Titel: | Ueber die Wirkung der Diastase auf das Kartoffelstärkmehl und über den mit Schwefelsäure bereiteten Stärkezuker; von Guérin-Varry. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XXXIII., S. 205 |
Download: | XML |
XXXIII.
Ueber die Wirkung der Diastase auf das
Kartoffelstaͤrkmehl und uͤber den mit Schwefelsaͤure bereiteten
Staͤrkezuker; von Guérin-Varry.
Im Auszuge aus Annales de Chimie et de Physique. Sept.
1835, S. 32.
Ueber die Wirkung der Diastase auf das Kartoffelstaͤrkmehl
und uͤber den mit Schwefelsaͤure bereiteten
Staͤrkezuker.
Hr. Dubrunfaut entdekte bekanntlich die Eigenschaft des
Kartoffelstaͤrke-Kleisters, sich unter dem Einfluß von Wasser,
Waͤrme und
gekeimter Gerste in Zuker und eine gummige Substanz zu verwandeln; er benuzte
dieselbe auch zur Bereitung mehrerer nuͤzlicher Producte, z.B. Bier,
Kartoffelbranntwein, Syrup etc. Spaͤter gelang es Payen und Persoz den wirksamen Bestandtheil der
gekeimten Gerste besonders darzustellen, und sie nannten ihn Diastase; uͤber diese Substanz erschienen von ihnen zwei
AbhandlungenPolyt. Journal Bd. L. S. 203, und
Bd. LV. S. 122., woraus hervorgeht: 1) daß das Staͤrkmehl durch die Diastase
vollstaͤndig in einen unkrystallisirbaren Zuker und in ein Gummi
umgeaͤndert wird, deren Gesammtgewicht gleich dem des angewandten
Staͤrkmehls ist;
2) daß dieser Zuker und das Gummi, sowohl einzeln fuͤr sich als in
gemeinschaftlicher Aufloͤsung, durch die Diastase keine weitere
Veraͤnderung erleiden. Beide sind in Alkohol von 95 Proc. bis zum
wasserfreien unaufloͤslich.
Die Abhandlung, welche ich gegenwaͤrtig der Akademie vorlege, besteht aus drei
Theilen: im ersten beschaͤftige ich mich mit der Wirkung der Diastase auf das
Staͤrkmehl bei verschiedenen Temperaturen; im zweiten untersuche ich die
Eigenschaften des durch Diastase erhaltenen Zukers in Vergleich mit dem mittelst
Schwefelsaͤure bereiteten; im dritten beschaͤftige ich mich mir der
gummigen Substanz, welche durch Einwirkung der Diastase auf den
Staͤrkmehlkleister entsteht und mit dem Dextrinsyrup der Fabrik in
Neuilly.
Erster Theil.
Wirkung der Diastase auf das Staͤrkmehl bei
verschiedenen Temperaturen.
Payen und Persoz geben in
ihren Abhandlungen nicht an, wie viel Zuker und gummige Substanz man mit
bestimmten Gewichten von Staͤrkmehl, Diastase und Wasser erhaͤlt.
Payen uͤberzeugte sich bloß, daß nach der
vollstaͤndigen Reaction der Diastase auf das Staͤrkmehl die
Aufloͤsung beim Abdampfen zur Trokniß ein Gewicht liefert, welches gleich
der Summe der Gewichte der Diastase und des Staͤrkmehls ist und schließt
daraus, daß die Elemente des Staͤrkmehls unter dem Einfluß der Diastase
sich in einer anderen Ordnung anreihen, ohne daß ein merklicher Verlust Statt
findet. Wenn man diesen Schluß aber zugeben soll, so muͤßte aus dem
Ruͤkstand die Menge der angewandten Diastase abgeschieden und durch die
Analyse bewiesen werden, daß ihre Elementar-Zusammensezung noch dieselbe
ist wie zuvor; es muͤßte außerdem gezeigt werden, daß die
Elementar-Zusammensezung des Staͤrkmehls der Summe der
Bestandtheile des Zukers und der gummigen Substanz entspricht.
Vor Allem glaubte ich ausmitteln zu muͤssen, welche Zeit und welche
Quantitaͤt von Diastase noͤthig ist, um ein gegebenes Gewicht
Staͤrkmehl bei einer bekannten Temperatur und mit einem ebenfalls
bekannten Verhaͤltniß von Wasser in Zuker zu verwandeln.
Es wurden demnach 100 Gramm Starkmehl mit einem Liter Wasser von 70° C.
(56° R.) zu Kleister verkocht und dann mit 1 Gramm DiastaseSie war nach dem von Payen und Persoz (im Polytechn. Journale Bd. L. S. 203) angegebenen
Verfahren bereitet und gereinigt. Das Abdampfen und Austroknen geschah
unter dem Recipienten der Luftpumpe.A. d. O. versezt; nachdem man zehn Minuten umgeruͤhrt hatte, war die Masse
ganz fluͤssig geworden. Die Fluͤssigkeit wurde nun eine Stunde
lang zwischen 70 und 75° C. (56 u. 60° R.) erhalten und dann eine
kleine Portion davon filtrirt: die filtrirte Fluͤssigkeit war
durchsichtig, und da sie nach dem Erkalten durch eine waͤsserige
Jodaufloͤsung blau gefaͤrbt wurde, so erhizte man das Ganze noch
drei Stunden lang. Da sich die Fluͤssigkeit nach dem Filtriren und
Erkalten durch Jod nun auch noch blau faͤrbte, so versezte man sie noch
mit 0,7 Gr. Diastase und erhizte sie zwei Stunden lang, worauf weder die
filtrirte Fluͤssigkeit noch die Floken nach dem Erkalten im Geringsten
auf Jod reagirten. Die Fluͤssigkeit wurde nun mit ihrem gleichen Volumen
Wasser verduͤnnt und mit 20 Gr. Bierhefe in Gaͤhrung verseztDie Hefe, deren ich mich bei allen diesen Versuchen bediente, war frei
von Staͤrkmehl.A. d. O.; das entbundene kohlensaure Gas entsprach 7,434 Gr. Da ich wußte, wie
viel Kohlensaͤure 100 Theile des Zukers liefern, den man mit
Staͤrkmehl und Diastase erhaͤlt, so konnte ich leicht berechnen,
wie viel Zuker dieses Gewicht entsprach, naͤmlich 17,58 Gr.
100 Theile Staͤrkmehl nebst den Huͤlsen lieferten also bei einer
Temperatur zwischen 70 und 75° C. mit 1000 Theilen Wasser und 1,7
Diastase, leztere in zwei Portionen zugesezt, nur 17,58 Theile Zuker.
Diese Quantitaͤt Zuker ist aber bei weitem nicht das Maximum, welches man
mit demselben Gewicht von Diastase und viel mehr Wasser erhalten kann; denn ich
weiß von Hrn. Dubrunfaut, daß unter uͤbrigens
gleichen Umstaͤnden, d.h. bei derselben Temperatur und dem gleichen
Gewicht von gekeimter Gerste desto mehr Zuker entsteht, je fluͤssiger der
Kleister ist.
Um den Einfluß des Wassers und der Diastase zu bestimmen, verfuhr ich folgender
Maßen:
8,16 Gr. Staͤrkmehl wurden mit 50 Gr. kalten Wassers angeruͤhrt, in
200 Gr. kochenden Wassers gegossen und noch 50 Gr. kalten Wassers zugesezt, um
die dem Gefaͤße anhaͤngenden Kuͤgelchen wegzunehmen: ich
erhielt einen fluͤssigen Kleister, den ich auf 65° C. (52°
R.) erwaͤrmte und mit 0,5 Gr. Diastase, in 20 Gr. kalten Wassers
aufgeloͤst, versezte. Nachdem die Fluͤssigkeit eine Stunde lang
zwischen 60 und 65° C. erhalten worden war, faͤrbte sie sich durch
Jod nicht im Geringsten und die Huͤlsen eben so wenig. Das kohlensaure
Gas, welches diese Fluͤssigkeit bei der Gaͤhrung entband,
entsprach 7,09 Gr. Zuker.
