Titel: | Ueber das Bleichen gewisser Torfarten, um eine weiße Faser zur Papierfabrikation zu gewinnen. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XXXV., S. 229 |
Download: | XML |
XXXV.
Ueber das Bleichen gewisser Torfarten, um eine
weiße Faser zur Papierfabrikation zu gewinnen.
Aus dem London and Edinburgh Philosoph. Magaz. Nov. 1835,
S. 401.
Ueber das Bleichen von Torfarten.
Die Torfart, welche zu diesem Zwek gebraucht wird, kommt unmittelbar unter dem
Wasengrund in beinahe jeder Niederung Irlands vor und bildet haͤufig eine
drei Fuß dike Schichte. Sie besteht aus den Blaͤttern und Stielen
mannigfaltiger Moose, den Wurzeln und Fasern vieler kleinen Wasserpflanzen etc. im
ersten Stadium ihrer langsamen Zersezung. Die Fasern sind zaͤhe, haben
meistens ihre urspruͤngliche Form ganz beibehalten und sind
gewoͤhnlich in parallelen Schichten zusammengehaͤuft; die Farbe dieser
lezteren ist roͤthlichbraun und ihr specifisches Gewicht wechselt von 0,36
bis 0,65.
Die Fasern dieses Torfs werden gebleicht und entweder fuͤr sich allein oder
als Ersazmittel fuͤr Kalk, Gyps, Thon, Baumwollabfaͤlle, Haare,
Lederabfalle, Hopfenstengel etc. (womit man jezt nicht selten den Zeug
verfaͤlscht) zur Papierfabrikation angewandt. Man kann sie auch im
ungebleichten Zustande zur Fabrikation vortrefflichen Pappdekels
(Preßspaͤnen) benuzen, indem man sie bloß mit einer hydraulischen oder
anderen Presse zusammenpreßt und dann in einem Gefaͤße, woraus die Luft
ausgepumpt wird, mit Leim und Melasse, Trokenoͤhl, einer
Harzaufloͤsung oder anderen geeigneten Substanzen saͤttigt
(traͤnkt). Nach dieser Behandlung widerstehen sie der Einwirkung des Dampfes
von hohem Druk ganz gut.
Im feuchten Zustand liefert diese Torfart 3 bis 11 Proc. Asche und wenn sie bloß an
der Luft getroknet wurde, 4 bis 6 Procent Wasser; die Asche ist weiß oder
gelblichweiß und enthaͤlt:
kohlensauren Kalk
69,6
Kieselerde
3,0
Alaunerde
17,0
Eisenoxyd
8,0
––––
97,5
Die untersten Theile derselben Torfschichte lieferten eine Asche von ganz anderer
Zusammensezung; sie enthielt naͤmlich:
kohlensauren Kalk
21,0
schwefelsauren Kalk
5,5
Kieselerde
24,5
Alaunerde
26,3
Eisenoxyd
22,0
––––
99,3
Die Faser dieses rothen Torfs ist mit verschiedenen Producten der langsamen Zersezung
der Vegetabilien innig verbunden; in der Hauptsache bestehen sie aber aus
Humussaͤure (Ulmin).
Um diese Torfart zu bleichen, weicht man sie zuerst in kaltem Wasser auf, bis ihre
Theile beim Umruͤhren sich von einander trennen; die feineren Theilchen
werden weggewaschen; die zuruͤkbleibende Faser wird dann kalt mir einer sehr
verduͤnnten Aufloͤsung von Aezkali oder Aeznatron behandelt, welche
nur 50 Gran Alkali in einem Quart Wasser enthaͤlt. Die alkalische
Aufloͤsung, welche die Humussaͤure enthaͤlt, wird von der Faser
ausgepreßt; leztere weicht man dann noch einige Zeit in sehr verduͤnnte
Schwefelsaͤure ein (man erhaͤlt dieselbe, indem man ein Quart Wasser
mit 150 Gran concentrirter Saͤure vermischt). In dieser loͤst sich das
Eisen und auch das allenfalls im Torf enthaltene Ammoniak auf. Nachdem die Faser nun
wieder ausgepreßt worden ist, behandelt man sie in der Kaͤlte mit einer
verduͤnnten Aufloͤsung von Chlorkalk (ungefaͤhr von derselben
Staͤrke, wie sie die Papiermacher zum Bleichen feiner Lumpen anwenden). Wenn
sie ganz gebleicht ist, gießt man die Bleichfluͤssigkeit ab und wascht die
Faser gut aus; diese ist nun zur Papierfabrikation geeignet.
