Titel: | Skizzirte Uebersicht des gegenwärtigen Standes und der Leistungen von Böhmens Gewerbs- und Fabriksindustrie in ihren vorzüglichsten Zweigen. Ein Versuch von K. J. Kreutzberg in Prag. |
Autor: | Karl Joseph Kreutzberg [GND] |
Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XVIII., S. 62 |
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XVIII.
Skizzirte Uebersicht des gegenwaͤrtigen
Standes und der Leistungen von Boͤhmens Gewerbs- und Fabriksindustrie in
ihren vorzuͤglichsten Zweigen. Ein Versuch von K. J. Kreutzberg in Prag.
(Fortsezung von Bd. LIX. H. 6, S.
468.)
Kreutzberg, uͤber Boͤhmens Gewerbs- und
Fabriksindustrie.
Eisen. Die Eisenerze sind im ganzen Lande oft in sehr
bedeutender Maͤchtigkeit verbreitet; die ergiebigsten Silberbergwerke von
Przibram sogar tragen einen Helm von Eisenstein und bekraͤftigen den alten
Bergknappenspruch: „Es ist kein Bergwerk so edel so gut, es hat denn einen
eisernen Hut.“ Die 68 Eisenwerke, welche Boͤhmen zaͤhlt
und wovon die meisten und groͤßten westlich von Prag im Berauner, Rakonitzer
und Pilsner Kreise vorkommen, werden mit wenigstens 86 Hohoͤfen und 340
Stab-, Zain- und Wasserhaͤmmern betrieben; uͤber die
Anzahl der Blaufeuer, Zerrennheerde, den Bestand von Kupoloͤfen,
Cylindergeblaͤsen u.s.w. ist bisher nichts Verlaͤßliches ermittelt
worden, und es gehoͤren leztere bei uns leider noch zu der kleineren
Minderzahl. Der Puddlingsproceß scheint noch nirgends angewendet zu werden,
dafuͤr aber an einigen Orten die – auf den fuͤrstlich Dietrichstein'schen Werken in Ransko und Pelles zuerst
eingefuͤhrte – erhizte Geblaͤseluft. Wenn sich der Ausspruch
Locke's immer mehr bewahrheitet: „daß der,
welcher den Gebrauch dieses von Vielen mit Geringschaͤzung betrachteten
Metalls zuerst einfuͤhrte, als der Schoͤpfer unserer
Kunstfertigkeit und unseres Wohlstandes zu betrachten ist,“ und wenn
es gewiß ist, daß durch das Eisen die Kultur des Menschengeschlechts mehr
gefoͤrdert worden ist, als durch irgend etwas Anderes, so ist unverkennbar
Boͤhmen hierin von der Natur um so mehr beguͤnstigt, da gerade jene
Gegenden die meisten Eisenerze liefern, welche sich zugleich auch eines großen
Reichthums an Holz erfreuen, das nach den aufgegebenen Versuchen mit Steinkohlen und
Torf bei uns bisher ausschließend zum Huͤttenbetrieb – als Kohle
– verwendet wurde. Dieser Beguͤnstigung der Natur entspricht aber noch
nicht im Allgemeinen die Intelligenz der Huͤttenmaͤnner; und obwohl
mehrere unserer Gewerke Ausgezeichnetes leisten, so befindet sich doch im
Allgemeinen unsere Eisenfabrication noch nicht auf jener Hoͤhe, die bei einem
mehr rationellen Betriebe erreicht werden koͤnnte, und wozu es wahrlich der
beherzigenswerthen Vorbilder in unserem Lande mehrere gibt.
Die durch den deutschen Zollverein betraͤchtlich verminderte Ausfuhr unseres
Eisens, dessen Produktion sich bedeutend wohlfeiler als jene der Nachbarstaaten
gestaltet, hat sich durch den bei dem fortwaͤhrenden Steigen der Industrie
taͤglich mehrenden Bedarf ausgeglichen. Die Eisenausbeute betrug im
verflossenen Jahre nach dem Ausweis:
220,545
Ctnr.
98 ½
Pf.
Roheisen
zu
565,310
fl.
30
kr. und
81,476
–
13 ¼
–
Gußeisen
–
340,332
–
15
–Unsere Roheisenproduction verhaͤlt sich demnach
ungefaͤhrzujenerGroßbritannienswie2zu130 – –Frankreichs –2 – 30 – –des preuß. Staates –2 – 10.
Die Eisenproduction scheint jedoch in der That groͤßer zu seyn; man nimmt
gewoͤhnlich an, daß sie sonst einen Werth von 1,800,000 fl.
repraͤsentirt und uͤber 10,000 Personen beschaͤftigt. Zwei
Etablissements zeichnen sich besonders durch die Großartigkeit ihrer Einrichtung und
durch die Mannigfaltigkeit und Guͤte ihrer Erzeugnisse aus.
