Titel: | Ueber das wesentliche Oehl der Pechtanne und über die Bereitung eines Copalfirnisses mit demselben. Von. Hrn. I. Aylwin Esq. |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. XXIII., S. 119 |
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XXIII.
Ueber das wesentliche Oehl der Pechtanne und
uͤber die Bereitung eines Copalfirnisses mit demselben. Von. Hrn. I. Aylwin Esq.
Aus den Transactions of the
Society for the Encouragement of Arts Vol. L. P. I. S. 37.
Aylwin, uͤber das wesentliche Oehl der Pechtanne
etc.
Die unter dem Namen der Sprossenessenz (Essence of
spruce) bekannte Substanz, welche man im noͤrdlichen Deutschland
haͤufig zur Bereitung des sogenannten Sprossenbieres (spruce-beer) verwendet, ist ein Extract, welches in Canada aus der canadischen und
schwarzen Tanne (Pinus canadensis und nigra) gewonnen wird. Dieses Extract, welches man
dadurch gewinnt, daß man die jungen Sprossen in Wasser absiedet, und den Absud,
nachdem man ihn filtrirt, vorsichtig bis zur Syrupsconsistenz eindikt,
enthaͤlt eine bestimmte Quantitaͤt Terpenthin, dem es seinen
eigenthuͤmlichen Geruch verdankt; das Terpenthinoͤhl, welches
hauptsaͤchlich den Geruch gibt, wird jedoch bei dem Sieden und Verdampfen,
welches in einem offenen Gefaͤße vorgenommen wird, zugleich mit dem
Wasserdampfe ausgetrieben.
In der Absicht nun dieses Sprossenextract zu verbessern, nahm Hr. J. Aylwin Esq., der dasselbe in Canada im Großen bereitet,
statt des offenen Abdampfgefaͤßes einen gewoͤhnlichen Destillirapparat
mit einem Schlangenrohre. Er erhielt dadurch wirklich ein besseres Extract, zugleich
aber auch eine Quantitaͤt wesentliches Oehl, welches dem gewoͤhnlichen
Terpenthinoͤhle nicht unaͤhnlich war. Es handelte sich daher um eine
passende Verwendung dieses Oehles, wobei sich einige Schwierigkeiten zeigten, da
dasselbe selbst unter den guͤnstigsten Umstaͤnden nicht so wohlfeil
geliefert werden kann, als das gewoͤhnliche Terpenthinoͤhl.
Man machte in dieser Absicht einige Versuche uͤber dessen
Aufloͤsungskraft in Bezug auf einige haͤrtere Harze, und namentlich
auf Copal, um vielleicht auf diese Weise einen Firniß zu erhalten, der dauerhafter
und farbloser waͤre, als der gewoͤhnliche Copalfirniß. Es zeigte sich
hiebei auch wirklich, daß, wenn man den siedend heißen Dampf dieses Oehles auf den
Copal wirken laͤßt, dadurch eine Verbindung dieser beiden Substanzen und ein
beinahe farbloser fluͤssiger Firniß entsteht, welcher auf Holz, Metall etc.
aufgetragen, schnell und vollkommen troknet, und zwar mit Hinterlassung einer fest
anhaͤngenden Schichte von scheinbar reinem Copalgummi.
Der Firniß, den Hr. Aylwin der Gesellschaft einsandte, war
beinahe farblos und sehr fluͤssig; allein er enthielt nur eine sehr geringe
Menge Copal, so daß dieser Umstand in Verbindung mit der Gefaͤhrlichkeit der
Bereitung diese Benuzung des wesentlichen Oehles des Sprossenextractes sehr
zweifelhaft machte. Die einzigen zwischen diesem wesentlichen Oehle und gutem
farblosen Terpenthinoͤhle bemerkbaren Unterschiede bestehen darin, daß der
Geruch des lezteren einige Aehnlichkeit mit dem Geruche des Terpenthinoͤhles
hat; und daß das specifische Gewicht des ersteren 0,9294 betraͤgt,
waͤhrend jenes des Terpenthinoͤhles in frisch rectificirtem Zustande
nur 0,85, und, nachdem es ein Jahr lang der Sonne ausgesezt gewesen, 0,96
betraͤgt. Das leichte Terpenthinoͤhl loͤst den Copal nicht auf;
jenes hingegen, welches
ein Jahr lang an der Sonne gestanden, loͤst so viel davon auf, daß allerdings
ein Firniß dadurch entsteht. Es scheint daher wahrscheinlich, daß das wesentliche
Oehl des Sprossenextractes wegen seiner groͤßeren specifischen Schwere
allerdings mehr Copal aufloͤst, als frisches Terpenthinoͤhl.
Hr. Cornelius Varley, dem dieses wesentliche Oehl zur
Untersuchung uͤbergeben ward, gab folgende Meinung daruͤber ab.
