Titel: | Ueber den Krapp; von Heinrich Schlumberger. |
Fundstelle: | Band 58, Jahrgang 1835, Nr. XLVIXLV., S. 283 |
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XLVIXLV.
Ueber den Krapp; von Heinrich Schlumberger.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 40, S. 401.
Schlumberger, uͤber den Krapp.
Nachdem Hr. Persoz und ichPolytechnisches Journal Band LII. S.
193. zwischen dem Avignon- und Elsasser-Krapp einen auffallenden
Unterschied wegen ihres verschiedenen Gehalts an kohlensaurem Kalk (Kreide) aufgefunden und ich
gezeigt hatte, daß die Kreide die Eigenschaft hat den Farbstoff beim
Krappfaͤrben solid zu machen, blieb noch zu untersuchen uͤbrig, ob der
Vorzug, welcher allgemein dem Avignon-Krapp zuerkannt wird, einzig seinem
bedeutenden Kreidegehalt zuzuschreiben ist, oder ob der Einfluß des Klima's
beruͤksichtigt werden muß. Nachdem ich mich dann uͤberzeugt hatte, daß
nur die Kreide und andere Substanzen, welche ich in meiner fruͤheren
Abhandlung angab, die Eigenschaft besizen, den Farbstoff des Krapps zu befestigen,
mußte ich die Rolle studiren, welche diese Substanzen spielen, naͤmlich: ob
sie als ein integrirender Theil in den Lak eingehen, der sich auf dem Gewebe bildet,
oder ob sie bloß auf einige Bestandtheile dieser Wurzel eine Wirkung aͤußern.
In der Absicht diese verschiedenen Fragen zu loͤsen, habe ich mit Hrn.
Daniel Koechlin-Schouch und Hrn. Persoz einige Versuche angestellt.
Einfluß des Klima's. – Um zu erfahren, ob das
Klima auf die Qualitaͤt des Krapps und die Assimilation des kohlensauren
Kalks einen Einfluß hat, stellte der Ausschuß fuͤr Naturgeschichte im
botanischen Garten der Industriegesellschaft folgende Versuche an:
Man bereitete Erden, welche 50 und 80 Proc. kohlensauren Kalk und beilaͤufig
ein Fuͤnftel ihres Volumens guten Pferdemist enthielten; in diese pflanzte
man im Maͤrz 1834 Ableger von Avignon- und Elsasser-Krapp,
wovon man im November desselben Jahres einen Theil der Wurzeln erntete, um
Faͤrbeversuche damit anzustellen.
Diese Wurzeln, welche sechs Monate in der Erde waren, lieferten beim Faͤrben
sehr solide Farben, und ohne daß man zwischen dem Elsasser- und
Avignon-Krapp einen Unterschied bemerkte: waͤhrend aͤhnliche
Ableger, in das natuͤrliche, nicht kalkhaltige Erdreich, neben dem
Avignon-Krapp verpflanzt, nur Krappe lieferten, die beim Faͤrben
fluͤchtige Farben gaben.
Andererseits pflanzte man Ableger von Krapp in das Palud-Erdreich, das von
Avignon bezogen wurde, und welches uͤber 90 Proc. kohlensauren Kalk
enthaͤlt. Dieser Boden lieferte Krappe, welche noch etwas solidere Farben
gaben, als die in unserem kuͤnstlichen kalkhaltigen Erdreich
herangezogenen.
Daß die mit diesen Wurzeln erhaltenen Farben nach dem Aviviren etwas weniger lebhaft
waren, als die von gutem Avignon-Krapp, muß man ihrem Alter zuschreiben, ein
Umstand, der einen sehr großen Einfluß auf die Assimilation des kohlensauren Kalks
hat; denn Avignon-Krapp, der z.B. im Palud angebaut wurde, ist viel
kalkreicher, oder liefert solidere und lebhaftere Farben, wenn er drei Jahre, als
wenn er nur anderthalb Jahre im Boden verweilte, und lezterer gibt wieder
solidere Farben, als solcher, der sich nur sechs Monate im Boden befand.
Zwischen der Soliditaͤt der Farben, die man mit dem holzigen und fleischigen
Theil von Avignon-Wurzeln erhielt, die im Palud angebaut waren und drei Jahre
im Boden verweilt hatten, zeigte sich kein merklicher UnterschiedIch muß hier Hrn. Julian in Avignon und Hrn. Schweighaͤuser in Straßburg
meinen Dank abstatten, weil sie durch ihre Kenntnisse in der
Krappfabrikation, durch ihre Wahrheitsliebe und außerordentliche
Gefaͤlligkeit, mich bei diesen Versuchen, so wie bei den in meiner
vorhergehenden Abhandlung mitgetheilten, sehr unterstuͤzt haben. Der
Gefaͤlligkeit des Hrn. Julian verdanke ich diese verschiedenen Krapparten, so wie
das Erdreich der verschiedenen Districte von Avignon, welches ich
fuͤr meine Abhandlung von 1833 einer Analyse unterzogen habe.A. d. O..
Aus diesen Versuchen geht hervor, daß das Klima keinen auffallenden Einfluß auf die
Assimilation der Kreide im Krapp hat, wenigstens nicht fuͤr das erste Jahr
ihres Anbaues, wodurch es sehr wahrscheinlich wird, daß es moͤglich ist ein
dem Avignon-Krapp ganz gleiches Product zu erzielen, indem man den Krapp in
irgend einem kalkhaltigen Erdreich anbaut; und endlich, daß die Assimilation der
Kreide um so groͤßer ist, je kraͤftiger und aͤlter die Wurzeln
sind.