Die graͤflich Wrbna'schen Eisenwerke in Horzowitz,
von welchen man wohl sagen darf, daß sie fuͤr unser Eisenhuͤttenwesen
eine neue Aera begruͤnden halfen, beschaͤftigen bei 4 Hohoͤfen,
15 Frischfeuern, 2 Streck-, 4 Zainhaͤmmern, 2 Blechwalzwerken, 1
Blechverzinnerei, 1 Loͤffelfabrik, dann mehreren Bohr- und Drehwerken,
uͤber 700 Menschen, waͤhrend eine noch bei weitem groͤßere Zahl
Nagelschmiede und Blecharbeiter Erzeugnisse dieser Eisenwerke fuͤr ihre
eigene Rechnung verschleißen. Diese Werke liefern im jaͤhrlichen Durchschnitt
gegen 35,000 Ctnr. rohes und uͤber 25,000 Ctnr. geschmiedetes Eisen. Der bei
weitem groͤßere Theil des gewonnenen Stabeisens wird in verzinntes Blech
verwandelt. Die Gußwaaren, welche sich auf ungefaͤhr 15,000 Ctnr. belaufen,
umfassen die feinsten und niedlichsten Galanteriewaaren, bis zu den groͤßten
Gegenstaͤnden fuͤr den Haus- und Fabrikbedarf; in neuerer Zeit
wurde auch eine große Quantitaͤt hohler Munition verfertigt. Auf dem
Continente war dieses Etablissement das erste, welches die Sandgießerei
einfuͤhrte. Außer mehreren Verbesserungen bei den Schmelz- und
Frischmethoden dankt Boͤhmen den Horzowitzer Werken auch die Anwendung der
Steinkohle beim Eisenwalzen. Mit einem Theile des hier gewonnenen Eisensteins wird
auch derber und reiner Zinnober gegraben, der das Floͤz oft in 6 Zoll
maͤchtigen Kluͤften durchschneidet.
Die, wenn auch spaͤter, aber nicht minder großartig und mit seltenem
Kostenaufwande zu dem gegenwaͤrtigen Betrieb umgestalteten fuͤrstlich
Fuͤrstenberg'schen Eisenwerke auf der Herrschaft Purglitz, sind mit 3 Hohoͤfen (wovon
zwei 40 Fuß hoch), 15 Stabhaͤmmern, 1 Dreh- und Schleifwerk, 1
Zeug- und 1 Zainhammer ausgestattet, und beschaͤftigen uͤber
500 Gruben- und Huͤttenarbeiter, worunter gegen 50 unmittelbare
Hohoͤfenarbeiter, uͤber 60 Gießer und 140 sogenannte Hammerschmiede;
uͤber 400 Pferde sind mit Materialzufuhr beschaͤftigt, obwohl von
einem Theile der Bergwerke das Erz auf Eisenbahnen sowohl in den Streken als durch
den Stollen gefoͤrdert und auf die Halden abgestuͤrzt wird. Unter
einem eigenen Huͤtten-Directionspersonale von 10 Beamten werden hier
im jaͤhrlichen Durchschnitt uͤber 122,000 Kubikfuß Erze –
linsenfoͤrmig koͤrniger und zum Theil dichter rother Thoneisenstein
– mit ungefaͤhr 10,000 Kubikfuß ebenfalls hier gewonnener Kalkerze als
Flußmittel, und 1,700,000 Kubikfuß Kohlen (die aus mehr denn 40,000 Klftr. Laubholz,
meistens aus eigenen Waldungen bezogen, gewonnen werden) zu 43,000 Ctnr. Roheisen
verarbeitet. Aus diesem werden producirt uͤber 8000 Ctnr. Gußwaaren
groͤßerer Gattung, naͤmlich alle Theile der Dampf-,
Spinn- und anderen Maschinen, Cylinder, Gitter, Grabmonumente, Oefen –
von diesen allein 15 verschiedene Sorten – u. dgl., dann gegen 300 Ctnr.
feinere Gußwaaren; ferner an 28,000 Ctnr. Schmiedeisen – wovon die
Haͤlfte Radeisen – so, daß das Gesammtquantum der Eisenfabricate 36,000 Ctnr.
uͤbersteigt, wovon besonders der Maschinenguß in großen Partien nach Italien
und Ungarn abgesezt wird. Die innere Einrichtung dieser mit einer Zeug- und
Hammerwaarenfabrik verbundenen Werke kann musterhaft genannt werden. Wir
erwaͤhnen hier nur zweier Dampfmaschinen von 16 Pferdekraft fuͤr
eintretenden Wassermangel; der 3 Gußstaͤtten bei dem Neujoachimsthaler Werke
mit den Puz- und Lakirkammern; der zwei doppelblaͤsigen
Kastengeblaͤse mit Condensatoren und Regulatoren; der hier anstatt den sonst
gebraͤuchlichen Aufwerfhaͤmmern angebrachten Schwanzhaͤmmer mit
sehr einfachen gußeißernen Geruͤsten und Wellen, des großen Drehwerks in
Neuhuͤtten mit mehreren Dreh- und Bohrbaͤnken, wovon eine mit
einer Bohrstraße von 18' zur Behandlung von Cylindern
von 4' Durchmesser u.s.w. Alle eisernen Maschinerien und
Vorrichtungen fuͤr den Betrieb, wovon mehrere den englischen zur Seite
gestellt werden duͤrfen, wurden auf den Werken selbst angefertigt.
