Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XXXVI., S. 230 |
Download: | XML |
XXXVI.
Miszellen.
Miszellen.
Frimot's Mittel, dem Erzittern der Dampfmaschinen
vorzubeugen.
Die Hauptursache der Erzitterungen oder Schwingungen, in welchen sich sehr
haͤufig gehende Dampfmaschinen befinden, ist theils die ploͤzliche
Wirkung des Dampfes, die eben so schnell aufgehoben wird, theils, die schnelle
Aenderung der Bewegungsrichtung des Kolbens, oft verbunden mit einem Stoße; das
lezte wird nun dadurch unschaͤdlich gemacht, daß man die Geschwindigkeit des
Kolbens durch unmerkbare Uebergaͤnge vernichtet, bevor die Bewegungsrichtung
umgesezt worden ist. Um dieß zu bewirken, hat Frimot am
Dampfcylinder ein Rohr von einigen Zoll Weite angebracht, welches mit Wasser gefuͤllt
ist und mit einer Kugel in Verbindung steht, in welcher eine Luftmenge bis auf einen
gewissen Grad zusammengedruͤkt ist. Sobald nun der Kolben am Ende seines
Laufes anlangt, tritt das Rohr mit dem Dampfcylinder in Verbindung und das Wasser
wird durch die sich ausdehnende Luft unter den Kolben gedraͤngt, lezterer
draͤngt jedoch bei Fortsezung seines Laufes alles Wasser wieder in das Rohr
hinein und verliert dabei seine ganze Geschwindigkeit, sobald er den vollen Lauf
vollendet hat, in welchem Augenblik sich das Ventil des wieder ganz mit Wasser
gefuͤllten Rohres schließt, um sich beim naͤchsten Kolbenniedergange
wieder zu oͤffnen. Es hat dieses vorgeschlagene Mittel bereits die
erwuͤnschtesten Resultate an Maschinen von ziemlich großen Dimensionen
gegeben. (Aus den Mém. de l'Acad. de St. Petersb.
im polytechnischen Centralblatt.)
Ueber den von Dr. Weinholz
erfundenen Luftwagen.
Im Februar d. J. und seitdem oͤfter lasen wir in oͤffentlichen
Blaͤttern von einer Erfindung des Dr. Weinholz in
Braunschweig, welche er Luftwagen nannte, und die nicht
geringe Erwartung erregte, denn mit eben so großer Anspruchslosigkeit als
uͤberzeugender Gruͤndlichkeit, so wurde berichtet, habe Dr. Weinholz das Wesentliche seiner Erfindung dargelegt,
und versprochen, dieselbe in einer Schrift weiter zu entwikeln und zu
veroͤffentlichen. Diese Schrift ist erschienen unter dem Titel:
„Luftschifffahrt und Maschinenwesen. Nachweisung eines neuen
Bewegungsmittels von Dr. Weinholz.“ Auf
der ersten Seite, welche ich in derselben las, fand ich sogleich, daß die Idee des
Dr. Weinholz keine andere ist, als die, welche, ich
schon vor einem Jahre im Kleinen ausgefuͤhrt habe, zwar nicht, um deren
praktische Anwendbarkeit einleuchtend zu machen, sondern nur zu theoretischen
Zweken. Auch ist das Ganze so wenig neu, daß nur die vorhin erwaͤhnte
Ankuͤndigung, die bereits erschienene Schrift des Dr.
Weinholz und die von ihm gegebene Verheißung eines noch weit
ausfuͤhrlicheren Werkes uͤber denselben Gegenstand mich bewegen
konnten, oͤffentlich etwas hieruͤber zu sagen. Vielleicht wird dieß
fuͤr den Dr. Weinholz Veranlassung, sich
unnoͤthige Muͤhe und Kosten zu ersparen, und lieber, bevor er die
Anwendung seiner Erfindung bis in die kleinsten Einzelnheiten entwikelt, dieselbe
vielseitiger und unbefangener zu pruͤfen, – allenfalls auch einen
Versuch im Kleinen zu machen.
Die physikalische Wahrheit, worauf die vermeintlich neue Erfindung sich
gruͤndet, ist folgende. Wenn eine elastische Fluͤssigkeit –
Dampf oder irgend eine Gasart – sich im zusammengepreßten Zustande in einem
verschlossenen Gefaͤße befindet, so druͤkt sie gegen die inneren
Waͤnde desselben, ohne es nach irgend einer Richtung hin fortbewegen zu
koͤnnen, weil der Druk auf die einander gegenuͤber stehenden Seiten
allemal gleich stark ist und daher sich aufhebt. Nehmen wir an, das Gefaͤß
sey so beschaffen, daß die vordere Wand desselben 10 Quadratzoll enthalte, und die
hintere eben so viel; auf jeden Quadratzoll druͤke der Dampf mit der Kraft
von 10 Pfd.; so wird das Gefaͤß mit der Kraft von 100 Pfd. nach Vorne und mit
derselben Kraft nach Hinten gedruͤkt werden, also in Ruhe bleiben. Schneiden
wir aber aus der Hinteren Wand einen Quadratzoll heraus,
so daß also der Dampf auf diesen Quadratzoll nicht mehr druͤkt, indem er hier
frei ausstroͤmt, so wird er das Gefaͤß nur noch mir der Kraft von 90
Pfd. nach Hinten draͤngen, und der Druk nach Vorne wird 10 Pfd. mehr
betragen, welcher Ueberschuß die Bewegung hervorbringen soll. – Hiebei wird
vorausgesezt, daß der Dampf einen so reichlichen Ersaz erhalte, daß er troz des
Ausstroͤmens stets in gleicher Spannung bleibt.
Die Hindernisse, welche der praktischen Anwendung in den Weg treten, sind folgende.
Machen wir die Ausstroͤmungsoͤffnung klein, so ist es auch nur eine
kleine Flaͤche auf der gegenuͤber stehenden Seite des Gefaͤßes
(des Dampfkessels), gegen welche der Dampf fortbewegend wirkt, und die Wirkung kann
also nur gering seyn; machen wir aber die Oeffnung im Verhaͤltniß zu dem
Dampfkessel groß, so stroͤmt der in genuͤgendem Grade comprimirte
Dampf, da er keinen anderen Widerstand findet, als die Luft, in solcher Menge aus,
daß er nicht so schnell wieder ersezt werden kann, – seine Compression wird
daher so sehr vermindert, daß seine Wirkung wiederum nur sehr gering seyn kann; ja
er wird gar nicht einmal
zu irgend einer wirksamen Compression gelangen, wenn ihm gleich vom Anfange seiner
Entwikelung an das Ausstroͤmen verstattet ist.