Rolle der Kreide. – Aeltere und schaͤzbare
Beobachtungen des Hrn. Daniel
Koechlin hatten ihn uͤberzeugt, daß man durch die Vereinigung
zweier Oxyde mit einem und demselben Farbstoff eine viel haltbarere Farbe
erhaͤlt, ohne Zweifel weil die entstehende dreifache Verbindung
unaufloͤslicher ist.
Dieser Fabrikant drukte auf einen Zeug, worauf bereits Zinnoxyd befestigt war, noch
Alaunerde-Mordant und uͤber das Ganze eine Saͤure, um an
einigen Stellen die auf dem Zeuge befestigten Mordants wegzuaͤzen; derselbe
wurde nach dem Passiren in Kuͤhkoth und Auswaschen, in Krapp gefaͤrbt
und dann den damals uͤblich gewesenen Aviviroperationen unterzogen, besonders
aber sehr lange auf die Wiese ausgelegt.
Er bemerkte zuerst, daß die Saͤure sehr leicht die Alaunerde und ganz schwach
das Zinnoxyd wegaͤzte, wenn sich jedes allein auf dem Zeuge befand,
waͤhrend an den Stellen, wo Alaunerde und Zinnoxyd verbunden waren, keine
aͤhnliche Wirkung Statt fand; so zwar daß die Farbe auf dem Doppelmordant,
als der Zeug aus dem Bade kam, eben so intensiv war, als an den Stellen, welche
nicht mit Saͤure bedrukt wurden. Ueberdieß zeigte sich nach den
Aviviroperationen, daß alle mit Alaunerde und Zinnoxyd impraͤgnirten Stellen
viel dunkler und haltbarer gefaͤrbt waren, als die bloß mit einem dieser
beiden Mordants gebeizten, so zwar, daß heim Fortsezen der Avivagen bis zur theilweisen
Zerstoͤrung dieser lezteren Farben, die vom zusammengesezten Mordant noch
dieser zerstoͤrenden Wirkung widerstanden.
Hr. Daniel Koechlin fand auch
zuerst, daß das mit Indigo und Wau erzielte Fayencegruͤn viel haltbarer und
lebhafter wird, wenn man nach dem Faͤrben des Zinnmordants die Stuͤke
durch eine Alaunerde-Aufloͤsung nimmt, um einen Doppelmordant zu
erzeugen.
Die Alaunerde zeigt keine geringere Neigung sich mit dem Eisenoxyd zu verbinden, wenn
man z.B. einen mit Alaunerdemordant bedrukten und gereinigten Zeug durch eine
schwache Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen nimmt; lezteres wird durch die
Verwandtschaft der Alaunerde zum Eisenoxyd zersezt, und diese beiden Oxyde bleiben
auf dem Zeuge mit einander verbunden, indem sie beim Faͤrben die gemischten
Farben beider liefern, ohne daß deßhalb das Eisen in den weißen Grund einschlagen
und dieser sich dann faͤrben wuͤrde.
Mehrere andere Oxyde liefern dieselben Resultate.
Andererseits geht aus den Versuchen des Hrn. Persoz hervor, daß die Oxyde eine große Neigung
haben, sich unter einander zu verbinden.
Da endlich die Oxyde und Salze, von denen ich in meiner ersten Abhandlung angab, daß
sie die Kreide beim Faͤrben ersezen, alle mit der Alaunerde Verbindungen
eingehen koͤnnen; so veranlaßten uns diese Thatsachen zu untersuchen, ob sich
bei dem Krappfaͤrben Mit Kreide nicht eine Verbindung von Kalk, Alaunerde und
Farbstoff bilden kann, welche durch Vereinigung mit den fetten Koͤrpern bei
den Seifenpassagen noch unaufloͤslicher wuͤrde. Wir stellten deßhalb
folgende Versuche an:
Man nahm eine gewisse Quantitaͤt weißen Zeugs, bedrukte einen Theil desselben
mit essigsaurer AlaunerdeMit 4 Pfund Wasser, 1 Pfund Alaun und 1 Pfund essigsaurem Blei bereitet.A. d. O., troknete ihn und reinigte ihn nach Verlauf von drei Tagen im
Kuͤhkothbad. Dieser gebeizte Zeug wurde in mehrere Portionen zertheilt, wovon
man einen Theil im Krapp faͤrbte, indem man das Bad mit Dampf und zwar bis
zum Kochen erhizte. Diese gut gereinigten Zeuge wurden alsdann zum Theil durch die
gewoͤhnlichen Avivirpassagen genommen, d.h. durch ein auf 75° C.
(60° R.) erhiztes Bad von weißer Seife und von da durch Wasser, welches mit
Salpetersaͤure schwach angesaͤuert und ebenfalls auf 75° C.
erhizt war; hierauf endlich noch durch ein Seifenbad von derselben Temperatur und nach diesem gut
gereinigt. Jede Passage dauerte eine Stunde.
Man bezeichnete alsdann jedes Muster folgender Maßen:
A weißer Baumwollzeug.
B gebeizter und gereinigter Baumwollzeug.
