Titel: | Bericht, welchen Hr. Camille Köchlin im Namen des Ausschusses für Chemie über die Abhandlung des Hrn. Penot erstattete. |
Autor: | Camille Koechlin |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LXXX., S. 376 |
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LXXX.
Bericht, welchen Hr. Camille Koͤchlin
im Namen des Ausschusses fuͤr Chemie
uͤber die Abhandlung des Hrn. Penot
erstattete.
Koͤchlin's Bericht uͤber die Anwendung des
Kuͤhkothes in den Kattundrukereien.
Wenn man auch zugeben muß, daß die Arbeit des Hrn. Penot
uͤber den Kuͤhkoth weit uͤber denjenigen steht, welche vor ihm
uͤber diese Substanz geliefert wurden, so vermißt man darin doch eine
vergleichende analytische Untersuchung des Kuͤhkoths vor und nach seiner
Anwendung, wodurch allein die wahren Wirkungen seiner Eigenschaften bestimmt werden
koͤnnen. In der Absicht die Untersuchungen dieses Chemikers zum Theil zu
ergaͤnzen und um uns zugleich zu versichern, wie weit seine Folgerungen durch
die Erfahrung bestaͤtigt werden, haben wir eine Reihe von Versuchen
angestellt, welche den Gegenstand dieses Berichtes ausmachen.
1. Wir haben die quantitative Analyse des Kuͤhkothes, welche Hr. Penot im Eingange seiner Abhandlung beschreibt, nicht
wiederholt; aus dem einfachen Grunde, weil wir uns in den hiezu erforderlichen
Manipulationen keine groͤßere Geschiklichkeit zutrauen koͤnnen, als
dieser gewandte Chemiker besizt; uͤbrigens werden sich bei dieser Analyse
nach dem Gesundheitszustande und den Nahrungsmitteln des Thieres immer geringe
Unterschiede ergeben. Wir haben sie bloß mit der von Hrn. Morin in Folge einer Preisaufgabe der Gesellschaft im Jahre 1830
unternommenenPolytechn. Journal Bd. XXXIX. S. 394. verglichen.
2. Schon dreißig Jahre fruͤher waren die Hornvieh-Excremente von Thaër und Einhof
Gehlen's Journal fuͤr Chemie, Bd. III. S.
276. untersucht worden; sie geben deren specifisches Gewicht zu 1,045 an und
bemerken, daß sie sich dieselben in einem Zustande von Desoxydation verschafften,
den sie durch Aussezen an die Luft verlieren. Sie entdekten darin ebenfalls ein in
Wasser aufloͤsliches, in Alkohol aber unaufloͤsliches Bitter, so wie
eine Substanz, welche in diesen beiden Fluͤssigkeiten, so wie in Alkalien
unaufloͤslich ist und mit Schwefelsaͤure versezt, einen
saͤuerlichen Geruch verbreitet. Dieser Substanz, welche beilaͤufig den
achten Theil des Kuͤhkothes ausmacht, verdankt lezterer seine Farbe, seinen
eigenthuͤmlichen Geruch und seine Truͤbung, wenn er mit Wasser
angeruͤhrt ist. Jene Gelehrte hatten jedoch bei ihren Untersuchungen keinen
streng wissenschaftlichen, sondern einen agronomischen Zwek; sie suchten
naͤmlich die Bestandtheile zu entdeken, welchen die Excremente ihre duͤngende Kraft
verdanken, und stellten daher uͤber die Faͤulniß des Kuͤhkothes
zahlreiche Versuche an, wobei sie fanden, daß derselbe mit der Zersezung der
vegetabilischen Substanzen das gemein hat, daß er eine große Menge des Sauerstoffs
der Luft in Kohlensaͤure verwandelt. Die Arbeit dieser beiden Gelehrten ist
also bei weitem nicht so genau und umstaͤndlich wie die Analysen der HH. Penot und Morin.
3. Die Methoden, welche die HH. Penot und Morin bei ihren Analysen befolgten, weichen so wenig von
einander ab, daß die Resultate in allen Hauptpunkten mit einander
uͤbereinstimmen mußten; diese Abweichung war aber doch schon hinreichend sie
hinsichtlich der Substanz, welche bei der Anwendung des Kuͤhkothes zum
Reinigen der Zeuge die Hauptrolle zu spielen scheint, auf abweichende Resultate zu
bringen, so wie sie andererseits nicht auf deren wahre Natur zu geleitet werden
konnten (44). Wir muͤssen also, ehe wir die Versuche anfuͤhren, worauf
sich unsere abweichende Meinung stuͤzt, den analytischen Gang dieser Chemiker
kurz anfuͤhren.
4. Sie fangen damit an, den Kuͤhkoth mit Wasser zu behandeln, bis dasselbe
nichts mehr aus ihm aufzuloͤsen scheint. Dieses Wasser wird filtrirt,
abgedampft und sein Extract mit Aether und Alkohol behandelt. Leztere
Aufloͤsungsmittel entziehen ihm theils saͤße, theils von der Galle
herruͤhrende Substanzen und hinterlassen eine schwaͤrzlichbraune, kaum
riechende Substanz, welche Hr. Penot bloß als ein Bitter
betrachtet, die aber Hr. Morin nochmals in Wasser
aufloͤste, um daraus das Eiweiß abzusondern und dann Bubulin nennt, indem er sie fuͤr die eigenthuͤmliche
Substanz haͤlt, welcher der Kuͤhkoth die Eigenschaft verdankt, die
gebeizten Zeuge zu puzen, naͤmlich in Folge ihrer Wirkung auf die meisten
Metallaufloͤsungen (44). Wenn man Kuͤhkoth geradezu oder nachdem er
vorher mit Wasser ausgezogen worden ist, mit Alkohol behandelt, so erhaͤlt
man eine schwaͤrzlichbraune Substanz, woraus Aether eine gruͤne
Materie auszieht, die sich fettig anfuͤhlt, gewuͤrzhaft und fade
schmekt, und an den Geruch der Kuͤhstaͤlle erinnert. Hr. Penot betrachtet diese Substanz als Blattgruͤn;
Hr. Morin hingegen, welcher fand, daß sie im
geschmolzenen Zustande das Lakmuspapier roͤthet, verfolgte ihre Analyse
weiter und fand, daß sie aus einer gruͤnen und bitteren harzigen Substanz,
Margarinsaͤure, Oehlsaͤure und noch einer Saͤure besteht, die
ihr den Geschmak und Geruch der Buttersaͤure ertheilt.
Der in Aether unaufloͤsliche Theil des geistigen Extracts ist gelblichbraun,
in Kali, Essigsaͤure und verduͤnnter Salzsaͤure
aufloͤslich, und
faͤrbt concentrirte Schwefelsaͤure herrlich gruͤn.Thompson gibt in seinem Handbuch der Chemie an,
daß Eiweiß, wenn man es in Schwefelsaͤure erhizt, dasselbe thut. A.
d. O. Er verbrennt mit Flamme, ohne den eigenthuͤmlichen Geruch
stikstoffhaltiger SubstanzenDiese suͤße Substanz haͤtte großen Theils aus Eiweiß bestehen
koͤnnen, ohne deßwegen einen Ammoniakgeruch zu verbreiten, denn Raspail fand, daß das Eiweiß, indem es sich auf
eine gewisse Form reducirt und gerinnt, seinen Stikstoff ganz verlieren
kann. A. d. O. zu verbreiten und hinterlaͤßt eine voluminoͤse Kohle. Hr. Penot findet in dieser Substanz einen suͤßen
Stoff, welcher in Wasser aufloͤslich ist, und dessen Aufloͤsung die
Metallsalze niederschlaͤgt.
Zulezt behandelt Hr. Penot den Ruͤkstand noch mit
Aeznatron und neutralisirt dasselbe, wodurch er den Eiweißgehalt des
Kuͤhkothes bestimmt. Durch Einaͤscherung der Pflanzenfaser
erhaͤlt er endlich die ihn organisirenden Salze.
5. Die HH. Penot und Morin
fanden nach diesen Methoden in 100 Gramm Kuͤhkoth, von einem mit trokenem
Grase gefuͤtterten Thiere:
Penot.
Morin.
Wasser
69,53
Wasser
70,00
Bitter
0,74
Bubulin
1,60
Suͤße Substanz
0,93
Unzersezte Substanz der
Galle
0,60
Blattgruͤn
0,28
Gruͤnes Harz u.
fette Saͤuren
1,52
Eiweiß
0,63
Eiweiß
0,40
PflanzenfaserHierin sind die S. 373
erwaͤhnten Salze, welche er enthaͤlt,
inbegriffen.
27,84
Pflanzenfaser
24,08
6. Es ist schwer zu sagen, welche von diesen beiden Analysen den Vorzug verdient,
ohne daß man sie wiederholt hat. Die Analyse des Hrn. Penot gibt jedoch eine Formel von Substanzen, deren chemische Natur besser
mit der Einfachheit der neueren organischen Chemie harmonirt; er hat auch, was Hr.
Morin unterließ, die im Kuͤhkoth enthaltenen
Salze bestimmt.
7. Hr. Morin theilt in seiner Abhandlung auch noch die
Analyse eines alten Kuͤhkothes mit, worin er vier Mal weniger Bubulin fand,
als in gewoͤhnlichem Kuͤhkoth; ferner die Analyse des Kothes einer
Kuh, die mit frischem Grase gefuͤttert worden war, worin er im Gegentheil
mehr Bubulin und besonders mehr Eiweiß als gewoͤhnlich fand.Die Methode, wodurch Hr. Morin sein sogenanntes
Bubulin erhaͤlt, muß jedenfalls auf irrige Resultate leiten, da nach
Raspail das Eiweiß in einer Form vorkommen
kann, wo es in Alkohol und siedendem Wasser aufloͤslich ist; dieses
ist naͤmlich der Fall, wenn es mit sauren oder alkalischen Substanzen
verbunden ist, welche fuͤr sich allein schon seine Aufloͤsung
bewirken wuͤrden. A. d. O. Er zog hieraus die wichtige Folgerung: daß Kuͤhkoth von frischem Grase wegen seines
groͤßeren Gehaltes von Bubulin sich besser zum Aussieden der gebeizten Zeuge
eignet (32).
8. Aus den Analysen der HH. Penot und Morin geht also hervor, daß der Kuͤhkoth mehrere
aufloͤsliche Bestandtheile enthaͤlt, welche die Eigenschaft besizen,
die Metallaufloͤsungen niederzuschlagen. Hr. Morin
hatte sie speciell auf das BubulinBerzelius bemerkt uͤber die gelbbraune
Substanz von suͤßlich bitterem Geschmak, welche durch Saͤuren
und Metallsalze, so wie auch durch Gallaͤpfelinfusion faͤllbar
ist und die Morin fuͤr Gallenzuker haͤlt, daß sie Gallenstoff (d.h. die Verbindung von Gallenharz
und Gallenzuker) war, wie dieß ihre Faͤllbarkeit durch Saͤuren
zeige. Die braune extractfoͤrmige Substanz, welche sich bei
Behandlung des in Alkohol unaufloͤslichen Ruͤkstandes mit
Wasser aufloͤst, und von Morin Bubulin
genannt wurde, scheint in ihren Eigenschaften mit der entsprechenden Materie
aus dem Menschenkoth uͤbereinzustimmen. „Es mag dieses nun
diese Substanz, oder die in den Excrementen enthaltene, noch
groͤßere Menge von loͤslicher
Galle seyn, sagt Berzelius, welche
die von den Faͤrbern gesuchten Wirkungen hervorbringt, so ist es
doch auf keinen Fall richtig, jener Substanz einen Namen zu geben, der
ausschließlich nur auf die Rindvieh-Excremente deutet, da sie ein
Bestandtheil der Excremente vieler Thierarten zu seyn scheint.
(Jahresbericht uͤber die Fortschritte der physischen Wissenschaften
von J. Berzelius. XI. Jahrgang.) A. d. R. beschraͤnkt. Hr. Penot hat endlich
gezeigt, daß auch die unaufloͤslichen Bestandtheile des Kuͤhkothes
durch ihre Verwandtschaft zu den Metallsalzen eine große Menge von diesen lezteren
an sich ziehen koͤnnen.
9. Dieser Chemiker stellte naͤmlich eine Reihe interessanter Versuche an, um
die Theorie der Erscheinungen beim Kuͤhkothen auszumitteln; in dieser Absicht
untersuchte er das Verhalten sowohl der aufloͤslichen als der
unaufloͤslichen Bestandtheile des Kuͤhkothes zu essigsaurem Eisen und
essigsaurer Alaunerde. Er fand hiebei, daß die aufloͤslichen Theile diese
essigsauren Salze schon in der Kaͤlte und noch reichlicher in der
Waͤrme niederschlagen. Alsdann wiederholte er dieselben Versuche mit dem
unaufloͤslichen Theile des Kuͤhkothes, wobei sich ergab, daß er
ebenfalls eine sehr große Verwandtschaft zu den Beizmitteln hat, und zwar eine
groͤßere zu essigsaurer Alaunerde als zu essigsaurem Eisen, indem die
Schwefelsaͤure seine Verbindung mit dem Eisen zu zersezen vermochte,
waͤhrend man den Alaunerdeniederschlag einaͤschern mußte, um die
Gegenwart der Alaunerde darin nachzuweisen.
