Titel: | Ueber Herrn Barlow's Versuche über die Stärke der Schienen für Eisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. II., S. 17 |
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II.
Ueber Herrn Barlow's
Versuche uͤber die Staͤrke der Schienen fuͤr
Eisenbahnen.
Aus dem Mechanics'
Magazine, No. 612.
Barlow's Versuche uͤber die Staͤrke der Schienen
fuͤr Eisenbahnen.
Als die HH. Barlow, Wood und Rastrick, welche von den Directoren der London- und
Birmingham-Eisenbahn zu Schiedsrichtern uͤber die Ertheilung des von
ihnen fuͤr die beste Form der Eisenbahnschienen, Lager etc. ausgeschriebenen
Preises bestellt waren, in ihrem Berichte gewisse vorgelegte Muster (naͤmlich
jene der HH. Duglish und jene des Hrn. Swainburn) fuͤr die besten erklaͤrten,
fuͤgten sie zugleich die Bemerkung bei, daß sie dieselben dennoch nicht zu
einer Probe oder zu einem Versuche empfehlen koͤnnten. Als Grund
hiefuͤr gaben sie an, daß es ihnen an Daten daruͤber fehle, welche von
den vorgeschlagenen Schienen sich unter einem daruͤber laufenden Gewichte als
die staͤrksten und festesten zeigten, und ob die permanente Fixirung der
Schiene an dem Lager, wozu einige Vorschlaͤge gemacht wurden, in der Praxis
gehoͤrige Sicherheit gewaͤhre. Da uͤber diese Punkte nie
Versuche mit Schmiedeisen angestellt worden waren, so hielten sie es fuͤr
besser, diese Fragen unaufgeloͤst zu lassen, als auf bloße Meinung
gestuͤzt einen kostspieligen Versuch, der am Ende zu einem Mißlingen
fuͤhren koͤnnte, zu empfehlen. Da es jedoch sehr
wuͤnschenswerth war, solche Daten zu besizen, so erklaͤrte sich Hr.
Barlow den Directoren der Eisenbahncompagnie bereit,
eine Reihe von Versuchen hieruͤber anstellen zu wollen, wenn ihm die
Admiralitaͤt die Benuzung der an der Werfte von Woolwich bestehenden
Gelegenheit gestattete, und wenn ihm die Directoren die hiezu noͤthigen
Instrumente, Materialien und Arbeiter liefern wuͤrden. Die
Admiralitaͤt und die Directoren der Compagnie erklaͤrten sich hiezu
bereit, und Hr. Barlow begann daher seine Versuche, die
er in vier Abtheilungen brachte. Gegenstand der ersten Abtheilung war Ausmittelung
der Ausdehnung einer Eisenstange von gegebenem Flaͤcheninhalt unter
verschiedenen Graden von Spannung, und folglich auch der Kraft, mit der sich
dieselbe Stange bei einer gegebenen Erniedrigung der Temperatur zusammenzieht. In
der zweiten Abtheilung bezwekte er Ermittelung des vergleichsweisen Widerstandes von
Schmiedeisen gegen Ausdehnung und Compression, und folglich der Stellung der
neutralen Achse; in der dritten suchte er die Gestalt der
Durchschnittsflaͤche ausfindig zu machen, welche bei einer und derselben
Menge an Stoff oder Substanz die groͤßte Staͤrke gibt; und in der
vierten endlich trachtete er zu erforschen, welche Gewalten Eisenstaͤbe von
bestimmten Durchschnitten auszuhalten im Stande sind, ohne daß fuͤr ihre
Elasticitaͤt ein Nachtheil daraus erwaͤchst. Hr. Barlow haͤndigte den Directoren eine Abhandlung uͤber
saͤmmtliche Details dieser Versuche ein, und fuͤgte derselben auch
noch einen Bericht uͤber die Resultate, zu denen er gelangte, und einige
praktische Rathschlaͤge fuͤr die Compagnie bei. Die Directoren haben
ihm dafuͤr die vollkommenste Zufriedenheit mit seinen Arbeiten
ausgedruͤkt, und beschlossen, seine Abhandlung zum Besten aller anderen
Eisenbahnunternehmungen bekannt zu machen.Das Werkchen ist bereits unter folgendem Titel erschienen: „Experiments on the Transverse Strength and other
Properties of Malleable Iron, with Reference to its uses for Railway
Bars: and a Report founded on the same, addressed to the London and
Birmingham Railway Company. By Peter
Barlow
F. R. S. 8. London, 1835. By
Fellowes.“ 97 Pag.