Wenn wir uͤbrigens im Besize einer hinlaͤnglichen Anzahl von
tuͤchtigen Mechanikern und Maschinenbauern, deren Mangel noch haͤufig
zur Einfuhr auslaͤndischer Maschinen zwingt, waͤren, so
befaͤnden sich unsere Eisenwerke gewiß in der Lage, den thaͤtigsten
Antheil an dem Erbluͤhen unserer anderen Industriezweige zu nehmen; denn es
werden in Boͤhmen sonst noch Maschinengußstuͤcke groͤßerer und
vorzuͤglicher Art geliefert: auf den fuͤrstlich Metternich'schen Werken in Plaß, den graͤflich Kollowrat'schen in Mayerhoͤfen, den fuͤrstlich Rohan'schen in Jesseney, und den fuͤrstlich
Dietrichstein'schen in Ransko. Eine vorzuͤgliche Qualitaͤt Schmiedeeisen liefern
die mit einem großen Walzwerk ausgestatteten Werke des Grafen Buquoy in Kalich und jene des Grafen Berchem-Haimhausen in Prommenhof; erstere so wie
die fuͤrstlich Windischgratz'schen auf der
Herrschaft Tachau, treiben auch eine bedeutende
Blechfabrication, welcher Industriezweig außer den genannten noch 6 andere
Etablissements mir ungefaͤhr 300 Arbeitern im Ganzen beschaͤftigt.
Loͤffel von verzinntem Eisenblech werden
fabrikmaͤßig auf dem Horzowitzer Eisenwerke in bedeutender Menge, und
außerdem in 14 anderen Werkstaͤtten des Elbogner Kreises erzeugt, in
Graslitz, Platten u.s.w. Unter allen Provinzen der Monarchie liefert Boͤhmen
die meisten Loͤffel.
Die Nagelerzeugung betreiben, außer den einzelnen
Meistern, im Großen 5 Anstalten, wovon die Fabrik von Seidenkoͤhl und Schlick in Saaz im Fache
der gepreßten Naͤgel gesuchte Erzeugnisse liefert; leztere besizt eine
Maschinerie, die mit hydraulischen Vorrichtungen die Naͤgelkoͤpfe und
Stifte sehr gleichfoͤrmig preßt. Mehrere 100 Nagelschmiede auf Hammerwerken und eigenen Heerden liefern auch
fuͤr das Ausland bedeutende Quantitaͤten ihrer Producte, meist von dem
rothbruͤchigen Nagelzaineisen. Sehr betraͤchtlich sind auch die
Arbeiten der Zwekenschmiede und Stiftemacher. Die Weißnagelschmiederei liefert
besonders gute Erzeugnisse auf der Herrschaft Gratzen. Naͤchst England
erzeugt vielleicht Boͤhmen dieses Product zu den billigsten Preisen.
Amboße, Schraubstoͤke u.s.w. werden außer auf
mehreren Eisenwerken noch erzeugt in Boͤhmischlaippa in der Anstalt des Herrn
J. Reischel, so wie auch Tuchscheeren. Von diesen lezteren erzeugt auch die Hammerschmiede des
Herrn Jos. Milucker in Laimgrub bei Winterbarg
jaͤhrlich gegen
400 Stuͤk a 15 fl., welche bereits in unseren
Tuchfabriken beifaͤllige Aufnahme finden.
Die Sensenschmiederei nebst der Erzeugung von Sicheln und Strohmessern wird
in 10 Huͤttenwerken von beilaͤufig 120 Arbeitern betrieben. Diese
Erzeugnisse – welche im Allgemeinen den steyerischen nachstehen –
duͤrften nicht viel uͤber 40,000 fl. betragen. Von Bedeutung sind die
Moser'schen Sensenfabriken zu St. Theresia-
und Johanneshammer auf der Herrschaft Gratzen. Sechzig Personen sind hier mit der
Verarbeitung von 3000 Ctnr. sogenanntem Mock- und feinstem steyerischem Stahl
beschaͤftigt, und erzeugen an 60,000 Stuͤk Sensen aller Sorten nach
dem Bedarf der verschiedensten Laͤnder; ferner 50,000
Haͤkerling- oder Strohschneidemesser, die meist ausgefuͤhrt
werden, mit Ausnahme der bloß in Boͤhmen gebraͤuchlichen großen,
sogenannten Rachelsensen, welche bei etwas uͤber 2 Pf. Gewicht 4' 2'' Laͤnge haben,
und zwar einiger Geschiklichkeit in der Fuͤhrung beduͤrfen, durch
einen geuͤbten Arbeiter mit nicht großer Anstrengung aber ein
groͤßeres Tagwerk liefern als 3 Arbeiter mit kleinen Sensen, oder 6 mit
Sicheln. Die Moser'schen Erzeugnisse sind wegen ihrer
vorzuͤglichen, den steyerischen gleich geachteten Qualitaͤt sehr
geschaͤzt.
