Titel: | Ueber den zusammengesezten oder sogenannten Congrevedruk; von Hrn. Engelmann . |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XLIV., S. 287 |
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XLIV.
Ueber den zusammengesezten oder sogenannten
Congrevedruk; von Hrn. Engelmann
Wir haben zwar schon fruͤher, als Congreve's Patent bekannt gemacht wurde, im
Polyt. Journale Bd. XIII. S. 511 und
Bd. XV. S. 357 Nachricht davon
gegeben; wir haben ferner im Polyt. Journale Bd. XXXII. S. 292 einen von Hrn. Hofkammersecretaͤr Pfnor verfaßten Aufsaz uͤber den
Congrevedruk mitgetheilt; da jedoch in Hrn. Engelmann's Notiz noch einige weniger
bekannte Details hieruͤber vorkommen, so nehmen wir keinen Anstand, zur
Vervollstaͤndigung dieses Gegenstandes auch noch diese nachzutragen.A. d. R..
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 39.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Engelmann, uͤber den Congrevedruk.
Man bemerkt seit einigen Jahren in England und Deutschland Bankbillete, Etiquetten,
Adressen, Umschlaͤge fuͤr Buͤcher und mancherlei andere mit
mehreren Farben bedrukte Gegenstaͤnde, welche in England unter dem Namen
zusammengesezter Druk (compound printing), in
Deutschland hingegen unter dem Namen Congrevedruk bekannt sind. Da dieses
Drukverfahren in Frankreich noch wenig bekannt ist, so erlaube ich mir
daruͤber mitzutheilen, was mir von Hrn. Haͤnel in Magdeburg und Hrn. Naumann in
Frankfurt daruͤber bekannt gegeben wurde.
Als der beruͤhmte Congreve im Jahre 1823 den durch
seine in der Buchdrukerkunst gemachte Erfindungen bekannten Applegath besuchte, sah er in dessen Drukerei in einem fuͤr Kinder
bestimmten Buͤchlein farbige Bilder mittelst zweier hoͤlzerner Tafeln,
auf welche die Farben einzeln aufgetragen wurden, und die man dann zum Behufe des
Abzuges in einander einsezte, druken. Dieß gab dem erfinderischen Congreve die erste Idee seiner neuen Art von Druk; und da
die englische Regierung zu jener Zeit einen Preis fuͤr unnachahmbare
Banknoten ausgeschrieben hatte, so wußte er diese Idee auch sogleich zu diesem Zweke
zu benuzen. Die Idee der durchbrochenen Platten war hiemit gegeben, er
vervollkommnete sie, indem er Metall statt des Holzes in Anwendung brachte. Nicht
zufrieden mit diesen neuen Typen, wollte er zugleich auch eine Maschine ermitteln,
in der dieselben mit großer Geschwindigkeit abgedrukt werden koͤnnten; er
verband sich zu diesem Zweke mit dem bekannten Mechaniker Donkin. Den Mechanismus, uͤber den beide in dieser Hinsicht
uͤbereinkamen, ließen sie von ihrem Associé Wilks, einem gewandten Maschinenzeichner, ins Reine zeichnen, und hienach
verfertigte Donkin eine Presse, welche nach vielen
Versuchen und vielen uͤberwundenen Schwierigkeiten endlich vollkommen ihrem Zweke entsprach
und gegen Ende des Jahrs 1824 in Thaͤtigkeit gesezt wurde. Mit diesen Mitteln
ausgeruͤstet begann Congreve in London in
Verbindung mit dem Buchdruker Whiting den ersten farbigen
Druk, dem er den Namen zusammengesezter Druk (compound
printing) beilegte. Ihre Versuche scheinen in Hinsicht auf den
Banknotendruk nicht das gewuͤnschte Resultat gehabt zu haben; allein bei dem
Publikum fand ihre Erfindung guͤnstige Aufnahme, und eine Menge fuͤr
den Handel bestimmte Gegenstaͤnde, wie Etiquetten, Adressen, Facturen etc.
gaben der neuen Presse vielfache Beschaͤftigung. Man drukte anfangs nur
schwarz und roth; spaͤter hingegen waͤhlte man nicht nur feinere
Farben, sondern man bewerkstelligte auch mancherlei dem Auge sehr
wohlgefaͤllige Verbindungen derselben. Ein Patent schuͤzte Congreve fuͤr die Dauer von 14 Jahren gegen alle
Eingriffe.
