Titel: | Ueber die Veränderungen in der Dichtigkeit und Zähigkeit verschiedener Metalle beim Drahtziehen und Walzen; von A. Baudrimont. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XLIII., S. 274 |
Download: | XML |
XLIII.
Ueber die Veraͤnderungen in der
Dichtigkeit und Zaͤhigkeit verschiedener Metalle beim Drahtziehen und Walzen; von
A.
Baudrimont.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. September 1835,
S. 78.
Ueber die Verdichtung der Metalle beim Drahtziehen.
Beim Drahtziehen, wo der Metalldraht mit Gewalt durch die Oeffnung eines Zieheisens
getrieben wird, ist es moͤglich, daß die zusammengedruͤkten Theile
sich wieder ausdehnen; beim Walzen hingegen wird das Blech ausgedehnt, ehe es eine
Verdichtung erlitten hat. Da nun durch das Drahtziehen und Walzen Verschiedenheiten
in der Verdichtung der Draͤhte und Bleche entstehen und diese Unterschiede
durch die Volumenveraͤnderungen, leztere aber durch die relativen
Dichtigkeiten der Draͤhte bestimmt werden koͤnnen, so veranlaßte mich
dieß, eine große Anzahl von Dichtigkeiten (specifischen Gewichten) auszumitteln, um
uͤber diesen Punkt Aufklaͤrung zu erhalten.
Um die Volumenveraͤnderungen der Metalle bei ihrer Verdichtung kennen zu
lernen, gluͤhte ich sie in diesem verdichteten Zustande aus, maaß ihre
Dimensionen und bestimmte ihre Dichtigkeiten.
Da man die Metalldraͤhte ausgluͤhen muß, um sie durch immer kleinere
Oeffnungen ziehen zu koͤnnen, so war es interessant auszumitteln, ob die
Verdichtung ihre Zaͤhigkeit vermindert, oder ob diese sie hart genug macht,
um bei ihnen eine neue Volumensverminderung zu verhindern; ich maaß daher die
Cohaͤsion einer großen Anzahl verdichteter und wieder ausgegluͤhter
Draͤhte, indem ich sie mit Gewichten zerriß.
Alle meine Versuche zur Bestimmung der Dimensionen, Dichtigkeiten oder der
Zaͤhigkeit der Draͤhte wurden bei 14° C. (11° R.)
angestellt. Wenn man bloß die Zaͤhigkeit (Tragkraft) messen wollte, schwankte
sie zwischen 13 und 14° C.; da aber die Draͤhte bei ihrer
betraͤchtlichen Verlaͤngerung vor dem Reißen
Temperaturveraͤnderungen erleiden muͤssen, so kennt man die Temperatur
nicht, wobei das Zerreißen erfolgt.
Bestimmung der Dichtigkeiten.
Zur Bestimmung der Dichtigkeiten bediente ich mich einer gut verschlossenen
Glasflasche, deren Gewicht sich bei mehr als hundert Versuchen gleichblieb, wenn
ihre Temperatur und die des in ihr enthaltenen Wassers genau 40° C. war. Ich zog eine luftdicht
verschlossene Flasche einer solchen mit hohlem Pfropf vor; denn beim Abtroknen der
lezteren ist es unvermeidlich, daß die Temperatur um wenigstens 0,2 C. und bisweilen
noch mehr variirt, so daß ein merklicher Irrthum entsteht, wenn man das Wasser
beseitigt, welches in Folge dieser Temperaturveraͤnderung aus der Flasche
tritt. Da ich in einigen Faͤllen die Dichtigkeit von Metalldraͤhten
bestimmen mußte, ohne sie zu zertheilen, so bediente ich mich einer an einem Ende
zugeschmolzenen und am anderen wie eine gewoͤhnliche Flasche verpfropften
Roͤhre, oder ich berechnete sie auch aus dem kubischen Inhalte und absoluten
Gewichte der Draͤhte.