Bei meinem kleinen Dampfwagen, der von einem sehr geschikten hiesigen Uhrmacher aus
Messingblech auf's sorgfaͤltigste gearbeitet ist, hat der Dampfkessel 4 Zoll
Laͤnge, 2 Zoll Breite und 1 Zoll Hoͤhe. Er wird durch drei
Spirituslampen geheizt, wodurch ich eine sehr schnelle Dampfentwikelung zu erzielen
im Stande bin. Die hinten befindliche Ausstroͤmungsoͤffnung war
anfangs so groß, wie der Durchschnitt einer mittleren Naͤhnadel. Dabei
entstand, troz des staͤrksten dreifachen Lampenfeuers, keine Bewegung. Erst
nachdem ich die Oeffnung so sehr habe verkleinern lassen, daß sie dem Durchschnitt
der feinsten Naͤhnadel gleicht, geraͤth der Wagen auf ganz ebenem
Boden in eine (durch Stellung der Vorderraͤder geleitete)
kreisfoͤrmige Bewegung. – Eine rotirende Dampfmaschine, welche ich
neuerdings von demselben Kuͤnstler und nach demselben Grundsaze habe
anfertigen lassen, bewegt sich mit Leichtigkeit, weil sie eine sehr geringe Friction
zu uͤberwinden hat, doch kann auch sie Nichts weiter effectuiren, als daß sie
sich selbst treibt.
Bei den gewoͤhnlichen Dampfmaschinen, welche in unserer Zeit so viel Epoche
machen, verhaͤlt sich die Sache anders. Erstens stroͤmt der Dampf,
wegen des Widerstandes, den er zu uͤberwaͤltigen hat, nicht mit
solcher Leichtigkeit und Schnelligkeit aus, so daß er also mehr Zeit hat sich zu
sammeln, und zweitens wirkt er nicht bloß mit einer Kraft, welche gleich ist seinem
Druk auf die Ausstroͤmungsoͤffnung, sondern diese Wirkung
vervielfaͤltigt sich so viel Mal, als die Flaͤche des Stempels, den er
treibt, groͤßer ist, als jene Ausstroͤmungsoͤffnung. Nehmen wir
an, daß die Ausstroͤmungsoͤffnung 1/4 Quadratfuß betraͤgt, und
daß der Druk des Dampfes auf diese Flaͤche gleich ist dem Druk von 1000 Pfund
(dieß waͤre ein doppelter Atmosphaͤrendruk, da die
atmosphaͤrische Luft auf 1 Quadratfuß ungefaͤhr mit der Kraft von 2000
Pfd. druͤkt); nehmen wir ferner an, daß der Stempel eine Flaͤche von 4
Quadratfuß darbietet, so wird der Dampf auf leztere mit der Kraft von 16,000 Pfd.
wirken.
Zum Schluß wollen wir noch einiger abenteuerlicher Ideen des Dr. Weinholz erwaͤhnen. Er spricht §. 119 von Dampf, dessen
Druk dem von 100, ja von 200 Atmosphaͤren gleichkommt, und von einer
Ausstroͤmungsoͤffnung von 1, ja von 4 Quadratfuß, wodurch allerdings
die berechnete Kraft von 1,600,000 Pfd. nach der bestimmten Richtung erreicht
wuͤrde. Aber hiezu waͤre mindestens ein Dampfkessel von der
Groͤße der Peterskirche in Rom noͤthig, mit
verhaͤltnißmaͤßig diken Waͤnden, – etwa von Platina, um
den unermeßlichen Druk gegen die ganze innere Flaͤche auszuhalten und nicht
zu schmelzen bei der ungeheuren Gluth, zu deren Hervorbringung die
Steinkohlenbergwerke von Newcastle sich erschoͤpfen muͤßten. Und der
ganze Apparat, von dem der Dampfkessel nur ein Theil ist, soll sich nicht bloß auf
gebahnter Straße fortbewegen, sondern pfeilschnell durch die Luft dahin fahren, und
große Gondeln mit Menschen und Waaren nach sich ziehen; denn die Luftschifffahrt ist
es ja hauptsaͤchlich, worauf der Erfinder es abgesehen hat. Meine Idee war
doch nur, als ich den vorhin erwaͤhnten Dampfwagen anfertigen ließ, daß es
vielleicht nicht unmoͤglich sey, bei stiller Luft einem auf die
gewoͤhnliche Art mit Wasserstoffgas gefuͤllten Ballon durch
ausstroͤmenden Dampf eine beliebige Horizontalrichtung zu geben.
Dr. Weinholz schlaͤgt auch vor, statt des
elastischen Wasserdampfes die aus verbrennendem Schießpulver sich entwikelnden Gase
als Bewegungsmittel zu benuzen. Bekanntlich dreht sich das Feuerrad und steigt die
Rakete durch das Ausstroͤmen dieser Gase; leztere hebt noch einen Stok mit in
die Luft, wodurch ihre Bahn geregelt wird. Soll nun aber anstatt dieses
duͤnnen Stoks eine Gondel mit Menschen in die Luft gehoben werden, so muß
auch die dazu noͤthige Rakete eine gewoͤhnliche eben so sehr an Dike
uͤbertreffen, als diese Last das Gewicht jenes Stokes uͤbertrifft; und
soll die Luftfahrt auch nur so viele Minuten dauern, als die gewoͤhnliche
Rakete Secunden steigt, so muß die anzuwendende Rakete sechszig Mal so lang seyn,
als jene; um eine Stunde zu brennen, muͤßte sie 3600 Mal so lang seyn. Den
Vortheil haͤtte man freilich, daß man sich nicht mit Pelzen fuͤr die
kalte Luftregion zu versehen brauchte, und die Astronomen wuͤrden alle bisher
beobachteten Kometen fuͤr Nichts achten gegen ein solches Meteor.
Dr. Weinholz will auch Geschosse von jeder beliebigen
Masse mit jeder gewuͤnschten Geschwindigkeit dadurch fortschleudern, daß er
sie aushoͤhlt und raketenartig mit Pulver fuͤllt. (Die englischen Brandraketen
stellen etwas Aehnliches dar, nur daß sie keine schweren Massen sind, und nicht
durch ihren Stoß, sondern durch ihr Feuer schaden.) Oder es soll, wie nach Weinholz's eigener Angabe schon Perkins vor mehreren Jahren vorgeschlagen hat, die
roͤhrenfoͤrmige Hoͤhlung des Geschosses eine Quantitaͤt
Wasser enthalten, und dann das ganze Geschoß erhizt werden, bis ein metallener
Pfropf schmilzt, das in Dampf verwandelte Wasser ausstroͤmt und dadurch das
Geschoß forttreibt. Hier findet also nicht einmal eine fortdauernde Entwikelung von
Dampf Statt.
Der Schluß des Buches erklaͤrt die Unreife der ganzen Idee, indem Weinholz sagt, es seyen kaum 18 Tage verstrichen, seitdem
er an das von ihm empfohlene Bewegungsmittel zuerst gedacht habe.