Abgesehen von der urspruͤnglichen Anstalt, welche Whiting im Jahre 1828 nach dem Tode Congreve's
sammt dem Patente fuͤr seine Rechnung uͤbernahm, und deren
Eigenthuͤmer er noch gegenwaͤrtig ist, gruͤndete derselbe auch
noch eine zweite an dem k. Stempelamte in Sommersethouse, und eine drille an dem
Steueramte.
Hr. Haͤnel in Magdeburg uͤbertrug den
zusammengesezten Druk zuerst nach Deutschland, und zwar auf Veranlassung des
Tabakfabrikanten Hrn. Justus in Hamburg, der seine
Etiquetten, um deren Nachahmung zu verhuͤten, mit zwei Farben gedrukt haben
wollte. Der Erfinder trat Hrn. Haͤnel eine seiner
Schnellpressen ab, und theilte ihm auch sein Verfahren mit, wonach derselbe im Jahre
1827 den von ihm sogenannten Congrevedruk begann. Die mit dem Erfinder eingegangenen
Contracte und hauptsaͤchlich der hohe Preis dieser Arten von Pressen
schuͤzten denselben bisher gegen alle Nachahmer.
Da die Verfertigung der guillochirten Messingplatten, deren man sich bis dahin
bediente, sehr kostspielig war, und eben deßhalb nur auf solche Gegenstaͤnde,
die in sehr großer Menge abgezogen werden sollten, angewendet werden konnten, so
hatte Hr. Naumann von Frankfurt, der sich im Jahre 1828
zu Hrn. Whiting nach London begeben hatte, die
gluͤkliche Idee sie durch Abklatschen zu vervielfaͤltigen, und deren
Abzug mit den gewoͤhnlichen Drukerpressen zu bewerkstelligen. Seine
Bemuͤhungen hatten den glaͤnzendsten Erfolg, und er liefert
gegenwaͤrtig nach seinem Verfahren die elegantesten Druke, an denen Feinheit
und Reinheit des Drukes mit der gluͤklichsten Farbencombinirung verbunden
ist, wie sich die Gesellschaft durch die ihr vorgelegten Muster uͤberzeugen
kann. Hr. Naumann uͤberließ sein Verfahren bisher
den HH. J. P. Sollinger in Wien, L. v. Landerer in Pesth, und den Bruͤdern Firmin Didot in Paris, welche darnach die von ihnen sogenannten Impressions polychrômes liefern.
Von dem Mechanischen dieses Verfahrens duͤrfte Folgendes eine Idee geben,
besonders wenn man die auf Taf. IV. Fig. 27 und 28 befindliche
Abbildung dabei zu Huͤlfe nimmt. Die sogenannten zusammengesezten Platten
(compound plates) der Englaͤnder bestehen aus
zwei Theilen; die eine ABCD, die ich die obere
Platte nennen will, hat je nach der Figur, welche gedrukt werden soll, verschieden
geformte Ausschnitte, in welche eben so viele Metallstuͤke E, E, E, E passen, die dieselben luftdicht verschließen,
so daß das Ganze nur eine Oberflaͤche bildet. Auf der Kehrseite bilden diese
Metallstuͤke jedoch, wenn sie eingesezt sind, Vorspruͤnge von einigen
Millimetern. Wenn man die Platte umgekehrt und mit einem entsprechenden Rande
umgeben, so gießt man in die Zwischenraͤume der hervorragenden
Metallstuͤke Schriftmetall F. Die Folge hievon
ist, daß die Metallstuͤke auf diese Weise in dem Schriftmetall fixirt
bleiben, und daß man hiedurch die zweite Platte GHIK erhaͤlt, welche ich die untere nennen will. Wenn beide Platten
zusammengesezt oder vereinigt sind, so schleift man deren Oberflaͤche
sorgfaͤltig ab, und gravirt dann mit der Hand oder mit der Guillochirmaschine
die gewuͤnschte Zeichnung darauf. Da die Platten in den gewoͤhnlichen