Die Drahtfabrication wird vorzuͤglich im Elbogner
und Saazer Kreise in 18 Drahtmuͤhlen von ungefaͤhr 600 Drahtziehern
betrieben, die jaͤhrlich uͤber 3000 Cntr. Eisendraht im Werthe von
100,000 fl. liefern sollen. Außerdem noch auf dem fuͤrstlich Nohan'schen Eisenwerke in Jesseney, welches nach
franzoͤsischer Art eingerichtet ist, schoͤne und sehr lange, glatte
und runde Draͤhte von der feinsten Sorte bis zur Staͤrke von 4 1/2''', und auch bei dieser Dimension ohne Zangenbisse, von
vorzuͤglicher Rundung und Glaͤtte liefert. Die Abfaͤlle des
Drahtzuges, in Stummeln jeder Staͤrke bestehend, werden von den
Ketten- und Ringelschmieden, die des Drahtzaineisens von den Nagelschmieden
der Umgegend verwendet. Ein wesentliches Verdienst hat sich dieses Werk auch um die
Einfuͤhrung der Feilenfabrication erworben, die
hier Producte von sehr schoͤnem Hieb und guter Haͤrte liefert, sowohl
ganz- als halbrunde, drei- und vierkantige, dann flache, Vor-,
Bastard- und Schlichtfeilen von 2''–16'', Rudel- und Armfeilen verschiedener Sorten,
Doppelbaͤnder, endlich ordinaͤre Bundfeilen, so wie alle Sorten
Raspeln. Noch scheinen aber diese in Boͤhmen neuen Erzeugnisse den Ruf, und
daher dieses Etablissement nicht jenen Umfang erreicht zu haben, der so
wuͤnschenswerth ist.
Die Stahl-, Zeug-
und Schneidewaarenfabrication sieht noch einer
groͤßeren Ausdehnung entgegen, leistet aber hie und da bereits
Vorzuͤgliches, jedoch in schwieriger Concurrenz mit den Wiener und
steyerischen Erzeugnissen, was wohl die hie und da im Lande vertheilte geringe Zahl
von Arbeitern erklaͤren mag. Prag beschaͤftigt hierin 18
Werkstaͤtten, wenigstens zwei Mal so viel Karlsbad, dessen niedliche
Stahlarbeiten auch in der sogenannten brillantirten Arbeit und in den blau
angelaufenen Artikeln weltbekannt sind und sich bei geringeren Gestehungskosten
eines groͤßeren Absazes erfreuen wuͤrden; als erstes Bedingniß
erscheint uns hiezu die Errichtung einer Schleif- und Polirmuͤhle,
woran es leider fast allen unseren Stahlarbeitern auf dem Lande fehlt, die sich noch
immer mit dem gemeinen concentrisch laufenden, von Menschenhaͤnden
ungleichfoͤrmig bewegten Schleifsteine von geringem Durchmesser behelfen.
Außer den nicht sehr zahlreichen Artikeln der Stahlwaarenfabriken von Mallik und Tobisch in Kloͤsterle, wovon
die leztere fleißig gearbeitete sehr billige Stahlperlen auch fuͤrs Ausland
liefert, besizen wir bloß ein einziges Etablissement, wo dieser
Geschaͤftszweig im groͤßeren Umfange getrieben wird, an der
Stahl-Nuͤrnbergerwaarenfabrik von J. Roͤsler in Nixdorf. Durch staͤte Beachtung und
Einfuͤhrung der Fortschritte und Verbesserungen des Auslandes hat die
Nixdorfer Fabrik einen Grad von Vervollkommnung erlangt, mit welchem sie unter sonst
guͤnstigen anderweitigen Verhaͤltnissen, von der Concurrenz selbst
Englands nur wenig zu fuͤrchten haͤtte. Die drei großen
Hauptgebaͤude dieses Etablissements vereinigen mehrere Schmiede-,
Guß- und Fallwerke, und verschieden construirte Durchschneidmaschinen. Von
den 2 großen Wasserraͤdern der Schleifmuͤhle treibt das eine 25
Schleifstaͤnde, 1 Zirkelsaͤge, 1 Zirkelfeile, 6 Drehzeuge fuͤr
Fingerhuͤte und 4 Staͤnde fuͤr verschiedene Zweke; das andere
aber einen Schleifstein von großem Durchmesser fuͤr Saͤgen, 1 Hammer
und 1 Schlaglothstampfe. Nebst mehreren hier aufgestellten Apparaten fuͤr die
umfangreiche Erzeugung der Fingerhuͤte und der gepreßten Hornschalen
fuͤr Rasirmesser, beschaͤftigt dieses Etablissement noch 30
Werkstaͤtten in Nixdorf, und in der Umgegend 3 Schleifmuͤhlen, 11
Werkstaͤtten nebst mehreren Messerschmieden, in Allem uͤber 250
Menschen, wovon 200 zu dem eigentlichen unmittelbaren Fabrikspersonale
gezaͤhlt werden. Außer dem Gußstahl, welchen die Fabrik aus England bezieht,
wird der andere Metallbedarf an Eisen, Stahl, Blech, Messing, Tombak u.s.w. durch
Erzeugnisse der Monarchie gedekt. Mit diesem und den roh eingefuͤhrten
bedeutenden Quantitaͤten von Perlmutter, Ebenholz, Elfenbein,
Buͤffelhorn etc. erzeugt die Fabrik mehrere Hundert verschiedene Artikel, so
z.B. Rasiermesser jaͤhrlich 4000 Duzend, Feder- und Taschenmesser 1500
Duzend; Schnuͤrleibfedern, blau lasirt, 2600 Duzend; Fingerhuͤte und
Naͤhringe 2500 Gros; ferner in bedeutenden Quantitaͤten, Scheeren,
Schnallen, Rasieretuis, verschiedene chirurgische Instrumente, Tischler- und
Drechslerwerkzeuge, dann mehrere sogenannte kurze Nuͤrnberger Waarenartikel.
