Titel: Einiges über die Brunnenbohrmethode des Hrn. Selligue in Paris.
Fundstelle: Band 60, Jahrgang 1836, Nr. III., S. 6
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III. Einiges uͤber die Brunnenbohrmethode des Hrn. Selligue in Paris. Aus dem Journal des connaissances usuelles. Nov. 1835, S. 221. Mit Abbildungen auf Tab. I. Selligue's Brunnenbohrmethode. Wenn man den Berichten mehrerer Reisender Glauben schenken darf, so verstehen die Chinesen mittelst eines sehr einfachen Verfahrens artesische Brunnen von einer in Europa bisher noch unerreichten Tiefe zu bohren; und zwar nicht bloß um Wasser aus den groͤßten Tiefen herauf zu schaffen, sondern auch um Wasserstoffgas, welches sie zur Beleuchtung benuzen, zu gewinnen. Sie brauchen zwar angeblich zum Bohren eines Brunnens von 1000 bis 1200 Fuß Tiefe 12 bis 15 Jahre; allein es reicht auch eine einzige oder zwei Personen zur Verrichtung dieser Arbeit hin. Ein Franzose, welcher sich bereits seit laͤngerer Zeit ruͤhmlich auf dem Felde der Industrie auszeichnete, hat nun kuͤrzlich auch bei uns ein dem chinesischen aͤhnliches Verfahren in Aufnahme gebracht, und schon jezt haben sich dessen Vorzuͤge durch zwei Bohrversuche, welche in der Gegend von Lyon und an der Militaͤrschule in Paris vorgenommen wurden, bewaͤhrt. Bei den großen Vortheilen, welche die Vermehrung der artesischen Brunnen fuͤr die Industrie und Landwirthschaft verspricht, ist es daher sehr zu wuͤnschen, daß sich das neue Bohrsystem, welches leichter zu handhaben und wohlfeiler ist, moͤglichst ausbreite. Das Verfahren, auf welches Hr. Selligue im Oktober 1834 ein Patent nahm, gewaͤhrt nicht nur den Vortheil, daß das zu demselben erforderliche Material weit wohlfeiler ist; sondern der ganze. Apparat ist auch leichter anwendbar und erfordert eine weit geringere Anzahl von Arbeitern zur Handhabung. Die Bohrinstrumente sind an einem Strike befestigt, womit man sie emporhebt, um sie dann wechselsweise in Folge ihrer eigenen Schwere herabfallen zu lassen. Die auf den Boden treffende Oberflaͤche des Bohrinstrumentes ist je nach Umstaͤnden keil- oder scheerenartig oder auch wie eine sogenannte Diamantspize geformt. Bei der gewoͤhnlichen Bohrmethode wird mit Eisenstangen, an denen verschiedene Bohrinstrumente angebracht sind, und denen man eine kreisende Bewegung mittheilt, gebohrt; nur die Scheeren wirken durch Erschuͤtterung. Dieses Verfahren ist wegen des Materiales und der Triebkraft, die es erfordert, kostspielig; die Handhabung aller der Stangen, die zum Heraufziehen und Herablassen der Bohrinstrumente noͤthig sind, veranlaßt großen Zeitaufwand; und uͤberdieß veranlassen auch noch die vielen Einsazroͤhren und die mannigfachen Abaͤnderungen des Durchmessers der Bohrinstrumente und der Roͤhren vielfache Schwierigkeiten. Die Erfahrung hat gezeigt, daß man um einen Brunnen zu bohren, der bei einer Tiefe von 1000 Fuß am Grunde 3 Zoll 8 Linien bis 4 Zoll 4 Linien im Durchmesser hat, mit einer Bohroͤffnung von wenigstens 14 Zoll 8 Linien bis 19 Zoll 4 Linien im Durchmesser beginnen muͤsse. Sie zeigte