10. Aus diesen Thatsachen folgert Hr. Penot: daß die
Beizmittel, welche beim Kuͤhkothen von den Zeugen abgezogen werden, nach und
nach von den aufloͤslichen und unaufloͤslichen Bestandtheilen des
Kuͤhkothes angezogen werden und mit ihnen unaufloͤsliche
Niederschlaͤge bilden, so daß sie niemals wieder auf die unbedrukten Stellen
der Zeuge zuruͤkwirken koͤnnen, so lange der Kuͤhkoth noch
nicht ausgenuͤzt ist, und daß man daher einzig und allein in dem Niederschlage die Stoffe,
welche der Kuͤhkoth dem Gewebe entzogen hat, wieder finden wird.
11. Um diese Theorie des Kuͤhkothens ohne alle Beschraͤnkung annehmen
zu koͤnnen, mußten wir uns uͤberzeugen, daß man in der Praxis wirklich
Resultate erhaͤlt, welche von so ziemlich gleichen Reactionen
herruͤhren. Diese Aufgabe laͤßt sich aber nur dann genuͤgend
loͤsen, wenn man sowohl die aufloͤslichen als die
unaufloͤslichen Bestandtheile eines zum Aussieden benuzten
Kuͤhkothbades kennt; wir nahmen daher diese Untersuchung folgender Maßen
vor:
Durch ein Kuͤhkothbad, welches auf die in unserer Fabrik (Gebruͤder Koͤchlin) gewoͤhnlich gebraͤuchliche
Weise angesezt worden war, naͤmlich mit ungefaͤhr 160 Pfd.
Kuͤhkoth auf eine Quantitaͤt Wasser die 2000 bis 2250 Maaß (Liter)
betrug und nur auf 70° C. (56° R.) erwaͤrmt worden war, wurden
40 Stuͤk (eine Anzahl, die bei weitem nicht hinreichend ist, den
Kuͤhkoth auszunuͤzen, man sehe die Anmerkung S. 394) passirt, die mit
den Beizen fuͤr aͤcht SchwarzHolzsaurem Eisen von 6° Baumé, mit Mehl verdikt., DunkelrothEssigsaurer Alaunerde von 7° Baumé, mit 1/3 Wasser
verduͤnnt und mit Staͤrkmehl verdikt., drittem RothEssigsaurer Alaunerde von 7° Baumé, mit 5 bis 8 Theilen Wasser
verduͤnnt. und ViolettHolzsaurem Eisenoxydul von 9° Baumé, mit 10 Theilen Wasser
verduͤnnt und mit gebrannter Staͤrke verdikt. in sehr leichten Mustern bedrukt waren.
12. Nachdem das Kuͤhkothen beendigt und das Bad ganz erkaltet war,
fuͤllte man damit einen Kuͤbel von 25 Maaß (Liter), welchen man bis
zum anderen Tage stehen ließ. Die Fluͤssigkeit blieb truͤbe, und sie
klaͤrt sich auch nie, man mag sie noch so lange stehen lassen (35), sie
muͤßte denn einen ungeheuren Ueberschuß von Mordant enthalten, welcher darin
einen sehr reichlichen olivengruͤnen Niederschlag hervorbringt.
Man goß nun die Fluͤssigkeit von der Pflanzenfaser ab und filtrirte sie, wo
sodann auf dem Filter die in ihr suspendirt gewesene Substanz zuruͤkblieb,
welche sie undurchsichtig gemacht hatte; dieselbe wog, bei 100° C.
(80° R.) getroknet, 9,50 Gramm. Diese Substanz ist gruͤnlichschwarz,
riecht schwach aromatisch, eher nach Heu als nach Kuͤhkoth, hat aber wegen
ihrer Unaufloͤslichkeit gar keinen Geschmak.
13. Die filtrirte Fluͤssigkeit war klar, braͤunlichgelb
gefaͤrbt, schmekte zusammenziehend und roͤthete das Lakmuspapier. Nach
der Art wie sie das Jod blaͤute, schien sie den groͤßeren Theil der
Verdikungsmittel aufgeloͤst zu enthalten. Eisencyanuͤrkalium machte
sie nach einiger Zeit
milchig, ohne jedoch einen Niederschlag darin hervorzubringen; Eisencyanidkalium
verhielt sich eben so; durch Schwefelcyankalium wurde sie aber nicht getruͤbt
(46).
Beim Abdampfen dieser Fluͤssigkeit erhielt man 22,80 Gr. eines braunen
Ruͤkstandes, welcher sich nicht wie der vorhergehende zwischen den Fingern
zerreiben ließ, sondern im Gegentheil harzig und schmierig war, nach Kuͤhkoth
roch und wie Suͤßholz schmekte.
14. Die Pflanzenfaser, welche sich auf dem Boden des Kuͤbels abgesezt hatte,
wurde mit destillirtem Wasser ausgesuͤßt und wie die beiden vorhergehenden
Substanzen getroknet, worauf sie 28 Gramm wog; dieß wuͤrde nach den Analysen
(5) so ziemlich 100 Gramm Kuͤhkoth entsprechen.
15. Um die Quantitaͤt der Beizmittel zu bestimmen, welche diese Producte in
sich aufgenommen hatten, wurden sie eingeaͤschert, und dasselbe geschah mit
den 22,8 Gr. aufloͤslichen Extractes, obgleich ich in dessen
Aufloͤsung weder Alaunerde noch Eisen entdeken konnte; bekanntlich fand
naͤmlich Heinrich Rose, daß viele nicht
fluͤchtige organische Substanzen, besonders aus der Classe der
Nahrungsmittel, mit Metalloxyden Verbindungen bilden koͤnnen, worin man
leztere selbst durch die empfindlichsten Reagentien nicht nachweisen kann.
16. Nachdem die drei Producte eingeaͤschert waren, behandelte man ihren
Ruͤkstand mit Salpetersaͤure, dampfte zur Trokniß ab, loͤste
wieder in kochender Salzsaͤure auf, verduͤnnte mit Wasser, filtrirte
und faͤllte die Aufloͤsung durch Ammoniak. Die Niederschlaͤge
wurden abfiltrirt, ausgesuͤßt und dann mit kochender Kaliaufloͤsung
behandelt, welche die Alaunerde aufloͤste und das Eisenoxyd
unaufgeloͤst ließ. Die Alaunerde erhielt man aus ihrer alkalischen
Aufloͤsung auf gewoͤhnliche Art durch Neutralisation mit
Salzsaͤure und Faͤllung mit Ammoniak.
17. Hr. Heinrich Schlumberger, Mitglied des Ausschusses
fuͤr Chemie, fand nach dem angegebenen Verfahren in den 28 Gr. Pflanzenfaser
0,186 Gr. Alaunerde und 0,21 Gr. Eisenoxyd; und in den 9,5 Gr. der suspendirt
gebliebenen Substanz, welche auf dem Filter gesammelt worden war, 0,665 Gramm
Alaunerde und 0,456 Gr. Eisenoxyd; waͤhrend er aus den 22,8 Gr.
aufloͤslichen Extracts nur 0,66 Gr. Alaunerde und keine Spur Eisen erhielt;
hienach waͤre die relative Capacitaͤt eines jeden dieser Producte:
Pflanzenfaser: 0,70 Gr. Alaunerde und 0,75 Gr. Eisenoxyd.
Suspendirte Substanz: 7,0 Gramm Alaunerde und 4,8 Gr. Eisenoxyd.
Aufgeloͤste Substanz: 2,9 Gr. Alaunerde.
18. Da diese qualitative und quantitative Bestimmung der Oxyde, welche der
Kuͤhkoth mit groͤßerer Verwandtschaft zuruͤkhaͤlt, als
sie zu den Geweben haben, die man darin reinigt, uns mit obigen Analysen
hinreichende Daten liefert, um die wirksamen Substanzen zu erkennen, so haben wir es
unterlassen die organischen Substanzen in den drei untersuchten Verbindungen
quantitativ zu bestimmen und sie bloß durch einige Aufloͤsungsmittel ganz
oder theilweise von einander abgeschieden.
19. So fanden wir, daß Alkohol von dem aufloͤslichen Extracte die
Haͤlfte aufloͤst, indem er eine Substanz auszieht, die ihn gelb
faͤrbt und hauptsaͤchlich aus Penot's
suͤßer Substanz zu bestehen scheint. Obgleich naͤmlich der
suͤßliche Geschmak des Extracts, welches man durch Abdampfen der geistigen
Aufloͤsung erhielt, durch das Chlorkalium und Chlornatrium, die sich
ebenfalls im Alkohol aufgeloͤst hatten, maskirt war, so konnten wir doch
durch die von dem beruͤhmten Raspail angegebene
Reaction darin den Zuker nachweisen, indem wir naͤmlich das Extract in
concentrirter Schwefelsaͤure aufloͤsten und einige Tropfen Oehl
zusezten. Das Gemisch faͤrbte sich dann bald purpurroth, was auf einen Gehalt
von Zuker oder Eiweiß hindeutet, hier aber nur dem Zuker gelten kann, weil die
Substanz in Alkohol aufgeloͤst war.
Der Theil des aufloͤslichen Extracts, welcher sich nicht in Alkohol
aufloͤste, gibt an Aether nichts mehr ab. Er roch und schmekte nicht mehr,
wurde aber viel dunkler, fast schwarz, und fuͤhlte sich glatt an, woraus ich
schließe, daß er nur noch die Substanzen enthielt, welche als Verdikungsmittel
gedient hatten, so wie die Alaunerde und ein wenig Eiweiß. Lezteres ist darin
offenbar enthalten, denn wenn man diesen Ruͤkstand in Ammoniak
aufloͤst und dieses dann mit Schwefelsaͤure in Ueberschuß versezt, so
bleibt die Fluͤssigkeit truͤbe. Auch laͤßt sich das Eiweiß
dadurch nachweisen, daß man die schwefelsaure Aufloͤsung mit ein wenig Zuker
versezt.Man vergleiche Annales des sciences
d'observation, Bd. I. S. 72, oder Raspail's neues
System der organischen Chemie; aus dem Franzoͤsischen
uͤbersezt von Dr. F. Wolff. Stuttgart 1834. A. d. R.
Das Extract ist auch in concentrirter Salzsaͤure aufloͤslich, scheint
sich aber in Essigsaͤure nicht vollstaͤndig aufzuloͤsen.
Kohlensaures Kali bringt in diesen sauren Aufloͤsungen keinen Niederschlag
hervor.
Hienach muß, was zu den 66 Centigramm Alaunerde fehlt, um die 22,8 Gr.
aufloͤslichen Extracts, woraus sie erhalten wurden, zu ergaͤnzen, aus
den Salzen bestehen, welche der Kuͤhkoth urspruͤnglich enthaͤlt
und denen, die durch Verdampfung des zum Bade angewandten Wassers hineinkamen; ferner aus
einem Gemenge von Eiweiß, mit saͤmmtlicher suͤßer Substanz. Der
suͤßen Substanz verdankt das aufloͤsliche Extract den Geruch, die
Farbe und den Geschmak, denn wenn sie durch Alkohol ausgezogen wird, verliert es
auch alle diese physischen Eigenschaften. Seine Farbe wird durch Eisensalze nicht
veraͤndert und scheint eher dem Bitter anzugehoͤren, welches mit dem
zukerigen Theile den Gallenstoff des Kuͤhkothes ausmacht.
20. Behandelt man die 9,5 Gr. unaufloͤslichen Extracts mit denselben
Aufloͤsungsmitteln, so faͤrbt sich kochender Alkohol dadurch
schoͤn gruͤn und entzieht ihm 2,66 Gr.; kocht man es hierauf mit
Aether, so faͤrbt sich derselbe ebenfalls gruͤn und nimmt 0,19 Gr.
einer Substanz auf, welche von der in Alkohol aufgeloͤsten nicht wesentlich
verschieden zu seyn scheint. Der Ruͤkstand ist nun viel heller und graulich,
und wenn man ihn mit Essigsaͤure kocht, entzieht ihm dieselbe beinahe 2
Decigramm einer hauptsaͤchlich aus Alaunerde bestehenden Substanz (30).
Auch ohne vorlaͤufige Behandlung mit Aether und Alkohol loͤst sich
dieses Extract vollstaͤndig in Schwefelsaͤure und Salzsaͤure
auf, und die verduͤnnte Aufloͤsung wird durch
Eisencyanuͤrkalium blau, waͤhrend die Reagentien auf Alaunerde ohne
Wirkung bleiben; dieß ließ sich auch nach dem, was Hr. Penot (9) von der verschiedenen Verwandtschaft des Eisens und der
Alaunerde zu den Bestandtheilen des Kuͤhkoths sagt, nicht anders erwarten.
Die concentrirte schwefelsaure Aufloͤsung faͤrbte sich durch einen
Zusaz von Zuker nicht stark genug, um mit Sicherheit schließen zu koͤnnen,
daß in dem gefaͤllten Oxyde auch Eiweiß vorkomme.
