Titel: | Nachträgliche Bemerkungen über die vom Professor Breithaupt erfundene Feilenhauermaschine. |
Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LXXXVII., S. 438 |
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LXXXVII.
Nachtraͤgliche Bemerkungen uͤber
die vom Professor Breithaupt erfundene
Feilenhauermaschine.
Bemerkungen uͤber Breithaupt's erfundene
Feilenhauermaschine.
Von verschiedenen Seiten sind einige Einwuͤrfe uͤber Breithaupt's FeilenhauermaschineMan vergleiche Polytechn. Journal Bd. LV. S. 339. gemacht worden, und namentlich gegen die Angabe uͤber
Zwekmaͤßigkeit, Brauchbarkeit und Dauer der Maschine. Dieß hat den Einsender
veranlaßt, folgende Bemerkungen hinzuzufuͤgen.
Hinsichtlich der ersten beiden Einwuͤrfe ist von Einigen gesagt worden, es sey
nach den vielen, von scharfsinnigen und erfahrenen Leuten gemachten Versuchen, die
aber saͤmmtlich und durchaus gescheitert seyen, nicht glaublich, daß die in
Rede stehende Maschine so vollkommen ihren Zwek erfuͤlle, wie behauptet
worden, wobei noch mehrerer einzelner, der Construction solcher Maschinen
widerstrebender eigenthuͤmlicher Schwierigkeiten gedacht wird.
Daß die bemerklich gemachten Schwierigkeiten nur relative sind, sieht Jedermann a priori ein, und deßhalb ist es in der That nicht
abzusehen, warum da, wo keine absolute Hindernisse entgegen stehen, jene nicht
uͤberwunden werden koͤnnten; daß aber erst
jezt eine Maschine dieser Art erfunden ist, die ihrem Zwek vollkommen
entspricht, moͤchte wohl um so weniger irgend Zweifel an ihrer Vollkommenheit
erregen, da mit uns ja das Maschinenzeitalter seinen Anfang genommen hat.
Der Kundige weiß, daß alle fruͤherhin versuchten Maschinen um Feilen zu hauen,
eben so construirt sind, wie die Feilen aus freier Hand gehauen worden, wobei die
Erfinder dann nicht bedacht haben, wie die lebendige Hand, das sehende Auge in jedem
Moment wirksam und thaͤtig, ganz anders wirken, als die starr,
gleichfoͤrmig fortarbeitende Maschine. So haben aͤltere Maschinen die
Einrichtung, daß der ganze Apparat, auf dem die zu hauende Feile ruht, bei jedem
naͤchstfolgenden Hiebe sich fortschiebt. Hiedurch wird es ein Mal
unmoͤglich, der zu hauenden Feile auf dem Apparate die nothwendige,
unerschuͤtterlich feste Stellung zu geben, sodann vermochte der sich
schiebende Apparat selbst nicht, der bei jedem Hiebe nach der Angel der Feile
hinwirkenden Kraft den gehoͤrigen Widerstand zu leisten, beides aber war ein
Grund eines hoͤchst ungleichen Hiebes. Endlich entstand hiedurch auch eine
groͤßere Reibung, die oͤftere Reparatur unumgaͤnglich
noͤthig machte.
Ganz im Gegentheile liegt in der Breithaupt'schen Maschine
die Feile unerschuͤtterlich fest auf dem Amboß, waͤhrend der
Hauapparat bei jedem naͤchstfolgenden Hiebe gleichfoͤrmig
weiterruͤkt, und zwar mit der mindest moͤglichen Friction bei einem
festen und gleichmaͤßigen Gang des Mechanismus. Auch mag hier wohl
erwaͤhnt werden, daß jene Maͤnner, welche Maschinen dieser Art zu
erbauen versuchten, in Bewußtseyn der Unvollkommenheit derselben, nie gewagt haben,
die Maschine zum Hauen breiter und großer Feilen mit feinem Hieb von etwa 300 bis
400 Hieben auf den Pariser Zoll einrichten zu wollen, wie denn auch bisher aus
freier Hand gehauene Feilen von dieser Feinheit nur von hoͤchstens 1/4 Zoll
Breite geliefert sind. Mittelst der in Rede stehenden Maschine werden jedoch Feilen
in der Laͤnge eben oder in der Laͤnge gewoͤlbt von einem Zoll
Breite mit so feinem Hieb gehauen, daß 300 bis 400 Hiebe auf den Pariser Zoll
kommen.