C gebeizter Zeug, mit wenig kalkhaltigem
Elsasser-Krapp in destillirtem Wasser gefaͤrbt (er lieferte eine
dunkelbraune Nuͤance).
D mit Elsasser-Krapp wie C gefaͤrbter Zeug, der dann auf oben angegebene Weise avivirt wurde
(helle und schmuzige ziegelrothe Nuͤance).
E gebeizter, mit Avignon-Krapp vom Palud und in
destillirtem Wasser gefaͤrbter Zeug (dunkelbraune Nuͤance).
F mit Avignon-Krapp wie E gefaͤrbter Zeug, dann auf oben angegebene Weise avivirt
(schoͤne lebhaft rothe Nuͤance).
G mit Elsasser-Krapp und 1/6 kohlensaurem Kalk
gefaͤrbter Zeug dunkelbraune Nuͤance).
H mit Elsasser-Krapp und Kreide wie G gefaͤrbter, dann auf oben angegebene Weise
avivirter Zeug (schoͤne rothe Nuͤance, aͤhnlich der des
Avignon-Krapps).
I weißer Zeug, nicht gebeizt, durch Kreidewasser unter
denselben Umstaͤnden wie waͤhrend des Faͤrbens genommen, um
sich zu uͤberzeugen, ob die Kreide an dem Gewebe haͤngen bleibt.
K weißer Zeug, nicht gebeizt, den Avivirpassagen eben so
wie die gefaͤrbten Zeuge unterzogen.
L gebeizter Zeug, Nicht gefaͤrbt, durch
Kreidewasser wie I passirt.
M gebeizter Zeug, nicht gefaͤrbt, durch die
Avivirpassagen wie K genommen.
Man nahm von jedem dieser Muster genau fuͤnfzig Quadratcentimeter, reinigte
sie gut durch mechanische Mittel und passirte sie dann alle durch ein mit einem
Tausendstel Essigsaͤure angesaͤuertes Wasser, um so viel als
moͤglich die ihnen anhaͤngende und nicht damit verbundene Kreide zu
beseitigen. Sie wurden nach einander in einer Platinschale eingeaͤschert, bis
die organische Substanz ganz verbrannt war. Die daraus erhaltene Asche wurde in
Salpetersaͤure aufgeloͤst, dann durch Ammoniak die Alaunerde, die
phosphorsauren Salze etc. und hierauf der Kalk mit kleesaurem Ammoniak
niedergeschlagen. Die erhaltenen Niederschlaͤge gaben folgende Resultate:
Textabbildung Bd. 58, S. 287
Kalk; Alaunerde; Gramm
Textabbildung Bd. 58, S. 288
Kalk; Alaunerde; Gramm
Diese Versuche wurden nochmals wiederholt, um sich von ihrer Genauigkeit zu
versichern, gaben aber beinahe ganz die naͤmlichen Resultate. Dieselben
liefern einen auffallenden Beweis fuͤr die Richtigkeit unserer Ansicht; denn
wir sehen, daß beim Faͤrben unter dem Einfluß von Kreide immer eine gewisse
Menge Kalk mit dem Mordant eine Verbindung eingeht und, was noch
merkwuͤrdiger ist, durch die Avivagen ein großer Antheil von Alaunerde
verschwindet. So oft man naͤmlich mit Krapp eine solide Farbe erhaͤlt,
bleibt auf dem Baumwollenzeug eine Verbindung von Kalk mit Alaunerde in
stoͤchiometrischem Verhaͤltniß zuruͤk, welche besteht aus:
2 Atomen Alaunerde3 Atomen Kalk
64 × 2 = 128.
Alaunerde35,6 × 3 = 106. Kalk
54,7045,30
100
oder aus 1 Atom Alaunerde und 1 1/2 Atomen Kalk und folglich
ein Sesqui-Aluminat von Kalk ist.
Wir fanden bei F, als wir mit Avignon-Krapp
faͤrbten und avivirten:
AlaunerdeKalk
0,21 = 55,270,17 = 44,73
100
Bei H, als wir mit Elsasser-Krapp und Kreide
faͤrbten:
AlaunerdeKalk
0,25 = 55,550,20 = 44,45
100
Dieß ist wohl der uͤberzeugendste Beweis fuͤr die Rolle, welche die
Kreide spielt, die nicht bloß zum Zwek hat eine Saͤure zu saͤttigen
(was man fruͤher annahm, ohne es durch Versuche nachgewiesen zu haben),
sondern die auch mit der Alaunerde eine bestimmte Verbindung eingehen kann und
wahrscheinlich auch mit den fetten Koͤrpern und dem Farbstoff.
Die Zeuge I und L, welche
durch ein Kreidebad genommen wurden, ohne daß sie deßwegen mehr Kalk enthielten als
A und B, die durch kein
solches Bad kamen, beweisen, daß der in der Asche der gefaͤrbten Zeuge
enthaltene Kalk dem Gewebe nicht mechanisch anhingDie Kreide haͤngt den Zeugen so stark an, daß ich einen Augenblik an
der Richtigkeit meiner Beobachtung, daß naͤmlich der Kalk mit
Alaunerde und Farbstoff eine Verbindung eingeht, zu zweifeln veranlaßt
wurde; denn ein Stuͤk weißen Baumwollenzeugs, welches wie I und L mit
Kreidewasser behandelt, dann durch mechanische Mittel gut gereinigt und
einige Zeit in destillirtes Wasser eingeweicht worden war, aber nicht durch
mit Essigsaͤure geschaͤrftes Wasser genommen wurde, lieferte
eine Asche, die fast eben so viel Kalk enthielt, als die mit Zusaz von
Kreide im Krapp gefaͤrbten Muster.A. d. O., sondern
vielmehr mit der Alaunerde und dem Farbstoff verbunden war.