C. Kruͤckmann in
Guͤstrow.
Ueber Steinheil's
Kugelwaage.
Wir haben bereits im Polyt. Journale Bd. LIII. S.
315 die Chemiker auf die von Hrn. Prof. Steinheil in Muͤnchen erfundene Praͤcisionswaage aufmerksam
gemacht. Das Neue und Eigenthuͤmliche dieser Waage ist, daß sie statt auf
Schneiden auf Kugeln geht und daß sie mit der mechanischen zugleich eine optische
Einrichtung verbindet.
Der Waagebalken ist aus rechtwinklich aufeinander geloͤthetem Stahlbleche
verfertigt. Ueber dem Ruͤken des Balkens schiebt sich ein Sattel, durch
welchen 2 Schrauben gehen, die in kleinen vollkommen polirten Kugeln von 0'''. 3
Durchmesser enden. An den Endpunkten des Balkens gehen von Unten Schrauben, die
ebenfalls in Kugeln von 0'''. 2 auslaufen. Leztere dienen den beiden Schalen als
Aufhaͤngpunkte; der Sattel mit seinen Kugelschrauben aber, durch kleine
Schlaͤge in die Mitte zwischen die Endkugeln gebracht, als Schwingachse der
Waage. Die 4 Kugelschrauben werden so gestellt, daß eine Ebene durch ihre
Mittelpunkte gelegt, zugleich durch den Schwerpunkt des Balkens geht. An lezterem
ist ist in der Mitte ein nach Unten gerichteter Spiegel angebracht, dessen Ende
parallel mit oben bezeichneter liegt.
Der Balken ruht auf Planglaͤsern, welche eine abgestuzte metallene vierseitige
Pyramide traͤgt. Diese ist auf einen mit Correctionsschrauben zum
Horizontalstellen versehenen Stativtisch angeschraubt, dem durch Kreuzbande
groͤßere Festigkeit gegeben ist.
Auf dem Stativtisch, im Innern der hohlen Pyramide, ist eine Scala befestigt, welche
im Spiegel des Waagebalkens durch ein Fernrohr sichtbar wird, das im Tische selbst
angebracht ist.
Man sieht also durch das Ocular des Fernrohrs die Schwingungen des Waagebalkens, als
bewegte sich die Scala hin und her.
Ein Spinnenfaden im Gesichtsfelde des Fernrohrs dient zur Ablesung der Scala, und
gibt somit die Aenderungen der Neigung des Balkens mir großer Genauigkeit. Ein Arm
von Metall, der an der Ruͤkseite der Pyramide festgeschraubt ist,
haͤlt zwei Schrauben von raschem und leichtem Gange, welche dazu dienen, den
Waagebalken von Oben herab zu sperren.
Die Waagschalen, bestehend aus flachen Stokuhr-Glaͤsern (von etwa 4
Zoll Durchmesser), in Messingringen gefaßt, sind in kleinen Nahmen
aufgehaͤngt. Diese Rahmen haben da, wo sie auf die Endkugeln aufgesezt
werden, kleine Hohlspiegelchen von glashartem Stahle, die aus demjenigen Punkte
geschliffen sind, in welchem die ganze Schwere der Schale haͤngt. Durch diese
Vorrichtung bilden die Hohlspiegelchen in dem Beruͤhrungspunkte an den
Endkugeln stets in aller Schaͤrfe horizontale Tangenten, auch waͤhrend
der Schwingungen der Waage. Dadurch ist erlangt, daß bei einer bestimmten Neigung
des Waagebalkens beide Arme der Waage vollkommen gleich lang werden, wenn sie es
urspruͤnglich auch nicht seyn sollten, und daß sich diese Laͤnge nicht
aͤndert, man mag das zu Waͤgende in die Mitte oder an den Rand der
Schale legen. Der Punkt, in welchem bei dieser Lage der Spinnfaden die Scala
abschneidet, ist der 0 Punkt der Waage. Ein Glaskasten schuͤzt das Instrument
vor Luftzug und Staub. Durch die beschriebene Einrichtung ist im Vergleich mit den
Schneidewaagen folgendes erlangt:
1) gibt es fuͤr die Kugelwaage stets eine Neigung, bei welcher die Arme gleich lang sind, daher
die Waͤgungen von dieser aus streng richtig werden. Bei der Schneidewaage
hingegen ist Gleicharmigkeit eine kaum zu uͤberwindende Schwierigkeit.
2) Sind die Kugeln viel leichter genau herzustellen, als Schneiden, daher solche
Waagen ceteris paribus viel wohlfeiler herzustellen
sind, als Schneidewaagen. Sie bilden uͤberdieß durch Abwikelung ihre
Drehungsachse ideal und vollkommen parallel, waͤhrend es zu den
unaufloͤslichen Aufgaben gehoͤrt, die drei Schneiden einer Waage
parallel zu legen.
3) Ist die Empfindlichkeit aus theoretischen Gruͤnden hier ein Maximum. Die
Waage ertraͤgt 1 Pfd. Belastung auf jeder Schale, und gibt dabei noch
sichtbaren Ausschlag fuͤr 1/500 Gran; sie laͤßt also den 3,840,000sten
Theil der Last noch erkennen. Die Waage des polytechnischen Cabinets in Wien, welche
GerstnerHandbuch der Mechanik Bd. I. S. 186. beschreibt, gibt den 768,000sten Theil, also fuͤnf Mal weniger als
obige. Die Gahn'sche Waage, welche Berzelius anwendet und beschreibt, die aber nicht auf Glas geht, sondern
auf Feuerstein, gibt den 2,100,000sten Th.
4) Endlich ist sie dauerhafter als die Schneidewaage, und laͤßt sich, wenn
etwa durch zu große Last die Elasticitaͤtsgraͤnze der Stoffe
uͤberschritten worden waͤre, durch Auspoliren selbst, ohne zerlegt zu
werden, in wenig Minuten wieder vollkommen herstellen. Die Schneidewaage aber ist in
diesem Falle sehr schwer und nur durch den Kuͤnstler selbst zu repariren.
Dagegen steht die Kugelwaage in ihrer gegenwaͤrtigen Form den besten
Schneidewaagen noch nach in Bezug auf Bequemlichkeit der
Handhabung beim Waͤgen; denn es ist 1) das Hineinsehen in das
horizontal gerichtete Fernrohr muͤhsam und unbequem; 2) fordert die
Handhabung der Schrauben, welche den Balken sperren, besondere Uebung und mehr Zeit
als bei den jezigen Waagen.