Wenn man also 100 Theile Staͤrkmehl mit ihrem 39fachen Gewicht Wasser in
kleisterfoͤrmigen Zustand versezt und dann mit 6,13 Theilen Diastase, in
40 Theile Wasser aufgeloͤst, vermischt, so liefern sie zwischen 60 und
65° C. 86,91 Theile Zuker.
Dieser Versuch zeigt, welchen großen Einfluß das Verhaͤltniß von Wasser
und Diastase auf die Menge des erzeugten Zukers hat. Er stimmt mit den
Resultaten uͤberein, zu welchen Dubrunfaut
gelangte, indem er bloß die Menge des Wassers abaͤnderte; derselbe
erhielt naͤmlich aus 100 Th. Staͤrkmehl gegen 90 Th. Zuker, indem
er 25 Th. geleimter Gerste und ungefaͤhr 45 Th. Wasser anwandte. Ich
zweifle auch nicht, daß man mit noch mehr Wasser und etwas mehr Diastase oder
gehoͤrig geleimter Gerste das Staͤrkmehl mit Ausnahme der
Huͤlsen sogar vollstaͤndig in Zuker umaͤndern
koͤnnte. Weiter unten werde ich die Gruͤnde angeben, weßwegen
diese Umaͤnderung Statt finden muß.
Ich untersuchte nun, ob waͤhrend der Reaction der Diastase auf den
Staͤrkmehlkleister kein Gas entbunden oder absorbirt wird. Zu diesem Ende
nahm ich eine luftdicht verschlossene tubulirte Retorte, deren Hals mit dem
eines tubulirten Ballons verbunden war. Durch die Tubulatur des lezteren ging
ein Korkpfropf mit einer gekruͤmmten Roͤhre, die sich unter einer
mit Queksilber gefuͤllten Gloke endigte. Nachdem ich diesen Pfropf
verkittet und mich uͤberzeugt hatte, daß der Apparat luftdicht
geschlossen war, brachte ich in die Retorte einen aus 100 Gr. Staͤrkmehl
und einem Liter Wasser bereiteten Kleister, den ich mit 1,7 Gr. Diastase
vermengt hatte. Ich bemerkte die Temperatur und den Druk am Anfang des
Versuches: das Gemenge wurde eben so lange wie bei dem fruͤheren Versuche
zwischen 70 und 75° C. (56 und 60° R.) erhalten. Nach beendigter
Operation ließ ich den ganzen Destillirapparat erkalten und fand bei Beobachtung
des Druks und der Temperatur, daß weder eine Absorption noch eine Gasentbindung
Statt gefunden hatte. Die geringe Menge Fluͤssigkeit, welche der Ballon
enthielt, roch nach Kleister und faͤrbte sich durch Jod nicht im
Geringsten; uͤbrigens war die Fluͤssigkeit in der Retorte sehr klar und
enthielt Zuker und eine gummige Substanz nebst Huͤlsen.
Es blieb nun noch zu untersuchen uͤbrig, ob die Diastase selbst im
luftleeren Raume eben so auf den Staͤrkmehlkleister wirkt. Ich brachte
also auf den Boden einer an einem Ende verschlossenen Glasroͤhre 0,17 Gr.
Diastase und daruͤber 10 Gr. Staͤrkmehl, die ich mit einer 28
Centimeter hohen Wasserschichte bedekte, deren Gewicht 60 Gr. betrug; nachdem
die Roͤhre an der Lampe ausgezogen worden war, stellte ich sie in den
luftleeren Raum, wo sie so lange blieb, bis sich keine Luftblasen mehr
entwikelten: sie wurde dann schnell herausgenommen, das Wasser im oberen Theil
zum Kochen gebracht und die ausgezogene Spize zugeschmolzen. Nachdem ich mich
uͤberzeugt hatte, daß sie den Wasserhammer
sehr gut nachahmte, erhielt ich sie acht Stunden lang auf einer Temperatur
zwischen 70 und 75° C., indem ich sie von Zeit zu Zeit
schuͤttelte. Nach einer Viertelstunde war der Kleister fluͤssig
geworden, mit Ausnahme eines kleinen Klumpens, der es erst nach einer Stunde
wurde. Ich zerbrach nun das ausgezogene Ende der Roͤhre und filtrirte die
Substanz; die erhaltene Fluͤssigkeit war durchscheinend, faͤrbte
sich durch Jod gar nicht und enthielt Zuker und Gummi. Die gut
ausgesuͤßten Floken wurden durch Jod schwach rosenroth gefaͤrbt,
ohne Zweifel weil sie sich zu leicht absezten und daher mit der Diastase nicht
gehoͤrig in Beruͤhrung kommen konnten.
Folgender Versuch beweist, daß die Diastase sogar bei gewoͤhnlicher
Temperatur auf den Staͤrkmehlkleister wirkt. Man bringt 100 Gr. Wasser
zum Kochen, nimmt sie vom Feuer, gießt 30 Gr. kaltes Wasser, worin 8,16 Gr.
Staͤrkmehl suspendirt sind, dazu, und schuͤttelt es schnell um; es
bildet sich dann ein sehr gleichartiger Kleister, welchen man bei der Temperatur
der Luft erkalten laͤßt; man sezt 1 Gr. Diastase, in 30 Gr. kalten
Wassers aufgeloͤst, hinzu; der Kleister wird zuerst an den Stellen, wo er
mit der Aufloͤsung in Beruͤhrung kommt und beim Umruͤhren
nach zehn Minuten vollkommen fluͤssig; man ruͤhrt nun noch
fuͤnf Minuten um und laͤßt das Gemisch, indem man es von Zeit zu
Zeit ruͤhrt, noch vier und zwanzig Stunden lang stehen; hierauf versezt
man es mit 10 Gr. Bierhefe, verduͤnnt die Fluͤssigkeit mit ihrem
gleichen Volumen Wasser und bringt sie in einen geeigneten Apparat, womit die
Gase uͤber Queksilber gesammelt werden koͤnnen. Nach beendigter
Gaͤhrung entspricht das entbundene kohlensaure Gas 6,33 Gr. Zuker.
100 Theile Staͤrkmehl lieferten also bei diesem Versuche 77,64 Th. Zuker.
Der Ruͤkstand von der Gaͤhrung wurde auf ein Filter gebracht und
gehoͤrig ausgesuͤßt; die Fluͤssigkeit, bei gelinder
Waͤrme zur
Trokniß abgedampft, lieferte eine Substanz, die sich mit Jod gar nicht
faͤrbte; der auf dem Filter gebliebene unaufloͤsliche Theil zeigte
mit diesem Reagens Spuren einer gruͤnlichblauen Farbe, wahrscheinlich
weil die Hefe ein wenig Staͤrkmehl enthielt. Gewiß haͤtte ich mehr
Zuker erhalten, wenn ich mehr Wasser angewandt haͤtte.
Bei der Temperatur der Luft lieferten also 12,25 Theile Diastase mit 100 Th.
Staͤrkmehl nach vier und zwanzig Stunden 77,64 Th. Zuker.
Dieses Resultat scheint mir von großer Wichtigkeit zu seyn, weil man ihm zu Folge
nicht nur das Brennmaterial zur Verwandlung des Staͤrkmehls in Zuker
ersparen kann, sondern auch noch einen großen Theil der Kosten, welche die
Destillation der schwachen geistigen Fluͤssigkeiten erfordert, die man
bei der gewoͤhnlichen Methode, Kartoffelbranntwein zu fabriciren,
erhaͤlt. Nachdem naͤmlich das Staͤrkmehl bei einer
Temperatur zwischen 60 und 65° C. (48 und 52° R.) in Zuker
verwandelt ist, muß man die zukerige Fluͤssigkeit mit ihrem gleichen
Volumen kalten Wassers versezen, um ihre Temperatur auf 25–15° C.
(20 bis 12° R.) zu erniedrigen, wo die Gaͤhrung anfaͤngt:
man erhaͤlt so Fluͤssigkeiten, die sehr wenig Alkohol enthalten
und mit großen Kosten destillirt werden muͤssen, waͤhrend nach dem
eben angegebenen Verfahren, wobei man die Diastase durch gekeimte Gerste ersezen
kann, das der zukerigen Fluͤssigkeit zuzusezende kalte Wasser sogleich
mit dem bei 20° C. (16° R.) bereiteten Kleister vermischt
wuͤrde, so daß sich ihr Zukergehalt dadurch vergroͤßert.