Wenn man mit Eisenoxyd gebeizte Zeuge in kalkhaltigem Krapp faͤrbt, so
verbindet sich ebenfalls Kalk mit dem Mordant und Farbstoff.
Ich will bei dieser Gelegenheit auf die Bemerkungen antworten, welche Hr. Robiquet in Bezug auf meine
fruͤhere Abhandlung uͤber den Krapp niederschriebPolytechnisches Journal Bd. LV. S.
136.. Obgleich sich meine Behauptungen alle auf Versuche gruͤnden, welche
die Praxis bestaͤtigt, so scheut sich Hr. Robiquet doch nicht, dieselben zu verwerfen,
ohne auch nur einen einzigen meiner Versuche wiederholt zu haben.
Zuerst befaßt er sich mit der Frage uͤber den Anbau des Krapps und sagt
uͤber meine Folgerungen hinsichtlich dieses Gegenstandes, „daß sie
unter der industriellen Classe derjenigen Departements, welche
hauptsaͤchlich dem Anbau und der Verarbeitung des Krapps ihren Wohlstand
verdanken, eine große Bestuͤrzung hervorbringen
koͤnnten.“ Nun frage ich aber, wie Untersuchungen, wodurch
bloß der chemische Unterschied der verschiedenen Krappsorten ausgemittelt werden
soll, dem landwirthschaftlichen und industriellen Interesse eines Landes so
nachtheilig seyn koͤnnen, wenn sie nur die von Hausmann vor vierzig Jahren beobachteten und bekannt gemachten Thatsachen
einiger Maßen aufklaͤren, durch welche leztere sich schon die
Moͤglichkeit voraussehen ließ, den Anbau dieser wichtigen Wurzel zu
vergroͤßern oder wenigstens zu verbessern, was durch unsere Versuche
bestaͤtigt wird.
Wir begreifen ferner nicht, welcher Verlust fuͤr Frankreich daraus
hervorginge, wenn der Krapp mehr angebaut wuͤrde und wenn z.B. die Champagne
ihr ausgedehntes kalkhaltiges Erdreich, welches gegenwaͤrtig zum Theil noch
unangebaut ist, benuzen wuͤrde, um dem Handel ein so gesuchtes und so
nothwendiges landwirthschaftliches Product zu liefern, welches schon oͤfters
in Folge unguͤnstigen Witterung oder durch den Speculationsgeist auf den
doppelten Preis stiegIn Folge meiner Untersuchungen hat die landwirthschaftliche Gesellschaft des
Dept. de l'Aube so eben in ihrem Bulletin No. 53 eine Einladung an alle Oekonomen
dieses Departements ergehen lassen, den Anbau der Krappwurzeln darin
einzufuͤhren. Sie hat zugleich drei ihrer Mitglieder beauftragt, in
diesem Jahre die ersten Versuche mit dem Anbau in kalkhaltigem Boden
anzustellen.A. d. O..
Hr. Kuhlmann aͤußerte
sich in einer seiner lezten AbhandlungenPolytechnisches Journal Bd. LII. S.
137. folgender Maßen: „Man sieht mit Bedauern, daß zahlreiche
Untersuchungen, welche uͤber die Faͤrbematerialien angestellt
wurden, zwar schaͤzbare Resultate uͤber einige dieser Substanzen
lieferten, aber bis jezt nur wenige Abaͤnderungen in den
Faͤrbeoperationen hervorriefen und daß die Ergebnisse dieser
Untersuchungen bloß als merkwuͤrdige Thatsachen in den
Lehrbuͤchern der Chemie aufgefuͤhrt sind, waͤhrend ihr
Einfluß auf die praktischen Verfahrungsarten nur noch sehr gering
war.“
Hr. Robiquet antwortet auf
diese Bemerkung des Hrn. Kuhlmann, daß das Schiksal dieser Verbesserungen ganz und gar von dem guten Willen der Fabrikanten
abhaͤngt und kann sich nicht enthalten zu erwaͤhnen, daß man z.B. in
dem Krapp durchaus nicht die Existenz des Alizarins und Purpurins annehmen wollte,
welche Substanzen er mit Hrn. Colin entdekte. Er fuͤgt spaͤter noch bei, daß man in
Folge dieses Conflicts in der Kenntniß der Krappwurzel eher zuruͤk-
als vorschritt.
Wir wollen nun fuͤr einen Augenblik Hrn. Robiquet zugeben, daß er mit Recht den
Fabrikanten im Allgemeinen solche Vorwuͤrfe macht, und eben so vertrauensvoll
die Existenz des Purpurins und Alizarins im Krapp annehmen; dann wollen wir kraft
einer der Eigenschaften, welche diese Substanzen besizen muͤssen, den Einfluß
des Kalks, der Kreide und des kalkhaltigen Wassers, welche in seinem Laboratorium
jedes Faͤrben unmoͤglich machten, als Taͤuschung
betrachten.