Das Wasser der Flaschen wurde immer gewechselt, wenn man die Metalle hineinbrachte
und seine Temperatur neuerdings im Innern der Flaschen mittelst eines sehr
empfindlichen und genauen Thermometers bestimmt, welches bestaͤndig in Wasser
von 14° getaucht blieb.
Die Flaschen wurden mit ihrem Inhalte jedes Mal so lange im luftleeren Raume stehen
gelassen, bis man mit der Luppe nicht mehr das kleinste Luftblaͤschen darin
bemerken konnte.
Bestimmung der Dimensionen der Draͤhte.
Die Laͤngen und Durchmesser der Draͤhte wurden mit einer
sorgfaͤltig graduirten Regel welche einen festen Widerhalt und einen mit
einem Vernier versehenen Schieber hatte, gemessen. Man konnte so 1/20 Millimeter
unmittelbar und auch noch dessen Theile durch Schaͤzung bestimmen. Da die
Composition des zu dem Instrumente angewendeten Metalls nicht bekannt war, auch
nicht die Temperatur, bei welcher man es graduirt hatte, so konnten die Resultate
freilich in dieser Beziehung nicht corrigirt werden; dieß waͤre indeß auch
uͤberfluͤssig gewesen.
Bestimmung der Cohaͤsion der Draͤhte.
Die Cohaͤsion (Tragkraft) der Draͤhte wurde dadurch gemessen, daß man
dieselben an beiden Enden mit einem Sfoͤrmigen
Haken in Verbindung brachte, dessen oberer Theil an eine feststehende Eisenstange
gehangen, der untere aber mit einer Art Waagschale versehen wurde, auf welcher ein
hoͤlzernes Gefaͤß stand, in welches man so lange granulirtes Blei
schuͤttete, bis der Draht riß. Man wog dann das Gefaͤß mit dem Blei,
dem untern Haken und dem untern Drahtstuͤke, und fuͤgte das bekannte
Gewicht der Waagschale und ihrer Nebentheile zu. Bei sehr duͤnnen
Draͤhten wurde ein kleinerer Apparat und Sand statt des Bleies angewendet.
Die Vermehrung des Gewichts geschah langsam und so gleichmaͤßig als
moͤglich. Niemals riß ein Draht an der Befestigungsstelle, sondern allemal in der Mitte.
Um die Temperaturveraͤnderung zu vermeiden, welche durch die
Verlaͤngerung des Drahts entsteht und um die moͤglich besten
Bedingungen zu erfuͤllen, haͤtte man diese Versuche eigentlich an
einem Ort anstellen sollen, dessen Temperatur unveraͤnderlich gewesen
waͤre (z.B. in einem tiefen Keller), und außerdem zum Zerreißen der
Draͤhte eine betraͤchtliche Zeit verwenden muͤssen (indem man
das granulirte Blei oder den Sand sehr langsam auf die Schale haͤtte gelangen
lassen); dazu waͤren aber Apparate noͤthig gewesen, die mir nicht zu
Gebot standen.
Bemerkungen uͤber die angewendeten Verfahrungsarten und
die Folgerungen, welche man daraus ableiten kann.
Die Durchmesser der Draͤhte wurden an wenigstens drei Stellen, und oft an vier
bis sechs gemessen und bloß das Mittel aus diesen Messungen in die Tabellen
aufgenommen.
Die in den Tabellen angegebene Dichtigkeit ist allemal das Mittel aus mehr als
hundert Versuchen, deßgleichen die Bestimmung der Tragkraft.
Das Ausgluͤhen der Draͤhte geschah entweder in frisch
ausgegluͤhter Kohle, oder in Stroͤmen von troknem Wasserstoffgas oder
Kohlensaͤure oder in kleinen Luftmengen. Man uͤberschritt dabei nie
die Kirschrothgluͤhhize.