21. Als man die Pflanzenfaser so, wie die vorhergehenden Ruͤkstaͤnde,
mit Alkohol und Aether behandelte, verhielt sie sich zu denselben wie der
unaufloͤsliche Ruͤkstand; sie faͤrbte den Alkohol noch
staͤrker gruͤn, und als derselbe auf ihren Farbstoff nicht mehr
wirkte, faͤrbte sich Aether noch schoͤner gruͤn als das
geistige Decoct. Obgleich nach diesen Operationen die Pflanzenfaser fast ganz
gebleicht zu seyn scheint, so enthaͤlt sie doch noch Farbstoff, der sich in
Aezkali aufloͤst und dasselbe stark gelb faͤrbt. Es waͤre
jedoch moͤglich, daß diese Faͤrbung von Eiweiß herruͤhrt,
welches die Pflanzenfasern zuruͤkhalten, und das durch eine Substanz der
Galle gefaͤrbt ist (44).
22. Die verschiedene Aufloͤsungskraft des Alkohols und Aethers in Bezug auf
die gruͤne Substanz zeigt sich auch noch, wenn man auf umgekehrte Weise
verfaͤhrt. Wenn naͤmlich ein Ueberschuß von kochendem Aether nichts
mehr auszieht, gibt der Ruͤkstand an Alkohol noch eine gruͤne Substanz
ab. Der Alkohol loͤst jedoch von dem Ruͤkstande, welchen man bei
Verdampfung der aͤtherischen Aufloͤsung erhaͤlt, einen großen
Theil wieder auf. Dieses Verhalten jener beiden Aufloͤsungsmittel macht es
wahrscheinlicher, daß der Kuͤhkoth zwei gruͤne Substanzen
enthaͤlt, als daß nur eine gruͤne Substanz zum Theil mit einer Materie
verbunden ist, welche sie in ihre Verbindungen mitreißt und deren Verwandtschaft der
Aether aufhebt; der leztere Fall laͤßt sich nur in der Voraussezung annehmen,
daß der Aether, wenn man ihn zuerst anwendet, die Aufloͤsung
saͤmmtlicher gruͤnen Substanzen zu verhindern im Stande ist. Aus den
wenigen Versuchen, die wir uͤber diesen Gegenstand anstellten, geht aber doch
so viel hervor, daß die gruͤne Substanz, welche zum Reinigen von Zeugen
benuzter Kuͤhkoth enthaͤlt, eine Modification des Blattgruͤns
ist. Vielleicht ist dasselbe nur mit den Basen der Beizmittel verseift (40), oder
staͤrker mit thierischen Substanzen verbunden (44), wie man dieses nach der
Natur der geistigen Extracte, welche die HH. Penot und
Morin im Verlauf ihrer Analysen erhielten, vermuthen
sollte. Jedenfalls sind seine Eigenschaften etwas veraͤndert, denn ich konnte
es nie, selbst nicht in der Waͤrme in Kali oder Ammoniak aufloͤsen.
Man begreift daher auch, daß man die Pflanzenfaser mit einem dieser Alkalien
behandeln kann, ohne daß vorher Alkohol und Aether angewandt wurden, und daß dessen
ungeachtet die Intensitaͤt des Farbstoffs, dessen sich diese
Fluͤssigkeiten bemaͤchtigen, nicht geschwaͤcht wird.
Verduͤnnt man die geistige Aufloͤsung mit Wasser, so truͤbt sie
sich und sezt spaͤter die gruͤne Substanz in Floken ab; die
aͤtherische Aufloͤsung aber, welche nicht mit Wasser mischbar ist,
uͤberzieht sich beim Verdampfen des Aethers mit gruͤnen
Haͤutchen. Vermischt man diese Aufloͤsungen mit Aezkali, so sezen sich
nach einiger Zeit ebenfalls gruͤne Floken ab.
Der Unterschied, welcher zwischen dieser wachsartigen Substanz und derjenigen, die
das Wasser gelb macht, Statt findet, haͤngt keineswegs von einem besonderen
Oxydationszustande ab, wovon wir uns durch Behandlung dieser Farbstoffe mit
oxydirenden und desoxydirenden Substanzen uͤberzeugten. Ihr Ursprung ließ
uͤbrigens diese Resultate leicht voraussehen.
23. Nachdem wir nun die Bestandtheile eines zum Passiren benuzten
Kuͤhkothbades kennen, wollen wir wieder auf den Zwek, den wir uns bei unseren
Versuchen vorsezten, zuruͤkkehren, und dazu ist es noͤthig, die
wichtigen Resultate ins Auge zu fassen, welche wir bei der Einaͤscherung
dieser Bestandtheile (17) erhielten. Wir bemerken alsdann: daß von den drei Educten,
die wir besaßen, das durch Abdampfen des aufloͤslichen Theiles des Bades
erhaltene, bei der
Einaͤscherung ein Product lieferte, dessen Zusammensezung zu sehr von dem
Resultate abweicht, welches man nach der Theorie Penot's
haͤtte erwarten sollen, als daß wir die Folgerungen, welche sich in Bezug auf
die Wirkung des Kuͤhkothes aus dieser Abschweifung ableiten lassen, fahren
lassen sollten.
Die Analyse ergab naͤmlich, daß in diesen 22,8 Gr. aufloͤslichen
Extracts (13) beinahe eben so viel Alaunerde enthalten war, als in dem
unaufloͤslichen Theile des Kuͤhkothes, worin doch allein nach Penot's Theorie die uͤberschuͤssigen
Beizmittel haͤtten vorkommen sollen (10). Andererseits gab sie das nicht
weniger interessante Resultat, daß keine Spur Eisen in der Aufloͤsung
enthalten ist, waͤhrend wir dieses Metall doch schon in dem filtrirten Theile
von Baͤdern entdekten, die bloß zum Aussieden von Eisenbeizen gedient hatten.
Da dieser Widerspruch Ausnahmen bei unserer Theorie zu bedingen schien, indem er in
Bezug auf die Eisenbeizen die Behauptung Penot's
rechtfertigen wuͤrde, so veranlaßte uns dieß einige Versuche (32)
anzustellen, welche ergaben, daß die Abwesenheit des Eisens im aufloͤslichen
Theile ihren Grund in der bereits vorhandenen Quantitaͤt von Alaunerde hat
und nicht in der Unaufloͤslichkeit der Verbindungen dieses Oxyds mit dem
Kuͤhkothe.
24. Daß Alaunerde in einem Bade, worin sich die Zeuge nicht mehr mit dieser Basis
beizen, aufgeloͤst seyn kann, laͤßt sich also nur durch die Annahme
erklaͤren, daß dieselbe von einer Substanz mit einer Verwandtschaft
zuruͤkgehalten wird, welche die Absorptionskraft des Baumwollenzeuges
uͤberwiegt. Dafuͤr spricht auch folgender Versuch: wir
traͤnkten die Haͤlfte eines weißen Baumwollenflekes mit einer
concentrirten Aufloͤsung des loͤslichen Extracts, trokneten sie dann
und krappten sie einige Tage spaͤter mit der anderen Haͤlfte. Obgleich
diese Operationen nur auf die in den Faͤrbereien uͤbliche Weise
vorgenommen wurden, so konnte man doch zwischen der Weiße der beiden Muster keinen
merklichen Unterschied gewahr werden. Ein so auffallender Beweis ließ nichts mehr zu
wuͤnschen uͤbrig, als seine wahre Theorie. Wenn man nun Rose's interessante Versuche auf Penot's Analyse anwendet, so errathet man bald, welche Substanzen im
Stande sind, die chemischen Eigenschaften der Alaunerde und des Eisenoxydes so
kraͤftig zu paralysiren, und man begreift dann, daß die Wirkung des
Kuͤhkothes einzig und allein auf der verschiedenen Verwandtschaft des Zukers,
Eiweißes und der Baumwolle zu diesen Oxyden beruht. Abgesehen von jener
merkwuͤrdigen Thatsache, sprechen auch neuere und genauere Versuche
hiefuͤr.
25. Ich will darunter zuerst diejenigen Raßpail's
anfuͤhren, welcher schon vor laͤngerer Zeit fandMémoire de la Société d'hist.
nat. de Paris: T. III. §. 99. 1827., daß die gerinnbaren organisirenden Substanzen eine metallische Substanz
nicht nur ihren Reagentien entziehen, sondern auch zersezen koͤnnen, indem
sie in ihr Gewebe das Oxyd und eine gewisse Menge Salz einhuͤllen. Diesem
genialen, wegen seiner wissenschaftlichen und politischen Ueberzeugung leider so
sehr verfolgten Chemiker, verdanken wir auch die Kenntniß des dem Eiweiß eigenen
Organismus; denn vor ihm wußte man nicht, daß diese Substanz aus einem Gewebe
besteht, dessen regelmaͤßige Zellen eine aufloͤsliche Substanz
enthalten, die sich leichter veraͤndert und durch Gerinnen
unaufloͤsliches Gewebe werden kann. Er zeigte auch, daß das Eiweiß des Eies
mit dem der anderen eiweißartigen Substanzen identisch, und daß der Stikstoff,
welchen die Analyse darin nachweist, anderen Ursprungs ist.
26. Neuere Versuche von F. Rose werfen ein noch
groͤßeres Licht auf die Verbindungen der Metalloxyde mit dem Eiweiß, und sind
noch geeigneter die Erscheinung beim Kuͤhkothen aufzuklaͤren, weil das
Eiweiß in seiner Zusammensezung der Substanz, wovon wir handeln, sehr nahe
kommt.
Rose stellte Versuche uͤber das Eiweiß des Eies,
so wie uͤber das Serum und den Farbstoff des Blutes an, und fand dabei, daß
wenn man tropfenweise eine filtrirte Eiweißaufloͤsung in
Metallaufloͤsungen fallen laͤßt, in vielen derselben
Niederschlaͤge entstehen, welche in einem Ueberschuß von Eiweiß und auch
großen Theils in einem Ueberschuß des Metallsalzes aufloͤslich sindSchuͤbler hatte schon gefunden, daß die
Niederschlaͤge, welche durch schwefelsaures Eisenoxydul und
Kupferoxyd in einer sehr verduͤnnten Eiweißaufloͤsung
hervorgebracht werden, sich in einer groͤßeren Menge des Metallsalzes
wieder aufloͤsen. A. d. O.; ferner, daß es zwischen diesen beiden Graͤnzen Verbindungen gibt,
die in Wasser vollkommen unaufloͤslich sind, sich aber in hydratischem
Zustande in Essigsaͤure, Ammoniak, Kali, kohlensaurem Natron etc. leicht
aufloͤsen. Die Saͤure des Salzes wurde in diesen Aufloͤsungen
selbst durch die empfindlichsten Reagentien nicht mehr angezeigt, sondern war ganz
in die klare Fluͤssigkeit, woraus sich der Niederschlag abgesezt hatte,
uͤbergegangen; der Niederschlag hingegen lieferte beim Einaͤschern
alles Metalloxyd, welches mit dem Eiweiß verbunden war. Hieraus schloß Rose: daß das Eiweiß in diesen Niederschlaͤgen,
nicht wie man bisher glaubte, mit basischen Salzen, sondern mit den reinen
Metalloxyden verbunden ist.Die Verbindungen mit Eisen, Alaunerde und Zink sind in einem Ueberschusse des
Metallsalzes aufloͤslich, waͤhrend die Verbindungen mit
Queksilber und Kupfer sich nur in einem Ueberschuß von
Eiweißaufloͤsung aufloͤsen. Nose
hat auch die Sattigungscapacitaͤt des Eiweißes fuͤr einige
Oxyde ausgemittelt und gefunden, daß es etwas uͤber ein
halbes Procent Kupferoxyd und ungefaͤhr 3 Proc. Eisenoxydul oder
Zinkoxyd zuruͤkhalten kann.Das Eiweiß geht noch mit vielen salzfaͤhigen Basen Verbindungen ein,
sie sind aber meistens in dem einen oder anderen der Fallungsmittel so
aufloͤslich, daß man den Punkt der Unaufloͤslichkeit nicht
leicht genau treffen kann. Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie. Bd.
XXVIII. S. 132. A. d. O.
27. Um die Theorie, welche Rose's Versuche uͤber
das Eiweiß liefern, mit Sicherheit auf diejenige des Kuͤhkothes anwenden zu
koͤnnen, mußten wir uns uͤberzeugen, ob sich Aufloͤsungen von
dieser Substanz auf analoge Art verhalten wie die von Eiweiß.
28. Als wir in dieser Hinsicht Versuche anstellten, fanden wir, daß der
Kuͤhkoth wirklich mit den Metallaufloͤsungen Niederschlaͤge
bildet, die sich bisweilen in einem Ueberschusse des einen oder anderen der
Faͤllungsmittel wieder aufloͤsenDadurch erklaͤrt es sich, warum Hr. Penot,
als er Morin's Versuche wiederholte, nicht
dieselben Niederschlaͤge, wie dieser, erhielt. Polyt. Journal Bd.
XXXIX. S. 401.; unter diejenigen Niederschlaͤge, welche sich in
Kuͤhkothextract wieder aufloͤsen, in einem Ueberschusse des
Metallsalzes aber unaufloͤslich sind, gehoͤren die von Eisen-
und Zinkoxyd.