Als Fabrikanten, die begierig sind Entdekungen zu pruͤfen, welche unseren
Industriezweig vervollkommnen koͤnnen, wollen wir von denjenigen eine
Anwendung wachen, welche man Hrn. Robiquet's Arbeiten verdankt, und dieser Gelehrte wird dann zuerst
uns zugeben, daß weder sein Purpurin noch sein Alizarin den Krapp ersezen
koͤnnen; die erstere dieser Substanzen liefert uns ganz andere Resultate als
der Krapp, denn selbst bei einem Zusaz von Kreide gibt sie keine haltbaren Farben;
und was das Alizarin betrifft, so macht es seine Bereitungsart unmoͤglich,
dasselbe im Großen anzuwenden. Es bleiben uns also bloß noch die schwefelsaure Kohle
und die Krappblumen des Hrn. Robiquet uͤbrig, die wir, mit der Vorsicht bloß reines Wasser
zu gebrauchen, nun anwenden wollen.
Die Farben werden, wie sie aus dem Faͤrbebad kommen, sehr satt und der weiße
Grund wird wenig eingeschlagen seyn; wenn wir aber diese Farben aviviren, werden wir
finden, daß sie die gebraͤuchliche Avivirmethode nicht vertragen und daß bei dieser Operation
die Farben zum Theil verschwinden. Man braucht nun zwar dem Farbebade bloß ein wenig
Kreide zuzusezen, um sehr solide Farben zu erhalten: dabei geht aber sehr viel
Farbstoff verloren.
Hr. Lagier, Robiquet's Associé, will
neuerdings ihr Extract – das Resultat achtjaͤhriger Versuche –
in den Handel bringen, und zwar bloß zum Faͤrben von Tuͤrkischroth mit
schwachen Avivagen, indem die Farbe den gewoͤhnlichen Avivirpassagen nicht
widerstehen wurde. Dasselbe Product, welches nach ihrem eigenen Gestaͤndniß
nicht zum Faͤrben von Weißboͤden angewandt werden kann, weil die damit
erhaltenen Farben die Avivagen nicht aushalten, gibt hingegen mit einem Zusaz von
Kreide schoͤne solide Farben.
Wenn Hrn. Robiquet's
Entdekungen von den Fabrikanten haͤtten benuzt werden koͤnnen, so
waͤre seine im Jahre 1832 mit so vielem Pomp angekuͤndigte
AlizarinfabrikPolytechn. Journal Bd. XLVI. S.
123. auch nicht mehr auf bloßes Probiren beschraͤnkt.
Hr. Robiquet sagt in seiner
Kritik ferner: „Je mehr man sich der Reinheit des Farbstoffs
naͤhert, desto schwieriger wird es, mit gewoͤhnlichem Wasser zu
faͤrben, und weit entfernt, Kreide zum Faͤrben anwenden zu
muͤssen, muß man im Gegentheil kalkhaltiges Wasser immer mehr vermeiden,
so zwar, daß man mit dein Alizarin selbst nur in vollkommen reinem Wasser
faͤrben kann!“
Unsere Versuche haben jedoch in keiner Hinsicht die Eigenschaften, welche dieser
Chemiker dem Farbstoff des Krapps zuschreiben moͤchte, bestaͤtigt. Wir
haben schon gesagt, daß das Extract, oder die Krappblume der HH. Lagier und Robiquet nur bei einem Zusaz von Kreide solide
Farben liefert. Dasselbe ist der Fall bei dem Krappextract des Hrn. Persoz, welches nach einem zum
Ausziehen aller Farbmaterialien anwendbaren Verfahren erhalten wird.
Das Extract von Elsasser-Krapp, wovon Hr. Ritzinger in Barr der Industriegesellschaft ein
Muster eingeschikt hatte, gab zwanzig Mal mehr Farbstoff ab, als sein gleiches
Gewicht Krapp und die Farbe war nach dem Aviviren truͤb; mit seinem gleichen
Gewicht kohlensauren Kalks versezt, war es hingegen fuͤnfzig Mal ergiebiger,
als Krapppulver, und lieferte dann eben so schoͤne und solide Farben wie der
beste Avignon-Krapp.
Das Purpurin bietet beim Faͤrben gar keine Schwierigkeiten dar, wenn man es
mit seinem gleichen Gewicht Kreide versezt; die Farben widerstehen aber den Avivagen
deßwegen doch nicht besser.
Wenn man das sublimirte Alizarin, welches nach Hrn. Robiquet
den Farbstoff des Krapps
in seinem reinsten Zustande darstellt, mit seinem gleichen Gewicht Kreide versezt,
so erhaͤlt man eine Farbe, die ein wenig dunkler oder ein wenig besser ist,
als ohne diesen Zusaz. Indessen muͤssen wir hier zur Steuer der Wahrheit
sagen, daß wir mit Alizarin und destillirtem Wasser wirklich Muster faͤrbten,
deren Farben eben so solid wie die von Avignon-Krapp waren: wir
muͤssen aber auch bemerken, daß dieses Alizarin ohne Vergleich weniger
ergiebig war. als einige andere Krappproducte, wie z.B. das Krappextract Dandrillon's, welches man mit
Essigsaͤure erhaͤlt; lezteres faͤrbt beinahe doppelt so stark
als Alizarin. Diese Thatsache, nebst einigen anderen, worauf wir bei einer anderen
Gelegenheit zuruͤk kommen wollen, macht es etwas zweifelhaft, ob das Alizarin
und Purpurin wirklich naͤhere Bestandtheile des Krapps sind.