Die außerordentlich dunkel gefaͤrbte alkalische Aufloͤsung, welche die
Humussaͤure enthaͤlt, wird mit verduͤnnter
Schwefelsaͤure in Ueberschuß versezt (hiezu laͤßt sich auch die zum
Einweichen des Torfes gebrauchte anwenden), wodurch sich die Humussaͤure
niederschlaͤgt. Man sammelt leztere auf einem Filter, wascht sie mit kaltem
Wasser gut aus und troknet sie endlich bei der Temperatur des siedenden Wassers
vollkommen aus, wodurch sie in Wasser unaufloͤslich wird. Wegen ihrer satten
braunen Farbe laͤßt sie sich recht gut zu Oehlfarben benuzen. Die
Aufloͤsung, woraus die Humussaͤure niedergeschlagen wurde,
enthaͤlt nun schwefelsaures Kali und bisweilen auch eine geringe Menge
schwefelsaures Ammoniak.
Der von mir angewandte Torf enthielt 14 bis 30 Proc. aufloͤsliche Substanz und
ein Centner des besten lieferte mir beilaͤufig 18 Pfund feiner weißer Faser
zur Papierfabrikation und eine noch bei weitem groͤßere Menge von grober und
weniger weißer.
Bei der Behandlung des Torfs mit Chlorkalkaufloͤsung bildet sich eine fettige Substanz,
welche nach einiger Zeit auf der Fluͤssigkeit schwimmt und von wachsartiger
Natur oder dem kuͤnstlichen Kampher aͤhnlich zu seyn scheint. Sie
riecht wie Kampher; ihr specifisches Gewicht ist 0,990, also nicht viel
groͤßer als das des Kamphers. Bei gewoͤhnlicher Temperatur ist sie
immer zum Theil fest und zum Theil fluͤssig. Von dem ihr anhaͤngenden
Wasser befreit, zeigt sie eine Neigung zur Krystallisation; der fluͤssigere
Theil verdampft allmaͤhlich an der Luft und hinterlaͤßt dabei einen
Firniß in dem Gefaͤß, worin er enthalten war. Der Punkt der gleichartigen
Schmelzung dieser Substanz liegt zwischen 114 und 119° R.; zwischen ihrem
Schmelz- und Siedepunkt, welcher leztere ungefaͤhr 146° R. zu
entsprechen scheint, verdampft sie rasch und ihr Siedepunkt steigt, waͤhrend
sie verdampft. In Wasser ist sie unaufloͤslich; in Alkohol loͤst sich
aber ein großer Theil davon und der Rest in Aezkali und fixen Oehlen auf. In der
Rothgluͤhhize wird sie in verschlossenen Gefaͤßen ganz zersezt, so wie
auch durch kochende concentrirte Schwefelsaͤure, die sie in Kohle und eine
dem kuͤnstlichen Gerbestoff aͤhnliche Materie verwandelt.
Der braune Farbstoff, welchen man nach obigem Verfahren aus dem Torf
erhaͤltUeber die Eigenschaften der Humussaͤure oder des Ulmins findet man das
Ausfuͤrliche in Boullay's Abhandlung im
Polyt. Journale Bd. XXXVII. S. 23
und uͤber ihre Darstellung aus den Torfarten vergleiche man besonders
Berthier's Bemerkungen in Bd. LVIII. S. 404.A. d. R., wird von Schwefelwasserstoff und salzsaurem Zinnoxydul nicht
veraͤndert; concentrirte Salpetersaͤure zersezt ihn erst nach langer
Zeit. Chlor bleicht ihn langsam, die Sonnenstrahlen aber thun dieß gar nicht. Wenn
er gehoͤrig ausgewaschen und ausgetroknet wurde, zeigt er durchaus keine
Neigung zum Zerfließen. Er laͤßt sich daher sehr gut zum Mahlen und Druken
des Papiers anwenden, so wie zu anderen nuͤzlichen Zweken; durch Aezkali kann
man ihn von den Gegenstaͤnden, worauf er aufgetragen wurde, leicht wieder
beseitigen.