Einen von der Fabrik begruͤndeten abgesonderten Industriezweig bilden die
hier gefertigten Beschlaͤge zu Pfeifenkoͤpfen, welche aus Messing und
Tombak von den ordinaͤren bis zu den feineren Sorten vergoldet und versilbert
verfertigt werden. Die Pfeifenkoͤpfe werden aus den Porzellanfabriken in
Schlaggenwald und Pirkenhammer, nebst einer großen Anzahl von Thon- und
hoͤlzernen Pfeifenkoͤpfen fuͤr eigene Rechnung bezogen und mit
ungefaͤhr 35,000 jaͤhrlich hier gefertigten Beschlaͤgen
versehen. Schon vor 16 Jahren wurde der Besizer dieses Etablissements vom Staate
fuͤr seine Verdienste durch Verleihung des Adelstandes mit dem
Praͤdicate: „von Ehrenstahl“ ausgezeichnet.
Die Production der verschiedenen Werkzeuge fuͤr die in Holz, Thon, Stein,
Metall u.s.w. arbeitenden Gewerbsleute laͤßt bei uns noch Vieles zu
wuͤnschen uͤbrig. Noch haben wir keine Anstalt, die der Erzeugung so
vieler Sorten von Hobeleisen, Stemmzeugen, Saͤgen, Ziehklingen,
Schniz-, Bohr-, Dreh- und Bildhauereisen etc. mit ihren
zahlreichen Unterabtheilungen nach den verschiedenen Constructionen und Dimensionen,
sich ausschließend gewidmet haͤtte, da diese
Artikel, wie z.B. selbst in der Nixdorfer Fabrik, meist nur neben einer bei weitem groͤßeren Menge anderer Stahl- und
Eisenproducte fabricirt und daher im Allgemeinen weder in genuͤgender
Qualitaͤt noch Quantitaͤt, noch in gleichen Preisen mit jenen des
hierin sehr fort geschrittenen Auslandes geliefert werden koͤnnen. Außer in Nixdorf werden
auch von Herrn Joachim in Schlan und hie und da von
einigen einzelnen Arbeitern mehrere der erwaͤhnten Werkzeuge billig und in
vorzuͤglicher Qualitaͤt geliefert; diese vereinzelten Leistungen sind
jedoch kein genuͤgender Ersaz fuͤr das tiefgefuͤhlte
Beduͤrfniß einer ausschließend im Fache der
Werkzeuge arbeitenden Anstalt, die wenn sie diesem, keines Wechsels der Mode
unterworfenen und eines staͤten Bedarfs gewissen, fuͤr die meisten
uͤbrigen Gewerbe so wichtigen Geschaͤftszweige die noͤthige
Sorgfalt und Intelligenz widmete, bei der Wohlfeilheit unseres Brennmaterials und
der Arbeitsloͤhne, im einheimischen Besize mehrerer Eisengattungen, die einer
vorzuͤglichen Haͤrtung faͤhig sind, und beguͤnstigt
durch das bestehende Einfuhrverbot solcher Werkzeuge, gewiß eines in jeder Hinsicht
lohnenden Absazes sich zu erfreuen haben wuͤrde. Gute Werkzeuge fuͤr
verschiedene mechanische Zweke liefert uͤbrigens auch die Zirkelschmiedezunft in Reichenberg, wo Herr Friedrich Weikelt im Besize einer sinnreich construirten
Maschinerie zum Rundfeilen runder Gegenstaͤnde von 1–1/8 Zoll
Durchmesser ist, welche besonders bei Anfertigung von Maschinenspindeln sehr gute
Dienste leistet. Gute chirurgische Instrumente liefert
naͤchst Prag, Karlsbad und Nixdorf, auch Hainspach.