Die Frage, ob das Alizarin und Purpurin in der That Bestandtheile des Krapps sind,
interessirt uns fuͤr diesen Augenblik nicht; fuͤr Fabrikanten ist die
Hauptsache, auf praktische Resultate zu kommen, und die Erfahrung lehrt, daß man mit
Elsasser-Krapp bei Anwendung von destillirtem Wasser Farben erhaͤlt,
die wenig oder gar nicht solid sind, waͤhrend man mit der gleichen Menge
dieses Krapps, wenn man dem destillirten Wasser noch Kreide zusezt, Farben erzielt,
die nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen. Die Quantitaͤt Kreide,
welche man dem Elsasser-Krapp zusezen muß, um ihm die Eigenschaften des
Avignon-Krapps zu ertheilen, ist viel groͤßer als die
urspruͤnglich in lezterem enthaltene. Daruͤber darf man sich aber
nicht wundern, weil die Umstaͤnde nicht dieselben sind; die gesiebte Kreide
ist nicht in so fein zertheiltem Zustande, wie die im Krapp enthaltene, und kommt
auch nicht in so innige Beruͤhrung mit demselben. Ueberdieß habe ich in
meiner ersten Abhandlung gezeigt, daß die freie Saͤure des
Elsasser-Krapps eine gewisse Menge Kreide neutralisirt, welche daher auch
nichts mehr zur Befestigung des Farbstoffs beitraͤgt.
Um die Wirkung der Kreide beim Faͤrben zu erklaͤren, sagt Hr. Robiquet, daß wenn man mit
Elsasser-Krapp ohne Kreide faͤrbt, die freie Saͤure nicht
gesaͤttigt wird und sich daher bloß das Purpurin mit dem Mordant verbinden
kann, das Alizarin aber in dem Faͤrbebade zuruͤk bleibt, indem nach
diesem Gelehrten bloß das erstere in sauren Fluͤssigkeiten aufloͤslich
ist. Er fuͤgt bei, daß das Gegentheil mit Avignon-Krapp Statt findet,
welcher schon Kreide enthaͤlt, und eben so mit Elsasser-Krapp, dessen
Saͤure man durch Kreide neutralisirt hat und dessen aufgeloͤstes
Alizarin sich gaͤnzlich mit dem Mordant verbinden wird.
Um diese Behauptung zu pruͤfen, nahmen wir gleiche Gewichte Elsasser-
und Avignon-Krapp zum Faͤrben gleicher Flaͤchen gebeizten
Zeuges in destillirtem Wasser. Nach dem Faͤrben behandelten wir die beiden
Ruͤkstaͤnde mit Alkohol, bis dieser nichts mehr daraus
aufloͤste, um das Alizarin auszuziehen, welches der Elsasser-Krapp
noch enthalten mußte, und um zu sehen, ob im Avignon-Krapp keines
zuruͤk blieb. Wir erhielten von beiden Krapparten ein gleiches Gewicht
Extracte, welche unter den von Hrn. Robiquet angegebenen Umstaͤnden erhizt, uns keine Spur von
Alizarin lieferten.
Bei dieser neuen Theorie zeigt sich auch ein auffallender Widerspruch unter den
Eigenschaften, welche Hr. Robiquet seinem Alizarin zuschreibt. Gegenwaͤrtig behauptet
er, daß die freie Saͤure des Elsasser-Krapps die Aufloͤsung des
Alizarins in dem Wasser, welches man zum Faͤrben anwendet, verhindern muß,
waͤhrend er doch im Jahre 1827 dieses Alizarin aus der ersten mit Wasser
bereiteten Infusion des Elsasser-KrappsPolytechn. Journal Bd. XXIV. S.
530. erhielt.
Wir fragen dann, warum man, wenn Elsasser- und Avignon-Krapp geradezu
mit Alkohol von 25° Cartier erschoͤpft, die Infusionen zum Theil
abgedampft und dann mit destillirtem Wasser verduͤnnt werden,
Fluͤssigkeiten erhaͤlt, die beim Faͤrben gebeizter Zeuge nur
truͤbe Farben von geringer Haltbarkeit liefern, wobei sich noch dazu ein sehr
geringer Unterschied zwischen diesen beiden Krapparten zeigt. Hier widersezte sich
doch nichts der Aufloͤsung des Alizarins!
Ferner zeigt sich kein Unterschied in der Intensitaͤt der mit
Elsasser-Krapp gefaͤrbten Farben, man mag ihn mit Kreide versezt haben
oder nicht, waͤhrend doch nach der Theorie des Hrn. Robiquet dieser Zusaz sowohl die
Aufloͤsung und Befestigung des Alizarins als die des Purpurins gestattet, so
daß man durch die Vereinigung dieser beiden Koͤrper mit dem Mordant dunklere
Farben erhalten muͤßte, als wenn sich bloß das Purpurin mit dem Zeuge
verbindet.