Wir glauben unseren Lesern daher einen angenehmen Dienst zu erweisen, wenn wir ihnen
das Wesentlichste dieser Zusammenstellung in der Sprache des Verfassers selbst
mittheilen, um sie noch mehr auf das Schaͤzenswerthe seiner Abhandlung
aufmerksam zu machen.
„Es ergab sich aus meinen Versuchen, sagt Hr. Barlow, daß eine schmiedeiserne Stange von irgend einer Laͤnge
durch eine directe Gewalt von einer Tonne per Zoll
auf ihren Durchschnittsflaͤchenraum um den 1/10000 Theil ihrer
Laͤnge ausgedehnt wird; und daß, wenn eine Gewalt von 10 Tonnen auf jeden
Zoll wirkte, oder wenn die Stange also um den tausendsten Theil ihrer
Laͤnge ausgedehnt wurde, deren Elasticitaͤt solchen Schaden litt,
daß die Stange nach Entfernung der Gewalt nicht mehr zu ihrer fruͤheren
Laͤnge zuruͤkkehrte.“
„Da nun die Zusammenziehung des Eisens zwischen Sommer und Winter 1/2000
seiner Laͤnge betraͤgt, so folgt hieraus, daß die Schienen
unmoͤglich auf bleibende oder permanente Weise auf ihren Lagern und Bloͤken
befestigt werden koͤnnen, ohne daß man Gefahr laͤuft, ihnen so
viel von ihrer Kraft zu entziehen, daß sie ein bedeutendes daruͤber
laufendes Gewicht ohne Nachtheil zu ertragen im Stande sind.“
„Hieraus folgt aber ferner, daß, wenn die Schienen nicht auf directe Weise
bleibend an den Lagern befestigt werden koͤnnen, dieß auch nicht auf
indirecte Weise, naͤmlich durch Schluͤssel, Keile etc. versucht
werden soll; denn die Schienen werden auch durch diese fest an die Lager
gehalten, oder sie werden es nicht. Im ersteren Falle bewirken sie vollkommen
dieselben Nachtheile, wie eine bleibende Befestigung, und im lezteren geben sie
nach, wo sie dann nicht gut thun, wohl aber Schaden bringen koͤnnen. Ich
muß daher schließen, daß die Schienen keine staͤrkere Befestigung an den
Lagern bekommen sollen, als eben nothwendig ist, um sie waͤhrend des
Daruͤbergleitens der Lasten staͤtig zu erhalten.“
„Meine naͤchsten Versuche waren auf Erforschung der Stellung der
neutralen Achse im Schmiedeisen gerichtet; denn ohne dieses Datum laͤßt
sich die Staͤrke der Schienen von verschiedenem Querdurchschnitte weder
berechnen, noch mit einander vergleichen, ohne daß man sich wirklich solche
Schienen verfertigt, und diese dann durch Versuche erprobt. Auch bei diesen
Forschungen kam ich zu meiner Freude zu einem ganz entsprechenden Resultate;
denn ich kam zu sehr einfachen Formeln, nach denen Jedermann mit großer
Genauigkeit die Tragstaͤrke einer Stange von beliebigem Durchschnitte
innerhalb der Glaͤnzen ihrer Elasticitaͤtskraft, so wie auch den
Grad der Biegung, den sie unter dieser oder irgend einer anderen geringeren Last
erleidet, berechnen kann. Ich habe mit Huͤlfe dieser Mittel in meiner
Abhandlung bewiesen, daß sich gewisse praktisch brauchbare Formen paralleler
Schienen ausfindig machen lassen, welche bei gleichem Gewichte und in der Mitte
belastet, eben so stark sind, als die fischbauchfoͤrmigen (fish-bellied) Schienen, waͤhrend sie
an allen anderen Punkten noch staͤrker sind, als diese. Ich bin hienach
und aus anderen in meiner Abhandlung angegebenen Gruͤnden vollkommen
uͤberzeugt, daß die parallelen Schienen, wenn sie in gehoͤrigen
Verhaͤltnissen gebaut sind, unter allen die besten sind.“
Jedermann, der mit den Eisenbahnen praktisch bekannt ist, wird die Neuheit und
Wichtigkeit dieser Resultate einsehen. Die Ansichten der Ingenieure uͤber die
Vorzuͤge der fischbauchfoͤrmigen und der parallelen Schienen waren
bisher sehr getheilt. Georg Stephenson und dessen Sohn R.