Man hat in Bosc-Antin gefunden, daß in Kohlen eingebettetes Eisen sich bei der
Rothgluͤhhize der Glasoͤfengewoͤlbe ganz und gar nicht
cementirt; ich habe diesen Versuch wiederholt und mich uͤberzeugt, daß selbst
eine die Kirschrothgluͤhhize uͤbertreffende und drei Monate anhaltende
Temperatur nicht hinreicht, um Eisendraͤhten die Eigenschaften des Stahls zu
ertheilen, waͤhrend Eisenstangen von einem Centimeter im Gevierte, mit Kohle
umgeben, sich bei der Weißgluͤhhize in fuͤnf Minuten in Gußeisen
umaͤndern. Die Eisendraͤhte, womit ich meine Versuche anstellte,
konnten also beim Ausgluͤhen in Kohle ihre Natur nicht veraͤndern.
Ueber die Metalle und Legirungen, womit Versuche angestellt
wurden.
Ich habe Versuche angestellt mit Eisen, Kupfer, Silber, Cadmium, Blei, Zinn, Messing,
einer Legirung von 9 Silber und 1 Kupfer, einer Legirung von 4 Kupfer und 1
Zinn.
Eisen. Es wurden Versuche mit neun Eisendraͤhten
von verschiedenem Durchmesser und auch mit gehaͤmmertem Eisen angestellt. Von
den neun Draͤhten dienten drei bloß zur Bestimmung ihrer Cohaͤsion,
indem man sie unmittelbar oder nach dem Ausgluͤhen in Luft, oder Wasserstoff oder
Kohlensaͤure probirte: einer wurde benuzt, um die Differenz zwischen seinem
Durchmesser und dem des Zieheisenloches zu bestimmen. Von den uͤbrigen
Draͤhten wurde die Dichtigkeit vor und nach dem Ausgluͤhen und nach
dem Walzen derselben, sowohl vor als nach dem Ausgluͤhen bestimmt.
Kupfer. Das Metall wurde unter denselben
Umstaͤnden wie das Eisen probirt.
Silber. Die Dichtigkeiten dieses Metalls wurden unter
verschiedenen Umstaͤnden bestimmt, wie man es in den Tabellen bemerkt findet:
zwei davon sind aber besonders bemerkenswerth, der eine weil er meines Wissens noch
nicht bekannt ist, und der andere wegen der Schwierigkeiten, die dabei zu
uͤberwinden waren.
Sproͤdes Silber. Ich habe mit einem meiner Freunde
die Beobachtung gemacht, daß ein Tiegel von reinem Silber, nachdem er erhizt worden
war, so sproͤd wurde, daß man ihn mit den Fingern in Stuͤke zerbrechen
konnte. Dieser Tiegel hatte zur Bereitung von mangansaurem Kali mittelst
Mangansuperoxyd und Aezkali gedient. Er war, wie ich glaube, zu stark erhizt worden
und sehr langsam abgekuͤhlt. Nach dem Erkalten zeigte er an mehreren Stellen
Risse und war, wie gesagt, bruͤchig geworden. Das Silber zeigte sich nun auf
dem Bruche koͤrnig und von unvollkommener oktaëdrischer
Krystallisation. Das specifische Gewicht hatte sich sehr verringert; die innere
Krystallisation des Metalls scheint mir der zu hoch gesteigerten Erhizung und dem zu
langsamen Erkalten zugeschrieben werden zu koͤnnen.
Blaͤtterig-krystallinisches Silber. Dieses
Silber hatte ich durch Zersezung des schwefelsauren Silbers mittelst Kupfer
erhalten. Sein specifisches Gewicht war sehr gering, wovon ich demnaͤchst in
einer zweiten Abhandlung den Grund angeben werde.
Cadmium. Ich habe mit diesem Metall bloß in der Absicht,
seine Verlaͤngerung beim Drahtziehen und seine Tragkraft zu bestimmen,
Versuche angestellt. Mit Blei und Zinn wurden dieselben Versuche angestellt, wie mit
Cadmium.Zwei Cadmiumdraͤhte von 1,88 Millimeter Durchmesser zerrissen bei
einem Gewicht von 18,06 Kilogr. Ein Zinndraht von 1,875 Millimeter
erforderte zum Zerreißen nur 7,06 Kilogr. und zwei Bleidraͤhte von
1,867 Millimeter zerrissen durch 6,58 und 6,33 Kilogr. Diese Draͤhte
waren alle durch dasselbe Loch gezogen worden.A. d. O.