Behandelt man endlich den Avignon-Krapp, welcher an und fuͤr sich solid
faͤrbt, mit einer Saͤure, so entzieht ihm diese die Kreide, nebst den
in der Kaͤlte aufloͤslichen Substanzen, vielleicht auch ein wenig
Purpurin, weil es in den Saͤuren sich aufloͤsen sollte; das Alizarin
muß aber vollstaͤndig mit der Pflanzenfaser zuruͤk bleiben. Nenn man
jedoch den so erschoͤpften Krapp sorgfaͤltig auswascht und nachdem das
Aussuͤßwasser ganz neutral ist, mittelst destillirten Wassers faͤrbt,
so erhaͤlt man Farben, die das Aviviren nicht vertragen, waͤhrend man
im Gegentheil, wenn dem so behandelten Krapp die ihm entzogene Kreide wieder zugesezt wird, und selbst
in schwachem Ueberschuß, vollkommen solide und schoͤne Farben
erhaͤlt.
Jener Theorie des Hrn. Robiquet
stellen wir auch noch unsere im Eingange dieser Abhandlung erwaͤhnten
Versuche entgegen, nach welchen die nuͤzliche Wirkung der Kreide darin
besteht, daß sich auf dem Zeuge eine Verbindung von Kalk mit Alaunerde und Farbstoff
bildet.Wir haben S. 292 einen Versuch angefuͤhrt, wonach man mit Alizarin
selbst ohne Beihuͤlfe von Kreide solid faͤrben kann, daher
dieses Salz zur Erzielung solider Farben nicht immer unumgaͤnglich
noͤthig ist. Deßwegen ist es aber nicht weniger wahr, daß beim
Faͤrben mit Kreide die Kalkerde mit dem gefaͤrbten Lak eine
Verbindung eingeht und gerade dadurch solide Farben erzeugt. – Um
eine genuͤgende Erklaͤrung dieser Thatsachen zu erhalten,
haben wir bereits eine neue Reihe von Versuchen begonnen.A. d. O.
Hr. Robiquet sagt, daß sich
seine Theorie uͤber das Krappfaͤrben auf genaue Versuche
gruͤndet, die er in Gegenwart mehrerer Mitglieder der Akademie anstellte;
wenn er uns aber nur die freie Saͤure, welche die Kreide neutralisirt, oder
die Substanz, die diese Saͤure waͤhrend des Faͤrbens entwikelt,
kennen gelehrt haͤtte.
Man muß sich wirklich wundern, daß die verschiedenen Tatsachen, welche ich in meiner
ersten Abhandlung (S. 212, Bd. LII.) angab, Hrn. Robiquet nicht uͤberzeugen konnten, daß
die Eigenschaft des kohlensauren Kalks, die Farben solid zu machen, nicht die Folge
der Neutralisation einer Saͤure seyn kann.
Nun werde ich Hrn. Robiquet
wohl auch fragen duͤrfen, warum der reine Kalk, der neutrale phosphorsaure
Kalk, die kohlensaure Bittererde, das Bleioxydhydrat, Zinkoxyd, Manganoxydul etc.,
den Farbstoff des Krapps eben so gut wie die Kreide solid machen, und warum andere
Oxyde und Salze, welche nicht weniger kraͤftige Salzbasen sind, diese
Eigenschaft nicht besizen? Unter leztere gehoͤren aͤzendes und
kohlensaures Kali und Natron, kohlensaurer Baryt, Alaunerdehydrat, Kupferoxydhydrat,
Nikel- und Wismuthoxyd etc.
Andererseits muͤßte nach Robiquet's Theorie Elsasser-Krapp, welcher mit reinem Wasser
ausgewaschen wurde, das ihm seine freie Saͤure mit allen aufloͤslichen
Bestandtheilen entzieht, beim Faͤrben sein Alizarin an den Mordant eben so
gut abgeben, wie Avignon-Krapp; man erhaͤlt mit solchem ausgewaschenem
Elsasser-Krapp aber auch nur fluͤchtige Farben, waͤhrend er bei
einem Zusaz von Kreide, die nun doch keine freie Saͤure mehr vorfindet, die
solidesten und nach dem Aviviren lebhaftesten Farben liefert. (Man vergl. S. 196
meiner ersten Abhandlung.)
Wenn Hr. Robiquet meine
Abhandlung aufmerksamer gelesen haͤtte, so wuͤrde er nicht gesagt
haben, „daß nach meinen Versuchen die Kreide sehr schwierig durch reinen Kalk,
kohlensaures Kali und Natron etc. zu ersezen ist.“ Ich habe im
Gegentheil gesagt, daß kohlensaures Kali und Natron nicht die Eigenschaft haben, die
Kreide zu ersezen, waͤhrend Aezkali in geeignetem Verhaͤltnisse sie
gut ersezt. Daß der reine Kalk mit Vorsicht angewandt werden muß, kann man zum Theil
seinem kleinen Atomgewichte und seiner aufloͤsenden Wirkung auf die Alaunerde
zuschreiben, wenn er im Verhaͤltnisse zu dieser Basis in einem gewissen
Ueberschuß vorhanden ist. Sezt man von ihm nur so viel zu, als zur Neutralisation
der freien Saͤure des Krapps erforderlich ist, so erhaͤlt man keine
solide Farbe, und wendet man hingegen einen geringen Ueberschuß an, so loͤst
er die mit dem Zeuge verbundene Alaunerde auf und verhindert das Faͤrben.
