. Welches ist die
groͤßte Verduͤnnung der Luft, die nach dem Vorschlage des Hrn. Pinkus erreicht werden kann? Ein Drittel oder vielleicht
die Haͤlfte eines gaͤnzlichen Vacuums, von welchem nie die Rede seyn
kann. Dr. Lardner sagt, daß ein Vacuum von 1/15 in allen
Faͤllen, wo etwas betrieben werden soll, hinreichen wuͤrde. Allein der
in der Eisenbahnroͤhre oder in dem Tunnel erforderliche Grad von Vacuum mag
1/2, 1/3 oder 1/15 betragen, so ist es gewiß, daß zu dessen Erzielung ein
vollkommenes Vacuum in dem Dampfcylinder erforderlich seyn wird. Genau in dem
Verhaͤltnisse des Grades des in den Eisenbahnroͤhren erzeugten Vacuums
wird nun auch die Bewegung auf denselben stehen. Wenn die Verduͤnnung nicht
weiter als auf 1/15 getrieben wird, wie dieß Hr. Lardner
vorschlaͤgt, so wird der Wagen nur durch den funfzehnten Theil der
Laͤnge der Roͤhre getrieben werden; und betruͤge sie 1/3, so
wuͤrde der Wagen nach Vollendung des ersten 1/3 der
Roͤhrenlaͤnge gleichfalls stehen bleiben. Die Zahl der
stationaͤren Dampfmaschinen mag auch noch so sehr vermehrt werden, so wird
das Resultat doch immer eines und dasselbe bleiben; denn die erzeugte Triebkraft
wird immer um etwas kleiner seyn, als die zu deren Erzeugung angewendete Dampfkraft.
Nur eine vollkommene Auspumpung des Tunnels wuͤrde das Gelingen des Planes
des Hrn. Pinkus gelingen machen, und eine solche ist eine
physische Unmoͤglichkeit.
Eine der auffallendsten Eigenschaften der pneumatischen Eisenbahn ist, wie Hr. Pinkus sagt, die Kraft, die sie besizt, die Wagen ohne
Verminderung der Geschwindigkeit uͤber Abhaͤnge zu schaffen, die
fuͤr die gewoͤhnlichen Dampfwagen unuͤbersteigbar sind. Der
groͤßte Druk, der bei dem pneumatischen Systeme hinter dem Kolben oder der
Scheidewand erreicht werden kann, ist nun aber der Druk von etwas weniger dann einer
Atmosphaͤre, waͤhrend die Dampfwagen mit einem Druke von mehreren
Atmosphaͤren arbeiten; welches uͤbrigens auch immer der Druk seyn mag,
so muß die Schwerkraft nothwendig eine Verminderung der Geschwindigkeit bewirken.
Laͤcherlich ist es daher zu behaupten: man koͤnne mit einem Theil
eines Drukes einer Atmosphaͤre eben so viel leisten, als andere mit einem
Druke von 2, 3 und 6 Atmosphaͤren bewirken; und ein Wagen koͤnne,
welches auch immer die Kraft seyn mag, ohne Ruͤksicht auf die Schwerkraft,
uͤber Huͤgel so schnell bewegt werden, als auf ebener Bahn.
Selbst wenn der Plan des Hrn. Pinkus uͤbrigens
physikalisch und mechanisch richtig waͤre, so muͤßte er dennoch aus
financiellen Gruͤnden verworfen werden, wie einer unserer Correspondenten,
dessen Aeußerungen wir hier beifuͤgen, zeigen wird. Wir warnen daher, wenn es
ja noch noͤthig seyn sollte, alle Speculanten vor diesem Unternehmen, zu
welchem dem Prospecte nach 200,000 Pfd. Sterl. in Actien von je 20 Pfd.
zusammengeschossen werden sollen.