Der Niederschlag von Bleioxyd ist einem noch so großen Ueberschusse der
Fallungsmittel unaufloͤslich. Eben dieses ist mit dem reichlichen Coagulum
der Fall, welches durch Bleioxyd-Kalk hervorgebracht wird. Es loͤst
sich in den Alkalien nicht auf, wenigstens wenn man diese nicht zum Theil in
weinsteinsaure Salze verwandelt hat.
Unter den Aufloͤsungen, deren Niederschlaͤge in beiden
Faͤllungsmitteln aufloͤslich sind, nehmen die Alaunerdesalze die erste
Stelle ein.
Die Niederschlage, welche durch Aufloͤsungen von Kupfer, Wismuth, Mangan,
Silber, Zinn und Queksilber entstehen, verhalten sich wie die von Eisen und Zink.
Versezt man eine geringe Menge dieser Salze mit einer Aufloͤsung von
Kuͤhkoth und vermischt sie dann mit etwas mehr Alkali, als zu ihrer Zersezung
noͤthig ist, so bleibt das Oxyd dessen ungeachtet in Verbindung mit dem
Eiweiß des Kuͤhkothes aufgeloͤst, das sich seiner Faͤllung
widersezt.
Die alkalischen Aufloͤsungen der Metalloxyde veraͤndern die
Kuͤhkothaufloͤsung gar nicht; so bringen Alaunerde-Kali,
weinsteinsaures Eisenoxydul-Kali, Kupferoxyd- oder
Zinkoxyd-Ammoniak, selbst bei einem schwachen Ueberschusse von Alkali, darin
gar keinen Niederschlag hervor.
29. Da unter diesen eiweißartigen Verbindungen bloß die von Eisen und Alaunerde in
der Praxis vorkommen koͤnnen, so haben wir auch nur uͤber die
Entstehung dieser beiden Versuche angestellt. Wir nahmen hiezu die filtrirte
Aufloͤsung eines frischen und neutralen Kuͤhkothes, der in seinem
zehnfachen Gewichte destillirten Wassers aufgeweicht worden war und versezten sie
nach und nach mit immer groͤßeren Quantitaͤten von essigsaurer
Alaunerde und essigsaurem Eisenoxydul, bis sich Niederschlage bildeten und dann, bis
diese wieder aufgeloͤst waren.
30. Wir begannen diese Versuche mit essigsaurer Alaunerde, die wir durch Zersezung
von 250 Gramm Alaun und eben so viel Bleizuker per Liter
Wasser bereitet hatten und mit einer Kuͤhkothaufloͤsung, wovon der
Liter 100 Gramm Kuͤhkoth entsprach. Es ergab sich dabei, daß man einem Liter
Kuͤhkothaufloͤsung in der Kaͤlte bis 0,002 Liter essigsaurer
Alaunerde zusezen kann, ehe darin ein Niederschlag entsteht; daß auf den Zusaz einer
groͤßeren Menge die Fluͤssigkeit undurchsichtig zu werden und Floken
abzusezen anfaͤngt, und daß man endlich einen schwachen Niederschlag
erhaͤlt, wenn man bis auf 0,004 Liter Alaunerdeaufloͤsung steigt. Der
Niederschlag vermehrte sich dann bis zu einem Zusaze von 0,01 Liter, worauf er
neuerdings unmerklich abnahm, in dem Maße, als man mehr Alaunerdeaufloͤsung
zusezte, und er verschwand endlich ganz, als diese 0,1 Liter betrug. Hieraus ersieht
man schon, daß der aufloͤsliche Theil von 100 Gr. Kuͤhkoth zwei
aufloͤsliche Verbindungen mit der essigsauren Alaunerde bilden kann; eine mit
0,002 Liter, was einem halben Gramm Alaun entspricht; und eine mit fuͤnfzig
Mal mehr Alaunerdeaufloͤsung, oder dem Aequivalent von 25 Gramm Alaun.
Die Gemische zwischen diesen beiden aufloͤslichen Verbindungen enthalten
folglich Niederschlaͤge, die einerseits im Ueberschusse der
Alaunerdeaufloͤsung und andererseits im Ueberschusse der
Kuͤhkothaufloͤsung abnehmen und die sich wahrscheinlich bei einem
Gehalte von 0,01 Liter essigsaurer Alaunerde auf dem Uebergangspunkte befinden.
Hienach waͤre die Verbindung, deren Aequivalent an Alaun sich zu dem des
Kuͤhkothes = 1 : 40 verhaͤlt, die neutralste und
unaufloͤslichste.
Diese Verbindung ist es auch, wobei die Fluͤssigkeit, woraus sie sich
niederschlug (obgleich diese noch immer die aufloͤsliche Verbindung
zuruͤkhaͤlt, worin die Alaunerde durch Reagentien nicht entdekt werden
kann), am meisten weiß und klar bleibt; in dem Maße, als man sich den
aufloͤslichen Extremen naͤhert, faͤrbt sie sich aber immer
gelblicher und sie verliert sogar an Durchsichtigkeit, wenn die Mischung der
Verbindung, die durch Kuͤhkothuͤberschuß aufloͤslich ist, nahe
kommt. Diese uͤber den Niederschlaͤgen stehenden Fluͤssigkeiten
enthalten, indem sie sich von dem Culminationspunkte entfernen, Verbindungen, welche
in einem immer groͤßeren Ueberschusse der Aufloͤsung, gegen welche sie sich neigen,
aufloͤslich sind, und muͤssen also nach Art der Zersezung der Salze
durch doppelte Wahlverwandtschaft, durch die Aufloͤsung, welche ihnen
entgegengesezt ist, gefaͤllt werden. Dieß zeigt auch der Versuch, obgleich
die Thatsache erst bei einer gewissen Entfernung von diesem Punkte wechselseitiger
Neutralitaͤt merklich wird. Die Fluͤssigkeit z.B., welche uͤber
den Niederschlaͤgen steht, die Kuͤhkoth in Ueberschuß enthalten, wird
durch essigsaure Alaunerde gefaͤllt, so lange ihr Niederschlag nicht durch
Zersezung von mehr als 1/150 Liter essigsaurer Alaunerde entstand; uͤber
dieser Graͤnze wird sie weder durch Kuͤhkoth noch durch Alaunerdesalz
gefaͤllt, bis man endlich auf die klare Fluͤssigkeit kommt, welche bei
Zersezung von 1 Liter Kuͤhkothaufloͤsung durch 0,02 Liter essigsaurer
Alaunerde entsteht, und die neuerdings auf einen Zusaz von Kuͤhkoth zu wirken
anfaͤngt.
Nachdem wir nun die Wechselwirkung dieser Aufloͤsungen kannten, war es
interessant die Verbindung auszumitteln, worin die essigsaure Alaunerde
anfaͤngt die Verwandtschaft zum Kuͤhkoth zu uͤberwiegen und
sich mit dem Baumwollgewebe zu vereinigen. In dieser Absicht dampfte ich die
Aufloͤsungen auf den zwanzigsten Theil ihres Volumens ab und beizte damit
Stuͤkchen weißen Zeuges, die sodann gefaͤrbt wurden. Keines der
Beizmittel, worin weniger als ein Centiliter essigsaure Alaunerde auf einen Liter
Kuͤhkothaufloͤsung enthalten war, zog im Geringsten Farbstoff an,
waͤhrend diejenigen, welche daruͤber enthielten, sich stufenweise
dunkler faͤrbten. Dieses merkwuͤrdige Resultat, welches genau den
Verhaͤltnissen entspricht, die wir zur vollkommenen Neutralisation der beiden
Aufloͤsungen erforderlich fanden, liefert einen neuen Beweis fuͤr die
uͤberwiegende Verwandtschaft des Kuͤhkothes zum Gewebe.
Die Niederschlaͤge von Eiweißstoff-Alaunerde, welche die
Kuͤhkothaufloͤsung liefert, loͤsen sich viel leichter in
Ammoniak als in kohlensaurem Kali auf. Das Ammoniak loͤst sie immer wieder
auf, wenigstens wenn sie keine zu große Menge essigsaurer Alaunerde im
Verhaͤltnis zum Kuͤhkoth enthalten. Ein Liter
Kuͤhkothaufloͤsung enthaͤlt genug von eiweißstoffartigen
Substanzen, um den Niederschlag, welcher durch Zusaz von 0,02 Liter essigsaurer
Alaunerde entsteht, in diesem Alkali noch aufloͤslich zu machen. Die klare
abgegossene Fluͤssigkeit gibt hingegen mit Ammoniak, selbst wenn dieses in
Ueberschuß zugesezt wird, einen Niederschlag, sobald mehr als 0,004 Liter
essigsaurer Alaunerde mit einem Liter Kuͤhkothaufloͤsung vermischt
wurden.
Was wir uͤber die Wirkung des Ammoniaks gesagt haben, laͤßt sich auch
auf die Theorie des Reinigens von Stuͤken, die mit Alaunerde-Kali oder
Alaunerde-Natron gebeizt wurden, anwenden, und die man durch eine
Aufloͤsung von Salmiak und noch haͤufiger durch ein mit Salmiak
verseztes Kuͤhkothbad zu nehmen pflegt, damit das Alkali, welches sich noch
nicht mit Kohlensaͤure an der Luft verbunden hat, neutralisirt und die
Alaunerde dadurch vollstaͤndiger auf dem Zeuge befestigt wird. Ein Bad,
welches zum Passiren solcher Stuͤke diente, enthaͤlt oft so viel
Ammoniak, daß man genoͤthigt ist, es mit Saͤure zu speisen; dessen
ungeachtet lieferte uns ein derartiges Bad beim Filtriren eine Aufloͤsung,
die nach einigen Tagen an Klarheit verlor; durch Fernambukabsud geroͤthet
wurde, ohne daß ein Niederschlag entstand; durch kohlensaures Kali und
Blutlaugensalz schwach getruͤbt wurde; mit saurem schwefelsaurem Kali keine
Alaunkrystalle gab; aber, zur Trokniß abgedampft, einen Ruͤkstand hinterließ,
welcher eingeaͤschert und mit Salzsaͤure behandelt, salzsaure
Alaunerde gab.
Die Essigsaͤure scheint auf die Niederschlaͤge, welche durch
Alaunerdesalz in der Kuͤhkothaufloͤsung hervorgebracht werden, gar
keine Wirkung zu haben, denn wir konnten keinen einzigen davon in dieser
Saͤure aufloͤsen, weder in der Kaͤlte, noch in der
Waͤrme, es mochte darin die Alaunerde oder der Kuͤhkoth in Ueberschuß
enthalten seyn. Die Substanzen des Kuͤhkothes weichen darin ganz von dem
Verhalten des Eiweißes ab, daß Essigsaͤure ihre Verbindungen mit Alaunerde
noch unaufloͤslicher macht, indem sie die Niederschlaͤge vermehrt oder
sogar solche in aufloͤslichen Gemischen hervorbringt. So gibt z.B. ein Liter
Kuͤhkothaufloͤsung beim Vermischen mit 0,0005 oder 0,001 Liter
essigsaurer Alaunerde durchaus keinen Niederschlag; auf Zusaz von Essigsaͤure
fallen aber einige Floken nieder.Da ich diesen Niederschlag nicht genau untersucht habe, so will ich ihn auch
nicht als entscheidend in Bezug auf das Verhalten der Essigsaͤure
betrachten; denn es waͤre moͤglich, daß er, wie auch,
diejenigen, welche diese Saͤure unaufgeloͤst laͤßt, aus
einer Verbindung der harzigen Substanzen des Kuͤhkothes
bestuͤnde (46). A. d. O.
In Weinsteinsaͤure und Schwefelsaͤure loͤsen sich die
Alaunerdeniederschlage ebenfalls nicht auf. Dadurch erklaͤrt es sich, warum
man Stuͤke, welche mit Aezpappe fuͤr Beizmittel bedrukt sind, in
Kuͤhkoth reinigen kann.
31. Wir haben diese Reihe von Versuchen auch mit dem holzsauren Eisenoxydul
wiederholt, wobei wir Resultate erhielten, welche in mehreren Punkten von denen
abwichen, die die essigsaure Alaunerde gab. So sind diese Niederschlaͤge im
Eisensalze unaufloͤslich und in der Kuͤhkothaufloͤsung in der
Kaͤlte aufloͤslicher als in der Waͤrme.
Wenn man mit aͤhnlichen Quantitaͤten wie vorher den Versuch beginnt und ein holzsaures
Eisenoxydul von 9° Baume anwendet, so bemerkt man noch keine
Veraͤnderung, nachdem man bereits an das Verhaͤltniß gekommen ist, das
dem ersten Niederschlage durch essigsaure Alaunerde entsprechen wuͤrde. Man
kann sogar die Eisenaufloͤsung verdoppeln, naͤmlich bis 0,004 Liter
davon einem Liter Kuͤhkothaufloͤsung zusezen; in dem Maße aber, als
man diese Graͤnze uͤberschreitet, werden die Niederschlaͤge
reichlicher. Jedenfalls muß man bis zum anderen Tage warten, um sie zu bemerken,
denn die Verbindung des Eisens wird so langsam unaufloͤslich, daß im
Augenblike der Vermischung selbst sehr große Portionen Eisenaufloͤsung nur
eine schwache Truͤbung darin hervorbringen.