Naͤh-, Strik- und Steknadeln. Die lezteren liefert
meistens Prag (welches 18 Meister zaͤhlt) und Karlsbad, das auch so wie
Schlaggenwald und die weitere Umgegend von ersteren bedeutend viel und in guter
Qualitaͤt producirt. Vorzuͤgliches leistet hierin der Chrudimer Kreis
und namentlich Landskroͤn. So liefern z.B. die
dortigen Werkstaͤtten der HH. Lindenberg und Seidel Fabricate, die den englischen fast
gleichgeschaͤzt werden. Jener erzeugt bei einem Verbrauche von
ungefaͤhr 50 Cntr. Eisendraht mit 25 Arbeitern und einer durch Wasserkraft
getriebenen Schleife, an Naͤhnadeln 5,300,000, Striknadeln 500,000
Stuͤk u.s.w.; dieser 2 Millionen Naͤh- und Steknadeln, 400,000
Strik- und Haarnadeln.
Weberkaͤmme und Kardaͤtschen. Erstere werden in Schoͤnlinde und Reichenberg
in ziemlich großer Anzahl gefertigt; in lezterer Stadt werden von den HH. W. Seidel und A. Herkner
Kraͤmpeln fuͤr Schaf- und Baumwolle geliefert, die jenen von
Lille nicht nachstehen. Hr. Herkner beschaͤftigt
gegen 200 Personen, meist Kinder, und besizt mehrere Stech- und
Hakelmaschinen nebst einer Lederschneidmaschine nach niederlaͤndischer Art;
er erzeugt mit einem jaͤhrlichen Verbrauche von ungefaͤhr 350
Kuͤhhaͤuten und 20 Cntr. Eisendraht, gegen 3000 Blaͤtter und
20,000 Fußbaͤnder, mit zum Theil ganz feinen Belegen. Die
niederlaͤndischen Kardaͤtschen, welche unter der Benennung Maschinenbelege haͤufig eingefuͤhrt werden,
erschweren uͤbrigens diesen einheimischen Erzeugnissen die Concurrenz, da der
Zollsaz auf erstere per Centner nicht hoͤher ist,
als auf den franzoͤsischen Draht, der seines gleicheren Zuges wegen mehr als
der einheimische zur Kraͤmpelerzeugung verwendet wird.
Schwierig ist es den Umfang der Schlosserei anzugeben, die
außer von mehreren Hunderten auf dem Lande zerstreuten Meistern noch sehr
haͤufig in vielen der verschiedenen groͤßeren Fabriken betrieben wird,
von denen die meisten eigene Schlossereien besizen. Prag zaͤhlt 42
Schlossermeister, von denen mehrere sowohl in Galanterie-Schlosserarbeiten,
als im Fache der kunstreich gesperrten und verzierten Kassetruhen
Vorzuͤgliches leisten; besonders geschaͤzt sind die Arbeiten aus der großen
Schlosserwaarenfabrik des Hrn. Frz. Frenzl, die außer
mehreren sehr genauen und soliden Maschinen fuͤr den technischen sowohl als
landwirthschaftlichen Bedarf, unter Anderem auch besonders gute Bruͤkenwagen
fuͤr die verschiedensten Lasten in großer Anzahl liefert, welche so wie jene
des Herrn G. Preisger in Schoͤnlinde einen
Gegenstand der Ausfuhr bilden. Ein großer Theil boͤhmischer Schlosserwaaren
concurrirt uͤbrigens mit den sehr billigen und guten Wiener Erzeugnissen
dieser Art, bei dem Absaze in Polen, Italien und der Tuͤrkei.
Die Waffenfabrication beschaͤftigt (abgesehen von
dem Armeebedarf, der in den Aerarialanstalten erzeugt wird) 12 Etablissements,
worunter jedoch mehrere Waffenhaͤmmer, die auch Brettsaͤgen,
Schraubstoͤke, Ambose, Sicheln, Schaufeln, Tuchscheeren u.s.w. erzeugen. Die
eigentliche Fabrication der Gewehrlaͤufe wird in Preßnitz und ausgedehnter in
Weipart betrieben. Gegen 60 Buͤchsen- und Schaͤftenmacher,
wovon 1/5 in Prag, verarbeiten einen großen Theil jener Erzeugnisse zu
Schießgewehren von verschiedenen Formen, meist ausgezeichnet durch innere
Guͤte und geschmakvolles Aeußere, wodurch die Arbeiten auch der Karlsbader
Zunft schon fruͤher eine große Beliebtheit erlangt hatten. Seit einigen
Jahren bilden unsere Schießgewehre, Pistolen u.s.w. auch einen bedeutenden
Ausfuhrartikel. Hr. Lebeda in Prag (dessen Stuzen,
Doppelgewehre, Pistolen, Jagdrequisiten u.s.w. ihrer vortrefflichen Construction,
Soliditaͤt und sehr eleganten aͤußeren Ausstattung wegen, den
gelungensten Leistungen Frankreichs und Englands sich gleichstellen) erzeugt
jaͤhrlich nahe an 1000 Stuͤk Gewehre im Werthe von mehr als 50,000 fl.