Hr. Prof. Steinheil hat sich jedoch, wie Buchner im Repert. der Pharmacie Bd. IV. S. 117
berichtet, in der lezten Zeit bemuͤht, die geruͤgten
Unvollkommenheiten zu verbessern und seine Kugelwaage nicht nur hoͤchst
empfindlich und zuverlaͤssig, sondern auch moͤglichst bequem zu
machen. Durch Anbringung eines zweiten Spiegels ist nun der Vortheil gegeben, daß
das Perspectiv eine senkrechte Stellung erhalten konnte, so daß der vor der Waage
sizende Experimentator nur niederzubliken braucht, um jede kleinste. Schwingung
wahrzunehmen und mit moͤglichster Schaͤrfe zu bestimmen. Anstatt der
Schrauben oberhalb des Waagebalkens, um denselben zu sperren, was allerdings
unbequem war, befindet sich nun vorne neben dem Perspectiv eine Drehscheibe, so daß
es eben so wie bei jeder anderen Praͤcisions- oder Probirwaage
aͤußerst bequem ist, die Waage augenbliklich in Bewegung und in Ruhe zu
versezen. Nach diesen Verbesserungen, die leicht anzubringen waren, laͤßt nun
Steinheil's Kugelwaage kaum etwas mehr zu
wuͤnschen uͤbrig.
Ueber das Abziehen der Rasirmesser
enthaͤlt der Bulletin de la Société
d'encouragement in seinem neuesten Septemberhefte eine von Hrn. Mérimée verfaßte Notiz, aus der wir
Folgendes entnehmen. „Die Ankuͤndigungen von Compositionen, womit
man den Rasirmessern schnell eine scharfe Schneide zu geben im Stande ist,
wiederholen sich taͤglich, so daß eine Sammlung aller dieser
Praͤparate gewiß schon einen bedeutenden Umfang einnehmen wuͤrde.
Untersucht man dieselben jedoch genauer, so wird man finden, daß die meisten
einander aͤhnlich sind, und daß das, was heute als neu ausgerufen wird,
bereits fruͤher schon oͤfter zu Tage gebracht worden ist. Jede
Substanz, die geeignet war den Stahl abzureiben und zu poliren, konnte zum
Abziehen der Rasirmesser benuzt werden; keine der hiezu verwendeten Stoffe
konnte jedoch etwas leisten, ausgenommen in den Haͤnden derer, die die
Messer gehoͤrig abzuziehen verstanden. Man ging bei der Zusammensezung
aller dieser Compositionen von der Idee aus, daß man mit ihnen einen geringeren
Grad der Wirkung der Wezschiefer oder Abziehsteine hervorbringen muͤsse,
und uͤberzog daher die eine Seite des Streichleders mit einer Masse, in
der den Stahl angreifende Pulver enthalten waren, waͤhrend man die andere
Seite frei ließ oder auch mit Polirroth uͤberzog. Dieses Verfahren ist sehr
rationell, obwohl nicht vergessen werden darf, daß es nicht immer noͤthig
ist, die Raͤnder der Schneide eines Rasirmessers abzureiben, um dieses
abzuziehen. Denn es genuͤgt nicht selten ein Rasirmesser auf der flachen
Hand hin und her zu streichen, um ihm seine fruͤhere Schaͤrfe zu
geben. Daß aber bei einer so gelinden Reibung so wenig ein Abschleifen Statt
finden koͤnne, wie bei jenem Abziehen der Messer, welches die
Korkfabrikanten nach dem jedesmaligen Gebrauche auf einem Stuͤke weißen
reinen Holzes vornehmen, erhellt von selbst; die Reibung hat hier vielmehr
keinen anderen Zwek als den, die Schneide wieder gerade zu richten oder deren
saͤmmtliche Zaͤhne in eine und dieselbe Flaͤche zu bringen.
Wenn man naͤmlich die Schneide eines noch so gut polirten Rasirmessers
unter ein gutes Mikroskop bringt, so wird man deutlich parallele durch die
Reibung auf dem Leder erzeugte Streifen bemerken, und finden, daß diese
Streifen, indem sie sich bis zur Schneide fortpflanzen, aus dieser nothwendig
eine Saͤge machen. Die Zahne dieser Saͤge erscheinen jedoch nicht
gleichmaͤßig, wie sie an unseren gewoͤhnlichen Saͤgen zu
seyn pflegen; sie sind vielmehr an Hoͤhe und Breite ungleich. Wenn daher
die Basis dieser Zaͤhne so schwach ist, daß sie diese nicht in ihrer
Richtung zu erhalten vermag, so werden die Zaͤhne bei dem geringsten
Widerstande des Bartes aus dieser ihrer Richtung kommen, und in der schiefen
Stellung, in die sie gelangen, die Haare nicht mehr durchschneiden
koͤnnen, sondern ein schmerzliches Zerren an denselben erzeugen
muͤssen. Wenn man sich eines von einem geschikten Messerschmiede
abgezogenen Rasirmessers zum ersten Male bedient, so schneidet es in der Regel
jedes Mal gut; es ist dann die Schuld dessen, der sich seiner bedient, wenn er
es nicht in diesem Zustande erhaͤlt. Leider gibt es aber wenige Personen,
die ein Rasirmesser gehoͤrig abzuziehen, oder auch nur sich seiner zu
bedienen verstehen, ohne es in kuͤrzester Zeit dienstuntauglich zu
machen. Die einen schaben oder krazen den Bart hinweg; die anderen sezen das
Messer auf aͤhnliche Weise, wie der Zimmermann seinen Hobel an: d.h. sie
bewegen es in senkrechter Richtung gegen die Flaͤche seiner Schneide
vorwaͤrts, wodurch die Haare schief durchschnitten werden,
waͤhrend sie rein durchgeschnitten werden muͤssen, indem das
Rasirmesser nach Art einer Saͤge schneiden muß. Wenn nun zum Behufe des
Abziehens die Seitenraͤnder der Schneide nicht immer abgeschliffen zu
werden brauchen; wenn es vielmehr genuͤgt die Zaͤhne in eine und
dieselbe Flaͤche zu bringen, so ist ein weiches Leder, in welches sich
die Schneide so eindruͤkt, daß sie bald nach der einen, bald nach der
anderen Seite umgebogen wird, nicht das passendste Abziehinstrument; allein je
weniger nachgiebig dieses Instrument ist, um so milder muß dafuͤr die
Composition seyn, womit man dasselbe uͤberzieht. Ich bediene mich
gegenwaͤrtig nur hoͤlzerner Abziehinstrumente, auf welche ich
Polirroth, Eisenglanz oder Schmirgel von hoͤchster Feinheit auftrage. Ich
gebe auf diese Weise selbst Messern von mittelmaͤßiger Guͤte eine
gute Schneide, deren Raͤnder vollkommen polirt sind. Der sogenannte Faden
eines Rasirmessers wird durch die langen Zaͤhne, deren Basis zu schwach
ist, als daß sie sie in der Stellung der uͤbrigen Zaͤhne zu
erhalten vermoͤchte, hervorgebracht. Einige Zuͤge auf dem
Streichsteine genuͤgen, um ihn zu befestigen; dazu gehoͤrt aber
eine Gewandtheit, die nicht ein Mal allen Messerschmieden eigen ist. Ich finde
hiezu am geeignetsten eine matte Glasplatte, bei deren Anwendung keine besondere
Geschiklichkeit noͤthig ist, und auf welche ich etwas Polirroth oder
feinstes Schmirgelpulver mit Oehl oder Wasser bringe. Mit Huͤlfe dieses
Glases kann man den Faden und selbst kleine Scharten in kurzer Zeit so
beseitigen, daß man die Messer nie auf den Schleifstein zu bringen braucht. Noch
muß ich bemerken, daß man in Amerika zum Abziehen der Rasirmesser neuerlich
einen Cylinder aus gehaͤrtetem Stahle, der der Laͤnge nach so mit
Schmirgel polirt worden ist, daß aͤußerst feine Laͤngenstreifen
darauf zuruͤkblieben, anwendet. Auf diesem Cylinder soll man, nachdem man
etwas Strohasche mit Wasser auf ihn aufgetragen, die Messer abziehen, indem man
ihnen eine schwache Bewegung im Kreise mittheilt.“
Ueber die Verbrennung des Zinks.