Messing. Diese Legirung wurde unter denselben
Umstaͤnden wie das Eisen und Kupfer untersucht.
Die Legirung von 90 Proc. Silber und 10 Proc. Kupfer wurde wie das Cadmium, Blei und
Zinn probirt.
Die Legirung der chinesischen Gong-gongs wurde vor den Versuchen zu einem
Klumpen zusammengeschmolzen, gehaͤmmert und weich gemacht (gluͤhend
abgeloͤscht).
Erste Tabelle.
Versuche mit Eisen-, Kupfer- und
Messingdraͤhten, enthaltend die Vergleichung ihrer Durchmesser vor und
nach dem Ausgluͤhen, und ihre Dichtigkeiten vor und nach dem
Ausgluͤhen, gewalzt und ungewalzt.
Textabbildung Bd. 59, S. 277
Metall; Nummer des Drahts;
Durchmesser; Millimeter; Vor dem Ausgluͤhen; Nach dem Ausgluͤhen;
Dichtigkeiten; Zu Draht gezogen, dann gewalzt; Ausgegluͤht, dann gewalzt;
Eisendraht; Kupferdraht; Messingdraht; Mittel
Das Messing war von verschiedener Zusammensezung; die in allen diesen
Tabellen vorkommenden Nummern bestanden naͤmlich aus:
Nr. 1.
Nr. 2.
Nr. 3.
Nr. 4.
Nr. 5.
Nr. 6.
Nr. 17 u. 18.
Kupfer
87,493
66,900
67,0
66,9
67,1
69,2
71,8
Zink
12,507
33,100
33,0
33,1
32,9
30,8
28,2
Die Messingdraͤhte Nr. 2, 3, 4, 5 und 6 nennt man im Handel hartes
Messing. Die Nummern 2, 3, 4 und 5 enthielten Spuren von Zinn. Ich habe
diese Messingsorten auf nassem Wege analysirt, und auch auf trokenem, indem
ich die Legirung in einem gefuͤtterten Tiegel erhizte: das Zink
verdampft und sein Gewicht laͤßt sich also durch die Differenz
bestimmen.
A. d. O.
Man ersieht aus dieser Tabelle, daß der Durchmesser der Draͤhte beim
Ausgluͤhen groͤßer wird, waͤhrend sich ihre Dichtigkeit dadurch
vermindertNur das Eisen scheint eine Ausnahme von der oben gegebenen Regel zu machen;
der mittlere Durchmesser der Draͤhte ist naͤmlich nach dem
Gluͤhen kleiner als vor demselben. Dieß hat seinen Grund in der
elliptischen. Form der Draͤhte. Es ist naͤmlich
moͤglich, daß bei dem einen oder anderen Drahte zufaͤllig bei
allen drei Messungen (und mehr wurden nicht vorgenommen) vor dem
Gluͤhen die große, bei allen drei Messungen nach dem Gluͤhen
aber die kleine Achse der Ellipse gemessen wurde. Die Folge davon muß der
obige Irrthum seyn; bei den spaͤteren Beobachtungen wurde daher der
Draht allemal nach zwei Richtungen an jeder Stelle gemessen.A. d. O..
Es ergibt sich ferner daraus, daß die durch das Walzen entstehende Verdichtung weit
bedeutender ist, als die durch das Drahtziehen erfolgende. Bei dem Eisen und Kupfer
wird die Dichtigkeit groͤßer wenn sie nach dem Ausgluͤhen gewalzt
werden, als wenn dieses vorher geschieht; bei dem Messing findet aber das Gegentheil
Statt.
Sehr wichtig ist die Thatsache, daß die zu sehr feinen Draͤhten ausgezogenen
Metalle eine groͤßere Dichtigkeit besizen, als man ihnen durch irgend ein
anderes Verfahren zu ertheilen im Stande ist.