Die Waͤrme beschleunigt diese Verbindungen, hat aber auch noch andere
Wirkungen: sie klaͤrt die Fluͤssigkeit, worin sich der Niederschlag
bildet, waͤhrend man dieselbe sonst nur durch Filtriren ganz klar erhalten
koͤnnte, und vermindert eben dadurch die Menge des in Aufloͤsung
erhaltenen Eisens. Sezt man z.B. einem Liter Kuͤhkothaufloͤsung 0,004
bis 0,002 Liter holzsauren Eisenoxyduls zu, so wird die Fluͤssigkeit nicht
viel undurchsichtiger als bei Anwendung von 0,001 Liter Eisensalzes, truͤbt
sich aber in der Waͤrme, waͤhrend sie in lezterem Falle klar bleibt:
hieraus muß man schließen, daß in der Waͤrme die Eisenverbindungen weniger
aufloͤslich sind, als die Alaunerdeverbindungen.
Diese Verbindungen von Eiweißstoff mit Eisenoxydul loͤsen sich auch in
Essigsaͤure nicht auf, wohl aber in Aezkali, kohlensaurem Kali und in
Ammoniak. Wenn sich dieselben in Ammoniak aufloͤsen sollen, muͤssen
sie aber mehr Kuͤhkoth enthalten, als die Alaunerdeverbindungen: sie werden
darin unaufloͤslich, sobald man uͤber 0,005 Liter holzsauren Salzes
zur Faͤllung angewandt hat.
Uebrigens wird das Eisenoxydul in den Fluͤssigkeiten, worin es in
eiweißstoffartigen Substanzen aufgeloͤst ist, nicht mit so starker
Verwandtschaft zuruͤkgehalten wie die Alaunerde, denn bei den
Alaunerdeverbindungen kann man, wie wir gesehen haben, ihre Basis durch Ammoniak
nicht mehr erkennen, waͤhrend sich das Eisenoxydul, in welchen
Verhaͤltnissen es auch mit denselben Substanzen verbunden seyn mag, auf Zusaz
von Blausaͤure immer dieses Reagens bemaͤchtigt.
Wenn man hinsichtlich der aufloͤslichen Verbindungen der
Kuͤhkothsubstanzen mit Eisenoxydul dieselben Versuche (S. 389) anstellt,
wodurch wir die Quantitaͤt Alaunerde bestimmten, die der Kuͤhkoth so
in Aufloͤsung zuruͤkzuhalten vermag, daß sie sich nicht mit dem Gewebe
verbinden kann; so findet man, daß ein Liter Kuͤhkothaufloͤsung nicht
uͤber 0,002 Liter holzsauren Eisenoxyduls zu saͤttigen vermag.
Die verschiedene Verwandtschaft des Eisens und der Alaunerde zu den
eiweißstoffartigen Substanzen des Kuͤhkothes, so wie der Umstand, daß die
Alaunerdeverbindungen in einem Ueberschusse von Alaunerdesalz, die Eisenverbindungen
hingegen in einem Ueberschusse von Kuͤhkothaufloͤsung leichter
aufloͤslich sind, geben uns schon hinreichende Daten, um die Resultate
vorauszusehen, welche man beim Vermischen einer Kuͤhkothaufloͤsung mit
beiden Beizmitteln erhalten wird. Wenn man sich naͤmlich dem
Saͤttigunspunkte naͤhert, muß offenbar wegen des verschiedenen
Verwandtschaftsgrades das eine Salz das Uebergewicht uͤber das andere
erhalten, und da ein Ueberschuß von Alaunerdesalz der Aufloͤslichkeit der
Alaunerdeverbindung weniger unguͤnstig ist als jener der Eisenverbindung, so
wird leztere nachgeben und unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden auf
Kosten der Alaunerdeverbindung niederfallen. Dieß geschieht auch, wenn man einer
Kuͤhkothaufloͤsung, die mit essigsaurer Alaunerde so gesaͤttigt
ist, daß die Verbindung aufloͤslich bleibt, eine Quantitaͤt
essigsauren Eisenoxyduls zusezt, die fuͤr sich allein keinen Niederschlag
hervorbringen wuͤrde; oder umgekehrt, wenn man einer mit holzsaurem
Eisenoxydul gesaͤttigten Aufloͤsung nicht einmal so viel essigsaure
Alaunerde zusezt, daß diese fuͤr sich allein einen Niederschlag hervorbringen
koͤnnte.
Diese Reaction fand auch ohne Zweifel in dem Kuͤhkothbade Statt, dessen
Analyse (17) uns den Beweis hiefuͤr liefert. Die Waͤrme mußte nach dem
S. 391 Gesagten auch noch zur Unaufloͤslichkeit der Eisenverbindung
beitragen.
Man darf aus diesen Thatsachen jedoch nicht folgern, daß Eisen- und
Alaunerdeaufloͤsung nicht gleichzeitig im Kuͤhkothe aufgeloͤst
seyn koͤnnen; denn wenn auch das Ergebniß der technischen Operation und die
im Kleinen angestellten Versuche vorerst auf diese Folgerung fuͤhrten, so
bewies doch die weitere Verfolgung dieser Versuche, daß wenn diese Salze im Ganzen
nicht so viel betragen, daß sie die Kuͤhkothaufloͤsung
saͤttigen und sich also um dieselbe streiten koͤnnen, ihre
Verbindungen aufloͤslich bleiben und sogar dem Kochen widerstehen
koͤnnen, so lange kein Ueberschuß von Alaunerde oder Eisen hineinkommt. Sogar
in lezterem Falle kann aber das Bad auch noch Eisen und Alaunerde enthalten, weil
diese anfangs nicht in hinreichender Menge vorhanden war, um die eiweißartige
Substanz ganz zu saͤttigen.
Wir hatten auch Gelegenheit, in der Praxis ein aͤhnliches Beispiel zu finden.
Es war dieß ein Kuͤhkothbad, durch welches fuͤnfzig Stuͤke
genommen wurden, die weit mehr mit Eisenbeize als mit Alaunerdebeize bedrukt waren;
die filtrirte Aufloͤsung desselben wurde zwar weder durch Ammoniak, noch durch
kohlensaures Kali gefaͤllt, schwaͤrzte sich aber dessen ungeachtet
durch schwefelwasserstoffsaures Ammoniak und wurde durch Eisencyanidkalium
blau.Obgleich sich durch diese Farbenveraͤnderung die Durchsichtigkeit der
Fluͤssigkeit nicht merklich aͤndert, so kann diese
Fluͤssigkeit doch nicht als eine vollkommene Aufloͤsung
betrachtet werden, denn sie geht weniger blau durch ein Filter und
faͤrbt dessen Seiten. Das Eiweiß scheint sich also der Erzeugung
eines unaufloͤslichen Berlinerblaues widersezt und dasselbe
suspendirt erhalten zu haben. A. d. O. Lezteres Reagens klaͤrte auch das truͤbe Bad augenbliklich,
indem es einen schleimigen blauen Niederschlag hervorbrachte.
Was insbesondere uͤber die Aufloͤslichkeit der Eisen- und
Alaunerdeniederschlaͤge in verschiedenen Menstruis gesagt wurde, gilt
verhaͤltnißmaͤßig auch fuͤr die Gemenge dieser Oxyde, so daß
wir nicht noͤthig haben uns hieruͤber noch zu aͤußern; da aber
das Verhalten eines dieser Aufloͤsungsmittel uns die Wirkungen des durch die
Zeit veraͤnderten Kuͤhkothes zeigt, so muͤssen wir von seiner
Anwendung hier noch sprechen. Wir haben, als wir die Wirkung der
aufloͤslichen und unaufloͤslichen Verbindungen des Eisenoxyduls und
der Alaunerde auf das Ammoniak und den Baumwollenzeug vergleichsweise untersuchten,
dabei gefunden, daß diese eiweißartigen Verbindungen eine viel groͤßere
Verwandtschaft zur salzfaͤhigen Basis als zum Gewebe haben; wenn man also
einen gebeizten Zeug durch eine alkalisirte Kuͤhkothaufloͤsung nimmt,
so wird er darin ein vollkommenes Aufloͤsungsmittel seines Mordant vorfinden
und lezterer folglich vom Gewebe zum Theil abgezogen werden. Ein Kuͤhkoth,
der in Gaͤhrung uͤbergegangen ist, muß aber als ein durch Ammoniak
alkalisirter betrachtet werden, und ist folglich nicht in allen Faͤllen zum
Reinigen der Zeuge anwendbar.Hieraus folgt, daß es weit zwekmaͤßiger ist, die mit
Alaunerde-Kali gebeizten Zeuge bloß durch eine Aufloͤsung von
Salmiak zu nehmen, an Statt durch ein mit Salmiak verseztes
Kuͤhkothbad (S. 389); weil lezteres oͤfters auf den bereits
befestigten Mordant den nachtheiligsten Einfluß aͤußern kann. A. d.
O. Dadurch erklaͤren sich die verschiedenen Resultate, welche man mit
frischem und mit altem Kuͤhkothe erhaͤlt.
Der Kalk, welcher bekanntlich das Ammoniak aus seinen Verbindungen mit den
Saͤuren austreibt, zersezt auch die in Ammoniak aufgeloͤsten
Verbindungen des Eiweißes mit anderen salzfaͤhigen Basen; leztere verlieren
naͤmlich auf Zusaz von klarem Kalkwasser wieder ihre Aufloͤslichkeit;
uͤbrigens scheint das Kalkwasser mit dem Eiweiß des Kuͤhkothes keine
aufloͤsliche Verbindung zu liefern (46).
33. Nach der großen Analogie, welche zu Folge unserer Resultate zwischen den
Verbindungen des Eiweißstoffes und des Kuͤhkothes Statt findet, kann man die
Theorie, von welcher wir ausgingen, nicht mehr in Zweifel ziehen. Da sie sich aber
einzig auf das Verhalten der aufloͤslichen Bestandtheile des
Kuͤhkothes gruͤndet, so mußten wir auch noch die Quantitaͤten
von essigsaurem Eisenoxydul und Alaunerde bestimmen, welche die
unaufloͤslichen Bestandtheile desselben von dem Gewebe abzuhalten
vermoͤgen. Wenn man aber unsere Analyse (17) zu Rathe zieht und die Versuche,
welche wir mit den Verbindungen anstellten, die die eiweißstoffartigen Bestandtheile
des Kuͤhkothes mit Eisenoxydul und Alaunerde eingehen (30 und 31), so
laͤßt sich daraus schon die Wirkung der eiweißartigen Substanzen, sowohl der
in der Pflanzenfaser eingeschlossenen als der suspendirten berechnen: denn man
ersieht daraus, daß bei gleichen Theilen leztere sich drei Mal mehr Alaunerde
einverleiben koͤnnen, als die aufloͤslichen Substanzen; und zehn Mal
mehr als die Pflanzenfaser; sie nehmen ferner sechs Mal mehr Eisenoxydul auf, als
die Pflanzenfaser. Um aber directer zu unserem Zwek zu gelangen, versezten wir ein
heißes Kuͤhkothbad nach und nach mit immer mehr essigsaurer Alaunerde und
holzsaurem Eisenoxydul, und nahmen nach jedem neuen Zusaz von Mordant ein
Stuͤkchen weißen Baumwollenzeuges hindurch, welches sodann getroknet und
gefaͤrbt wurde. Es ergab sich hiebei, daß 100 Gramm Kuͤhkoth, in ihrem
zehnfachen Gewichte destillirten Wassers aufgeweicht, uͤber einen Centiliter
holzsauren Eisenoxyduls von 9° Baume, oder essigsaurer Alaunerde von
7° Baume (S. 388) enthalten koͤnnen, ohne daß ein mit diesem Bade
getraͤnkter Zeug nur im Mindesten gefaͤrbt aus dem Krapp kommt. In der
Kaͤlte wirkte der Kuͤhkoth nicht so kraͤftig und die Beizmittel
fingen eher an, sich auf den Zeug zu werfen.
Diese Versuche, welche mit den Beizmitteln selbst angestellt wurden, muͤssen
doch so ziemlich den Resultaten beim Kuͤhkothen entsprechen, obgleich die auf
den Zeugen aufgedrukten Beizen immer schon einen Theil ihrer Saͤure verloren
haben; man kann also daraus schließen: daß ein Kuͤhkothbad auf jeden Liter
essigsaurer Alaunerde (30) oder holzsauren Eisenoxyduls (von 9°), den es von
den bedrukten Stuͤken abzieht, wenigstens zehn Kilogramm Kuͤhkoth
enthalten muß, damit sich von dem Beizmittel nichts mehr auf das Gewebe werfen
kann.Wenn man diese Resultate auf das Bad anwendet, welches analysirt wurde (11),
so ergibt sich, daß es nicht erschoͤpft worden war: denn da man aus
25 Liter desselben nur 1,51 Gramm Alaunerde und 0,666 Gr. Eisenoxyd erhielt,
so betrug erstere in den 2250 Liter, woraus die Flotte bestand, nur 135,9
Gr. und lezteres nur 5,994 Gr. 135,9 Gr. Alaunerde entsprechen aber 1256 Gr.