Hr. Sementini hat die Beobachtung gemacht, daß wenn Zink
bei der Rothgluͤhhize geschmolzen und dann der Tiegel aus dem Feuer genommen
wird, es so lange fortfaͤhrt zu verbrennen, als noch Metall uͤbrig
ist, vorausgesezt, daß man es bestaͤndig umruͤhrt und das Oxyd in dem Maaße beseitigt, als
es sich bildet. Es ist merkwuͤrdig anzusehen, wie diese Verbrennung bei
großen Massen lange fortdauert, ohne daß eine andere Hize hinzukommt, als diejenige,
welche das Metall selbst entbindet. Es entsteht hiebei ein graues Oxyd, das andere
Eigenschaften besizt, als das gewoͤhnliche Oxyd: sein specifisches Gewicht
ist viel groͤßer und es zieht an der Luft keine Kohlensaͤure an. (Philosoph. Magazine.)
Ueber die Wiedergewinnung des Indigo aus den damit
gefaͤrbten Substanzen.
Folgende Modification des gewoͤhnlichen Verfahrens, wonach sich der Indigo aus
den damit gefaͤrbten Substanzen wieder gewinnen laͤßt, wurde in
Frankreich patentirt. Man loͤst die Wolle oder die sonstige mit Indigo
gefaͤrbte Substanz in Kali- oder Natronlauge auf, welche mit Kalk
aͤzend gemacht worden ist, und erleichtert diese Aufloͤsung mit
Beihuͤlfe der Waͤrme. Ist die Aufloͤsung vollkommen erfolgt, so
seiht man sie durch ein Sieb, um alle zufaͤllig darin enthaltenen
fremdartigen Substanzen daraus abzuscheiden, und gießt sie dann in barchetne
Filtrirsaͤke, deren rauhe Seite nach Innen gekehrt worden ist. Die zuerst
ablaufende Fluͤssigkeit enthaͤlt gewoͤhnlich etwas Indigo und
muß noch ein Mal aufgegossen werden. Der im Sake zuruͤkbleibende Indigo muß
durch Auswaschen gereinigt und dann getroknet werden. Die seifenartige
Fluͤssigkeit, welche durch Aufloͤsung der Wolle in Alkali entsteht,
kann zu verschiedenen Zweken verwendet werden. (Aus dem Journal des connaissances usuelles. December 1835.)
Einfache Methode die Verfaͤlschung von Saleppulver zu
erkennen.
Das Saleppulver wird nicht selten mit verschiedenen Substanzen verfaͤlscht,
deren Daseyn man jedoch aus folgendem Verhalten des reinen unverfaͤlschten
Saleps erkennen duͤrfte. Wenn man eine Aufloͤsung von 1/3 Quentchen
Salep in 4 Unzen destillirten Wassers mit einem halben Quentchen calcinirter
Bittererde versezt, so bekommt die ganze Masse nach Verlauf einiger Stunden die
Consistenz einer steifen Gallerte, die sie auch lange Zeit beibehaͤlt, ohne
eine Veraͤnderung zu erleiden. 2/3 Quentchen Salep mit 5 Unzen Wasser und 1/2
Quentchen Bittererde geben eine Masse von außerordentlicher Haͤrte.
Wiederholt man denselben Versuch mit Eiweiß, Traganthgummi, arabischem Gummi,
Staͤrkmehl, Haufenblase und anderen dem Salep aͤhnlichen Substanzen,
so findet durchaus keine solche Erscheinung Statt. Eben so wenig zeigt sich
dieselbe, wenn man weißen Thon oder Aezkalk statt der Bittererde anwendet, so daß
sie auf einer besonderen Wirkung der Bittererde auf die Salepsubstanz zu beruhen
scheint. (Aus dem Journal des connaissances usuelles.
December 1835.)
Ueber die Fabrikation jener Zuͤndhoͤlzchen, die
sich beim Abbrechen entzuͤnden.
Man verkauft seit einiger Zeit Zuͤndhoͤlzchen, welche sich
entzuͤnden, wenn man sie abbricht, und die hauptsaͤchlich zum
Anzuͤnden von Cigarren bestimmt sind. Diese Zuͤndhoͤlzchen, die
jedoch von der Polizei in Paris wegen ihrer Feuergefaͤhrlichkeit verboten
worden sind, werden auf folgende Weise verfertigt. Man befestigt entweder auf einem
mit Wachs uͤberzogenen Dochte oder auf einer gehoͤrig zubereiteten
papiernen Roͤhre mittelst Wachs ein kleines, glaͤsernes, an dem einen
Ende verschlossenes Haarroͤhrchen, und taucht dessen offen gebliebenes Ende
in Schwefelsaͤure, welche dann in dem Roͤhrchen emporsteigt. Das mit
Schwefelsaͤure gefuͤllte Roͤhrchen verschließt man hierauf mit
Wachs, und wenn das Roͤhrchen selbst troken geworden ist, so taucht man es in
eine Composition, die man wie die gewoͤhnliche
Zuͤndhoͤlzchenmasse mit chlorsaurem Kali etc. bereitet. So wie das
Roͤhrchen abgebrochen wird, entzuͤndet die ausfließende
Schwefelsaͤure die Composition, von der sich dann die Entzuͤndung
weiter fortpflanzt. (Aus dem Journal des connaissances
usuelles. December 1835.)
Wasserdichte Kautschuk-Stiefelwichse.