––––––––
Um die Verlaͤngerung zu erfahren, welche die Draͤhte beim Ziehen
erleiden, wurden acht Metalle und Legirungen durch dasselbe Loch (Nr. 66) eines
Zieheisens gezogen und ihre Laͤnge dann mit der verglichen, welche ein Draht
von dem Durchmesser des Lochs bei gleichem Kubikinhalte haben muͤßte. Die
Resultate sind in der nun folgenden zweiten Tabelle
zusammengestellt, aus welcher man zugleich die Differenz des Durchmessers der
Draͤhte von dem des Lochs, und die Unterschiede der Dichtigkeit nach der
Bestimmungsart ersieht.
Zweite Tabelle.
Textabbildung Bd. 59, S. 279
Namen; Durchmesser; Millimeter;
Laͤngen; Gewicht; Gramme; Durchschnittsflaͤche; Absolute
Groͤße; Quadrat Millimeter; Das Loch des Zieheisens = 1 gesezt;
Laͤngen der Draͤhte bei gleichem Vol., wenn die Laͤnge
eines Drahtes vom Durchmesser des Lochs = 1 ist; Aus dem Durchmesser berechnet;
Durch Waͤgung in Wasser bestimmt; Loch; 9 Silber + 1 Kupfer; Cadmium;
Messing; Eisen; Zinn; Kupfer; Silber; Blei
Die Verlaͤngerung, welche die Draͤhte erleiden, sobald sie durch ein
engeres Loch gezogen werden, kann entweder 1) auf Kosten des Durchmessers oder 2)
durch Vermehrung des Abstandes der einzelnen Theilchen (Molecule) erfolgen. Die auf
ersterem Umstande beruhende ergibt sich aus den in der zweiten Tabelle enthaltenen
Angaben; die durch Vergroͤßerung des Abstandes der Molecule entstehende
Verlaͤngerung glaubte ich hingegen durch Ausgluͤhen der Draͤhte
bestimmen zu koͤnnen; denn da bei einer hohen Temperatur die kleinsten
Theilchen so zu sagen beweglich werden, so verhindert sie nichts beim Erkalten
wieder ihren Normalzustand anzunehmen. Die Draͤhte wurden daher in einem
Strom von trokenem Wasserstoffgas ausgegluͤht und alle ihre Dimensionen
neuerdings mit der groͤßten Sorgfalt bestimmt. Die nun folgende dritte
Tabelle enthaͤlt die Durchmesser, Durchschnittsflaͤchen,
Laͤngen und Dichtigkeiten von fuͤnften der Draͤhte aus der
vorigen Tabelle, nachdem man sie ausgegluͤht hatte, nebst Angabe der
Differenzen.
Dritte Tabelle.
Textabbildung Bd. 59, S. 280
Namen; Durchmesser; (Millimeter);
Differenz; Durchschnittsflaͤchen; Laͤngen; Dichtigkeiten; Silber;
9 Silber + 1 Kupfer; Eisen; Messing; Kupfer
Der Durchmesser dieses Drahts, welcher nach dem Ausgluͤhen in seiner
ganzen Laͤnge Blasen zeigte, ist nicht genau angegeben.
A. d. O.
Man ersieht aus dieser Tabelle, daß die Draͤhte des Eisens, Messings und mit
Kupfer legirten Silbers beim Ausgluͤhen im Durchmesser wieder zunahmen und
sich verkuͤrzten; das Kupfer und Silber hatten sich hingegen, was
merkwuͤrdig ist, verlaͤngert.
Vierte Tabelle.
In dieser sind fuͤr Eisen-, Kupfer- und Messingdraͤhte,
deren Nummern denen in der ersten Tabelle entsprechen, neue Belege fuͤr die
Veraͤnderung durch das Gluͤhen enthalten; die obere Bestimmung bei
jedem Drahte ist vor, die untere nach dem Gluͤhen gemacht.