Die leichte Verwandlung des Staͤrkmehls in Zukerstoff brachte mich auf die
Vermuthung, daß die Zukerbildung sehr schnell auf das Fluͤssigwerden
folgt. Es wurden also, um hieruͤber Gewißheit zu erhalten, 4,08 Gr.
Staͤrkmehl wie bei den vorhergehenden Versuchen in kleisterartigen
Zustand versezt und kalt mit 0,5 Gr. Diastase, in 10 Gr. Wasser
aufgeloͤst, versezt; nachdem man die Masse fuͤnfzehn Minuten lang
bewegt hatte, war sie fluͤssig geworden und wurde nun sogleich mit
Alkohol von 95° gefaͤllt; man brachte das Ganze auf ein Filter und
suͤßte dieses mit Alkohol von 88° aus, worauf man die filtrirte
Fluͤssigkeit beinahe bis zur Trokniß abdampfte. Der Ruͤkstand
wurde in Wasser aufgeloͤst, mit 4 Gr. Hefe vermischt, und das Gemenge auf
30° C. (24° R.) erwaͤrmt. Nach acht und vierzig Stunden, wo
die Gaͤhrung beendigt war, hatte sich eine Quantitaͤt kohlensauren
Gases gesammelt, die 1,4 Gr. Zuker entsprach, so daß also 100 Th.
Staͤrkmehl 35,63 Th. Zuker lieferten.
Dieser Versuch ist merkwuͤrdig wegen der Menge Zuker, die man erhielt, und
weil er zeigt, daß die Zukerbildung so schnell auf das Fluͤssigwerden
folgt, daß zwischen diesen beiden Erscheinungen kaum einige Zeit verstreicht.
Hoͤchst wahrscheinlich erfolgen sie zum Theil gleichzeitlich.
Ich war nun uͤberzeugt, daß die Diastase auch bei Temperaturen unter
20° C. (16° R.), wenn sie nur uͤber 0° betragen,
noch auf den Kleister wirkt und war begierig zu erfahren, ob sie dieses selbst
bei der Temperatur des schmelzenden Eises thut. Ich verwandelte daher 0,816 Gr.
Staͤrkmehl in einen sehr gleichartigen Kleister und ließ denselben
erkalten, worauf er so lange in schmelzendes Eis gebracht wurde, bis er dessen
Temperatur angenommen hatte; alsdann loͤste ich 0,1 Gr. Diastase in drei
Gramm Wasser von 20° C. auf, kuͤhlte dasselbe auf 0° ab und
goß diese Aufloͤsung auf den Kleister, welcher nun durch Umruͤhren
in Zeit von einer Viertelstunde fluͤssig wurde, aber nicht so gut wie bei
der gewoͤhnlichen Temperatur. Die Masse glich einer sehr duͤnnen
Gallerte; nach einer Stunde war sie fluͤssig und lief leicht von dem
Glasstabe ab, womit man sie umruͤhrte. Nach anderthalb Stunden schlugen
sich die Huͤlsen nieder und die Fluͤssigkeit fing an sich zu
klaͤren. Nachdem die Masse im Ganzen zwei Stunden lang auf 0°
erhalten worden war, versezte man sie mit Alkohol von 95° in schwachem
Ueberschuß. Die abgegossene Fluͤssigkeit wurde filtrirt und der
Niederschlag mit Alkohol von 88° gehoͤrig ausgesuͤßt. Der
syrupartige Ruͤkstand vom Abdampfen der geistigen Fluͤssigkeiten
wurde in Wasser aufgeloͤst, welches Hefe enthielt. Man brachte die
Temperatur des Gemisches auf 30° C. (24° R.) und erhielt nach
beendigter Gaͤhrung eine Quantitaͤt kohlensauren Gases, die 0,096
Gr. Zuker entsprach.
Hieraus folgt, daß 100 Th. Staͤrkmehl bei 0° 11,82 Th. Zuker
liefern. Es ist gewiß merkwuͤrdig, daß die Diastase, welche weder saurer
noch alkalischer Natur ist, den Kleister bei der Temperatur des schmelzenden
Eises so schnell fluͤssig macht und in Zuker verwandelt. Wahrscheinlich
wuͤrde ich bei laͤngerer Einwirkung derselben noch mehr Zuker
erhalten haben.
Dieß veranlaßte mich noch zu untersuchen, ob die Diastase den Kleister nicht auch
bei einer Temperatur unter 0° fluͤssig macht. Ich brachte daher 50
Gr. einer bei 10° gesaͤttigten Kochsalzaufloͤsung zum
Kochen und vermischte sie mit 15 Gr. derselben kalten Aufloͤsung, worin
4,08 Gr. Staͤrkmehl suspendirt waren. Die Temperatur des durch diese
Vermischung erhaltenen Kleisters wurde auf – 12° erniedrigt und
alsdann 15 Gr. Salzaufloͤsung, die auf – 12°
abgekuͤhlt und worin 0,5 Gr. Diastase aufgeloͤst waren, ihr
beigegeben. Der Kleister war so dik, daß er nicht vom Ruͤhrer ablief.
Nachdem er eine Viertelstunde auf dieser Temperatur erhalten worden war, war er noch so dik wie
vorher; nach einer halben Stunde war er etwas weniger dik, und nach einer
Stunde, wo die Temperatur – 9° betrug, noch weniger. Nachdem er
endlich zwei Stunden zwischen – 9° und – 5° erhalten
worden, war er merklich fluͤssig geworden und lief wie eine dike
Fluͤssigkeit vom Glasstabe ab. Man vermischte ihn bei der Temperatur von
– 5° mit Alkohol von 95° in schwachem Ueberschuß und
ruͤhrte um. Dadurch wurde die Diastase niedergeschlagen; die klare
Fluͤssigkeit wurde filtrirt und der Niederschlag mit Alkohol von
85° ausgesuͤßt. Die geistige Fluͤssigkeit, beinahe bis zur
Trokniß abdestillirt, ließ Kochsalz fallen, welches man von ihr trennte. Sie
wurde dann mit Wasser verduͤnnt, auf 25° erwaͤrmt und mit
Bierhefe versezt. Nach sechs und dreißig Stunden gab sie keine
Kohlensaͤure.
Dieser Versuch zeigt, daß die Diastase unter den angegebenen Umstaͤnden
den Staͤrkmehlkleister zwischen – 12° und –
5° fluͤssig macht, ohne daß die geringste Menge Zuker
entsteht.
Ich untersuchte nun, welchen Einfluß die Diastase auf die
Staͤrkmehlkuͤgelchen bei der gewoͤhnlichen Temperatur und
bei abgeschlossener Luft hat. In dieser Absicht brachte ich den 5. Jun. um ein
Uhr in eine graduirte Roͤhre uͤber Queksilber 4,08 Gr.
Staͤrkmehl mit 1 Gr. Diastase, welche in 30 Gr. kalten Wassers
aufgeloͤst war; den 8. August fand sich darin Kohlensaͤure, welche
von der Zersezung der Diastase in Beruͤhrung mit Wasser
herruͤhrte. Im Verlaufe des Versuchs wechselte die Temperatur zwischen
20° und 26° C. (16 und 20° R.). Diese Fluͤssigkeit
gab mit Alkohol von 95° einen Niederschlag, welcher nicht so reichlich
war als man bei der angewandten Quantitaͤt von Diastase haͤtte
erwarten sollen. Die geistige Fluͤssigkeit wurde filtrirt und bei
gelinder Waͤrme zur Consistenz eines sehr diken Syrups abgedampft; man
erhielt einen sehr geringen Ruͤkstand, welcher mit Bierhefe in Wasser von
25° C. (20° R.) aufgeloͤst wurde. Nach zwei und siebenzig
Stunden hatten sich nur einige Blasen von kohlensaurem Gas entbunden, welche
nicht 1/10 Kubikcentimeter betrugen. Als die Staͤrkmehlkoͤrner
unter dem Mikroskop betrachtet wurden, zeigten sie sich ganz so wie solche, die
nicht mit Diastase in Beruͤhrung gekommen waren.
