Titel: | Bericht des Hrn. Herpin über die Mehlarten, welche die HH. Porcheron und Languereau in Paris, aus verschiedenen gekochten Hülsenfrüchten bereiten. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. IX., S. 68 |
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IX.
Bericht des Hrn. Herpin uͤber die Mehlarten, welche die HH.
Porcheron und Languereau in Paris, aus
verschiedenen gekochten Huͤlsenfruͤchten bereiten.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. April 1835, S. 171.
Herpin's Bericht uͤber die Mehlarten.
Das Kochen gewisser Huͤlsenfruͤchte, wie z.B. der Erbsen, Linsen und
Bohnen erfordert, wenn man das gewoͤhnliche Verfahren befolgt, bekanntlich
lange Zeit; und es gelingt gar nicht, wenn man sich hiebei harter oder kalkhaltiger
Wasser bedient. Eben so erfordern diese Gemuͤse eine langwierige und
langweilige Behandlung, wenn man sie in einen Brei, in welcher Form sie eines der
gesuͤndesten Nahrungsmittel bilden, verwandeln will. Seit langer Zeit sehnte
man sich daher nach einem Verfahren, durch welches die Behandlung dieser
schaͤzenswerthen Gemuͤse, um eine angenehme, wohlfeile und gesunde
Nahrung daraus zu bereiten, abgekuͤrzt wuͤrde. In dieser Absicht
schrieb die Gesellschaft auch schon vor mehreren Jahren einen Preis von 1000 Fr. auf
die beste Methode zum Entschaͤlen der sogenannten trokenen Gemuͤse
aus.
Hr. Robiquet berichtete der Gesellschaft im Jahre 1822
uͤber die interessanten Arbeiten, welche Hr. Duvergier uͤber denselben Gegenstand unternahm. Dieser Bericht sagt
zwar nichts uͤber das von diesem Manne eingeschlagene Verfahren; allein in
einer von demselben herausgegebenen AbhandlungDie fragliche Abhandlung erschien unter folgendem Titel: „Légumes cuits et réduits en farines
propres à faire de la purée à l'instant
même. 8. Paris 1823 chez Guitel.“
befindet sich folgende Stelle. „Ich kam auf die Idee die
Huͤlsenfruͤchte mit Dampf zu kochen und sie hierauf
gehoͤrig zu troknen, um sie auf mechanische Weise von ihrer Schale zu
befreien, und sie in Mehl zu verwandeln. Dieses Mehl bewahrte ich pfundweise in
papiernen Saͤken, um es immer rein und gegen den Zutritt der Luft
geschuͤzt zu erhalten.“
Die Erfahrung hat gegenwaͤrtig die Vortheile dieses Verfahrens
bestaͤtigt, so wie sich denn auch die gute Aufbewahrung der auf diese Weise
behandelten Mehlsorten bewaͤhrt hat. Wenn naͤmlich durch das Sieden
und durch das darauf folgende Troknen der Huͤlsenfruͤchte aller
Gaͤhrungsstoff, so wie auch die Insektenlarven, die sich allenfalls darin
befinden mochten, zerstoͤrt worden, so braucht man das Mehl nur vor
Feuchtigkeit zu schuͤzen, um es sehr lange Zeit aufbewahren zu
koͤnnen, ohne daß es irgend eine Veraͤnderung eingeht. Dasselbe
Verfahren findet uͤbrigens auch auf andere Fruͤchte und mehlige Substanzen seine
Anwendung; denn Hr. Lefroy, Oberberg-Ingenieur,
bewahrt schon seit 4 Jahren Kastanienmehl, welches von den HH. Porcheron und Languereau bereitet worden ist,
auf, ohne daß dasselbe auch nur im Geringsten seinen urspruͤnglichen Geschmak
verloren haͤtte.