Textabbildung Bd. 59, S. 281
Namen; Nr.; Durchmesser;
Millimeter; Laͤngen; Gewicht; Gramme; Dichtigkeiten; aus dem Durchmesser;
der ersten Tabelle; Eisen; Kupfer; Messing
Man ersieht auch aus den Versuchen in dieser Tabelle, daß sich Eisen- und
Messingdraht beim Ausgluͤhen verkuͤrzen, Kupferdraht aber
verlaͤngert. Diese Verlaͤngerung des Kupfers schien mir mit der
Theorie des Drahtziehens nicht in Einklang gebracht werden zu koͤnnen, und
ich glaubte sie daher der Wirkung des Wasserstoffs auf dieses Metall zuschreiben zu
duͤrfen. Dieß veranlaßte mich Kupferdraͤhte in kohlensaurem Gas und in
atmosphaͤrischer Luft auszugluͤhen, wobei sie ihre Laͤnge
durchaus nicht veraͤnderten. Es ist sehr merkwuͤrdig, daß das
Wasserstoffgas keine Wirkung auf solches Messing hat, welches viel Kupfer
enthaͤlt und noch bemerkenswerther, daß es sowohl auf reines Kupfer als auf
reines Silber wirkt, hingegen nicht auf die Legirung dieser beiden Metalle.
Ich muß auch noch darauf aufmerksam machen, daß die Draͤhte verschiedener Metalle und
Legirungen, welche durch dasselbe Loch gezogen wurden und die nie genau mit dem
Durchmesser des Lochs correspondiren, doch so ziemlich gleiche Durchmesser erhalten,
wenn man sie ausgluͤht.
Ich habe alle in der zweiten Tabelle mitgetheilten Beobachtungen wiederholt, aus
Furcht mich beim Messen der Durchmesser getaͤuscht zu haben; denn ich mußte
wohl, daß man keinen Draht durch dasselbe Loch, aus welchem er unmittelbar
hervorgegangen ist, wieder ohne Kraftanwendung hindurchziehen kannDas Eisen erfordert, selbst wenn man es sechs bis zehn Mal durch dasselbe
Loch gezogen hat, ziemliche Anstrengung, wenn man es neuerdings durch
dasselbe ziehen will; Silberdraht, welcher in Wasserstoffgas
ausgegluͤht wurde und dadurch einen groͤßeren Durchmesser
erhielt als dem Loch entsprach, durch welches er gezogen worden war, konnte
jedoch mit zwei Fingern wieder durch dasselbe Loch gezogen werden; er war so
weich und dehnbar geworden wie Blei; das erste Durchziehen durch das
Zieheisen ertheilte ihm aber wieder seine Steifigkeit.A. d. O.; es ergab sich aber, daß die Durchmesser alle genau waren.
Man kann sich wohl vorstellen, daß wenn ein Draht mit Gewalt durch ein Loch gezogen
wird, in Folge seiner Elasticitaͤt die verschobenen Theilchen, sobald sie
durch das Loch passirt sind, freiwillig wieder in ihre natuͤrliche Lage
zuruͤkkehren, wodurch also sein Durchmesser dann groͤßer als die
Oeffnung des Lochs wird; ich habe mich aber auch uͤberzeugt, daß diese
Ausdehnung des Durchmessers noch einige Zeit fortwaͤhrt, so daß die
Draͤhte nach einem Monate noch diker sind als einige Stunden nach dem Ziehen.
Auf einer solchen Bewegung im Innern der Koͤrper mag es auch beruhen, daß ein
gekruͤmmter und nachher sorgfaͤltig wieder gerade gemachter Draht sich
nach einiger Zeit von selbst wieder biegt.
Um meine Versuche zu ergaͤnzen, habe ich auch noch die Zaͤhigkeit der
Eisen-, Kupfer- und Messingdraͤhte von verschiedenem
Durchmesser bestimmt; ich nahm naͤmlich hiezu Draͤhte, die den schon
angefuͤhrten Nummern entsprachen und andere, die eigens hiezu durch zwei, mit
Nr. 17 und 18 bezeichnete Loͤcher eines Zieheisens gezogen worden waren;
diese Nummern werde ich ihnen auch in der nun folgenden Tabelle beisezen, worin ihre
Durchmesser im Mittel aus vier Messungen angegeben sind.