Alaun oder ungefaͤhr 5 Liter unserer essigsauren Alaunerde; und die
5,994 Gr. Eisenoxyd entsprechen 5,383 Gr. Eisenoxydul, welche 13,24 Gr.
essigsaures Eisenoxydul geben koͤnnen. Nun waren aber auf
diese essigsauren Salze 80 Kilogramm Kuͤhkoth vorhanden, welche nach
obiger Angabe fuͤr 8 Liter essigsaurer Alaunerde hinreichend gewesen
waͤren. Es blieb also ein Ueberschuß von 30 Kilogramm
Kuͤhkoth, welcher fuͤr die 13,24 Gramm essigsauren
Eisenoxyduls bei weitem mehr als ausreicht. A. d. O.
34. Daß der Kuͤhkoth an und fuͤr sich eine groͤßere
Saͤttigungscapacitaͤt hat, als seine aufloͤslichen
Bestandtheile, ruͤhrt hauptsaͤchlich von der Substanz her, welche
suspendirt bleibt und die, obgleich sie dem Gewicht nach weniger betraͤgt,
als die aufloͤslichen Stoffe, doch durch ihre große Verwandtschaft diesen
Unterschied ausgleicht.
Man sollte glauben, daß die suspendirte Substanz sich nach und nach absezen
wuͤrde, was aber keineswegs geschieht, man mag die
Kuͤhkothaufloͤsung kalt oder warm bereiten, und auch nicht wenn man
sie stark verduͤnnt und lange stehen laͤßt; nur durch Filtriren, oder
durch Aufloͤsungsmittel, die kraͤftiger als Eiweiß sind, z.B. wenn man
den Kuͤhkoth mit Ammoniak, Essigsaͤure oder Salzsaͤure
anruͤhrt, erhaͤlt man eine klare Aufloͤsung. Diese
Truͤbung kann also nur einer eiweißstoffartigen Substanz zugeschrieben
werden, welche durch ihre Vereinigung mit unaufloͤslichen Materien, z.B.
Blattgruͤn, wovon sie beinahe den vierten Theil ihres Gewichts
enthaͤlt (20), in Folge ihrer specifischen Leichtigkeit in allen Theilen der
Fluͤssigkeit sich haͤlt.
Da diese faserig-eiweißartige Substanz urspruͤnglich im
Kuͤhkothbad vorhanden ist und selbst wenn man dasselbe kochend zum Passiren
der gewoͤhnlichen Anzahl gebeizter Stuͤke anwendet, nicht
zerstoͤrt wird, sondern im Gegentheil sich mit eben so viel Mordant
verbindet, als die aufloͤslichen Bestandtheile, so kann man sie mit lezteren
hinsichtlich der Resultate beim Kuͤhkothen in eine Classe stellen.
35. Ich muß auf diese suspendirte Substanz besonders aufmerksam machen, weil die
Versuche (30, 31 und 33) uͤber die Saͤttigungscapacitaͤt des
Kuͤhkothes beweisen: daß diese Materie selbst dann
noch, wenn sie mit so viel Mordant gemischt wurde, daß sie damit keine
aufloͤsliche Verbindung mehr bilden kann, das Einschlagen desselben in den
Zeug verhindert, wenn nur ihr Neutralitaͤtspunkt nicht uͤberschritten
wurde.
Hieraus folgt auch, daß bei den Kuͤhkothbaͤdern drei verschiedene
Faͤlle vorkommen koͤnnen.
Der erste, und wegen der Sicherheit der Resultate in der Praxis der
guͤnstigste, ist derjenige, wo der Kuͤhkoth im Ueberschuß ist und
wobei also die drei wirksamen Bestandtheile, naͤmlich die Pflanzenfaser, die
suspendirte Materie und die aufgeloͤsten Substanzen, ihren respectiven Zustand nicht
veraͤndern, d.h. die Beizmittel absorbiren, ohne daß der Niederschlag ans
etwas anderem als Pflanzenfaser bestuͤnde.
Der zweite Fall, wobei gar leicht die Graͤnze uͤberschritten werden
kann, was fuͤr das praktische Resultat sehr nachtheilig waͤre, daher
er nur sehr selten vorkommen darf, ist ein Bad, worin der Kuͤhkoth durch die
Beizmittel neutralisirt worden ist, so daß der groͤßere Theil derselben sich
im Niederschlag vorfindet, waͤhrend die Fluͤssigkeit sich
geklaͤrt hat.
Der dritte Fall endlich ist der umgekehrte vom ersten und kann nur zufaͤllig
vorkommen, weil wenn mehr Mordant vorhanden ist, als der Kuͤhkoth zu
saͤttigen vermag, derselbe sich wieder auf den Zeug werfen muß.
36. Wenn man diese Daten zusammenfaßt, ergibt sich daraus leicht der Verlauf der
Reaktionen beim Kuͤhkothen. Die ersten Portionen von essigsaurer Alaunerde
und essigsaurem Eisenoxydul, welche die Zeuge abgeben, werden naͤmlich so
lange aufgeloͤst bleiben, bis die Verwandtschaften eines jeden dieser
Beizmittel zusammengenommen, dem Saͤttigungspunkte der aufloͤslichen
Verbindung eines derselben entsprechen; dann wird die eiweißstoffartige
Eisenverbindung anfangen sich niederzuschlagen, waͤhrend die
Alaunerdeverbindung noch immer aufgeloͤst bleiben wird, bis zu dem
Augenblike, wo ihre Quantitaͤt mit dem essigsauren Eisenoxydul zur neutralen
Verbindung des Kuͤhkothes hinreicht. Alsdann kann der Kuͤhkoth nicht
mehr wirken, es sey denn daß man das Bad wieder mit solchem speistMittelst dieser Vorsichtsmaßregel sieden die Englaͤnder manchmal einen
ganzen Tag lang in demselben Bade aus, wobei die Anzahl der Stuͤke
nicht selten auf 1200 steigt. A. d. O. und es muͤßten nun, wenn dieß nicht geschieht, die Portionen von
Mordant, welche die Zeuge abgeben, sich wieder auf die unbedrukten Stellen derselben
werfen.
Obgleich die Theorie des Kuͤhkothens, welche wir aus Versuchen abgeleitet
haben, unser Eigenthum ist, so hat doch Hr. Persoz an den
Ideen, welche uns darauf leiteten, einen großen Antheil.
37. Wir wollen hier keineswegs in den praktischen Theil der Operationen des
Kuͤhkothens weiter eingehen, wohin die Bestimmung der Temperatur, welche
sowohl fuͤr die Beizmittel als fuͤr die Wirkung des Kuͤhkothes
die geeignetste ist, so wie der Quantitaͤt des anzuwendenden
Kuͤhkothes und der Anzahl der erforderlichen Passagen gehoͤrt. Es war
dieses nicht unsere Aufgabe; wir verweisen uͤbrigens in dieser Hinsicht auf
die zahlreichen Beobachtungen, welche Hr. Daniel
Koͤchlin bekannt gemacht hatPolytechnisches Journal Bd. XXX. S. 49.. Dagegen haben wir noch von einigen Wirkungen des Kuͤhkothens zu
sprechen.
38. Wir betrachten unter diesen zuerst die chemischen. Durch die Einwirkung des
Kuͤhkothes auf die Beizmittel entsteht eine Verbindung ihrer Basen mit den
eiweißstoffartigen SubstanzenDieß muß nach den Versuchen von F. Rose der Fall
seyn; und in der That entbindet auch Schwefelsaͤure aus den
Niederschlaͤgen, welche unter den neutralen Verbindungen stehen, die
man basische nennen koͤnnte, keine Essigsaͤure. A. d. O. und in Folge hievon muß die Saͤure, womit sie vereinigt waren, frei
werden. Diese Saͤure macht sich auch, obgleich der Kuͤhkoth
kohlensaure Salze enthaͤlt, durch Lakmuspapier schon merklich, nachdem nur
eine geringe Anzahl von Stuͤken durch das Bad genommen worden ist. Wenn sie
sehr zunimmt, muß man das Bad entweder erneuern oder mit etwas Kreide speisen, indem
man sonst befuͤrchten muͤßte, daß sie noch vor dem Kuͤhkoth auf
die bedrukten Stellen der einzufuͤhrenden Stuͤke wirken
wuͤrde.
Wegen der chemischen Wirkung der eiweißartigen Substanzen hat aber der
Kuͤhkoth nicht bloß die Eigenschaft, das Bad, worin er aufgeweicht ist, nach
dem Passiren einer gewissen Anzahl von Stuͤken zu regeneriren, sondern er
wirkt auch als Befestigungsmittel der Beizen, durch seine Zersezung derselben. Wenn
aber leztere Wirkung auf eine dem Zeuge guͤnstige Weise erfolgen soll, so muß
er in solchem Verhaͤltnisse angewandt werden, daß die
allerunaufloͤslichste Verbindung entstehen kann, sonst wuͤrde er
umgekehrt wirken, wofuͤr die Resultate beim Passiren in einer zu großen
Quantitaͤt Kuͤhkoth den Beweis liefernDiese Wirkungen wuͤrden geradezu eine Theorie des Verhaltens der
Farbbaͤder liefern, welche, wenn sie zu weit getrieben werden,
sogenannte schaͤbige Farben liefern, wenn man naͤmlich
annehmen wollte, daß es zwischen den Farbstoffen und ihren Mordants
Verbindungen gibt, worin ein Ueberschuß von einem ihrer Bestandtheile den
anderen in seine Aufloͤsung hineinziehen kann. A. d. O.. Man kann sich hievon uͤberzeugen, wenn man ein Stuͤk, welches
bereits passirt ist, ungefaͤhr eine halbe Stunde lang in einem
Kuͤhkothbad verweilen laͤßt und es zum Vergleich mit einem anderen
faͤrbt, welches gerade so wie jenes durch Kuͤhkoth, bloß durch Wasser
genommen wurde. Man bemerkt dann, daß ersteres merklich abgezogen wurde, besonders
die schwachen Beizen. Darauf gruͤndet sich auch eine Beobachtung, die man
taͤglich in den Kattundrukereien machen kann, daß naͤmlich die
Stuͤke, welche zuerst durch ein Bad von frischem Kuͤhkoth kamen, beim
Faͤrben heller ausfallen als die anderen, was einige Fabrikanten bewog, beim
Kuͤhkothen niemals mit solchen Stuͤken den Anfang zu machen, die mit
schwachen Beizen bedrukt sind.
Da es unmoͤglich ist, die guͤnstigsten Umstaͤnde immer genau zu
treffen, so kann man im Allgemeinen sagen, daß die Operation des Kuͤhkothens
die Beizmittel nicht verbessert und wenn man sie durch eine Passage in kaltem Wasser
so ersezen koͤnnte, daß die Beizmittel sich nicht in den Zeug einschlagen, so
waͤre man auch versichert, daß dieselben nicht geschwaͤcht
wuͤrden.
39. Der Kuͤhkoth aͤußert auch durch seinen desoxydirten Zustand (2 und
44) eine chemische Wirkung, aber nur auf die Eisenbeizen. Nachdem leztere,
waͤhrend die Stuͤke im Nechen hingen, auf die mittlere Oxydationsstufe
uͤbergegangen sind, finden sie im Kuͤhkothbad eine Substanz vor, die
ihr Eisenoxyd wieder auf Oxydul zuruͤkfuͤhrt, welches sich mit den
Farbstoffen leichter verbindet als das Oxyd.
40. Der Kuͤhkoth hat uͤberdieß auch die Eigenschaft die Beizmittel zu
faͤrbenDer Kuͤhkoth enthaͤlt drei besondere Farbstoffe. Einer ist
animalischer Natur und gehoͤrt der Galle an; die beiden anderen sind
vegetabilische, naͤmlich das Blattgruͤn, welches
unaufloͤslich ist und der gelbe Farbstoff der Graͤser. A. d.
O., daher man Stuͤke, welche in zarten Farben gefaͤrbt werden
muͤssen, nicht durch Kuͤhkoth passiren darf. Dieß geschieht durch den
gelben Farbstoff, welchen er enthaͤlt und der von dem unverdaut gebliebenen
Futter (47) herruͤhrt; bisweilen kann diese Farbe auch noch durch die
Verbindung der eiweißartigen braunen Substanz mit den Beizmitteln erhoͤht
werden. Das in der Pflanzenfaser enthaltene und durch ein
organisch-chemisches ResultatIn einem Absud von Heu findet man sie naͤmlich nicht suspendirt. A. d.
O. suspendirt bleibende Blattgruͤn traͤgt zu dieser
Faͤrbung gar nichts bei; denn wenn man ein Muster so dunkel als
moͤglich in Kuͤhkoth faͤrbt und es dann in Alkohol einweicht,
so wird es darin weiß, ohne denselben gruͤn zu faͤrben. Dieser Versuch
wuͤrde nach dem Ergebniß unserer Untersuchung der im Kuͤhkothbade
suspendirten Substanz (20) schon einen hinreichenden Beweis fuͤr unsere
Behauptung liefern; wir suchten uns aber hievon noch mehr zu uͤberzeugen,
indem wir ein Muster mit einer geistigen Infusion von Kuͤhkoth
faͤrbten, der man so viel Wasser zugesezt hatte, daß die Wirkung des Alkohols
ganz annullirt warAuf aͤhnliche Art wendet mag die Alkannawurzel, das Sandelholz etc.
zum Faͤrben an.; die Beizmittel zogen nun aber auch bloß die gelben Bestandtheile an. Das
Blattgruͤn spielt also beim Kuͤhkothen gar keine wesentliche Rolle
(vielleicht kann es sich wegen der freien Saͤure des Bades auch nicht einmal
verseifen).