Man ersieht hieraus, daß ein Ueberschuß von Diastase auf
Staͤrkmehlkoͤrner, welche zwei und siebenzig Tage lang zwischen
20° und 26° erhalten wurden, keine Wirkung ausuͤbte. Aus
den folgenden Versuchen ergibt sich vollends, wie sehr man sich
taͤuschte, indem man der Diastase die Eigenschaft zuschrieb, die
Staͤrkmehlkuͤgelchen zum Zerplazen zu bringen.
§. 2. Die Wirkung des Wassers von verschiedenen
Temperaturen auf das Kartoffelstaͤrkmehl, im Vergleich mit derjenigen der
Diastase unter denselben Umstaͤnden.
Payen und Persoz schreiben
der Substanz, welche sie aus der gekeimten Gerste ausschieden, die Eigenschaft
zu, die Staͤrkmehlhuͤlsen zu zerreißen, so daß die darin
enthaltene Materie in Freiheit gesezt wild. Um diese Annahme zu rechtfertigen,
haͤtten sie aber beweisen sollen, daß die
Staͤrkmehlkuͤgelchen, wenn man sie bloß mit Wasser in
Beruͤhrung bringt, bei den von ihnen angewandten Temperaturen
(65–75° C.) nicht zerrissen werden, und daß hingegen bei Zusaz von
Diastase das Zerplazen der Kuͤgelchen zwischen diesen Temperaturen
erfolgt. Bekanntlich hat Hr. Raspail gefunden, daß
die aͤußere Huͤlse des Staͤrkmehlkuͤgelchens, wenn
es bloß mit Wasser uͤber 60° C. (48° R.) erhizt wird, sich
ausdehnt und zerspringt. Aus den zahlreichen Versuchen, die ich zur Entscheidung
dieser Frage anstellte, folgt:
1) daß das Wasser mit Beihuͤlfe der Waͤrme das Bersten der
Staͤrkmehlkuͤgelchen schon bei 54° C. (43° R.)
verursacht und daß ein großer Ueberschuß von Diastase, weit entfernt, dieses
Zerreißen zu beguͤnstigen, es vielmehr unter gewissen Umstaͤnden
verhindert;
2) daß die Diastase auf die nicht zerplazten
Staͤrkmehlkuͤgelchen keine Wirkung hat, sondern bloß den
Staͤrkmehlkleister fluͤssig macht
und in Zuker verwandelt;
3) daß die Diastase nicht durch die Huͤlsen wirkt und sie keineswegs durch
Endosmose zum Bersten bringt, wie Payen und Dutrochet glauben;
4) daß die Diastase bei der Keimung die Staͤrkmehlhuͤlsen nicht
beseitigt und folglich auch nicht den inneren als in der Kaͤlte
unaufloͤslich betrachteten Theil in zwei neue aufloͤsliche
Substanzen verwandelt.
§. 3. Die Diastase geht mit Bierhefe nicht in die
geistige Gaͤhrung uͤber.
Um mich zu uͤberzeugen, ob die Diastase mit Hefe kohlensaures Gas
entbindet und ob alle bei den obigen Gaͤhrungsversuchen entbundene
Kohlensaͤure nur dem Zukergehalt der Fluͤssigkeiten zuzuschreiben
war oder nicht, stellte ich folgenden Versuch an: in eine graduirte, mit
Queksilber gefuͤllte Roͤhre wurde ein Gemisch von 10 Gr. Wasser, 2
Gr. Hefe und 0,5 Gr. Diastase gebracht. Nachdem dieselbe zwei und siebenzig
Stunden lang einer Temperatur von 23–25° C. (19–20°
R.) ausgesezt war, hatten sich 3,5 Kubikcentimeter mit Feuchtigkeit
gesaͤttigter Kohlensaͤure gesammelt.
Da sich eine waͤsserige Aufloͤsung von Diastase an der Luft so
leicht zersezt, so brachte mich dieß auf die Vermuthung, daß die 3,5 Kubikcentimeter
Kohlensaͤure von der Veraͤnderung herruͤhren
duͤrften, welche diese Substanz im Wasser erleidet. Ich stellte daher
zugleich neben die erwaͤhnte graduirte Roͤhre eine andere
aͤhnliche, die 10 Gr. Wasser und 0,5 Gr. Diastase enthielt, und erhielt
unter denselben Umstaͤnden 3 Kubikcentim. Kohlensaͤure; die
Fluͤssigkeit roͤthete das Lakmuspapier. Bei diesen zwei Versuchen
ist der Unterschied zwischen den Gasvolumen so gering, daß ohne Zweifel die bei
dem ersten erhaltene Kohlensaͤure von der Zersezung der Diastase in
Beruͤhrung mit Wasser herruͤhrte.
Bei einem oben erwaͤhnten Versuche, wo ich 77,64 Theile Zuker erhielt,
wandte ich nur 1 Gr. Diastase an; da nun leztere nach langer Einwirkung auf den
Kleister ihre Eigenschaft, die Staͤrke fluͤssig zu machen und in
Zuker zu verwandeln, verliert, so folgt daraus, daß selbst in dem Falle, wo
etwas Diastase mit der Hefe zuruͤkbliebe, der Irrthum hinsichtlich der
entbundenen Kohlensaͤure unmerklich waͤre.
Zweiter Theil.
§. 1. Von dem mit Diastase und Staͤrkmehl
bereiteten Zuker.
Dieser Zuker besizt nach meiner Untersuchung folgende Eigenschaften:
Er ist weiß, geruchlos und kracht unter den Zaͤhnen; er laͤßt sich
leicht zerbrechen. Sein Geschmak ist kuͤhl und in Vergleich mit dem
Rohrzuker wenig suͤß. Er krystallisirt in Prismen mit rhomboidalen
Seitenflaͤchen, besonders wenn seine Aufloͤsung in Alkohol langsam
von selbst verdampft. Seine Dichtigkeit, welche in Olivenoͤhl bestimmt
wurde, ist im Vergleich mit der des Wassers – 1,3861, waͤhrend die
des Rohrzukers – 1,6065 ist.
Auf 60° C. (48° R.) erhizt, wird er weich; bei 65° C.
(52° R.) ist er noch weicher und faͤngt an Wasser zu verlieren,
bei 70° C. (56° R.) wird er teigig, bei 90° C. (72°
R.) syrupartig und bei 100° C. gleicht er einem wenig diken Syrup.
Erhaͤlt man ihn eine Stunde lang auf lezterer Temperatur, so verliert er
9,8 Proc. Wasser: erhizt man ihn noch eine Viertelstunde, so nimmt er nicht mehr
an Gewicht ab, wird aber bald darauf schwach gelb, und faͤngt an sich zu
veraͤndern.
Loͤst man solchen Zuker, welcher durch Erhizen seines Krystallwassers
beraubt wurde, in kochendem Alkohol von 95° auf und laͤßt die
Aufloͤsung stehen, so sezt sie beim Erkalten farblose Krystalle ab.
Zuker, welcher 9,8 Proc. Wasser verloren hatte, wurde einer Luft ausgesezt, deren
Temperatur von 19 bis 25° C. (15–20° R.) wechselte und
worin Saussure's Hygrometer 71 bis 80° zeigte;
er hatte nach
acht und vierzig Stunden 7,91 Proc. Wasser wieder aufgenommen. Neuerdings vier
und zwanzig Stunden lang mit feuchter Luft in Beruͤhrung gelassen,
absorbirte er kein Wasser mehr.
Um mehr Wasser aus dem Zuker auszutreiben, erhizte ich einen Theil desselben, der
zuvor in drei Theilen Wasser aufgeloͤst worden war, mit fuͤnf
Theilen vollkommen ausgetrokneten Bleioxyds auf 60° C. (48° R.);
nach einer Stunde, wo die Masse vom Feuer genommen wurde, betrug der Verlust
10,4 Proc.; der Zuker war aber veraͤndert. Dieser Verlust weicht wenig
von dem ab, welchen der Traubenzuker unter denselben Umstaͤnden erleidet;
denn als Berzelius diesen lezteren mit Wasser und
Bleioxyd vermengt, nur auf 60° erwaͤrmte, verlor er 11,14 Proc.