Die beiden leztgenannten Fabrikanten erzeugen in ihrer Fabrik Sago, Tapioca,
Bohnen-, Erbsen-, Linsen-, Bataten-, Mais-,
Kastanien- und andere Mehlsorten, welche sowohl im Hauswesen, als in der
Arzeneikunde mannigfache nuͤzliche Anwendung finden. Die Fabrik, welche
dieselben in St. Ouen errichteten, ist noch zu neu, als daß wir ausfuͤhrliche
Details uͤber sie geben koͤnnten; allein das daselbst befolgte
Verfahren scheint uns mit jenem des Hrn. Duvergier große
Aehnlichkeit zu haben.
Die Huͤlsenfruͤchte werden naͤmlich, nachdem sie ausgesucht und
sorgfaͤltig gereinigt worden sind, beilaͤufig eine Viertelstunde lang
in einem Kessel mit doppeltem Boden der Einwirkung des Dampfes ausgesezt. Sie kommen
stark aufgeblaͤht und mit zerrissener Schale aus dem Kessel, werden dann
einige Stunden der Luft ausgesezt, und hierauf auf Geflechten in einen Trokenofen
gebracht, in welchem man sie beilaͤufig 14 Stunden lang bis zu vollkommener
Trokenheit belaͤßt. Wenn sie in Folge des Troknens wieder ihre
fruͤhere Groͤße bekommen haben, so haͤngt die Schale nur mehr
lose an dem Fleische oder an der mehligen Substanz, so daß sie sich sehr leicht in
Form eines duͤnnen Haͤutchens abloͤst. Endlich werden die
einschaͤlten Huͤlsenfruͤchte zwischen gerieften Cylindern
gebrochen und in Mehl verwandelt.
Die Fabrikate der HH. Porcheron und Languereau schienen uns sehr gut bereitet; denn sie besizen vollkommen den
Geruch und den Geschmak der Substanzen, aus denen sie erzeugt wurden; auch bemerkt
man an ihnen durchaus nicht jenen Geschmak nach Staub, und jene Schaͤrfe,
welche man an mehreren aͤhnlichen Fabrikaten trifft. Das halbe Kilogramm oder
das Pfund Erbsen-, Linsenmehl etc. kostet 70 Cent., und bei groͤßerem
Absaze wird dieser Preis noch bedeutend sinken.
Hr. Porcheron, der seine Kunst studirt, und ihr die
gehoͤrige Ausdehnung zu geben bemuͤht ist, hat nun, nachdem er selbst
in Italien die Fabrikation der dortigen Vermicelli etc. erlernt hat, eine derlei
Fabrik in der Auvergne angelegt. Er sucht ferner unsere inlaͤndischen
Sazmehlarten so zuzubereiten, daß sie in Hinsicht auf Form und Geschmak der Tapioca,
dem Sago, dem Salep etc. gleichkommen, um uns auf diese Weise von dem Tribute, den
wir in diesen Substanzen dem Auslands zollen, zu befreien. Man hat in dieser
Hinsicht bereits mehrere Versuche gemacht; das Verfahren, welches Madame Chauveau de la Miltière gemaͤß einem im
Jahre 1806 erhobenen Patente befolgte, ist folgendes. Das Kartoffelstaͤrkmehl
wird noch feucht durch ein Metallsieb, welches sich uͤber einer Platte aus
Weißblech befindet, getrieben, und dann in einen Ofen gebracht, der so weit erhizt
ist, als es zum Brodbaken erforderlich ist. Wenn das Staͤrkmehl sich von der
Platte abzuloͤsen beginnt, so nimmt man es aus dem Ofen, um es zu mahlen und
durch Siebe von verschiedener Groͤße laufen zu lassen. Die ersten Versuche,
welche die HH. Porcheron und Languereau mit Bereitung inlaͤndischer Tapioca angestellt haben,
sind so gut ausgefallen, daß man von ihrem Eifer und ihrer Sachkenntniß den besten
Erfolg erwarten darf.