Von ruͤhmlichem Wetteifer zur fortwaͤhrenden Vervollkommnung dieses
Industriezweiges zeugen auch die Leistungen der HH. Nowak
in Prag, Rutte in Boͤhmisch-Leippa und Nowotny in Leitmeritz, die sich ebenfalls eines
ausgedehnten und zahlreichen Absazes erfreuen, da diese Fabrikanten den vielen
Verbesserungen, welche in neuerer Zeit in diesem Industriezweige gemacht wurden,
nicht nur nicht fremd bleiben, sondern ihn zum Theil auch durch eigene Erfindungen
bereicherten.
Bergbau. Chemische Producte.
Daß ein Volk auch im Schooße der reichsten Natur, wenn es deren Schaͤze nicht
zu benuzen weiß, verarmt, beweisen die suͤdamerikanischen Staaten auf eine
nur zu traurige Weise, und bekraͤftigen factisch die neuere
staatswirthschaftliche Theorie, welche das Ausbeuten der edlen Metalle, und die
moͤglichste Verhinderung ihrer Ausfuhr allein,
nicht mehr als das sonst so bedeutende Gewicht in der Waagschale des
Nationalreichthums gelten laͤßt. Der Beweis aber, wie leicht die Abnahme der
Ausbeute edler Metalle verschmerzt werden kann, wenn Muth und Intelligenz sich
vereinigen, um der Natur fuͤr die eine entzogene Gunst eine andere
abzuringen, duͤrste in neuerer Zeit mit Ausnahme Englands, dessen Kohlenlager
ihm bekanntlich einen Reichthum gewaͤhren, der die Goldgruben von Peru und
Mexico weit hinter sich zuruͤklaͤßt, wohl am schlagendsten mit den
Leistungen unseres sogenannten Mineralbergbaues gefuͤhrt werden, der der
Nationalwohlfahrt schoͤnere Fruͤchte brachte, als dieses die Ausbeute
der edlen Metalle, selbst waͤhrend ihrer groͤßten Bluͤthe, je
vermocht haͤtte. Man muß bei einer Schaͤzung dieser Art
natuͤrlich nicht bloß den Geldwerth dieser Producte als Handelswaare
betrachten, sondern gerade die Menge und daher die Wohlfeilheit, in der sie gewonnen
werden, ist es,
welche unsere industrielle Thaͤtigkeit in den meisten Zweigen belebte,
ertragsfaͤhig machte und hiedurch die Summe des Nationalvermoͤgens in
eben dem Maaße steigerte, als sie den Verkehr nach Innen und Außen vermehrte.
Unter den brennbaren Mineralien nimmt in dieser Beziehung die Kohlenausbeute den
ersten Plaz ein. Das Land wird von 2 Hauptkohlenfloͤzen durchschnitten; das
eine in der harten Glanz- oder Pechkohle gehend, beginnt im Umkreise der Stadt Pilsen,
zieht sich an den Ufern der dortigen Waͤsser, mit
suͤdoͤstlichen Zweigen, das Zebraker und Horzowitzer Kohlengebirge
bildend, bis an die Beraun, begleitet diese mit breit auslaufenden Armen gegen
Norden und Nordosten, die bei Muͤhlhausen am linken Moldauufer abscheiden;
das zweite Floͤz, in der Braunkohle gehend, von
groͤßerer Maͤchtigkeit, zieht sich, wahrscheinlich vom Fichtelgebirge
aus, in anhaltender Formation anfangs an den beiden Ufern der Eger, spaͤter
mit vorherrschender Ausbreitung am linken Ufer gegen die noͤrdlichen
Graͤnzgebirge durch den ganzen Saazer Kreis in den Leitmeritzer und hier
noͤrdlich bis Toͤplitz verzweigt, taucht es bei Außig unter die
Fluthen der Elbe. Nebst diesen finden sich mehrere isolirte, jedoch bedeutende
Floͤze in mehreren Gegenden suͤdlich sowohl als noͤrdlich. Die
erstgenannten liefern den bei weitem groͤßeren Theil des Brennbedarfs in der
Hauswirthschaft und den Gewerben, der Hauptstadt sowohl als mehrerer holzarmen
Gegenden, deren Industrie nur hiedurch Bestand und Gedeihen erhaͤlt. Der
Kohlenbau wird auf 65 Dominien betrieben, deren jedes durchschnittlich zu wenigstens 2 Gruben angenommen werden kann, die zum Theil
in obrigkeitlichem, meist aber im privatgewerkschaftlichem Betrieb sind. Die
Ausbeute des vorigen Jahres an Braun- und Steinkohlen, wobei uͤber
2000 Arbeiter unmittelbar beschaͤftigt wurden, betrug 2,568,825 Cntr. 49 Pfd.
im Verkaufspreise von 269,337 fl. 24 1/2 kr., ohne den einheimischen, oft sehr
bedeutenden technischen Verbrauch der Erzeuger, daher die Gesammtausbeute
durchschnittlich jaͤhrlich zu 3 Millionen Centner angenommen werden muß. Sie
betraͤgt demnach ungefaͤhr das Dreifache des Koͤnigreichs
Bayern, 1/11 jener der preußischen Monarchie, 1/8 der des Koͤnigreichs der
Niederlande, 1/7 der von Frankreich, aber nur 1/100 jener von England, das bei der
riesigen Ausbeute von 15 Millionen Tonnen (a 20 Cntr.)