Im Prospecte wird behauptet, schreibt ein Hr. W. M. P., daß nach dem neuen Systeme um
den dritten Theil und in einigen Faͤllen sogar um die Haͤlfte der
Kosten des alten Systemes eine brauchbare Eisenbahn hergestellt werden
koͤnne. Dieß ist entweder ein Irrthum oder eine truͤgerische
Vorspiegelung. Nach Tredgold's
Essay on Railroads S. 141 kann man annehmen, daß nach
dem alten Systeme die engl. Meile einer doppelten Eisenbahn im Durchschnitte auf 4000 Pfd. Sterl. zu
stehen komme; 2/3 dieser Summe, naͤmlich 2700 Pfd., wuͤßten also die
Kosten der pneumatischen Eisenbahn per Meile vollauf
deken. Ihre Roͤhren sollen aber 50 Zoll im Durchmesser, und der
gehoͤrigen Staͤrke wegen, 1 1/4 Zoll dik seyn, indem durch deren ganze
Laͤnge eine klappenfoͤrmige Oeffnung laͤuft; das Gewicht dieser
Roͤhren wuͤrde daher bei einer einfachen Bahnlinie per engl. Meile nicht weniger als 1160 Tonnen Eisen
betragen, und dieß gaͤbe, die Tonne zu 10 Pfd. gerechnet, fuͤr eine
einfache Eisenbahn eine Summe von 11,600, und fuͤr eine doppelte von 23,200
Pfd. Sterl. an rohem Material allein! Dieß allein mag in financieller Hinsicht
hinreichen, obwohl ich bereit bin, zu beweisen, daß jede Meile einer doppelten nach
dem pneumatischen Systeme erbauten Eisenbahn auf 35,000 Pfd. Sterl. zu stehen kommen
muͤßte.
VII. Bemerkungen des Hrn. Georg
Berry.
Der Erfinder der pneumatischen Eisenbahn und deren Anhaͤnger scheinen folgende
Einwuͤrfe uͤbersehen zu haben:
1) Auf der vorgeschlagenen Bahn kann, wie groß auch immer die Last ist, die innerhalb
einer bestimmten Zeit auf der Bahn fortgeschafft werden sollte, nie mehr als eine
bestimmte und gleichbleibende Last transportirt werden.
2) Wie klein auch die Last seyn mag, so wird der Kraftaufwand derselbe seyn, wie bei
einer groͤßeren Last.
3) Die Nivellirung ist bei der neuen Bahn nicht nur nicht unnoͤthig, sondern
noch 50 Mal nothwendiger. Nach Lardner kommt eine Tonne,
welche senkrecht bewegt wird, 200 Tonnen, die horizontal bewegt werden, gleich. Wenn
sich daher zwischen zwei stationaͤren Maschinen eine schiefe Flaͤche
mit einer Steigung von 1 in 10 befindet, so wird die pneumatische Eisenbahn folgende
Beschraͤnkung in ihrer Kraft erfahren. Wenn a die
Kraft ist, die nothwendig ist, um eine Tonne horizontal zu bewegen, so ist a × 200 die Kraft, die erforderlich ist, um sie
senkrecht zu bewegen, und (a × 200)/10 + a folglich die Kraft, die man braucht, um eine Tonne auf
der angenommenen schiefen Flaͤche fortzuschaffen. Da nun die Kraft eine sich
gleichbleibende ist, so koͤnnte, wenn die schiefe Flaͤche auch nur
einen Fuß lang ist, doch nur mehr der 1/21 Theil jener Last, die auf einer ebenen
Bahn bewegt werden kann, daruͤber weggeschafft werden.
4) Dr. Lardner sagt, daß, wenn die erzeugte
Verduͤnnung eine solche ist, daß das Queksilber um 2 Zoll faͤllt, eine
Triebkraft von 200 Tonnen
auf einen Kolben von 40 Zoll im Durchmesser hervorgebracht werden wird. Dieß ist
richtig; allein die Triebkraft wuͤrde nur den vierzehnten Theil der
Laͤnge des Tunnels uͤber wirken, und dann aufhoͤren; denn der
Tunnel muͤßte vollkommen luftleer gemacht werden, wenn die Last durch dessen
ganze Laͤnge bewegt werden soll.
Waͤre der Tunnel auf seinem Durchschnitte vierekig, und waͤre er an
jenen Theilen der Bahn, an denen eine Steigung Statt findet, im Verhaͤltnisse
zu der erforderlichen Kraft erweitert, und wuͤrde der Kolben so gebaut seyn,
daß er sich ausdehnen kann, so waͤre der dritte Einwurf beseitigt.