„Ich habe das wesentliche Oehl des Sprossenextractes vergleichsweise mit
Terpenthingeist und mit der neuen, aus verdichtetem Oehlgase gewonnenen
Fluͤssigkeit des Hrn. Faraday als
Aufloͤsungsmittel fuͤr den Copal versucht, und dabei gefunden, daß
es ein sehr gutes und schaͤzbares Aufloͤsungsmittel ist. Es kommt
an Kraft beinahe dem kostbaren Lavendeloͤhle gleich, und
uͤbertrifft es an Reinheit und Farblosigkeit; dagegen hat es aber den
großen Fehler, daß es so langsam troknet, daß es zum vollen Erhaͤrten
beinahe eine Woche Zeit braucht, und daß es ein so kraͤftiges
Aufloͤsungsmittel ist, daß es schnell die Malerei, auf die es aufgetragen
wird, erweicht. Diesem hoͤchst fatalen Umstande laͤßt sich jedoch
abhelfen, wenn man Alkohol damit verbindet, wodurch eine vollkommenere
Aufloͤsung des Copals erfolgt, und wodurch man einen Firniß
erhaͤlt, welcher schnell troknet, und eine glaͤnzende, durchaus
nicht klebrige Oberflaͤche zuruͤklaͤßt, obschon das
vollkommene Erhaͤrten erst nach einem oder zwei Tagen Statt findet. Das
wesentliche Oehl des Sprossenextractes scheint daher unter diesen
Umstaͤnden das beste Aufloͤsungsmittel fuͤr den Copal. Es
ist schwerer als der Terpenthingeist; und da das, was es aufloͤst, seine
Schwere oder Dichtheit noch vermehrt, so naͤhert es sich seiner
Beschaffenheit nach dem erweichten Theile des Copals, auf den der Alkohol am
meisten Wirkung aͤußert. Aus diesem Grunde scheiden sich auch
wahrscheinlich beide Theile nicht von einander ab, waͤhrend sich die mit
Terpenthingeist und Alkohol bereitete Aufloͤsung jederzeit in zwei Theile
scheidet, und beim Aufschuͤtteln weißlich oder milchig oder seifenartig
erscheint, zum deutlichen Beweise: daß sich beide Theile nicht mit einander
vertragen, und daß sich die Fluͤssigkeit folglich nicht zum Firnisse
eignet. Gießt man nur den klaren Theil der Aufloͤsung ab, so
erhaͤlt man allerdings einen vollkommenen, vortrefflichen, farblosen und
schnell troknenden Firniß; allein die groͤßere Quantitaͤt des
Copals bleibt auf diese Weise zuruͤk, und will man sich dieser bedienen,
so streicht sie sich nicht bloß klebrig und schlammig auf, sondern sie
loͤst sich auch, wenn sie troken geworden, wegen ihrer geringen
Adhaͤsionskraft, wie eine Kautschukhaut ab. Ich muß naͤmlich
bemerken, daß in dem Copal eine zaͤhe Substanz enthalten ist, auf welche
eine wenigstens
jahrlange Einwirkung des Terpenthingeistes erforderlich ist, bevor sie nur so
weit erweicht wird, daß sie sich umruͤhren laͤßt. Auf diesen
zaͤhen Theil wirkt nun hauptsaͤchlich der Alkohol, und durch Zusaz
von diesem ist man also im Stande, innerhalb einer Woche einen eben so guten
Firniß zu erhalten, als sonst innerhalb einem Jahre und durch
fortwaͤhrendes Umruͤhren. In jedem Falle wird der Firniß aber um
so schneller fertig seyn, je feiner man den Copal gepuͤlvert hat, weil
der zaͤhe Theil den aufloͤslichen hartnaͤkig
einhuͤllt und verbirgt. Die Waͤrme beguͤnstigt zwar die
Aufloͤsung jederzeit; allein sie hat auch den Nachtheil, daß sie die
Aufloͤsung mehr oder weniger faͤrbt; ich halte es daher
fuͤr das Beste, die Zeit abzuwarten, den Copal sehr fein zu zerreiben,
vorher alle Unreinigkeiten auszusuchen, und die Fluͤssigkeit fleißig
aufzuschuͤtteln. Ich wende zuerst nur so viel Alkohol an, als eben
nothwendig ist, um das Pulver durch und durch zu befeuchten, und seze dann das
uͤbrige Aufloͤsungsmittel zu.“ –
„Das durch Verdichtung des Oehlgases erzeugte Oehl ist gleichfalls ein
kraͤftiges Aufloͤsungsmittel fuͤr den Copal; die
Aufloͤsung erfolgt mit Hinterlassung eines sehr weichen Niederschlages,
hat durchaus nichts Klebriges, troknet schnell, und scheint auch so zaͤhe
zu seyn, daß der damit erzeugte Ueberzug keine Spruͤnge bekommt. Allein
sie hat das Unangenehme, daß sie nicht nur einen widerlichen Geruch besizt,
sondern wegen ihrer dunkelgelben Faͤrbung auch nicht auf Gemaͤlde
anwendbar ist. Sollte es daher moͤglich seyn, dieses
Aufloͤsungsmittel durch abermalige Destillation oder auf irgend andere
Weise in farblosem Zustande darzustellen, so wuͤrde man hiedurch, wie mir
scheint, das beste Aufloͤsungsmittel fuͤr Copal schaffen. In dem
Zustande, in welchem wir es gegenwaͤrtig besizen, eignet es sich bereits
fuͤr alle Faͤlle, in denen es auf die Farbe nicht ankommt, ganz
vortrefflich. Ich muß nur noch bemerken, daß auch hier ein Zusaz von Alkohol von
sehr nachtheiliger Wirkung ist.“
Der beruͤhmte Firnißfabrikant, Hr. Neil, bereitete
nach dem eben angegebenen Verfahren Copalfirnisse, und berichtete der Gesellschaft,
daß ihm das wesentliche Oehl des Pechtannenextractes weit bessere Dienste leistete,
als bisher das beste Terpenthinoͤhl. Die HH. Brockedon und Singleton waren gleichfalls
uͤber die Guͤte dieser Firnisse einig.