Stephenson waren bisher die Vertheidiger der
ersteren; und daher sind auch an den von ihnen erbauten Eisenbahnen von Stockton und
Darlington, Liverpool und Manchester etc. fischbauchfoͤrmige Schienen gelegt. Vignoles hingegen gab den parallelen Schienen den Vorzug,
und wendete dergleichen auch an den von ihm erbauten Eisenbahnen von Wigan, St.
Helens und Dublin an. Da Hrn. Barlow's Ansicht
wahrscheinlich als entscheidend gelten duͤrfte, so wollen wir hier auch noch
die Gruͤnde beifuͤgen, auf die er sich hiebei stuͤzt.
„Es scheint mir, sagt Hr. Barlow, daß es
jederzeit moͤglich ist, parallele Schienen von guten praktisch
brauchbaren Proportionen, und die dabei nicht schwerer sind, als die
fischbauchfoͤrmigen, zu bauen; ich bin daher nach reiflicher
Erwaͤgung aller Gruͤnde, die zur Vertheidigung lezterer
vorgebracht wurden, uͤberzeugt, daß die parallelen Schienen die besten
seyen, und zwar aus folgenden Gruͤnden.“
„1) Weil sie, wenn auch nicht an dem mittleren Punkte, doch an allen
uͤbrigen Stellen merklich staͤrker und steifer sind.“
„2) Die Biegung einer parallelen Schiene beim Daruͤbergehen einer
Last ist uͤberall geringer, als in der Mitte, was bei den
fischbauchfoͤrmigen Schienen nicht der Fall ist. Das Steigen und Fallen
der Wagen, welches Statt findet, wenn dieselben uͤber einen
Stuͤzpunkt gegangen sind, erfolgt daher in dem einen Falle rascher, als
in dem anderen, und diesem Umstande vielmehr, als einem Mangel an durch und
durch gleichmaͤßiger Staͤrke schreibe ich es zu, daß die
fischbauchfoͤrmigen Schienen so haͤufig in geringer Entfernung von
ihren Stuͤzpunkten nachgaben. Da uͤberdieß an diesen Schienen
bisher gegen den Stuͤzpunkt hin ein wirklicher Mangel an
Gleichmaͤßigkeit der Staͤrke Statt fand, so wurden dadurch die
Bruͤche ohne Zweifel sehr beguͤnstigt. Hr. Stephenson hat dieß zwar durch eine kluge und wissenschaftlich
begruͤndete Vertheilung des Metalles in den Schienen so zu vermeiden
gewußt, daß an seinen Schienen solche Bruͤche seltener vorkommen
duͤrften, als an den gewoͤhnlichen; allein der Einwurf, den ich
eben machte, bezieht sich nicht bloß auf die fischbauchfoͤrmige, sondern
auch auf die vollkommen elliptische Gestalt, wenn sich eine solche wirklich
erzielen ließe.“
„3) Die parallelen Schienen sind die besten, weil der Ingenieur hier die
Bloͤke und Lager der beiden Schienen einander gerade gegenuͤber
anbringen kann, so daß die Raͤder des Wagens uͤber beide