Wasser und die Masse nahm eine braune Farbe an, und roch nach verbranntem
Zuker.
Als man den Staͤrkmehlzuker im trokenen luftleeren Raume austroknete,
betrug der Verlust nach 72 Stunden 9,44 Proc. und nahm dann nicht mehr zu.
Hieraus ersieht man, daß die Temperatur von 100° C. (80° R.) die
geeignetste ist, um diesem Zuker sein Krystallwasser zu entziehen, ohne ihn zu
veraͤndern.
Kocht man eine waͤsserige Aufloͤsung von Staͤrkmehlzuker mit
hoͤchst fein gepulverter Bleiglaͤtte, so loͤst er davon nur
eine geringe Menge auf. Dieser Zuker ist in allen Verhaͤltnissen in
kochendem Wasser aufloͤslich, waͤhrend 100 Theile Wasser bei
23° C. nur 63,25 Theile davon aufloͤsen. Seine
Aufloͤslichkeit ist also etwas geringer als die des Traubenzukers, indem
nach Berzelius 100 Th. kaltes Wasser von lezterem 75 Theile
aufloͤsen.
Alkohol loͤst davon um so mehr auf, je wasserhaltiger er ist; in absolutem
Alkohol loͤst er sich wenig und in kaltem Olivenoͤhl gar nicht
auf.
Folgender Versuch beweist, daß dieser Zuker den Alkohol stark
zuruͤkhaͤlt. Zuker, welcher in Alkohol von 92°
krystallisirt hatte, wurde bei einer Temperatur von 23° C. (18°
R.) ausgetroknet und in der Kaͤlte wieder in Wasser aufgeloͤst;
diese Aufloͤsung wurde im luftleeren Raume zur Trokniß abgedampft, und
die Krystalle, welche sich bildeten, rochen auffallend nach Alkohol. Man
loͤste sie neuerdings in kaltem Wasser auf und ließ sie krystallisiren;
sie zeigten noch einen schwachen Geruch nach Alkohol; endlich nach einer dritten
aͤhnlichen Behandlung hatten sie weder den Geruch noch den Geschmak des
Alkohols mehr. Berzelius bemerkt in seinem Lehrbuch,
daß, als er Traubenzuker in Alkohol krystallisiren ließ, die Krystalle
uͤber sechszehn Jahre sehr merklich nach Alkohol schmekten. Man darf also der Reinheit
der Producte, die man mit Alkohol bereitet, nie ganz trauen.
Eine concentrirte Aufloͤsung von Staͤrkmehlzuker in Wasser
schlaͤgt in der Kaͤlte das Gold- und Platinchlorid, das
basisch essigsaure Blei, den Queksilbersublimat, das Kalk- und
Barytwasser nicht nieder, welche Eigenschaften sie mit dem Rohrzuker gemein hat.
Diese Aufloͤsung gibt aber mit salpetersaurem Queksilberoxydul eine
schwache Truͤbung und mit salpetersaurem Silber einen weißen flokigen
Niederschlag, der zuerst roͤthlich und dann braun wird, was der Rohrzuker
bei gewoͤhnlicher Temperatur nicht thut.
Dieser Zuker lieferte bei der Gaͤhrung mit Hefe im Mittel aus 2
Versuchen:
Kohlensaͤure
10,572
Alkohol
11,071
so daß 100 Theile krystallisirten Zukers geben:
Kohlensaͤure
42,288
Alkohol
44,284
Krystallwasser
9,800
––––––
96,372
Der Verlust betraͤgt
3,628
Nach der aus der Analyse abgeleiteten atomistischen Formel dieses Zukers hat
man:
Kohlensaͤure
44,37
Alkohol
46,60
Krystallwasser
9,03
––––––
100,00
Der Fehler findet also hauptsaͤchlich bei der Kohlensaͤure und dem
Alkohol Statt, und um sich denselben zu erklaͤren, muß man den Hergang bei der Gaͤhrung des Zukers
beruͤksichtigen. Man weiß jezt, daß außer Kohlensaͤure und Alkohol
dabei auch Essigsaͤure, Milchsaͤure und ein fluͤchtiges
Oehl von durchdringendem Geruch und scharfem Geschmak entsteht. Koͤnnen
sich nicht auch andere Producte bilden, deren Natur uns unbekannt ist? Nach Dubrunfaut ist es gewiß, daß die Essigsaͤure
und das fluͤchtige Oehl bei jeder geistigen Gaͤhrung entstehen und
daß die Quantitaͤt des Alkohols, welche dieselbe Menge Zuker liefert,
nach der Menge des Wassers, worin man ihn aufloͤst und nach der
Langsamkeit oder Schnelligkeit der Gaͤhrung variirt. Wenn das Wasser
vorherrscht oder die Gaͤhrung schnell Statt findet, erhaͤlt man
mehr Alkohol, als wenn das Wasser nicht vorherrscht und die Gaͤhrung
langsam erfolgt.
Da nun unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden die Dauer der
Gaͤhrung und das Verhaͤltniß des Wassers auf die Menge des
erhaltenen Alkohols von Einfluß sind, so ist es sehr wichtig die
Umstaͤnde, unter welchen man einen solchen Versuch anstellte, genau
anzugeben. Aus diesem Grunde will ich hier noch Einiges uͤber die Art
sagen, wie ich den Staͤrkmehlzuker gaͤhren ließ.
25 Gr. dieses Zukers, in 250 Gr. Wasser aufgeloͤst, wurden mit 6 Gr. Hefe
angeruͤhrt und das Gemenge dann in eine Flasche mit 2 Tubulaturen
gebracht. Die eine davon war mit einem Pfropf versehen und die andere mit einer
Roͤhre, welche einige Millimeter tief in das Wasser einer zweiten,
ebenfalls mit zwei Tubulaturen versehenen Flasche tauchte; von der zweiten
Tubulatur dieser lezteren reichte eine Entbindungsroͤhre unter eine mit
Queksilber gefuͤllte Gloke. Das Wasser der zweiten Flasche ist dazu
bestimmt, den Alkohol aufzuloͤsen, welchen das kohlensaure Gas mit sich
reißt. Waͤhrend des Verlaufs der Gaͤhrung darf man keine Luft in
den Apparat treten lassen, weil sonst eine geringe Menge Alkohol in
Essigsaͤure uͤbergehen koͤnnte. Die das Gemisch enthaltende
Flasche wurde bestaͤndig auf einer Temperatur zwischen 25 und 32°
C. (20 und 25° R.) erhalten, bis die Gaͤhrung ganz beendigt war,
was nach acht und fuͤnfzig Stunden der Fall war.
Um zu erfahren, welchen Einfluß eine langsame Gaͤhrung auf die erzeugten
Quantitaͤten von Alkohol und Kohlensaͤure hat, stellte Ich den
vorhergehenden Versuch neuerdings an, indem ich den Apparat bloß der Temperatur
der Luft aussezte, welche von 19 bis 25° C. (15 bis 20° R.)
wechselte. Erst nach sieben Tagen war die Gaͤhrung beendigt und ich
erhielt:
Kohlensaͤure
10,47 Gewichtstheile.
Alkohol
9,91
Bei Vergleichung dieses Resultats mit demjenigen, welches man bei dem Versuche
erhielt, wo die Temperatur bestaͤndig zwischen 25 und 32° C.
erhalten wurde, sieht man, daß das Gewicht der Kohlensaͤure so ziemlich
dasselbe ist; das des Alkohols hingegen differirt um 1,161 Gr., was fuͤr
100 Theile Zuker eine Differenz von 4,644 Theilen Alkohol gibt. Dieser Verlust
an Alkohol entsteht durch die Bildung der verschiedenen oben angegebenen
Producte.
Bei meinen zahlreichen Versuchen mit Staͤrkmehlzuker fand ich, daß die
geeignetste Temperatur zur schleunigen Beendigung der geistigen Gaͤhrung
zwischen 25 und 32° C. (20 und 25° R.) begriffen ist. Bei dieser
erhielt ich immer das Maximum von Alkohol.