Fuͤnfte Tabelle.
Durchmesser der Draͤhte, deren
Cohaͤsion gemessen wurde, in Millimetern.
Textabbildung Bd. 59, S. 283
Namen; Nr.; Vor dem Gluͤhen;
Nach dem Gluͤhen; in Wasserstoffgas; in Kohlensaͤure; an der Luft;
Eisen; Kupfer; Messing
Dieser Draht wurde gemessen, nachdem die duͤnne Oxydlage, womit er
sich bedekt hatte, entfernt worden war; mit derselben maaß sein Durchmesser
0,3850 Millimeter.
A. d. O.
Sechste Tabelle.
Angabe der Gewichte (Kilogr.), welche zum Zerreißen der
Draͤhte erforderlich waren, deren Durchmesser in der fuͤnften
Tabelle angefuͤhrt sind.
Textabbildung Bd. 59, S. 283
Namen; Nr.; Vor dem Gluͤhen;
Nach dem Gluͤhen; in Wasserstoffgas; in Kohlensaͤure; an der Luft;
Eisen
Textabbildung Bd. 59, S. 284
Namen; Nr.; Vor dem Gluͤhen;
Nach dem Gluͤhen; in Wasserstoffgas; in Kohlensaͤure; an der Luft;
Kupfer; Messing
Da ich befuͤrchtete, daß die atmosphaͤrische Luft, das Wasserstoffgas
und kohlensaure Gas, worin die Metalldraͤhte ausgegluͤht wurden, ihre
Natur etwas veraͤndert haben moͤchten, so gluͤhte ich
Platindraͤhte aus, welche bekanntlich selbst bei der hoͤchsten
Temperatur durch die Luft nicht veraͤndert werden, um in dieser Hinsicht
Gewißheit zu erhalten.
Durchmesser der Platindraͤhte.
Vor dem Ausgluͤhen
= 0,12675 Millimeter.
Nach dem Ausgluͤhen
= 0,19000 –
Zum Zerreißen erforderliche Gewichte.
Vor dem Ausgluͤhen.
Nach dem Ausgluͤhen.
1,565
Kil.
0,912 Kil.
1,457
–
1,021
–
1,370
–
0,962
–
Das Resultat dieser Versuche entspricht dem der ersteren. Sie beweisen offenbar, daß
die Zaͤhigkeit der Metalldraͤhte sich durch das Ausgluͤhen
betraͤchtlich vermindert, und daß, wenn man diese Operation behufs des
Drahtziehens mit ihnen vornimmt, es nur geschieht, um die Cohaͤsion der
Theilchen in so weit aufzuheben, daß sie sich beim Erkalten wieder arrangiren
koͤnnen, um dann einer neuen Verruͤkung faͤhig zu seyn.
Nur bei dem Golde, dem dehnbarsten Metalle, ist das Ausgluͤhen, wodurch es
außerordentlich sproͤd wird, nicht noͤthig; auch kann man dasselbe,
wenn es aus einem weiten Loch kommt, noch durch ein sehr enges ziehen.
Wir haben gesehen, daß das Kupfer bei weitem nicht so zaͤh wie das Messing
ist, welches leztere sich in dieser Hinsicht dem Eisen naͤhert. Zum
Aufhaͤngen von Lasten ist also das Messing dem Kupfer vorzuziehen und auch
dem Eisen, wenn man befuͤrchten muß, daß lezteres sich zu sehr oxydirt. In
keinem Falle darf man aber hiezu ausgegluͤhte Draͤhte anwenden.
Daraus, daß der Durchmesser der Metalldraͤhte beim Ausgluͤhen derselben
groͤßer wird und ihre Zaͤhigkeit sich zugleich vermindert, muß man
schließen, daß die Annaͤherung der kleinsten Theilchen, woraus die
Koͤrper bestehen, ihre Cohaͤsion betraͤchtlich erhoͤht,
was jedoch nur innerhalb gewisser Graͤnzen in einem constanten
Verhaͤltniß der Fall seyn kann.