Stuͤzpunkte zu einer und derselben Zeit gehen: ein Umstand, den man
bisher noch viel zu wenig beachtet zu haben scheint. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß die Bewegung eines Locomotivwagens aus einem fortwaͤhrenden
Auf- und Niedersteigen besteht; und hieraus folgt, daß die Bewegung weit
leichter und besser von Statten gehen muß, wenn sich die
gegenuͤberstehenden Raͤder gleichzeitig nach Auf- oder
Abwaͤrts bewegen, als wenn ein Rad steigt, waͤhrend das andere
faͤllt, und umgekehrt. Der Unterschied ist jenem zwischen einem Schiffe,
welches mit dem Vordertheile gegen die Wogen steht, und einem Schiffe, welches
seine Richtung schief nimmt, vollkommen aͤhnlich; und wer nur je ein Mal
an die See gekommen ist, wird wissen, was dieß fuͤr ein Unterschied
ist.“
„Man wird mir zwar einwenden, daß die Wagen der Eisenbahn oder die
Biegungen der Schienen nur sehr klein sind, dagegen bemerke ich aber, daß die
Schwere und Geschwindigkeit der Wagen sehr groß ist, und daß es hoͤchst
wuͤnschenswerth ist, daß jede moͤgliche Ursache eines
Bewegungsmomentes entfernt werde: besonders wenn dieser Zwek sehr leicht
erreicht werden kann. An den parallelen Schienen ist dieß nun der Fall, indem
diese immer in bestimmten Laͤngen abgeschnitten werden koͤnnen;
keineswegs gilt dieß aber von den fischbauchfoͤrmigen Schienen, indem
hier der Eisenstab zuweilen in den Rollen gleitet. Fuͤr keinen Fall kann
die Laͤnge der lezteren so beliebig abgeaͤndert werden, wie dieß
an den parallelen Schienen moͤglich ist, und wie dieß auch durchaus
nothwendig ist, wenn auch an den Kehrstellen die Tragbloͤke immer mit
einander parallel erhalten werden sollen. Bei einer Kruͤmmung von 800 Fuß
muͤssen z.B., wenn die Tragbloͤke mit einander parallel erhalten
werden sollen, die inneren Schienen um einen Zoll kuͤrzer seyn, als die
aͤußeren; und so leicht es an den parallelen Schienen ist, sie in einer
Laͤnge von 14 Fuß 11 Zoll oder in einer Laͤnge von 15 Fuß
abzuschneiden, so unthunlich ist dieß an den Schienen von anderer Form. Ich habe
diese Frage ohne alle vorgefaßte Meinung erwogen, und bin vollkommen von der von
mir aufgestellten Ansicht uͤberzeugt.“
Hr. Barlow macht in seinem Berichte noch einige weitere
Bemerkungen uͤber die Wichtigkeit die Tragbloͤke der beiden
Schienenlinien mit einander parallel zu erhalten, die uns alle
Beruͤksichtigung zu verdienen scheinen, und die wir deßhalb gleichfalls
ausziehen.
