Titel: | Ueber einen Rettungsapparat für Schiffbrüchige. Von Hrn. Henry Duncan Cunningham. |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LIV., S. 265 |
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LIV.
Ueber einen Rettungsapparat fuͤr
Schiffbruͤchige. Von Hrn. Henry Duncan
Cunningham.
Aus dem Mechanics'
Magazine, No. 608, S. 2.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Ueber einen Rettungsapparat fuͤr
Schiffbruͤchige.
Der Lebensrettungsapparat, den ich hiemit bekannt zu machen die Ehre habe, vereint in
Form eines Wagens, welcher schnell fortgeschafft werden kann, alle Mittel, deren man
zur Rettung Schiffbruͤchiger bedarf. Er besteht aus einer Kanone, womit man
Rettungstaue auswerfen
kann, aus einem sogenannten Katamaran, womit man durch Brandungen gelangen kann, und
aus einem Wagen zum Fortschaffen dieser Geraͤthe sowohl, als zum Transporte
von Ankern, Tauen, Leitern zum Ersteigen von Klippen etc. Seine Einrichtung ist, wie
man sehen wird, so getroffen, daß er im Kriege auch zur Vertheidigung der
Kuͤsten und zum Uebersezen uͤber Fluͤsse dienen kann, indem er
zugleich als Bagagewagen, Ponton und Lassette dient. Ich habe die Modelle meiner
Apparate schon einigen Bureaux vorgelegt, jedoch ohne Erfolg; ich wende mich daher
gegenwaͤrtig an das Publicum, welches deren Nuzen vielleicht mehr zu
wuͤrdigen wissen wird.
Fig. 7 zeigt
meinen Rettungswagen mit den dazu gehoͤrigen Theilen zum Transporte bereit.
Der innere Bau des Bootes A, A erhellt hinreichend aus
den punktirten Linien. f, f ist eine Platform, welche
mit der Tauchungslinie des Bootes bei voller Bemannung und Ausruͤstung
genommen ist. Von dieser Platform aus erstreken sich Roͤhren, die durch den
Boden mit dem Wasser communiciren, und von denen sich zwischen jedem Querholze zwei
befinden: und zwar eine an jeder Seite und dicht an dem Kiele. Durch diese
Roͤhren laͤuft alles in das Boot gelangende Wasser wieder ab; und
damit dieß so schnell als moͤglich geschehen koͤnne, ist allen
Theilen, die nicht von den Ruderern und Huͤlfeleistenden eingenommen werden,
eine groͤßere Schwimmkraft gegeben: und zwar dadurch, daß sie innen in einer
Flaͤche mit den Querhoͤlzern mit einem hoͤlzernen
Gehaͤuse ausgekleidet, und mit feinem beoͤhlten Segeltuche
uͤberzogen sind. Das Boot hat ungefaͤhr die Dimensionen eines
10ruderigen Cutters. Außen ist rings um dasselbe ein hohler Ring aus Messing oder
Stukmetall gezogen, der einige Gallons Luft fassen kann, und wodurch alle Gefahr des
Versinkens und des Umschlagens so vollkommen beseitigt ist, daß das Boot selbst dann
noch ohne Gefahr fortschiffen kann, wenn der Kiel beinahe mit der
Wasserflaͤche parallel laͤuft. Die Roͤhren im mittleren Theile
des Schiffes koͤnnen mit großem Vortheile auch zum Auswerfen von Ankern
dienen, indem man durch sie die Kettentaue fuͤhrt, die an eine Schiffswinde
gehen.
An der hintersten Achse des Wagens sind zwei Hebel angebracht, von denen man einen
bei G sieht. Der Kopf des Bolzens oder der Luͤnse
ist so gebaut, daß er den Stuͤzpunkt fuͤr einen anderen großen Hebel
B bildet, der den zwei kleineren Hebeln G, G gleichkommt; man sieht ihn bei C durch punktirte Linien angedeutet. Das Parallelogramm,
welches ihn verbirgt, ist das Ende des einen der Magazine, worin die Munition
fuͤr die Kanone O, womit den
Schiffbruͤchigen Taue zugeworfen werden, enthalten ist. Das Boot ist mittelst dieser Hebel an dem
Wagen aufgehaͤngt; und die Hebel sind so berechnet, daß das Boot gehoben
werden kann, wenn an jedem der kleinen Hebel ein, und an jedem der großen Hebel zwei
Mann arbeiten. Die Enden werden von dem Taue F und dem
Ringbolzen d festgehalten; b
und a sind Schlingen, die an dem Boote befestigt sind.