41. Der Kuͤhkoth wirkt endlich auch noch durch eine physische Eigenschaft auf
die Zeuge. Der ambraartige und oft angenehme Geruch, welcher sich in den Raͤumen verbreitet, wo
Stuͤke gekuͤhkothet werden, bleibt naͤmlich auch den
getrokneten Zeugen, selbst nachdem sie durch Wasser genommen worden sind. Um zu
erfahren, ob derselbe nicht von einem fluͤchtigen Bestandtheile des
Kuͤhkothes herruͤhrt, destillirte ich eine gewisse Quantitaͤt
davon zwei Mal nach einander, wodurch ich eine weiße Fluͤssigkeit erhielt,
die, wenn man stark daran roch, einen hoͤchst ekelhaften und fauligen Geruch
verbreitete, der sich mit dem von faulem Kohl vergleichen ließ, in einer gewissen
Entfernung hingegen nach dem bisamartigen Arom roch, welches auch die Luft in der
Naͤhe heißer Kuͤhkothbaͤder charakterisirt. Diese
Fluͤssigkeit war vollkommen neutral; man bemerkte darin keine Spur von einem
Oehl; Kalk- und Barytwasser, so wie andere Alkalien, aͤnderten weder
ihre Klarheit noch ihren Geruch; eben so wenig thaten dieß die Saͤuren und
die verschiedenen Metallaufloͤsungen, womit wir sie versezten, mit Ausnahme
von essigsaurem Blei und Queksilberchlorid, die sich darin truͤbten; leztere
Salze benahmen ihr aber dessen ungeachtet ihren Geruch nicht im Geringsten, so daß
wir also die eigenthuͤmlichen Eigenschaften dieser riechenden Substanz nicht
auszumitteln im Stande waren.
42. Wir muͤssen nun vor dem Schlusse dieses Berichts uͤber die
Substanzen, denen der Kuͤhkoth seine Wirksamkeit verdankt, indem sie durch
ihre Vereinigung mit den Beizen dieselben verhindern, sich mit den Zeugen zu
verbinden, und die wir bisher unter der gemeinschaftlichen Benennung eiweißstoffartige Materien zusammengefaßt haben, noch
einige Bemerkungen mittheilen.
Hr. Penot erhielt bei seiner Analyse eine bittere
Substanz, eine suͤße Materie und reinen Eiweißstoff, die nach Heinrich Rose alle drei in die Kategorie des Eiweißes
gehoͤren.
43. Die suͤße Substanz gab sich bei unserer Analyse eines zum Passiren
benuzten Kuͤhkothbades (20) zu deutlich zu erkennen, als daß wir gegen ihre
Existenz Zweifel erheben koͤnnten. Sie wirkt beim Kuͤhkothen durch
ihre eiweißstoffartigen Eigenschaften, daher sie nicht nur Niederschlaͤge (4)
erzeugen kann, sondern auch aufloͤsliche Verbindungen, die es so lange
bleiben, als sie von dem einen oder anderen ihrer Bestandtheile einen Ueberschuß
enthalten (30 und 31).
44. Die Substanz hingegen, welche die HH. Penot und Morin bei ihrer Analyse des Kuͤhkothes in
betraͤchtlicher Menge vorfanden und mit dem Namen Bitter oder Bubulin bezeichneten,
koͤnnen wir keineswegs als einen eigenthuͤmlichen Stoff betrachten. Da
sie naͤmlich nur der in Aether und Alkohol unaufloͤsliche Theil des
waͤsserigen Extracts ist, so macht sie offenbar nur einen der eiweißartigen
Bestandtheile des Kuͤhkothes aus. Ihre Farbe kommt hiebei nicht in Betracht, denn
diese theilt sie auch mit dem zukerigen Bestandtheile und dieselbe kann nur von dem
Farbstoff der Nahrungsmittel und hauptsaͤchlich auch von der Galle
herruͤhren, welcher lezteren jene Substanzen ihre Bitterkeit und einen großen
Theil ihres Eiweißstoffes verdanken. Waͤhrend der Function der Verdauung
verbinden sich diese Farbstoffe so innig mit den zukerigeiweißartigen Substanzen des
KuͤhkothesEine mikroskopische Untersuchung wuͤrde zeigen, ob sie Huͤlsen
oder Kuͤgelchen nach Art des Farbstoffs des Bluts umhuͤllen.
A. d. O., daß alle Metallsalze, welche vollstaͤndig durch sie gefaͤllt
werden, auch den Farbstoff mir sich reißen und eine weiße Fluͤssigkeit
zuruͤklassen.
Wenn man Kuͤhkoth in Ammoniak einweicht, so kann man ihm die braune Substanz
der Galle leicht entziehen; als ich sein doppeltes Gewicht Ammoniak anwandte und
nach Verlauf eines Tages filtrirte, erhielt ich eine dunkle Fluͤssigkeit, die
nach der Neutralisation mit Schwefelsaͤure eine dunkelbraune Substanz
absezte; sie stimmte nachher in Farbe und Eigenschaften ganz mit einem
waͤsserigen Kuͤhkothextract uͤberein. Als man sie abdampfte,
zogen Alkohol und Aether keine Spur von Blattgruͤn aus dem Ruͤkstand
aus; dasselbe ist der Fall mit dem harzartigen Niederschlage. Das Ammoniak hat also
nur das Eiweiß, den Zuker, das Gallenharz und den unzersezten Farbstoff des Heues
aufgeloͤst. Unter diesen Substanzen ist bloß das Harz
schweraufloͤslich; es loͤste sich in den Saͤuren, welche das
Eiweiß aufloͤsen, nicht auf, wohl aber in einem Ueberschusse von Alkali.
Der in Wasser aufloͤsliche Farbstoff, welcher dem Eiweiß ebenfalls fremdartig
ist, wird durch Kochen dunklerNach Thaër und Einhof geht eine Kuͤhkothaufloͤsung farblos durch
ein Filter, wird aber an der Luft schon nach einigen Minuten weingelb und
dann braun. Wir haben diese schnelle Farbenveraͤnderung nie
beobachten koͤnnen; uͤbrigens waren die Kuͤhe, deren
Koth wir anwandten, auch nicht mit Stekruͤben gefuͤttert
worden, wie die jener beiden Chemiker. A. d. O., durch Alkalien wieder lebhafter, durch Saͤuren heller, durch
schwefelige Saͤure gebleicht und durch Chlor augenbliklich
zerstoͤrt.
45. Wenn man also hinsichtlich des Eiweißes die Folgerungen des vorhergehenden
Paragraphs annimmt, so kann man sich nach Penot's Analyse
die Zusammensezung des Kuͤhkothes folgender Maßen vorstellen:
69,58 Wasser
ein nicht weiter untersuchtes riechendes Princip
enthaltend.
1,37
Eiweiß 0,93 suͤße Substanz
Sie sind durch den gelben Farbstoff der Pflanzen und
dieSubstanzen der Galle, welche noch in keinen
bleibendenOxydationszustand uͤbergegangen sind, braun
gefaͤrbt.
0,28
Blattgruͤn.
27,84 Pflanzenfaser.
(S. 373.)
46. Wenn man also Kuͤhkoth in Wasser einweicht und filtrirt, so erhaͤlt
man eine Fluͤssigkeit, die in der That eine Eiweißaufloͤsung ist; die
Reagentien weisen dieses auf das Bestimmteste nach.
Gallaͤpfelinfusion truͤbt sie; deßgleichen Schwefelsaͤure. Reine
Essigsaͤure veraͤndert sie nicht; wenn aber die
Kuͤhkothaufloͤsung nicht mehr frisch ist und sobald sie Zeit hatte
sich an der Luft zu braͤunen, macht uͤberschuͤssige
Saͤure eine dunkelgewordene Substanz darin unaufloͤslich, welche dann
einen Saz bildet. Das Kreosot hat keine Wirkung daraufNach Reichenbach soll das Kreosot eines der
empfindlichsten Reagentien auf Eiweißstoff seyn; es reagirte mir aber nie
auf sehr stark verduͤnnte Aufloͤsungen des Eiweißes der Eier.
A. d. O.. Ueberschuͤssiges KalkwasserDa das Eiweiß der Eier durch Kalkwasser nicht gefaͤllt wird, so wird
der Niederschlag bei der Kuͤhkothaufloͤsung wahrscheinlich
durch die vorhandene harzige Substanz verursacht, woruͤber noch
Versuche anzustellen sind. A. d. O. bringt darin einen Niederschlag hervor, welcher weder durch Zuker noch durch
Alkalien verschwindet. Alkohol, in hinreichender Menge zugesezt, scheidet eine
braune Gallerte aus. Wenn man sie mit Aether oder Terpenthinoͤhl
schuͤttelt, so truͤbt sie sich kaumNach Chevreul bringen diese beiden Substanzen das
Eiweiß der Eier zum Gerinnen, beim Serum des Bluts thun sie dieß hingegen
nach Gmelin und Tiedemann nicht. A. d. O.. Daß sie beim Erwaͤrmen opalisirend wird, liefert einen auffallenden
Beweis ihrer Analogie mit der Eiweißaufloͤsung. Wenn sie den zehnten Theil
ihres Gewichts Kuͤhkoth enthaͤlt, so widersteht sie keiner
hoͤheren Temperatur als diejenige ist, wobei das Eiweiß der Eier zerrinnt;
sie faͤngt naͤmlich bei 60° C. an unmerklich truͤber zu
werden und zwischen 90 und 100° C. erfolgt eine reichliche Truͤbung.
Das Blutlaugensalz verursacht in einer Kuͤhkothaufloͤsung keine
Veraͤnderung, waͤhrend das Bad, worin Stuͤke durchgenommen
wurden (13 und 30), sich dadurch truͤbt, ohne durch
uͤberschuͤssige EssigsaͤureIch glaubte anfangs, daß die in der Fluͤssigkeit enthaltenen Beizen
dieses abweichende Verhalten veranlassen koͤnnten und mischte daher
die Beizen in allen Verhaͤltnissen mit Kuͤhkoth, konnte jedoch
mit Blutlaugensalz keine Truͤbung erhalten, selbst wenn ich die
Gemische vorlaͤufig erhizt hatte. Sollten also die Verdikungsmittel
der Beizen die Ursache hievon seyn, denn diese machen die einzige
fremdartige Substanz aus, wodurch sich diese kuͤnstlichen Gemische
von einander unterscheiden? Es waͤre dieß noch weniger wahrscheinlich
als die Annahme, daß ein Umstand das Eiweiß des Kuͤhkothes in den
Zustand von Pflanzenfaser uͤbergefuͤhrt haben koͤnnte,
welche leztere die Chemiker von ihm bekanntlich nur dadurch unterscheiden
koͤnnen, daß sie die Eigenschaft hat durch Blutlaugensalz
gefaͤllt zu werden, wenn sie in Essigsaͤure aufgeloͤst
ist. A. d. O. wieder klar zu werden.
47. Diese Reactionen bestaͤtigten also unsere Behauptung (46); auf dieselbe
Art reagirten wir nun auch auf eine Aufloͤsung der vegetabilischen Nahrung,
wobei es sich ergab, daß sie mehrere Eigenschaften mit dem Kuͤhkoth, welchen
sie liefert, gemein hat.
Ein Heuabsud wird naͤmlich durch Alkohol gefaͤllt, truͤbt sich
durch Gallaͤpfelinfusion und gibt mit mehreren Metallsalzen
Niederschlaͤge. Der von essigsaurer Thonerde ist in
uͤberschuͤssiger Saͤure nicht aufloͤslich. Der
Niederschlag von salzsaurem Zinnoxydul loͤst sich in einem Ueberschusse
dieses Salzes leicht wieder auf, was bei dem mit Kuͤhkoth erhaltenen nicht
der Fall ist. Der Heuabsud enthaͤlt aber in viel groͤßerer Menge als
der Kuͤhkoth einen gelben Farbstoff, welcher die Beizen so stark
faͤrbt, daß man ihn nicht wohl zum Reinigen der Zeuge anwenden
koͤnnte; er wuͤrde sich hiezu uͤbrigens
schon deßwegen nicht so gut eignen, weil er nicht so viel eiweißartige Substanzen
enthaͤlt.
48. Die verschiedenen Reagentien, welche das Eiweiß anzeigten, deuteten durch ihr
Verhalten allerdings nicht darauf hin, daß dasselbe mit einer zukerigen Substanz
verbunden ist; dieß thut aber die concentrirte Schwefelsaͤure, wenn man damit
das Extract der eiweißartigen Aufloͤsung (oder auch den Kuͤhkoth)
uͤbergießt; das Gemenge verkohlt sich naͤmlich dann nicht auf
gewoͤhnliche Art, sondern die Saͤure faͤrbt sich
roͤthlich, wodurch also angezeigt wird, daß man es wirklich mit einem solchen
Gemenge zu thun hat.