Der Umstand, daß die Cohaͤsion der Metalldraͤhte in Folge der
Annaͤherung der kleinsten Theilchen groͤßer wird, macht es
begreiflich, warum sehr duͤnne Draͤhte durch Ausgluͤhen (im
Verhaͤltniß des Querschnitts) zaͤher werden, als dike; denn die
Verdichtung, welche beim Durchziehen durch das Loch erfolgt, kann bei diken
Draͤhten nur bis auf eine gewisse Tiefe eindringen, waͤhrend
duͤnne Draͤhte durch und durch verdichtet werden.
Da ich im Verlaufe dieser Arbeit das specifische Gewicht mehrerer Metalle und
Legirungen nach sehr verschiedenen Behandlungen derselben zu bestimmen Gelegenheit
hatte, so duͤrfte es zwekmaͤßig seyn, die erhaltenen Resultate
zusammenzustellen.
Specifische Gewichte.
Eisen:
Ungegluͤhter Draht
7,6305
Gegluͤhter Draht
7,6000
Ungegluͤhter, gewalzter Draht
7,7169
Gegluͤhter, gewalzter Draht
7,7312
Gehaͤmmert
7,7433
Kupfer:
Geschmolzen, langsam erkaltet
8,4525
Ungegluͤhter Draht
8,6225
Gegluͤhter Draht
8,3912
Ungegluͤhter, gewalzter Draht
8,7059
Kupfer:
Gegluͤhter, gewalzter Draht
8,8787
Gehaͤmmert
8,8893
Messing:
Ungegluͤhter Draht
8,3758
Gegluͤhter Draht
8,4281
Ungegluͤhter, gewalzter Draht
8,4931
Gegluͤhter, gewalzter Draht
8,4719
Gehaͤmmert
8,5079
Silber:
Geschmolzen, langsam erkaltet
10,1053
Gewalzt
10,5513
Gehaͤmmert
10,4476
Gekoͤrnt
9,6323
Sproͤdes
9,8463
Blaͤtterig-krystallinisches
9,5538
Draht von 1,8675 Millimeter Durchmesser
10,4913
Legirung von 90 Silber mit 10 Kupfer:
Geschmolzen, langsam erkaltet
10,5988
Gewalzt
10,0894
Gepreßt
10,3916
Gehaͤmmert
10,2208
Gepreßt und gegluͤht
9,9330
Draht von 1,8935 Millimeter
Durchmesser
10,3169
Legirung von 40 Kupfer mit 10 Zinn.
Geschmolzen, langsam erkaltet
8,4389
Gehaͤmmert
8,8893
Gegluͤht u. in kaltem Wasser
abgeloͤscht (weich gemacht)
7,9322
Allgemeine Folgerungen.
Aus den in dieser Abhandlung enthaltenen Versuchen geht hervor: 1) daß die
Metalldraͤhte in der Regel in ihrer Laͤngenrichtung sehr
unregelmaͤßig sind; 2) daß es unmoͤglich ist die Draͤhte
verschiedener Metalle dadurch von gleichem Durchmesser zu erhalten, daß man sie
durch dasselbe Loch zieht; 3) daß die Draͤhte, wenn man sie durch ein engeres
Loch zieht, eine Verlaͤngerung erleiden, und zwar meistens auf Kosten des
Durchmessers, zuweilen jedoch auch durch Vermehrung des Abstandes der einzelnen
Theilchen; 4) daß die Draͤhte von weniger als 0,5 Millimeter Durchmesser eine
groͤßere Dichtigkeit haben, als man den Metallen durch irgend ein anderes
Verfahren ertheilen kann; 5) daß die Draͤhte von 0,5 Millimeter Durchmesser
und daruͤber weniger dicht sind, als die Bleche, welche man durch Walzen
dieser Drahte nach oder vor dem Ausgluͤhen erhaͤlt; 6) daß die Metalle
durch das Drahtziehen eine viel groͤßere Zaͤhigkeit (Tragkraft)
erhalten.