Titel: | Ueber Hrn. Richard Witty's Patentmethode Dampfwagen zu treiben. |
Fundstelle: | Band 58, Jahrgang 1835, Nr. XXII., S. 186 |
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XXII.
Ueber Hrn. Richard Witty's Patentmethode Dampfwagen zu
treiben.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 601, S.
344.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Witty's Patentmethode Dampfwagen zu treiben.
Da Hr. Richard Witty, Ingenieur von Hauley in der
Grafschaft Stafford, nunmehr ein mit einer Pferdekraft arbeitendes Modell seiner zum
Treiben von Dampfwagen bestimmten Vorrichtung erbaut und zur Untersuchung
aufgestellt hat, und da seine Erfindung, obwohl er schon im December 1830 ein Patent
darauf nahm, noch in keinem Journale beschrieben worden ist, so erlauben wir uns das
Princip seiner Methode durch eine Zeichnung bekannt und anschaulich zu machen.
In Fig. 19
sind E, E die Wagenraͤder von 5 Fuß im
Durchmesser. D ist eine Trommel von 2 Fuß 6 Zoll im
Durchmesser, welche an der Achse des Rades befestigt ist, und uͤber welche
nach der Richtung des Pfeiles der Strik F
gefuͤhrt ist. C ist ein Cylinder, der an dem mit
G bezeichneten Ende dem Zutritte der
atmosphaͤrischen Luft geoͤffnet ist. A ist
ein an dem Strike F aufgehaͤngtes Gewicht von
1000 Pfd., und B ist ein gleiches an dem Strike H befestigtes Gewicht; dieser leztere Strik ist bei T an dem Dekel des Cylinders festgemacht. E ist durch Versuche hergestellt, daß, wenn das Gewicht
B um 15 Fuß herabsinkt, das Gewicht A dafuͤr um 7 1/2 Fuß emporsteigt, indem der
Umfang der Trommel D nur halb so groß ist, als jener des
Rades E. Da nun das Rad 5 Fuß im Durchmesser hat, so
wird sich der Wagen bei einer Umdrehung von E um 15 Fuß
aufwaͤrts bewegen, und das Gewicht B um 15 Fuß
herabsinken; da sich aber waͤhrend einer Umdrehung nur 7 1/2 Fuß des Strikes
F von D abwinden, und da
sich die Trommel mit derselben Geschwindigkeit vorwaͤrts bewegt, wie der
Wagen, so wird das Gewicht A um 7 1/2 Fuß emporsteigen,
so daß der Wagen demnach mit einer in horizontaler Richtung wirkenden Kraft von 500
Pfund vorwaͤrts getrieben wird.
Dieselbe Wirkung wird nun aber erzielt werden, wenn man zwischen den Kolben I und den Cylinderdekel O
Dampf eintreten laͤßt, der auf den Flaͤchenraum des Kolbens und des
Dekels einen Druk von 1000 Pfd. ausuͤbt. Wenn man das Ende der Kolbenstange
bei K an dem Strike F
befestigt, so wird die Wirkung dieselbe seyn, wie jene des Gewichtes A, welches folglich entfernt werden kann; und da der
Druk des Dampfes auf den Cylinderdekel O
dieselbe Wirkung haben
wird, wie das Gewicht B, so kann auch dieses entfernt
werden, wo dann der Wagen wie fruͤher mit einer Kraft von 500 Pfd.
fortgetrieben werden wird. Wenn das Rad E eine Umdrehung
zuruͤkgelegt hat, so wird sich der Wagen und auch die auf den Cylinderdekel
wirkenden 1000 Pfd. eine Streke von 15 Fuß nach Aufwaͤrts bewegt haben,
waͤhrend die von dem Kolben durchlaufene Streke nur die Haͤlfte hievon
oder 7 1/2 Fuß betragen wird. Der Druk der 1000 Pfd. bei K wird daher 7 1/2 Fuß zurruͤkgelegt haben, und diese abgezogen von
den 15 Fuß, welche die auf den Cylinderdekel wirkenden 1000 Pfd. durchliefen, werden
gleich seyn 1000 Pfd. wirklichen, durch 7 1/2 Fuß beweglichen Drukes = 500 Pfd. mit
einer Bewegung durch 15 Fuß, was auch wirklich der groͤßte erzielbare
Nuzeffect ist und dem einfachen Hube des Cylinders C
gleichkommt. Dieß ist demnach auch die vollkommenste Anwendung der Dampfkraft zum
Behufe des Treibens eines Wagens.
In Fig. 20 ist
D ein Zahnrad von 2 Fuß 6 Zoll im Durchmesser,
welches an der Achse des Rades E von 5 Fuß im
Durchmesser befestigt ist, und dessen Zaͤhne in die Zahnstange H eingreifen. I ist der
Kolben des an dem Ende G offenen Cylinders C, und an diesem Kolben ist die Zahnstange H befestigt. B ist eine
Reibungsrolle, auf der leztere ruht. Wenn nun zwischen den Cylinderdekel O und den Kolben I Dampf von
solcher Staͤrke eingelassen wird, daß er auf den Flaͤchenraum des
Kolbens und des Cylinderdekels einen Druk von 1000 Pfd. ausuͤbt, so wird der
Wagen mit derselben Kraft von 500 Pfd. wie in Fig. 19 fortgetrieben
werden; oder die auf den Cylinderdekel wirkenden 1000 Pfd. werden sich durch 15 Fuß
bewegen, waͤhrend jener Druk von 1000 Pfd., den der Kolben auf die
Zaͤhne des Zahnrades D, die sich von den
Zaͤhnen der Zahnstange H mit der Haͤlfte
der Geschwindigkeit des Wagens entfernen, hervorbringt, 7 1/2 Fuß durchlaufen haben
wird. Der Wagen wird daher mit einer Kraft von 1000 Pfd. durch 7 1/2 Fuß, oder mit
einer Kraft von 500 Pfd. durch 15 Fuß bewegt werden.
In Fig. 21
wird offenbar dieselbe Kraft ausgeuͤbt, wenn der Winkelhebel seinen
groͤßten Nuzeffect aͤußert. Diese Methode die Wagen mit Dampf zu
treiben ist demnach unstreitig die beste; denn die Kraft wird in einer geradlinigen
Richtung ausgeuͤbt, und bei einer solchen Anwendungsweise ist der Nuzeffect
am groͤßten. Jeder Sachverstaͤndige wird einsehen, daß die
Kraͤfte dieses Wagens oder uͤberhaupt eines jeden Wagens mit glatten
Raͤdern durch die Reibung der Raͤder beschraͤnkt werden; und
daß, wenn man einen drei Mal abgebogenen Winkelhebel mit drei Cylindern mit
einfachem Hube anwendet, eine beinahe gleichmaͤßige geradlinige Bewegung
einen groͤßeren
Nuzeffect des gewonnenen Dampfes hervorbringen wird. Die neue Methode wird daher
beim Ansteigen der Wagen uͤber schiefe Flaͤchen an den Eisenbahnen
eine groͤßere Kraft bewaͤhren, als irgend eine andere der
gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen Methoden, selbst jene mit Zahnstangen und
Zahnraͤdern nicht ausgenommen; ja sogar diese leztere wuͤrde durch
Annahme des neuen Principes wesentlich gewinnen.