„Man wird zwar sagen, daß ich in eine Menge Eroͤrterungen
eingegangen bin, die weder hervorgerufen worden, noch praktisch anwendbar sind;
dagegen muß ich aber fragen, woher denn die vielen Bruͤche, und die so
oft noͤthigen Reparaturen kommen? – Es gibt keinen theoretischen
Grund dafuͤr, warum ein mit einer großen Geschwindigkeit fortrollendes
Gewicht mehr Schaden bringen sollte, als ein gleiches Gewicht, wenn sich dieses
mit einer geringeren Geschwindigkeit bewegt: vorausgesezt, daß die Bahn
vollkommen ist; das Ungluͤk liegt daher in der unvollkommenen praktischen
Ausfuͤhrung, und in der Ruͤksichtslosigkeit, mit der man kleine
Unebenheiten gewoͤhnlich betrachtet. Es gibt Viele, die vielleicht nie
bemerkt haben, daß ein Unterschied, welcher an einem Verbindungslager in dem Niveau Statt findet, und
der an den beiden an einander stoßenden Schienen nur 1/10 Zoll betraͤgt,
bewirken wird, daß, wenn sich der Wagen mit seiner groͤßten
Geschwindigkeit von dem hoͤheren zum niedrigeren Niveau bewegt, das Rad
eine Streke von einem Fuß zuruͤklegen wird, ohne einen Druk auf die
Schiene auszuuͤben; und daß folglich das ganze Gewicht, welches von
beiden Schienen gleichmaͤßig getragen werden sollte, dann
gaͤnzlich auf einer einzigen aufruhen wird. Und doch beruht dieß auf
einem so natuͤrlichen Geseze, daß es gar nicht anders seyn kann; denn um
in Folge der Schwere 1/10 Zoll hoch zu fallen, ist der vierundvierzigste Theil
einer Secunde erforderlich, waͤhrend welcher sich der Wagen um einen Fuß
vorwaͤrts bewegt haben wird, so daß folglich waͤhrend dieser Zeit
die ganze Last nur auf einer einzigen Schiene ruhen muß. Man wird hiegegen
bemerken, daß Federn angebracht sind, welche das Herabsinken der Raͤder
durch die Schwere unterstuͤzen; allein ich fuͤrchte sehr, daß
diese Huͤlfsmittel nicht wirksam genug seyn werden, und in jedem Falle
geben sie keinen Grund, warum man nicht Alles gleich vorhinein so genau als
moͤglich wachen sollte. Was endlich gar das Aneinandergraͤnzen der
Schienen betrifft, so war ich erstaunt, von einem an der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn Angestellten zu hoͤren, daß
die Schienen an einigen Stellen der Bahn 1/2 Zoll weit von einander entfernt
waͤren, und daß man dieß durchaus nicht fuͤr nachtheilig halte.
Allein dieß mag nachtheilig seyn oder nicht, so frage ich, warum man die
Schienen 1/2 Zoll weit von einander abstehen lassen soll, wenn nie ein Raum von
mehr dann 1/10, und mehr als die Haͤlfte des Jahres uͤber nicht
einmal ein Raum von mehr als 1/20 Zoll zwischen denselben noͤthig ist,
sobald beim Legen der Schienen die gehoͤrige Vorsicht beobachtet wurde?
Bisher herrschte die Idee vor, daß beim Legen der Schienen zum Behufe der
Ausdehnung 1/8 oder 1/10 Zoll zwischen den beiden Schienen gelassen werden
muͤsse, und dieß befolgte man, welche Temperatur auch beim Baue der Bahn
Statt fand. Wenn daher die Schienen im Sommer gelegt wurden, so wurde dieser 1/8
Zoll, im Winter zu 1/4 Zoll, wenn die Zusammenziehung in beiden
angraͤnzenden Schienen nach einer und derselben Richtung erfolgte, und zu
1/3 Zoll, wenn sie nach entgegengesezter Richtung Statt fand. Um diesen
Uebelstaͤnden vorzubeugen, sollten, wie ich es in meiner Abhandlung
auseinandersezte, die Schienen nur an einem einzigen Lager befestigt, und der
zwischen denselben zu lassende Raum je nach der Temperatur, bei der der Bau
gefuͤhrt wird, durch drei Stahlplatten regulirt werden, von denen die