Diese Temperatur waͤre aber bei Anwendung einer großen Menge zukerhaltiger
Fluͤssigkeit viel zu hoch; man muͤßte in diesem Falle die
Gaͤhrung bei ungefaͤhr 15° C. (12° R.) beginnen, wie
es auch Dubrunfaut in seinem Traité de l'Art de la destillation vorschreibt.
Bereitung des Staͤrkmehlzukers mittelst
Diastase.
Erstes Verfahren. Man ruͤhrt 100 Theile
Staͤrkmehl mit 400 Theilen kalten Wassers an, schuͤttet das
Gemisch in 2000 Theile kochenden Wassers und ruͤhrt schnell um; man
erhaͤlt so einen wenig consistenten Kleister, dessen Temperatur man auf
65° C. (52° R.) herabsinken laͤßt; dann sezt man 2 Theile
Diastase, in 20 Theilen Wasser aufgeloͤst, zu und ruͤhrt um. Man
erhaͤlt die Temperatur zwischen 60 und 65° C. (48 und 52°
R.) und nach Verlauf von fuͤnf Minuten ist der Kleister fluͤssig
geworden. Die Masse wird durch Erwaͤrmen noch zwei und eine halbe Stunde
lang zwischen diesen beiden Temperaturgraden erhalten, worauf die
Fluͤssigkeit bei 60° C. (48° R.) so schnell als
moͤglich, am besten im luftleeren Raume, abgedampft wird, bis sie
34° an Baumé's Araͤometer zeigt; laͤßt man dieses
Product an der Luft in wenig tiefen Gefaͤßen stehen, so gibt es nach
einigen Tagen eine syrupartige Masse, worin sich bisweilen koͤrnige
Krystalle zeigen. Dieselbe wird mit Alkohol von 95 Proc. behandelt, dessen
Temperatur man auf 75° C. (60° R.) erhoͤht; man
laͤßt nun die Fluͤssigkeit in verschlossenen Gefaͤßen
erkalten und filtrirt sie durch Papier. Hierauf wird sie im Wasserbade bis zur
syrupartigen Consistenz abdestillirt und der Syrup dann unter den Recipienten
der Luftpumpe gebracht, wo er bald krystallisirt. Die Krystalle werden zwischen
Filtrirpapier so lange ausgepreßt, bis sie keinen Farbstoff mehr abgeben und
dann neuerdings auf die angegebene Weise mit Alkohol behandeltDadurch soll ihnen etwas gummige Substanz entzogen werden, welche bei der
ersten Behandlung mit Alkohol noch zuruͤkblieb.A. d. R.. Die bei dieser zweiten Behandlung erhaltenen Krystalle werden in ihrem
vierfachen Gewicht Wasser von 65° C. aufgeloͤst, mit ein Zehntel
gereinigter thierischer Kohle versezt und die Fluͤssigkeit eine halbe
Stunde lang unter bestaͤndigem Umruͤhren auf dieser Temperatur
erhalten. Sie wird warm filtrirt, unter der Luftpumpe abgedampft und
krystallisirt dann bald. Da diese Krystalle den Alkohol so stark
zuruͤkhalten, so loͤst man sie wieder bei 65° C. in ihrem
vierfachen Gewicht Wasser auf und laͤßt sie krystallisiren; leztere
Behandlung wird noch ein Mal wiederholt und man erhaͤlt so sehr weißen
Zuker, der frei von Alkohol ist.
Zweites Verfahren. Wenn es nicht darauf ankommt
diesen Zuker ganz frei von demjenigen zu erhalten, welchen die gekeimte Gerste
immer enthaͤlt, so kann man anstatt der Diastase, deren Bereitungsart
sehr kostspielig ist, 35 Gr. dieser Gerste auf 100 Staͤrkmehl
anwenden.
Bei der einen wie bei der anderen dieser Methoden bilden sich in der syrupartigen Masse
keine Krystalle, wenn sie viel Gummi enthaͤlt.
Zusammensezung des mit Diastase bereiteten
Staͤrkmehlzukers.
Er liefert:
Asche
0,05
Wasser
9,80
Zuker
90,15
––––––
100,00
und besteht nach meiner Analyse aus:
Kohlenstoff
36,80
12 Atome
Wasserstoff
7,01
28
–
Sauerstoff
56,19
14
–
––––––
100,00
Er hat demnach ganz dieselbe Zusammensezung wie der Traubenzuker und kann also
betrachtet werden als krystallisirter Rohrzuker, mit drei Atomen Wasser
verbunden. Es gelang mir nicht, ihn von diesen drei Atomen Wasser zu
befreien.
§. 2. Von dem mit Schwefelsaͤure und
Kartoffelstaͤrkmehl bereiteten Zuker.
Der reinste Staͤrkmehlzuker, den man bis jezt kennt, ist immer etwas
gelblich gefaͤrbt und theilt auch dem Wasser diese Farbe mit. Es gelang
mir aber ihn so zu reinigen, daß er weißer als der schoͤnste Rohrzuker
ist; leider steht er aber in anderen Beziehungen unter diesem.
Sein specifisches Gewicht ist = 1,391; er krystallisirt eben so, wie der mit
Diastase bereitete, auch laͤßt sich Alles, was ich von jenem gesagt habe,
auf diesen anwenden.
Er enthaͤlt 9,6 Procent Krystallwasser.
25 Gr. lieferten bei der geistigen Gaͤhrung unter den oben angegebenen
Vorsichtsmaßregeln:
I.
II.
Kohlensaͤure
10,591
10,673
Alkohol
10,997
11,135
Das Mittel aus diesen Resultaten ist:
Kohlensaͤure
10,632
Alkohol
11,066
100 Theile krystallisirten Zukers geben also:
Kohlensaͤure
42,528
Alkohol
44,264
Krystallwasser
9,600
–––––
96,392
Differenz
3,608
Leztere betraͤgt so ziemlich eben so viel, wie bei dem mit Diastase
bereiteten.
Nach meiner Analyse besteht dieser Staͤrkmehlzuker aus:
Kohlenstoff
36,80
12 Atome
Wasserstoff
7,01
28
–
Sauerstoff
56,19
14
–
––––––
100,00
Man erhaͤlt also aus dem Staͤrkmehl sowohl mit
Schwefelsaͤure als mit Diastase einen Zuker von der Zusammensezung des
Traubenzukers.
Reinigung dieses Staͤrkmehlzukers. Nachdem man
ihn nach dem gewoͤhnlichen Verfahren gereinigt hat, preßt man die noch
feuchten Krystalle zwischen ungeleimtem Papier, bis es ihm keinen Farbstoff mehr
entzieht: alsdann loͤst man das Product in vier Theilen Wasser von
65° C. (52° R.) auf, ruͤhrt es eine halbe Stunde lang mit
dem zehnten Theil seines Gewichts gereinigter thierischer Kohle um und bringt
das Ganze auf ein Papierfilter; die filtrirte Fluͤssigkeit wird im
luftleeren Raume bis zur Trokniß abgedampft; die schwach gelb gefaͤrbten
Krystalle loͤst man nun nochmals in Wasser auf und behandelt sie mit
gereinigter thierischer Kohle. Die Aufloͤsung wird im luftleeren Raume
abgedampft. Wenn sie die Consistenz eines diken Syrups hat, laͤßt man sie
an freier Luft bei der gewoͤhnlichen Temperatur auskrystallisiren.
Das Pressen hat zum Zwek den feuchten Krystallen eine syrupartige Substanz zu
entziehen, welche sich ihrer Entfaͤrbung zu widersezen scheint, denn ich
habe bemerkt, daß wenn man nicht ausgepreßten Zuker in Wasser aufloͤst
und mit Kohle vermengt, er immer ein wenig gelben Farbstoff
zuruͤkhaͤlt.
Dritter Theil.
§. 1. Von der gummigen Substanz, welche durch
Einwirkung der Diastase auf das Kartoffelstaͤrkmehl entsteht.
Eigenschaften derselben. Sie ist weiß, geschmaklos,
geruchlos und in duͤnnen Blaͤttern sehr durchsichtig; ausgetroknet
ist sie auf dem Bruch glasig und wird dann zerreiblich; sie roͤchet
schwach blau gefaͤrbtes Lakmuspapier kaum, was wahrscheinlich von etwas
veraͤnderter Diastase herruͤhrt, welche dieses Gummi mit sich
reißt, waͤhrend es sich im Alkohol niederschlaͤgt.