Eine noch vollkommenere Idee von der Einrichtung des Wagens erhaͤlt man aus
Fig.
8.
Der Apparat wild auf folgende Weise gehandhabt. Um das Boot an dem Wagen zu
befestigen, fuͤhrt man lezteren so, daß er uͤber ersteren zu stehen
kommt; worauf man dann die an den Seiten und an dem Hintertheile des Bootes
befindlichen Schlingen in die Hebel einhakt, die hierauf herab gedruͤkt und
festgemacht werden. Diese ganze Operation ist in ein Paar Minuten geschehen. Die
Kanone laͤßt sich anwenden, indem man den Bogen oder die Luͤnse C auszieht; dadurch wird die Stange E von der vorderen Achse frei gemacht, so daß man ihr
Ende auf den Boden herab senken kann, damit auf diese Weise der Ruͤklauf
verhindert werde. In dieser Stellung kann man dann eine Leine abfeuern, womit
zwischen dem Schiffe und dem Ufer eine Communication hergestellt wird, und zwar,
wenn die Entfernung groß ist, mittelst des Rettungsbootes, und im Falle einer
bedeutenden Brandung mittelst des Katamarans, der volle Sicherheit
gewaͤhrt.
Gesezt man sieht an irgend einer Kuͤste ein Schiff in Gefahr, so bringt man
den Wagen mit allem Zugehoͤr so schnell als moͤglich an Ort und
Stelle, und scheitert das Schiff wirklich, so macht man das Boot vom Wagen los,
schleudert mit der Kanone ein Seil aus, und rettet dann mit Huͤlfe des
Katamarans die Mannschaft, bevor das Fahrzeug noch in Stuͤke zerschellt ist.
Wer immer mit den Gefahren einer Seekuͤste und der Huͤlfeleistung bei
diesen Gefahren bekannt ist, wird dieses Verfahren gehoͤrig zu
wuͤrdigen wissen. Im Falle eine Kuͤste von einem Feinde in kleinen
Booten angegriffen werden sollte, koͤnnte derselbe Apparat auch sehr gut zur
Vertheidigung dienen; denn auf ein gegebenes Signal koͤnnen sich leicht
mehrere solcher Apparate zu einer Batterie vereinigen, die einen kraͤftigen
Widerstand zu leisten im Stande waͤre. Eben so koͤnnte man bei
Landkriegen diese Apparate sehr gut zum Uebersezen uͤber Fluͤsse
benuzen; flache Boote statt der gekielten wuͤrden als Pontons dienen,
waͤhrend die Kanonen zugleich zur Dekung des Ueberganges benuzt werden
koͤnnten.
Der Katamaran besteht aus zwei kupfernen, fest mit einander verbundenen Booten, die
man aus Fig.
10 sieht, und zwischen denen, wie Fig. 9 zeigt, eine Art von
Rost angebracht ist. D, D zeigt eines der Boote von
Innen. A, A ist eines der Gebaͤlks des Rostes,
welches am Grunde mit einer flachen, eisernen Schleife versehen ist, und welches
sich in den Schiebern B, B auf und nieder schiebt. Auf
dem Boden des Rostes steht der Mann; da sich sein Gewicht demgemaͤß bedeutend
unter der Schwimmlinie oder unter dem Schwerpunkte befindet, und da die beiden Boote
einander entgegen wirken, so ist die Moͤglichkeit des Umschlages beinahe
gaͤnzlich beseitigt. In Fig. 9 ist der Katamaran
schwimmend dargestellt; so wie er jedoch Grund bekommt, schiebt sich die Schleife
nach Aufwaͤrts, so daß deren Boden mit dem Boden der Boote auf gleiche
Hoͤhe kommt, und daß der Apparat folglich leicht uͤber Sand und
Geroͤll weggleiten kann.
Wenn die von der Kanone ausgeschleuderte Leine an Bord des Schiffes gelangt ist, so
wird der Katamaran mittelst dieser an das gestrandete Schiff gezogen,
waͤhrend er zugleich von den am Ufer befindlichen Leuten mit einem anderen
Taue festgehalten wird. Der Katamaran faßt 2–3 Personen, und wird, wenn die
Maschine fortgeschafft werden soll, in dem Rettungsboote untergebracht. Benuzt man
die Apparate bei Nacht, so wird sowohl das Rettungsboot, als das Katamaran mit einer
Laterne ausgestattet.