Drukerpressen abgedrukt werden sollen, so versteht sich von selbst, daß der Stich
erhaben seyn muß. Hieraus erhellt, daß, wenn die beiden Platten nach vollendeter
Zeichnung von einander getrennt werden, auf jeder derselben ein Theil der Zeichnung
befindlich seyn wird; daß dann auf jede eine eigene Farbe aufgetragen werden kann;
und daß, wenn man die beiden Platten hierauf wieder mit einander vereint, beim
Abziehen derselben beide Farben mit einem Male gedrukt werden. Diese Operation
wuͤrde, wenn man sie mit der Hand bewerkstelligen wollte, mancherlei
Herumtappen veranlassen, und langwierig seyn; man suchte daher eine Presse ausfindig
zu machen, die alle diese Bewegungen schnell und mit Genauigkeit ausfuͤhrt,
und deren Princip in Folgendem beruht. Die obere Platte wird auf eine feste
Unterlage geschraubt; die untere hingegen ist an einer Tafel angebracht, welche sich
in Folge der Bewegung eines excentrischen Rades herabsenkt, sobald der Abdruk
geschieht. Dann laufen zwei mit verschiedenen Farben versehene Walzen uͤber
die Platten, worauf durch Fortsezung der Bewegung des excentrischen Rades die Tafel
wieder emporsteigt, so daß die Vorspruͤnge oder Erhabenheiten der unteren
Platte in die Ausschnitte der oberen eintreten: wo dann in demselben Augenblike die
Drukwalze uͤber die beiden vereinten Platten geht, und den Abdruk
bewerkstelligt. Zwei Arbeiter, welche einander von halbe zu halbe Stunde abloͤsen, sezen
die Presse in Gang, und koͤnnen in einer Stunde mit Inbegriff der Zeit,
welche zum Stellen der Platten, zur Erneuerung der Farbe etc. erforderlich ist, 1000
Abdruͤke liefern. Man kann sich derselben Presse auch zum Abziehen
einfarbiger Zeichnungen bedienen, wo sie dann stuͤndlich 1500 Abdruͤke
liefert. Die zum Abziehen in dieser Presse bestimmten Platten muͤssen aus
Kupfer oder Stahl bestehen; sie kommen daher theuer, und eignen sich aus diesem
Grunde nur fuͤr solche Faͤlle, in denen eine sehr große Anzahl von
Abdruͤken genommen werden soll. Handelt es sich nur um einige Tausend
Abdruͤke, so verfertigt man sich nach dem Abklatsch- oder
Stereotypirprocesse Platten; d.h. man nimmt von der gravirten Matrize einen Abdruk
mit Gyps, und senkt diesen dann beilaͤufig einen Millimeter tief in
geschmolzenes Schriftmetall ein, damit das geschmolzene Metall in Folge dieses
Drukes bis in die kleinsten Details des Models eindringe. Wenn auch diese
abgeklatschten Platten den schnellen Bewegungen der Schnellpresse nicht lange
widerstehen, so kann man auf den gewoͤhnlichen Drukerpressen doch eine
ziemlich große Anzahl von Abdruͤken davon nehmen. Die Geschwindigkeit ist
zwar in lezterem Falle geringer, dafuͤr wird aber die Reinheit um so
groͤßer; und sowohl deßhalb, als wegen der hiedurch erzielten Wohlfeilheit
kam der Congrevedruk in neuerer Zeit weit mehr in Aufnahme. Wenn man nach diesem
Verfahren eine bestimmte Anzahl von Originaltypen vermehrt, so laͤßt sich
deren Verbindung ins Unendliche abaͤndern, so daß man, ohne daß man neue
Platten zu graviren braucht, eine große Menge Abdruͤke von verschiedenen
Dimensionen und Zusammensezungen zu erzielen im Stande ist.