Trommsdorf gibt folgende Vorschrift hiezu: Man nimmt 2
Loth feinzerschnittenes Kautschuk, schmilzt es in einem glasirten Gefaͤße
uͤber sehr gelindem Kohlenfeuer, sezt einen kleinen Eßloͤffel voll
Leinoͤhlfirniß zu und ruͤhrt bestaͤndig um. Alle 5 Minuten sezt
man eine gleiche Menge Leinoͤhlfirniß zu, bis eine gleichmaͤßige
fluͤssige Masse entstanden ist, jedoch im Ganzen nicht uͤber 6 Loth.
Hierauf nimmt man sie vom Feuer, ruͤhrt noch ein Loth Fischthran und eben so
viel Terpenthinoͤhl zu. Diese Wichse macht das Leder wasserdicht und
erhaͤlt es sehr geschmeidig.
Tabelle uͤber den Gehalt der fluͤssigen
Essigsaͤure an wasserfreier Saͤure; von A. Van
der Torn.
Folgende Tabelle enthaͤlt die Menge wasserfreier Essigsaͤure, welche
jedem specifischen Gewichte der wasserhaltigen Essigsaͤure entspricht.
Wasserfreie Saͤure
in 100 Theilen auch Gewicht.
Dichtigkeit bei 12° R.
Wasserfreie Saͤure
in 100 Theilen auch Gewicht.
Dichtigkeit bei 12° R.
Wasserfreie Saͤure
in 100 Theilen auch Gewicht.
Dichtigkeit bei 12° R.
0
1,000
29
1,0
58
1,0740
1
1,0019
30
1,0
59
1,0745
2
1,0037
31
1,0
60
1,0749
3
1,0055
32
1,0
61
1,0753
4
1,0072
33
1,0
62
1,0756
5
1,0089
34
1,0
63
1,0759
6
1,0107
35
1,0
64
1,0762
7
1,0124
36
1,0
65
1,0764
8
1,0141
37
1,0
66
1,0765
9
1,0159
38
1,0
67
1,0766
10
1,0177
39
1,0
68
1,0766
11
1,0194
40
1,0
69
1,0766
12
1,0211
41
1,0
70
1,0765
13
1,0228
42
1,0
71
1,0763
14
1,0245
43
1,0
72
1,0759
15
1,0261
44
1,0
73
1,0754
16
1,0277
45
1,0
74
1,0748
17
1,0293
46
1,0
75
1,0741
18
1,0310
47
1,0
76
1,0732
19
1,0326
48
1,0
77
1,0722
20
1,0342
49
1,0
78
1,0710
21
1,0358
50
1,0
79
1,0696
22
1,0373
51
1,0
80
1,0681
23
1,0389
52
1,0
81
1,0664
24
1,0404
53
1,0
82
1,0646
25
1,0419
54
1,0
83
1,0626
26
1,0433
55
1,0
84
1,0603
27
1,0447
56
1,0
85
1,0574
28
1,0460
57
1,0
85,11
1,0570
(Report of the 4. meeting of the brit.
association.)
Vorschriften zur Bereitung von Tinte zum Schreiben.
Das Journal des connaissances usuelles gibt in seinem
Decemberhefte folgende zwei Vorschriften zur Bereitung einer guten Tinte. –
1) Recept der Hunt'schen Tinte. Man mengt 8 Pfd.
Gallaͤpfel oder Kokelskoͤrner, 4 Pfd.
Campescheholz, 3 Pfd. arabischen Gummi, 4 Pfd. Eisenvitriol, 1 Pfd. Kupfervitriol, 1
Pfd. Candiszuker, 2 Unzen Salmiak, 16 Pinten destillirten Wassers und 1/2 Pinte
Weingeist unter einander, laͤßt das Ganze 48 Stunden lang in der
Waͤrme maceriren, und zieht dann, nachdem man es noch 10 Tage stehen ließ,
die Fluͤssigkeit ab. – 2) Vorschrift eines Hrn. C. B. L. Man siedet
1/4 Kilogr. (1/8 Pfd.) sehr klein geschnittenes Campescheholz eine halbe Stunde lang
mit 2 Liter Wasser und sezt nach viertelstuͤndigem Sieden eine Unze
arabischen Gummi zu, der in drei Eßloͤffel voll Wasser aufgeloͤst
worden ist, und eine Unze gepuͤlverten roͤmischen Alaun. Nachdem das
Sieden noch eine Viertelstunde lang fortgesezt worden ist, seiht man das Ganze
durch, und bringt es in ein Gefaͤß, auf dessen Boden man vorher ein
linsengroßes, mit arabischem Gummi uͤberzogenes Kuͤgelchen
Queksilberoxyd fallen ließ. Die Fluͤssigkeit dient, nachdem sie
abgekuͤhlt ist, als Tinte, welche durchaus nicht schimmelt, und auch die
metallenen Schreibfedern nur wenig angreift. Die Tinte laͤßt sich ferner in
dem Maaße, als sie verdunstet, sehr gut mit Wasser auffuͤllen.
Oriot's wurmwidriger Theer zum Schuze von Schiffen und
allen Arten von Holz.
Hr. Dr. Oriot in Duͤnkirchen hat eine Art von
Theer erfunden, der nicht nur die Eigenschaften des gewoͤhnlichen Theeres
besizt, sondern das Holz der Schiffe sowohl als anderes Holzwerk so sehr gegen
Faͤulniß und gegen die Angriffe der Wuͤrmer schuͤzt, daß er den
Kupferbeschlag der Schiffe zu ersezen im Stande ist. Seine Haͤrte und seine
Glaͤtte verhindern das nachtheilige Ansezen von Seegewaͤchsen; er
bekommt nicht leicht Spruͤnge, da er wegen seiner Elasticitaͤt
saͤmmtlichen Bewegungen der Schiffe nachgibt, und also den Lauf der Schiffe
erleichtert. Seine Bereitungsart wird im Journal des
connaissances usuelles, December 1835 folgender Maßen angegeben. Man
bereitet sich einen Absud der bittersten Pflanzen, wie z.B. von Wermuth,
Tausendguͤldenkraut, Wurmfaren, Enzian, Eberraute, Quassia u. dergl., indem
man diese Stoffe so lange mit einer hinlaͤnglichen Menge Leinoͤhl
kocht, bis sich keine Daͤmpfe mehr daraus entwikeln. Dieses bittere Oehl
verbindet man dann mit Schiffspech oder mit Theer, indem man es neuerdings bis zum
gehoͤrigen Grade damit kochen laͤßt. Die Masse laͤßt sich
weicher oder haͤrter machen, je nachdem man mehr oder weniger Schiffspech und
Theer anwendet, und je nachdem man mehr oder weniger von dem bitteren Oehle zusezt.