eine fuͤr Temperaturen zwischen 15 und 35° F., die andere
fuͤr Temperaturen von 35 bis 65° F., und die dritte fuͤr
alle Temperaturen uͤber 65° F. bestimmt waͤre. Man wird
zwar auch diesen Rath als eine unnoͤthige Kleinlichkeit betrachten,
wogegen ich jedoch erwiedere, daß diese Genauigkeit die Kosten des Baues um gar
nichts erhoͤht, und daher allerdings beruͤksichtigt werden
duͤrfte.“
Die bei der Verfertigung paralleler Schienen zu beobachtenden Verhaͤltnisse
muͤssen folglich von der Groͤße der lasten, die sie wahrscheinlich zu
tragen haben werden, abhaͤngen. Die Regeln, welche Hr. Barlow zur Berechnung der Tragkraft der Schienen dieser Art angibt, sind,
wie er sagt, so einfach, und in seiner Abhandlung durch einige vollkommen
ausgefuͤhrte Beispiele so deutlich gemacht, daß sie Jedermann, der auch nur
in der gewoͤhnlichen Arithmetik bewandert ist, vollkommen
verstaͤndlich seyn werden. Die Verhaͤltnisse von Hrn. Barlow's Ideal einer guten Schiene sind folgende: die
Hoͤhe soll durchaus 4 1/2 Zoll betragen; die Rippe (rib) soll 7/10 Zoll und das Bodenblatt (bottom-web) 1,39 Zoll Dike haben; ihr Gewicht soll 50 Pfd. per Yard betragen. Die Staͤrke oder absolute
Elasticitaͤtskraft einer Schiene dieser Art belaͤuft sich auf 8
Tonnen, indem der Grad der Biegung bei dieser Last nur 0,55 betraͤgt, und
also um 0,11 geringer ist, als bei gleicher Last an einer fischbauchfoͤrmigen
Schiene. Gesezt nun, das groͤßte Gewicht eines Locomotivwagens sey 12 Tonnen,
so wird die groͤßte Last, welche auf eine Schiene trifft, 6 und folglich um 2
Tonnen weniger ausmachen, als das Gewicht, welches eine derlei Schiene zu tragen im
Stande ist. Hr. Barlow empfiehlt jedoch in solchen
Faͤllen, die Staͤrke auf 9 Tonnen zu erhoͤhen, so daß hier ein
Ueberschuß von 50 Procent bleibt, und er glaubt, daß sich dieß durch folgende
leichte Modification der oben angegebenen Form der Schiene ohne alle Vermehrung
ihrer Schwere vollkommen erreichen ließe.
„Ich habe fuͤr den Kopf mehr Metall angegeben, als man allgemein an
demselben anwendet; wuͤrde man diesen Ueberschuß auf das untere oder
Bodenblatt uͤbertragen, so wuͤrde dieses die verlangte
groͤßere Staͤrke bekommen; vielleicht duͤrfte
uͤbrigens auch die mittlere Rippe eine leichte Reduction zulassen. In
jedem Falle und unter Beibehaltung aller uͤbrigen Verhaͤltnisse
koͤnnte man der Schiene die ganze Staͤrke von 9 Tonnen geben, wenn
man dem Bodenblatte per Yard um 2 Pfd. Eisen mehr
gaͤbe. Hier zeigt sich deutlich, um wie viel vortheilhafter es ist, nach
Regeln, anstatt nach Gutduͤnken zu handeln; denn nach lezterem allein
wuͤrde man hier wohl kaum glauben, daß eine Gewichtserhoͤhung von
1/25 die Staͤrke und Festigkeit der Schiene beilaͤufig um 1/9
erhoͤhen koͤnnte, obschon dieß unbestreitbar der Fall
ist.“
Die Praktiker werden zwar Anstand nehmen, Regeln zu befolgen, die von dem, was bisher
unter ihnen angenommen war, so sehr abweichen, und einige werden sogar fortfahren,
wie bisher, auf die Unfehlbarkeit des Papstes unter den Eisenbahn-Ingenieuren
(des Hrn. Stephenson) zu schwoͤren, und alle in
ihren Ansichten von ihm Abweichenden als Theoretiker zu verschreien; allein man darf
nicht vergessen, daß Hr. Barlow in seinem Berichte nichts
empfahl, was sich nicht auf wirkliche Versuche gruͤndete, und zwar auf
Versuche, wie sie nicht leicht jemand Anderer ausfuͤhrlicher und mit
groͤßerer Genauigkeit anstellte.