Hr. Robiquet sagt ferner:
„bei einigem Nachdenken sieht man leicht ein, warum die Kreide, in
Ueberschuß angewandt, nicht schaͤdlich wirken kann, indem sie
unaufloͤslich ist.“ Er haͤtte aber aus dem S. 212
meiner Abhandlung angegebenen Versuche schließen koͤnnen, daß dieses Salz ein
wenig aufloͤslich ist. Ich hatte uͤberdieß gezeigt, daß klares
Kalkwasser, obgleich es als aufloͤslicher Koͤrper wirkt, die Kreide
ersezt, waͤhrend der ganz unaufloͤsliche kohlensaure Baryt, oder das
aufloͤsliche kohlensaure Kali die Farben nicht haltbarer machen. Man kann
folglich eine mehr oder weniger nachtheilige Wirkung dieser Substanzen weder ihrer
Unaufloͤslichkeit noch ihrer Aufloͤslichkeit zuschreiben.
Der Saͤure des Elsasser-Krapps schreibt Hr. Robiquet auch die Eigenschaft zu,
waͤhrend des Faͤrbens die auf dem Zeuge befestigten Mordants
aufzuloͤsen; dieß ist fuͤr uns eine ganz neue Thatsache, welche wir
nie, weder in den Fabriken, noch bei unseren zahlreichen Versuchen uͤber den
Krapp zu beobachten Gelegenheit hatten.
Wir waͤren sehr geneigt, Hrn. Robiquet zuzugeben, daß nur das Purpurin schoͤne Krapplake
erzeugen kann und daß der Elsasser-Krapp wegen der großen Menge, die er von
diesem Farbstoff enthaͤlt, zur Lakbereitung dem Avignon-Krapp
vorzuziehen ist, welcher leztere nach jenem Chemiker viel Alizarin enthaͤlt
und nur schlechte Lake liefert; endlich auch, daß die Soliditaͤt dieser Lake
nur dem Oehl zuzuschreiben ist, welches man zum Mahlen anwendet; wenn nicht
ausgezeichnete Fabrikanten, wie die HH. Schweighaͤuser in Straßburg und J. Zuber in Rixheim, welche taͤglich Producte dieser Art bereiten, die
nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen, behaupten wuͤrden, daß sie
mit beiden Krapparten auf dieselbe Art und in derselben Quantitaͤt
schoͤne Lake erhalten, die in beiden Faͤllen sehr solid sind, ohne daß
man ihnen die geringste Spur Oehl zusezt, das zu ihrer Haltbarkeit gar nichts
beitraͤgt.
Hr. Robiquet fragt, ob es
wirklich wahr seyn sollte, daß ein guter Elsasser-Krapp bei einem geeigneten
Zusaz von Kreide dieselben Resultate liefert, wie der beste Avignon-Krapp?
Dieser Chemiker haͤtte, ehe er eine solche Frage aufwarf, sich aber wohl
einmal die Muͤhe nehmen koͤnnen, einen eben so einfachen als leichten
Versuch zu wiederholen; er wuͤrde dann gefunden haben, daß beide Krapp arten
die lebhaftesten Farben liefern, ohne daß sich ein Unterschied wahrnehmen
laͤßt. Wir muͤssen ihm uͤberdieß bemerken, daß man sich noch
vor fuͤnfundzwanzig Jahren im Departement des Oberrheins fast ausschließlich
des Elsasser-Krapps bediente, und daß er damals – Dank sey Hausmann's Entdekung – eben
so schoͤne und solide Farben lieferte, als man spaͤter mit
Avignon-Krapp erhielt. Daß man den Elsasser-Krapp großen Theils
aufgab, ist hauptsaͤchlich dem Unterschiede des Preises zuzuschreiben; der
Elsasser-Krapp ist in der Regel theurer, indem er bei weitem nicht so
haͤufig angebaut wird; und dann wird ein großer Theil Elsasser-Krapp
auch fuͤr gewisse Indiennen-Artikel verbraucht, wobei der kalkhaltige
Avignon-Krapp nicht dieselben Resultate geben wuͤrde.
Hr. Robiquet will endlich auch
noch dem Bittererdesalze, welches der Kalk enthalten muß, einen unguͤnstigen
Einfluß zuschreiben, welcher durch den Zusaz von Kreide vernichtet werden muß. Ich
kann ihm in dieser Hinsicht nur dieselben Thatsachen entgegenstellen, die ich gegen
Bartholdi's Theorie
anfuͤhrte und die ihm entgangen zu seyn scheinen. Unsere Krappe enthalten nur
Spuren von Bittererde, und uͤberdieß habe ich auch Avignon-Krapp mit
dem zwoͤlften Theile seines Gewichtes schwefelsaurer Bittererde versezt, und
dessen ungeachtet eben so intensive und solide Farben erhalten, wie ohne Anwendung
dieses Salzes. Ich habe endlich in meiner ersten Abhandlung angegeben, daß die
kohlensaure Bittererde sogar die Kreide zu ersezen vermag, indem sie mit
Elsasser-Krapp eben so schoͤne Farben liefert. Ein Bittererdegehalt
des Krapps kann also keineswegs so nachtheilig seyn, wie Hr. Robiquet glaubt.
Ich erinnere zum Schlusse auch noch an eine in meiner ersten Abhandlung angegebene
Beobachtung: daß man naͤmlich mit Elsasser-Krapp ohne Zusaz von Kreide
auch kein solides Tuͤrkischroth faͤrben kann, und daß folglich die
Meinung Robiquet's, daß
naͤmlich das Oehl das Purpurin befestigt, ungegruͤndet ist, denn nur
die Kreide macht, wie beim gewoͤhnlichen Faͤrben, so auch beim Krappen
des Tuͤrkischroths, den Farbstoff solid.