Ist die Mischung geschehen, oder wenn man den Theer zum Behufe des Auftragens auf
das Holz erhizt, so streut man noch etwas Aloëpulver darauf. Hat man nur
Theer angewendet und findet man ihn zu fluͤssig, so kann man ihm durch Zusaz
von Schwefelsaͤure mehr Festigkeit geben. – Nach den Versuchen, welche
vor den Behoͤrden in Ostende, wo die Gewaͤsser von Ungeziefer wimmeln,
angestellt wurden, hat sich ergeben, daß von drei Balken, die ein Jahr lang
eingeweicht gewesen, der eine, der ganz mit der neuen Composition uͤberzogen
worden ist, vollkommen gesund geblieben) daß der zweite, der nur an der einen Seite
uͤbertuͤncht worden, an dieser Seite gesund, an der anderen aber von
Wuͤrmern angefressen war; und daß der dritte endlich, der gar keine
Tuͤnche erhalten hatte, ganz zerfressen und so leicht wie Schwamm war.
Ueber die Wirkungsweise der Duͤnger.
Hr. Payen hielt in den vorjaͤhrigen Sizungen der
Société royale et centrale
d'Agriculture in Paris Vortraͤge uͤber die Versuche, welche
er uͤber die Theorie der Duͤnger und deren Anwendung in der
Landwirtschaft angestellt. Er uͤberzeugte sich hiebei gleich fruͤheren
Beobachtern auf unbestreitbare Weise, daß die Schwaͤmmchen oder die
aufsaugenden Enden der Wurzelfasern, die Narben, die Samen, die nicht entfalteten
Bluͤthenknospen, und viele andere Pflanzentheile eine merkliche
Quantitaͤt einer stikstoffhaltigen Substanz enthalten, die auch an der ganzen
inneren Oberflaͤche der Gefaͤße und in dem Safte verbreitet ist. Er
schließt hieraus, daß der Stikstoff ein zur Ernaͤhrung der Pflanzen
noͤthiges Element ist, und daß die thierischen Substanzen, die ihnen diesen
Stoff liefern, nicht nur als Reizmittel fuͤr die Vegetation, sondern als
wirkliche Nahrungsstoffe fuͤr die Pflanzen zu betrachten sind. Uebrigens
faßte er die Resultate seiner Versuche folgender Maßen zusammen: 1) Die aus organischen
Substanzen bestehenden Duͤngerarten wirken um so besser, je langsamer ihre
freiwillige Zersezung von Statten geht, und je mehr sie der allmaͤhlichen
Entwikelung der Gewaͤchse entspricht. – 2) Die kraͤftigsten
Duͤngmittel eben so gut, als jene, welche wegen der Hartnaͤkigkeit,
mit der sie der Zersezung widerstehen, beinahe unwirksam sind, koͤnnen unter
diese guͤnstigen Umstaͤnde gebracht werden. – 3) Wenn man die
Duͤngmittel, deren Zersezung am raschesten von Statten geht, in den
geeignetsten Zustand versezt, kann man deren Wirkung um das Vier- und
Sechsfache erhoͤhen. – 4) Das Muskelfleisch, das Blut, die
verschiedenen thierischen Abfaͤlle, so wie die verschiedenen Arten von Mist,
die man ehemals solche Veraͤnderungen eingehen ließ, daß 5/10 bis 9/10 ihrer
Producte verloren gingen, koͤnnen gegenwaͤrtig ohne allen solchen
Verlust benuzt werden. – 5) Die troknende und desinficirende Wirkung der
Kohlen kann zur Aufbewahrung der leicht zersezbaren Substanzen und zur
Loͤsung von Aufgaben benuzt werden, die fuͤr die
Sanitaͤtspolizei von hoͤchster Wichtigkeit sind. – 6)
Verschiedene organische Substanzen, die in sehr geringer Menge in Wasser
aufgeloͤst oder darin schwebend erhalten sind, koͤnnen, in reichlicher
Menge zur Bewaͤsserung benuzt, die ausgezeichnetsten Wirkungen auf die
Vegetation hervorbringen. – 7) Die Duͤngmittel, deren faule
Ausduͤnstungen nicht gehoͤrig gemildert sind, koͤnnen zum Theil
ohne Assimilation in die Pflanzen uͤbergehen, so daß deren Geruch darin
bemerkbar bleibt. Ein directer Versuch beweist uͤberdieß, daß gewisse
Riechstoffe auf diese Weise selbst bis in das Muskelfleisch jener Thiere gelangen
koͤnnen, die man mit Pflanzen, welche mit gewissen Duͤngmitteln
geduͤngt worden, fuͤtterte. Diesen Nachtheilen laͤßt sich durch
die angedeuteten Mittel abhelfen. – 8) Die auffallendsten Anomalien in der
Anwendung der Knochen als Duͤnger lassen sich vollkommen erklaͤren und
passen in die allgemeine Theorie. – 9) In Hinsicht auf den Widerstand, den
die Knochen in verschiedenem Zustande gegen die Zersezung leisten, laͤßt sich
folgende Ordnung aufstellen: die ganzen, unzerkleinerten, mit Fett durchdrungenen
Knochen; die feucht aufbewahrten Knochen, in denen das Fett isolirt geblieben; die
Knochen, denen eine immer groͤßere und groͤßere Quantitaͤt Fett
entzogen worden; die Knochen, in denen das Fasergewebe durch Temperatur und Wasser
veraͤndert worden; dieselben Knochen, denen durch Auswaschen groͤßere
Portionen Gallerte entzogen worden ist. Die Knochen sind um so weniger wirksam, je
weniger sie hievon enthalten; bei einem Gehalte von weniger als 1/1000 sind sie
beinahe unwirksam; obschon sie selbst in diesem Zustande noch so viel im Feuer
veraͤnderlicher Substanzen enthalten, daß sie bei der Calcination in
verschlossenen Gefaͤßen stark geschwaͤrzt werden. Diese leztere
Erscheinung ruͤhrt uͤbrigens hauptsaͤchlich von der Zersezung
einer unaufloͤslichen und als Duͤnger unwirksamen Kalkseife her.