Eine Aufloͤsung von Jod faͤrbt es nicht im Geringsten. Sezt man
dieses Gummi eine Stunde lang einer Temperatur von 100° C. aus, so
erweicht es nicht und als ich es eben so lange zwischen 125 und 130°
erhielt, gab es Wasser aus, nahm eine gelbliche Farbe an und schmekte wie
geroͤstetes Brod. Eine halbe Stunde lang zwischen 145 und 150°
erhizt, wurde es gelber, indem es noch mehr Wasser ausgab; eine Stunde lang auf
195 bis 200° erhizt, wird es roͤthlich, bleibt jedoch durchsichtig
und schmilzt nicht, schmekt aber dann auffallender nach geroͤstetem
Brode; bei 225° C. faͤngt es an zu schmelzen; bei 235° C.
schmilzt es, blaͤht sich auf, wird braͤunlichgelb, entbindet
Essigsaͤure, Kohlensaͤure, Kohlenwasserstoff etc.
An trokener Luft ist es unveraͤnderlich und es erlitt selbst nach drei
Monaten in feuchter Luft keine merkliche Veraͤnderung.
In absolutem Alkohol und in Schwefelaͤther ist es unaufloͤslich,
loͤst sich aber in Alkohol von 88° in geringer Menge auf.
In Wasser loͤst es sich sehr leicht auf; die Aufloͤsung wird durch
basisch essigsaures Blei, Kalkwasser, salpetersaures Queksilberoxydul und Chlor
gefaͤllt. Alkohol von 95° bringt darin einen reichlichen
Niederschlag hervor, welcher in Wasser verschwindet. Durch Baryt entsteht darin
ein Niederschlag von schwefelsaurem Baryt, weil die gummige Substanz Spuren von
schwefelsaurem Kalk enthaͤlt.
Mit Bierhefe und Wasser gaͤhrt dieses Gummi nicht. Mit
Salpetersaͤure liefert es keine Schleimsaͤure.
Sehr merkwuͤrdig ist die Wirkung der Diastase auf dieses Gummi, weil sie
es in Zuker verwandelt. Dubrunfaut fand bei seinen
Versuchen, daß wenn man 100 Theile Staͤrkmehl mit mehr als 25 Theilen
geleimter Gerste versezt, man nicht mehr Zuker erhaͤlt, als bei lezterem
Verhaͤltniß (versteht sich mit Ausnahme des in der
uͤberschuͤssigen Gerste ohnedieß enthaltenen). Dieß
bestaͤtigte auch Payen, welcher in seiner
lezten Abhandlung sagt, daß die Diastase auf das von dem Zuker getrennte Gummi
nicht mehr wirkt, was aber mit folgendem Versuche ganz in Widerspruch steht.
Man loͤste 5 Gr. gummiger Substanz mit 0,5 Gr. Diastase in 60 Gr. Wasser
von der gewoͤhnlichen Temperatur auf; die Aufloͤsung wurde
fuͤnf Stunden lang zwischen 60 und 65° erhalten und dann mit 1 Gr.
Bierhefe versezt; das entbundene kohlensaure Gas entsprach 3,07 Gr. Zuker.
Daraus geht hervor, daß 100 Theile gummiger Substanz 61,4 Theile Zuker
liefern.
Dieser Versuch mußte mich auf die Vermuthung bringen, daß wenn ein Ueberschuß von
Diastase oder geleimter Gerste nicht auf die Fluͤssigkeit wirkt, worin
der Zuker und die gummige Substanz aufgeloͤst sind, dieß von einer
gegenseitigen Verwandtschaft jener beiden Substanzen herruͤhrt: um mich
davon zu uͤberzeugen, verfuhr ich folgender Maßen.
Eine Fluͤssigkeit, welche gummige Substanz und Zuker enthielt, wurde in
drei gleiche Portionen A, B, C getheilt.
FluͤssigkeitA. Sie gab bei der Gaͤhrung 1,71 Gr.
Zuker.
FluͤssigkeitB. Nachdem sie bei 65° C. mit
uͤberschuͤssiger Diastase behandelt und dann erkaltet war,
lieferte sie bei der Gaͤhrung 1,73 Gr. Zuker.
FluͤssigkeitC. Die gummige Substanz wurde mit Alkohol
gefaͤllt und durch Aussuͤßen mit Alkohol von Zuker befreit, dann
in Wasser aufgeloͤst, mit Diastase in Ueberschuß versezt und auf
65° C. erhizt. Nach dem Erkalten versezte man sie in Gaͤhrung und
sie lieferte 0,91 Gr. Zuker.
Aus diesen Resultaten folgt, daß das Gemisch von gummiger Substanz und Zuker von
diesem lezteren nach der Behandlung mit Diastase nicht mehr enthaͤlt, als
vor derselben und außerdem, daß die Wechselwirkung dieser Substanzen die Wirkung
der Diastase aufhebt. Nach einem oben angegebenen Versuche lieferten 100 Theile
gummiger Substanz 10 Theile Diastase und 1200 Theile Wasser, 61,45 Theile Zuker.
Es war sehr wichtig zu wissen, ob sich die gummige Substanz vollstaͤndig
in Zuker verwandeln laͤßt, wenn man sie vorher von dem ihr beigemischten
Zuker trennt. Ich wiederholte daher diesen Versuch und es gelang mir die gummige
Substanz bis auf 1 1/2 Proc. gaͤnzlich in Zuker zu verwandeln. Daß die
Umaͤnderung nicht vollstaͤndig ist, erklaͤrt sich dadurch,
daß die Diastase nach langer Einwirkung sauer wird und zum Theil mit der
gummigen Substanz, welche der Alkohol niederschlaͤgt, fortgerissen wird.
Hr. Dubrunfaut hat gefunden, daß eine geringe Menge
Saͤure oder Alkali die Wirkung der Diastase ganz paralysirt;
wahrscheinlich waͤre daher auch die Zukerbildung vollstaͤndig
gewesen, wenn ich die Saͤure neutralisirt haͤtte.
Bereitung der gummigen Substanz. Bei der Bereitung
des Zukers mittelst Diastase und Staͤrkmehl nach dem oben angegebenen
Verfahren, erhaͤlt man einen Ruͤkstand, der großen Theils aus
gummiger Substanz und ein wenig Zuker besteht. Lezteren zieht man mit Alkohol
von 95 Proc. bei einer Temperatur von 75° C. (60° R.) aus. Dann
loͤst man die Substanz in ihrem 8fachen Gewicht Wasser auf, versezt sie
mit ein Zwanzigstel gereinigter thierischer Kohle, ruͤhrt eine halbe
Stunde lang um und filtrirt dann durch Papier. Die filtrirte Fluͤssigkeit
muß farblos seyn und im luftleeren Raume bis zur Trokniß abgedampft werden.
Da diese gummige Substanz den Alkohol stark zuruͤkhaͤlt, so muß man
einen Theil davon bei 100° C. in einer kleinen Roͤhre erhizen.
Sollte sie schwach nach Alkohol riechen, so muͤßte man sie noch ein Mal
in sehr wenig Wasser von 75° C. aufloͤsen, eine halbe Stunde lang
umruͤhren und im luftleeren Raume zur Trokniß abdampfen.
Ich habe mich uͤbrigens uͤberzeugt, daß die Diastase auf arabisches
Gummi und Rohrzuker nicht wirkt.
§. 2. Untersuchung des Dextrinsyrups der HH. Fouchard.
Die HH. Fouchard errichteten in Neuilly eine Fabrik,
worin aus Kartoffelstaͤrke mittelst gekeimter Gerste eine gummige
Substanz und ein Syrup bereitet wird, welchen sie als Dextrinsyrup in den Handel bringen. Derjenige, welchen ich am 7. Mai
1834 aus dieser Fabrik erhielt, besaß folgende Eigenschaften:
Er war schwach gruͤnlich gelb gefaͤrbt, zeigte 32° an
Baumé's Araͤometer, schmekte rein suͤß, hinterher aber nach
der zum Entfaͤrben angewandten KohleSeitdem haben diese Fabrikanten ihr Verfahren verbessert, und erhalten
jezt einen Syrup, der keinen unangenehmen Geschmak mehr besizt.A. d. O..