Zur Vergleichung der Schnelligkeit in ihrer Bewegung ist zu bemerken, daß ein Mann
mit der Maschine so viel produciren kann, als vier bis sechs Feilenhauer. Wenn aber
nicht Menschenhaͤnde, sondern Wasser oder Dampf die erste Bewegung
hervorbringt und die Maschine ununterbrochen arbeitet, so macht ein Mann im Ganzen
so viel wie 5 bis 8 Feilenhauer. Das groͤßere Verhaͤltniß der
Schnelligkeit beruht auf Feilen unter einem halben Zoll breit, das geringere auf
Feilen uͤber einen halben Zoll breit. Diese Maschine vermindert den Preis der
Feilen bedeutend, so daß alle Fabriken und große Werkstaͤtten, welche viele
Feilen gebrauchen, aufhoͤren, ihren Verbrauch von Feilen selbst durch
Feilenhauer hauen zu lassen, wodurch der Verbrauch der Feilen sich weit uͤber
das Doppelte vergroͤßern wird.
Hinsichtlich der Dauer moͤchte die Maschine, um eine
gemeinverstaͤndliche Parallele zu ziehen, am fuͤglichsten mit einer
vorzuͤglich gearbeiteten Thurmuhr zu vergleichen seyn, wobei jedoch nicht
außer Acht zu lassen ist, daß eines Theils eine Uhr Tag und Nacht ununterbrochen
arbeitet, waͤhrend diese Maschine doch des Nachts ruht, andern Theils an
derselben sich bei weitem nicht so viele bewegliche Theile befinden, als an einer
Uhr, daher denn die Reparaturkosten auf hoͤchstens 1/3 der einer gut
gearbeiteten Thurmuhr anzuschlagen seyn wuͤrden.
So fern man nun den taͤglich vorkommenden Verbrauch des Stumpfwerdens der
Meißel hinzurechnet, koͤnnten doch die Reparaturkosten leicht hoͤher erscheinen,
wenn nicht vermoͤge des sichern und leichten Ganges der Maschine, und da die
zu hauenden Flaͤchen der Feilen in Oehl gehalten werden, das schnellere
Abnuͤzen der Meißel verhindert wuͤrde.
Dieser leztere Umstand hat noch den Vortheil, daß der Meißel einen zarteren Hieb
sezt; beim Hauen auf trokener Flaͤche muß die Schaͤrfe des Hiebes der
groͤßeren Reibung wegen rauher werden.
Die Maschine nuͤzt sich im Ganzen weniger ab, als 4 bis 6 Feilenhauer an
Werkzeugen verbrauchen, und wenn neue Meißel gemacht werden muͤssen, so
kostet zum Unterhieb ein neuer Meißel etwa 2 ggr., und zum Oberhieb 6 ggr.; sie sind
hoͤchstens 3/4 Zoll lang.
Uebrigens kann nach derselben Construction, wie diese fuͤr Schlichtfeilen
bestimmte Maschine, eine andere fuͤr alle Sorten grober Ansaz- und
spiz zulaufender flacher Feilen erbaut werden.
Zu der Maschine selbst wird auf Verlangen ein Modell eines besonderen
Schleifapparates geliefert, auf dem so viele Feilen, als die Maschine zugleich
hauet, in der Breite eben und in der Laͤnge eben oder gewoͤlbt
geschliffen werden. Dabei ist die Einrichtung getroffen, daß beim Betrieb durch
Wasser oder Dampf nichts weiter erforderlich ist, als die zu schleifenden
Staͤbe einzulegen.
Wegen der von mehreren Seiten geschehenen Anfragen verschiedener Art ist der
Verkauftermin der Maschine vom Professor Breithaupt bis
gleich nach Michaeli d. I. verlaͤngert worden.
Buͤckeburg, im August 1835.
Strack.