– 10) Die matten, sehr poroͤsen, pulverfoͤrmigen, mit
aufloͤslichen organischen Substanzen gesaͤttigten Kohlen wirken sehr
nuͤzlich: und zwar zuvoͤrderst dadurch, daß sie die freiwillige
Zersezung langsamer und auf eine der absorbirenden Kraft der Pflanzen mehr
entsprechende Weise von Statten gehen machen; ferner aber auch dadurch, daß sie die
Gase verdichten, und sie unter dem Einflusse der Temperatur, des Drukes und der
Feuchtigkeit an die Pflanzen abgeben; endlich aber auch dadurch, daß sie die
Sonnenstrahlen absorbiren und an den Boden uͤbertragen. – Diese von
Hrn. Payen aufgestellten Schlußfolgerungen gaben zu
langen Eroͤrterungen von Seite mehrerer Mitglieder Anlaß, aus denen wir in
Kuͤrze Folgendes entnehmen. Auf die von zwei Mitgliedern geaͤußerte
Ansicht, daß der Geruch der Duͤngstoffe nur dann manchmal in die
Gewaͤchse uͤbergehe, wenn diese auf die Pflanzen selbst ausgegossen
oder ausgestreut werden; daß diese Wirkung hingegen nicht merklich sey, wenn man die
Duͤngstoffe in die Furchen oder in die zwischen den Pflanzen gelassenen
Zwischenraͤume bringt, antwortet Hr. Payen durch
seine Versuche, und durch die von mehreren Mitgliedern unterstuͤzten, von
anderen hingegen bestrittenen Bemerkungen, daß Heu von Wiesen, die mit Kothpulver
bestreut wurden, einen so uͤblen Geruch bekam, daß es die Pferde nur mit
Widerwillen fraßen; daß Spinat und Ruͤben, welche mit Pariserkoth
geduͤngt wurden, einen schlechten Geschmak zeigten, und daß Reben und
Tabakpflanzen bekanntlich dem Einflusse des Duͤngers in Hinsicht auf Arom und
Geschmak in hohem Grade unterliegen. Wenn man je einwenden will, daß in vielen
Gegenden, und namentlich in der Schweiz und in Deutschland, die Mistjauchen
regelmaͤßig und angeblich ohne Einwirkung auf den Geruch der Pflanzen auf
Felder und Wiesen ausgegossen werden, so darf hiebei doch nicht vergessen werden, daß diese
Jauchen gegohrene Fluͤssigkeiten sind, die bereits einen großen Theil des
geschwefelten Wasserstoffgases und des schwefelwasserstoffsauren Ammoniums und
ebendadurch auch sehr an duͤngender Kraft verloren haben. Uebrigens gibt Hr.
Payen selbst zu, daß der uͤble Geruch der
Duͤngstoffe nicht in die Pflanzen uͤbergehen werde., sobald die Dosis
derselben die assimilirbaren Quantitaͤten, d.h. jene Quantitaͤten, die
die Pflanze so zu sagen verdauen, und veraͤndert in sich aufnehmen kann,
nicht uͤbersteigt. Die Behauptung, daß die Pflanzen nur solche Substanzen,
die zu ihrer Ernaͤhrung tauglich sind, aus dem Boden aufsaugen, die
uͤbrigen hingegen zuruͤkstoßen, widerlegte Hr. Payen leicht durch die vielen, zu allen Zeiten mit Pflanzen angestellten
Vergiftungsversuche. Auf die Frage, ob nicht zu befuͤrchten stehe, daß die
Duͤngkraft der animalisirten Kohle gleich jener der Duͤngererde
schnell und schon nach dem ersten Jahre erschoͤpft werde, antwortete er
damit, daß die Duͤngererde nur 2 bis 3 Fuͤnftel stikstoffhaltiger
Substanz enthalte, waͤhrend sich in der animalisirten Kohle 75 bis 80 Proc.
thierischer Stoffe befinden, die sich mit Kohlenpulver eingehuͤllt nur sehr
langsam zersezen. Ein Beweis fuͤr diese langsame Zersezung liegt seiner
Ansicht nach auch schon darin, daß die animalisirte Kohle ungeachtet ihres
außerordentlich großen Gehaltes an uͤbelriechenden Substanzen den
Gewaͤchsen doch nicht den mindesten uͤblen Geruch mittheilt. –
Hr. Chevreul machte den Einwurf, daß es um die Dosis des
Duͤngers bestimmen zu koͤnnen, den die mit Kohlenpulver
eingehuͤllten, der Faͤulniß unterworfenen Substanzen abgeben,
einerseits noͤthig waͤre die successiven Grade ihrer langsamen
Zersezung, und andererseits den Gang zu kennen, den die verschiedenen
Gewaͤchse in ihrer allmaͤhlichen Entwikelung befolgen. Auf diesen
Einwurf antwortete Hr. Payen, daß jede Pflanze aus dem
Boden oder der in denselben gebrachte Duͤnger je nach den verschiedenen
Epochen ihrer Vegetation, um so groͤßere Quantitaͤten Nahrungsstoffe
schoͤpfe, als ihr davon in einem unmittelbar aufsaugbaren Zustande dargeboten
wird; daß es unmoͤglich ist diese Quantitaͤten so abzuwaͤgen,
daß sie den unter verschiedenen Umstaͤnden wandelbaren Beduͤrfnissen
der Gewaͤchse entsprechen; und daß das Beste, was man in dieser Hinsicht thun
koͤnne, darin bestehe, daß man den Gewaͤchsen den Nahrungsstoff auf
eine solche Weise darbiete, daß dessen freiweilige Zersezung nur sehr langsam von
Statten gehe, und daß man es der Vegetationskraft der Pflanzen
uͤberlaͤßt, sich in dem Maaße ihres Bedarfes eine groͤßere
Quantitaͤt davon anzueignen. Diesen Bedingungen entspricht, wie Hr. Payen meint, die animalisirte Kohle am meisten. –
Hr. Loiseleur de Longchamp stellte die Frage, ob Hr. Payen den schaͤdlichen Einfluß erklaͤren
koͤnne, den die aus den Wurzeln der Pflanzen abgesonderten Stoffe auf die
Wurzeln von Pflanzen derselben Art ausuͤben, und dem man die Nothwendigkeit
im Wechsel der Pflanzen bei der Bebauung eines und desselben Bodens zuschreibe. Hr.
Payen aͤußerte in dieser Hinsicht, daß man
diese Thatsache, die er weder in Abrede stellen wolle noch erklaͤren
koͤnne, uͤbertrieben haben duͤrfte. Er wenigstens sah mehrere
Beispiele, daß man bei gehoͤriger Duͤngung mehrere Jahre dieselbe
Pflanze ohne Nachtheil auf demselben Boden bauen koͤnne; er erinnere sich
namentlich an ein Feld, welches seit 10 Jahren immer mit Runkelruͤben
bestellt war, ohne daß diese weniger Zuker geliefert haͤtten. Uebrigens hatte
er bis jezt noch nicht Gelegenheit die Existenz besonderer von den Wurzeln der
Pflanzen in den Boden abgeschiedener Excretionen zu entdeken, mit Ausnahme einer
waͤsserigen Ausduͤnstung, welche Statt findet, wenn der Boden sehr
troken ist. Aus einigen Beobachtungen moͤchte er jedoch glauben, daß die
getrennten Wurzeln einiger abgestorbenen Pflanzen einen Ueberschuß an Stoffen, die
der Vegetation nachtheilig werden koͤnnten, enthalten duͤrften; als
Beispiel hiefuͤr erwaͤhnte er den Gerbestoff in den Rosaceen. –
Hr. Payen wird seine Beobachtungen, deren Resultate wir
seiner Zeit gleichfalls andeuten werden, weiter fortsezen. (Aus dem Recueil industriel.)