In Tassen der Luft ausgesezt, gestand er nach 16 Tagen zu einer koͤrnigen
Masse, die sich auf diese Art nicht ganz austroknen laͤßt. Im trokenen
luftleeren Raume verlor er einen großen Theil seines Wassers, wurde
sproͤde und schwach gelb.
10 Gr. desselben hinterließen beim Einaͤschern 0,012 Asche und dieselbe
Quantitaͤt verlor in einem auf 100° C. erhizten Raume im Verlauf
von sechs Stunden unter bestaͤndigem Umruͤhren 3,6 Gr. Wasser. Bei
der geistigen Gaͤhrung lieferten 8 Gr. dieses Syrups eine
Quantitaͤt Kohlensaͤure, die 3,3 Gr. Zuker entsprach. Der
Dextrinsyrup besteht folglich aus:
Asche
0,12
Wasser
36,25
Zuker
41,46
Gummi
22,17
––––––
100,00
Er enthaͤlt also beilaͤufig zwei Fuͤnftel seines Gewichts
Zuker und etwas mehr als ein Fuͤnftel gummiger Substanz. Wenn diese
Fabrikanten mehr Wasser und gekeimte Gerste anwenden wuͤrden, so
erhielten sie ohne Zweifel einen viel zukerhaltigeren Syrup. Der Dextrinsyrup,
wie man ihn gegenwaͤrtig verkauft, ist viel kostspieliger als der aus
gewoͤhnlichem Zuker erhaltene Syrup, weil er wenig Zuker enthaͤlt
und dieser nicht stark suͤßt.
Ich will nun noch eine Beobachtung anfuͤhren, welche wichtig ist, wenn man
den Alkoholgehalt einer geistigen Fluͤssigkeit bestimmen will. Man weiß,
nach Gay-Lussac, daß man, um den Alkoholgehalt
eines Weines zu bestimmen, nur 300 Kubikcentim. in einen Destillirkolben zu
bringen und die Destillation so lange fortzusezen braucht, bis man 100
Kubikcentim. Branntwein hat. Dieses Verfahrens habe ich mich auch bedient,
um den Alkoholgehalt der weinigen Fluͤssigkeit zu bestimmen, die ich bei
der Gaͤhrung von Fouchard's Syrup erhielt. Da
aber die Menge des Weingeistes sehr von derjenigen abwich, welche der erhaltenen
Kohlensaͤure entsprach, so vermuthete ich, daß noch Weingeist in dem
Destillirkolben zuruͤkgeblieben seyn duͤrfte; ich sezte also die
Destillation so lange fort, bis ich mir noch 75 Kubikcentim. Fluͤssigkeit
verschafft hatte. Das lezte Destillat, mit dem ersten vermischt, lieferte nun
eine Fluͤssigkeit, deren Alkoholgehalt dem aus der Kohlensaͤure
berechneten so ziemlich entsprach. Die in dem Kolben zuruͤkgebliebene
Fluͤssigkeit lieferte jezt bei der Destillation auch keinen Weingeist
mehr. Lezterer wird folglich durch das Gummi mit einiger Verwandtschaft
zuruͤkgehalten.
Zusammenstellung aller Resultate.
Aus den in dieser Abhandlung enthaltenen Versuchen ergibt sich:
1) 1 Theil Diastase, in 30 Theilen kalten Wassers aufgeloͤst, und mit 4,08
Theilen Kartoffelstaͤrke bei abgeschlossener Luft in Beruͤhrung
gebracht, hatte im Verlauf von drei und sechszig Tagen, wo die Temperatur zwischen
20 und 26° C. schwankte, nicht die geringste Wirkung darauf.
2) 2 Theile Diastase bringen nach Verlauf von einer Stunde die Kuͤgelchen von
3 Theilen Staͤrkmehl bei einer Temperatur noch nicht zum Zerplazen, welche
derjenigen sehr nahe kommt, wo sie schon durch die gleichzeitige Wirkung der
Waͤrme und des Wassers zerspringen. Die Wirkung der Diastase erstrekt sich
auch nur auf solches Staͤrkmehl, welches in Wasser vollkommen
aufgeloͤst ist.
3) Die Diastase macht den Staͤrkmehlkleister fluͤssig und verwandelt
ihn in Zuker, ohne daß eine Gasart absorbirt oder entbunden wird; diese Reaction ist
dieselbe, in der Luft, wie im luftleeren Raume.
4) 100 Theile Staͤrkmehl, die mit ihrem 39fachen Gewicht Wasser in Kleister
verwandelt und mit 6113 Theilen Diastase, in 40 Theilen kalten Wassers
aufgeloͤst, versezt, dann eine Stunde lang zwischen 60 und 65° C. (48
und 52° R.) erhalten wurden, gaben 86,91 Theile Zuker.
5) Ein mit 100 Theilen Staͤrkmehl und 1393 Theilen Wasser bereiteter Kleister,
welcher mit 12,25 Theilen Diastase, in 367 Theilen kalten Wassers aufgeloͤst,
versezt und 24 Stunden lang auf 20° C. (16° R.) erhalten wurde, gab
77,64 Theile Zuker.
6) Der vorhergehende Versuch, bei der Temperatur des schmelzenden Eises wiederholt,
gab nach Verlauf von 2 Stunden 11,82 Theile Zuker.
7) Zwischen – 12° und – 5° C. wird der
Staͤrkekleister durch die Diastase fluͤssig gemacht, ohne daß Zuker
entsteht.
8) Die guͤnstigsten Verhaͤltnisse und Umstaͤnde zur Erzeugung
einer großen Menge Zukers sind ein schwacher Ueberschuß von Diastase oder gekeimter
Gerste, ungefaͤhr 50 Theile Wasser auf 1 Theil Staͤrkmehl und eine
Temperatur zwischen 60 und 65° C.
Es ist von der groͤßten Wichtigkeit, daß die Zukerbildung so schnell als
moͤglich vor sich geht, damit der erzeugte Zuker nicht mit zu viel gummiger
Substanz in Beruͤhrung kommt, in welchem Falle die Diastase leztere nicht in
Zuker verwandeln wuͤrde: das Fluͤssigwerden und die Zukerbildung
muͤssen so zu sagen zu gleicher Zeit erfolgen.
9) Der Staͤrkmehlzuker mag mit Diastase oder mit Schwefelsaͤure
bereitet worden seyn, so krystallisirt er gleich und hat dieselbe Zusammensezung wie
der Traubenzuker.
10) Die Diastase, selbst in Ueberschuß angewandt, verwandelt die gummige Substanz
nicht in Zuker, wenn sie zugleich mit Staͤrkezuker in Wasser
aufgeloͤst ist; wenn aber lezterer davon getrennt ist, so aͤndert sie
das Gummi fast vollstaͤndig in Zuker um.
11) Das arabische Gummi, der Rohrzuker und die Bierhefe werden durch Diastase nicht
veraͤndert.
12) Eine Aufloͤsung von Diastase in Wasser zersezt sich an der Luft leicht und
auch außer Beruͤhrung mit derselben.
13) Wenn man Staͤrkmehlzuker, er mag mit Diastase oder mit
Schwefelsaͤure bereitet worden seyn, in geistige Gaͤhrung versezt, so
differirt die Summe der Gewichte des Alkohols, der Kohlensaͤure und des
Krystallwassers von dem Gewichte des Zukers um ungefaͤhr 3 1/2 Proc. Diese
Differenz ruͤhrt großen Theils daher, daß waͤhrend der Gaͤhrung
Essigsaͤure, Milchsaͤure, ein fluͤchtiges Oehl und
wahrscheinlich noch andere unbekannte Producte entstehen.
14) Um so genau als moͤglich den Alkoholgehalt einer Fluͤssigkeit zu
bestimmen, welche eine Substanz enthaͤlt, die den Weingeist stark anzieht,
muß man die Destillation so lange fortsezen, bis die uͤbergehende
Fluͤssigkeit am Centesimal-Alkoholometer nichts mehr anzeigt.