ferner, daß man bei jedem Uebergange von einer harten zu einer solchen Schichte, die sich nicht selbst zu halten vermag, nicht bloß den Durchmesser des Bohrloches vermindern, sondern auch jedes Mal eine neue Einsazroͤhre hinablassen muͤsse. Hr. Selligue hat, wie Fig. 23, 24 und 25 zeigen, saͤmmtliche Apparate auf das Hoͤchste vereinfacht; die Bohrinstrumente namentlich bestehen: 1) aus Percussionswerkzeugen fuͤr hartes Erdreich aller Art; 2) aus Instrumenten zum Heraufschaffen des Sandes; und 3) aus Instrumenten, die fuͤr weiches Erdreich bestimmt sind. Zum Aufhaͤngen derselben dient ein Tau. Die Einrichtung des fuͤr festes Erdreich bestimmten Instrumentes ist so einfach, daß man durch Veraͤnderung des Schwerpunktes bei der Aufhaͤngung des Instrumentes ein weit groͤßeres Bohrloch erhaͤlt, als der Durchmesser des Instrumentes ist. Es folgt hieraus, daß die Loͤcher immer cylindrisch bleiben, auf welche Tiefe man auch hinab gelangen mag; und daß, wenn die Beschaffenheit des Erdreiches ja Einsazroͤhren noͤthig machen sollte, diese von der Muͤndung des Bohrloches an bis in die Tiefe hinab immer von gleichem Durchmesser seyn koͤnnen. Nur in den zum Bohren unguͤnstigen Erdreichen duͤrfte vielleicht zu wiederholten Malen eine Roͤhreneinsezung noͤthig werden; die Zahl dieser Roͤhren kann jedoch nie uͤberschritten werden und erfordert nie die Auswechselung der Instrumente. Bei dem Bohrversuche, der an der Militaͤrschule in Paris vorgenommen wird, betraͤgt der Durchmesser der angewendeten Bohrinstrumente 8 Zoll, jener des damit erzeugten Bohrloches beinahe 10 Zoll, und jener der Einsazroͤhren 9 Zoll 4 Linien, so daß also noch 1 Zoll 4 Linien uͤber den Durchmesser der Instrumente blieben, wodurch allerdings noch Raum zum Einfuͤhren zweier Roͤhrensaͤulen bleibt, wenn solche fuͤr noͤthig befunden werden sollten. Diese Nothwendigkeit duͤrfte jedoch nur in seltenen Faͤllen eintreten. Saͤmmtliche Instrumente des Hrn. Selligue wirken durch Percussion, von welcher Beschaffenheit auch immer das Erdreich seyn mag; sie schaffen die zertruͤmmerten Massen auch selbst herauf. Die anzuwendende Kraft bleibt in allen Tiefen immer eine und dieselbe. Das bewegliche Gewicht des Percussionshebels ersezt immer das Gewicht der Taue; die Instrumente werden mittelst einer doppelten Winde bestaͤndig auf und nieder bewegt. Nach den an der Militaͤrschule gefuͤhrten Buͤchern bohrt der Selligue'sche Apparat daselbst taͤglich in 10 Stunden 2 Fuß 6 Zoll 8 Linien; es arbeiten dabei ein Werkfuͤhrer und vier Handlanger. Haben die Bohrinstrumente aber nur 6 Zoll im Durchmesser, so sind nur 2 Handlanger nothwendig, und man erhaͤlt ein Bohrloch von 6 Zoll 11 Linien bis zu 7 Zoll 4 Linien. In den beigefuͤgten Figuren ist a, a der Hebebok, b eine Rolle, uͤber die das Tau laͤuft; cc ein doppelter Windhaspel; d der Percussionshebel, der das bewegliche Compensationsgewicht fuͤr das Tau, und den Aufhalthebel traͤgt; e das Percussionsinstrument fuͤr hartes Erdreich; f jenes fuͤr weiches Erdreich, und g der Drehling.

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