Die zukerige Substanz laͤßt sich uͤbrigens von der eiweißartigen sehr
leicht durch das Absezen der Niederschlaͤge unterscheiden, die entstehen,
wenn man einen geringen Ueberschuß von essigsaurer Alaunerde besonders in die
Aufloͤsung einer jeden derselben gießt. Der Niederschlag, welcher sich in der
eiweißartigen Aufloͤsung bildet, sezt sich bald ab, waͤhrend
derjenige, welcher in einer ihres Eiweißes beraubten Aufloͤsung entsteht,
sich auf der Oberflaͤche der Fluͤssigkeit sammelt. Um das Eiweiß aus
der Aufloͤsung zu beseitigen, braucht man es nur zuerst durch Kochen
derselben zum Gerinnen zu bringen und die Fluͤssigkeit dann zu filtriren. Ein
Gemisch beider Fluͤssigkeiten liefert zwei Niederschlaͤge, wovon der
eine sich im unteren und der andere im oberen Theile des Gefaͤßes
ansammelt.
Die Resultate dieser Versuche liefern uns einen neuen Beweis von der Wirkung der
zukerigen Substanz. Nach den oben angegebenen Versuchen wuͤrden 2,30 Gr.
zukerstoff-eiweißartige Substanz, die in 100 Gr. Kuͤhkoth enthalten
sind, einen Centiliter essigsaure Alaunerde, d.h. 2,50 Gr. Alaun, worin 0,27 Gr.
Alaunerde enthalten sind, zur Neutralisation erfordern. 100 Theile des Niederschlags
wuͤrden also aus 89,50 zukerstoffhaltigem Eiweiß und 10,50 Alaunerde
bestehen.
49. Die von uns aufgestellte Theorie der Operation des Kuͤhkothens
duͤrfte noch zur Erklaͤrung vieler Erscheinungen in der technischen
und
medicinischenSalze und Metalloxyde, welche durch die Haut oder den Darmcanal absorbirt
wurden, koͤnnen in verduͤnntem Zustande durch das Serum
gefuͤhrt werden, ohne daß man sie durch Arzneimittel zu
bekaͤmpfen im Stande ist, selbst wenn sie schon sehr nachtheilig auf
die Gesundheit wirken. A. d. O. Chemie fuͤhren; wir wollen sie nun sogleich auf solche Substanzen
anzuwenden versuchen, welche durch ihre chemischen Eigenschaften mit dem
Kuͤhkoth gewisser Maßen verwandt sind.
Die Kleie, welche die Faͤrber bisweilen zu denselben Zweken, wie den
Kuͤhkoth anwenden, enthaͤlt durch die Ueberreste der Substanz, die sie
einhuͤllte, ziemlich viel Pflanzeneiweiß (Kleber), Amidon und zukerige
Substanz, so daß sich dadurch ihre dem Kuͤhkoth analoge Wirkung
erklaͤrt.
Eben so ließe sich dadurch die Wirkung der gummigen oder gallertartigen Substanzen
begreifen, die nach Heinrich Rose dieselben Eigenschaften
besizenDie Wirkung des Gummis und Starkmehls koͤnnte durch diese
eigenthuͤmlichen Eigenschaften bisweilen auch von nachtheiligem
Einfluß seyn; z.B. wenn man Metallaufloͤsungen, mit diesen Substanzen
verdikt, auf Zeuge aufdrukt und dieselben dann durch alkalische
Baͤder passirt, um die Oxyde darauf zu befestigen. A. d. O..
Diese sonderbare Eigenschaft organischer Substanzen, welche obgleich sie ganz neutral
sind, doch die Saͤuren solchen Basen, zu denen diese die staͤrkste
Verwandtschaft haben, entziehen und dann ihre Verbindungen mit lezteren gegen die
kraͤftigsten chemischen Reagentien schuͤzen koͤnnen, steht mit
den gewoͤhnlichen Erscheinungen in der Chemie so sehr in Widerspruch, daß man
versucht seyn sollte, sie eher einem physiologischen Einfluß zuzuschreiben, wenn sie
nicht auch einige organische Saͤuren, wie Weinsteinsaͤure,
Citronensaͤure etc. mit ihnen theilen wuͤrden. Bekanntlich werden
naͤmlich viele Oxyde, wenn sie in Weinsteinsaͤure aufgeloͤst
sind, nicht mehr durch Alkalien gefaͤllt.
Man sollte daher glauben, daß man zum Passiren der Stuͤke weinsteinsaure
Salze, die eher alkalisch als neutral sind, anwenden koͤnnte, wenn es von den
Verbindungen dieser Salze unaufloͤsliche Zwischenstufen gaͤbe oder
wenn man, um diesen Umstand zu umgehen, im Stande waͤre, die
Quantitaͤten davon, welche dem Mordantuͤberschuß gerade entsprechen,
genau zu treffen. Da dieses aber rein unmoͤglich ist, so mißlangen auch alle
Versuche, welche wir mit diesem Verfahren anstellten.
Denselben nachtheiligen Umstand hatten wir auch beim Kuͤhkoth zu
bekaͤmpfen, als wir aus den Metallaufloͤsungen, womit Zeuge bedrukt
waren, die Oxyde auf die Gewebe niederzuschlagen versuchten. Um die
gewuͤnschte Wirkung hervorzubringen, mußte man nothwendig eine sehr starke
Kuͤhkothaufloͤsung anwenden und dann erhielt man natuͤrlich
keine Verbindung des Oxyds mehr, sobald die zur Reaction erforderliche Zeit im
Geringsten uͤberschritten wurde. Durch Eiweiß, welches kraͤftiger
wirkt, ließe sich aber in solchen Faͤllen das gewuͤnschte Resultat
erzielenEiweißaufloͤsungen wurden auch bekanntlich schon vor mehreren Jahren,
aber bloß mechanisch angewandt, um unaufloͤsliche farbige Substanzen,
wie thierische Kohle, Indigo etc. durch Dampf haltbar zu befestigen. A. d.
O..
Man hat bisher in den Faͤrbereien die Eigenschaften der eiweißartigen
Substanzen auch blindlings schon oft zu anderen Zweken, als zum Aussieden (Puzen)
der Zeuge benuzt. So pflegte man fruͤher (und einige Faͤrber thun es
jezt noch) gewissen Farbbaͤdern BlutEinige Mitglieder des Ausschusses glaubten meiner Meinung uͤber die
Wirkungsart dieser Substanz nicht beistimmen zu koͤnnen, weil man
damit keine dunkleren, sondern im Gegentheil hellere Farben erhaͤlt.
Wenn man aber bedenkt, daß eine außerordentlich große Menge Eiweiß in der
Quantitaͤt Blut, die man gewoͤhnlich zusezt, enthalten ist, so
begreift man leicht, daß dadurch Mordant von den Stuͤken abgezogen
werden kann (30). Die Faͤrber wuͤrden auch bei dieser Methode
in der Regel nur helle Farben, die dem Sonnenlicht nicht zu widerstehen
vermoͤgen, erhalten, wenn sie jener Reaction des Eiweißes nicht durch
Zusaz einer gewissen Menge Schmak begegnen wuͤrden. Welche Rolle kann
aber lezterer spielen, als die, daß er einen Theil des Eiweißes zum Gerinnen
bringt, und sich dadurch den aufloͤslichen Verbindungen desselben
widersezt, ohne es jedoch in diesem Zustande zu verhindern, die in dem Bade
zerstreuten Oxydtheilchen anzuziehen? Da ferner das Blut in der Regel nur
dann zugesezt wird, wenn man geoͤhlte und gallirte Stuͤke in
Krapp tuͤrkischroth faͤrbt, so waͤre es
moͤglich, daß in diesem Falle seine Wirkung noch verwikelter ist,
naͤmlich daß der Mordant sich auf diesen Zeugen in einem Zustand von
Verbindung befindet, der feiner Vereinigung mit dem Eiweiß guͤnstiger
ist, und daß aller derjenige Mordant, welcher sich damit verbunden hat,
keinen Farbstoff mehr anzieht, weil lezterer auf aͤhnliche Art wie
die Saͤuren durch das Eiweiß sogar verdraͤngt werden kann.
Nach der Natur dieser Farbbaͤder koͤnnte das Eiweiß auch noch
eine andere Rolle spielen: es koͤnnte naͤmlich die
adstringirenden Substanzen in dem Maße, als sie sich vom Zeuge losreißen,
unaufloͤslich machen und sie dadurch verhindern abziehend auf die
schon gefaͤrbten Theile zu wirken.Diese leztere Wirkung des Eiweißstoffes fuͤhrt uns indirect zur
Theorie des Gemenges von eiweißartigen Substanzen, z.B. Schafmist etc., mit
den oͤhligen Baͤdern, womit man die Zeuge mehrmals
impraͤgnirt, ehe man sie durch einen adstringirenden Absud nimmt.
Selbst wenn man sie aber auch direct durch Mordant nimmt, wie dieses oft
geschieht, koͤnnte die eiweißartige Substanz noch einiger Maßen
wirken, indem sie auf dem Gewebe mehr Mordant zuruͤkhielte.Endlich kann man auch annehmen, daß das Oehl durch seine Veraͤnderung
an der Luft die Eigenschaft erhaͤlt, auf die eiweißartigen Substanzen
so zu wirken, wie das Terpenthinoͤhl auf die Pflanzenfaser. A. d.
O. oder Kuͤhkoth zuzusezen; nach unserer Theorie muß man annehmen, daß
ein solcher Zusaz das bewirkt, daß die Oxydtheilchen, welche sich noch von den
Zeugen losreißen, augenbliklich von dem Eiweiß (des Blutes oder Kuͤhkothes)
aufgeloͤst werden, worauf sie gar keine Verwandtschaft zu dem Gewebe mehr
haben, so daß sie sich also nicht mehr auf die unbedrukten Stellen der Zeuge werfen
und darauf befestigen koͤnnen.
Man hat den Kuͤhkoth auch den alkalischen Baͤdern zugesezt, durch welche man die mit
reducirtem Indigo bedrukten Zeuge nimmt, um den blauen Farbstoff darauf zu
befestigen (oft ist der Indigo in der Drukfarbe auch noch mit Alaunerdebeize
gemengt, wo man dann beim Ausfaͤrben der Stuͤke in Quercitronrinde
oder Wau, Gruͤn erhaͤlt). Der Kuͤhkoth dient in diesem Falle
bloß dazu, das Einschlagen des gelben Farbstoffes in den weißen Grund zu verhindern,
so daß die unbedrukten Stellen der Zeuge weißer aus dem gelben Bade kommen; er
bemaͤchtigt sich naͤmlich derjenigen Theile des Beizmittels, welche
die Zeuge bei der Passage durch Alkali fahren lassen und die durch allenfalls
vorhandenes, nicht mit Kohlensaͤure verbundenes Alkali, in Aufloͤsung
erhalten werden koͤnntenIch hatte in England Gelegenheit mich zu uͤberzeugen, daß diese
Vorsichtsmaßregel unumgaͤnglich noͤthig ist, wenn man sich zur Darstellung des aͤchten
Gruͤn des in der Kattundrukerei von James Thomson in Primrose
gebraͤuchlichen Verfahrens bedient. Er bereitete seine Drukfarbe, indem er 100 Gramm (6 1/2 Loth) Indigo
in einem Liter (1 Maaß = 2 Pfund) Wasser, mittelst 100 Gramm Auripigment und
eben so viel gebranntem Kalk aufloͤste und dieselbe mit 250 Gramm (10
Loth) gebrannter Staͤrke per Liter
verdikte; sie wurde dann in einem marmornen Moͤrser zerrieben, bis
sie anfing duͤnner zu werden, worauf man sie mit 0,15 Liter (1/9
Maaß) salzsaurem Zinnoxydul von 75° Baume versezte, worin man vorher
durch Erwaͤrmen in einem bleiernen Gefaͤße 500 Gramm (1 Pfund)
Alaun hatte zergehen lassen.Die mit dieser Farbe bedrukten Stuͤke wurden eine Viertelstunde lang
durch eine Kufe passirt, welche per Liter
Wasser, 75 Gramm (5 Loth) kohlensaures Kali (Perlasche) und 400 Gramm
Kuͤhkoth enthielt; und um diese Fluͤssigkeit immer in einem
guͤnstigen Zustande zu erhalten, mußte man jeden Tag den abgesezten
Kuͤhkoth herausnehmen und durch frischen ersezen. A. d. O..
50. Der Ausschuß fuͤr Chemie glaubt, daß durch diesen Bericht der fragliche
Gegenstand allerdings noch nicht ganz erschoͤpft ist; indessen duͤrfte
durch unsere Untersuchungen, in Verbindung mit denjenigen von Penot und Morin, so wie von Daniel Koechlin, die uͤber den Kuͤhkoth
aufgestellte Preisfrage als genuͤgend beantwortet zu betrachten seyn und wir
schlagen daher vor, sie aus dem Programm zu streichen.