Steinkohlen, ungeachtet der Mitwirkung zahlreicher Dampfmaschinen noch uͤber
45,000 Menschen beschaͤftigt, dafuͤr aber freilich dieser reichen
Ausbeute seine Ueberlegenheit in den Gewerben und Manufacturen der Art dankt, daß es
dadurch zu einem großen Theile der Welt in ein Verhaͤltniß gesezt wurde,
welches dem einer fabricirenden Stadt zu ihren consumirenden Umgebungen gleicht.
Bemerkt muß uͤbrigens werden, daß nach den von dem Besizer angestellten
Versuchen die Kohlen von dem großen Werke des Herrn J. D. Starck in Reichenau vorzuͤglich reine Kohks liefern.
Torfmoore kommen in allen Kreisen, oft in einer
Ausdehnung von mehreren 1000 Jochen vor; man hat erst in neuerer Zeit angefangen sie
theilweise zu benuzen. Sie bilden nach Hrn. Neumann's
Schaͤzung ein Aequivalent von wenigstens 50 Millionen Klafter Brennholz!
Von Schwefelkiesen sind mehrere maͤchtige Lager
vorhanden. Die in er Nahe dieser Kiese vorkommenden maͤchtigen Kohlenlager
beguͤnstigen ungemein die Darstellung der aus denselben hervorgehenden
Erzeugnisse, und zwar zu einem Preise, der sie nicht nur zu einem bedeutenden
Gegenstande der Ausfuhr
macht, sondern auch durch ihren Einfluß auf viele andere Industriezweige die
guͤnstige Gestaltung derselben bewirkte.
Kupfer- und Eisenvitriol erzeugen 28 Gewerke, von denen mehrere auch
Vitrioloͤhl, Alaun und Schwefel darstellen; die bedeutendsten
Quantitaͤten von lezterem werden auf den Gewerken des Fuͤrsten Auersperg in Lukawitz und in den umfangreichen
Etablissements des Hrn. Joh. David Starck in Altsattel
erzeugt. Zu einer Wuͤrdigung der seltenen Verdienste des Leztgenannten um die
einheimische ausgebreitetere und ungleich billigere Darstellung der Bergproducte
hatte der Verfasser dieses Aufsazes bereits fruͤher Gelegenheit;Bericht der Beurtheilungscommission uͤber die Ausstellung
boͤhmischer Industrieerzeugnisse im Jahre 1831. S. 68. auf diese groͤßere Arbeit verweisend, beschraͤnkt er sich hier
nur ungern auf eine summarische Aufzaͤhlung der Leistungen desselben, in
sofern daraus der Gesammtumfang dieses wichtigen Industriezweiges ersichtlich wird.
Mit 1471 Arbeitern unter der Leitung von 21 Beamten wurden auf den 10 Mineralwerken
des Hrn. Joh. Dav. Starck in Altsattel, Ober- und
Unterlittmitz, Davidsthal, Hromitz u.s.w. mit 2 Dampfmaschinen, 1 Goͤpel von
6 Pferden, 22 Wasser- und 34 Laugenpumpen, 155 Oleumoͤfen, 53
bleiernen Sudpfannen, 43 Steinsudkesseln, 7 Poch- und Farbmuͤhlen bei
einem Verbrauche von beilaͤufig 180,000 Kolben und Vorlagen und 40,000
Flaschen etc. erzeugt:
Textabbildung Bd. 60, S. 70
Cntr.; Pfd.; Steinkohlen;
Schwefelkiese und Alaunerze; Eisenvitriolstein; Rohschwefel; Eisenvitriol;
Alaun; Kupfervitriol (Cyprischer); Salzburger; Vitrioloͤhl; Caputmortuum;
Schmalte und Streusande durchschnittlich; in den lezten 3 Jahren
1831–1833 zusammen im Jahre 1834
Die Production im Jahre 1834 habe ich deßwegen mit der der 3 vorhergehenden Jahre
zusammengestellt, um den Einfluß des Zollvereins darauf ersichtlich zu machen. Die
Kohlenausbeute des ganzen Jahres, den Brennstoff von 60,000 Klafter Holz
repraͤsentirend, wird fast ganz fuͤr den Gebrauch der Werke verwendet;
der Wohlfeilheit dieses Brennmaterials gegen das der auswaͤrtigen Anstalten,
so wie der Mitverwerthung des Alaunschiefers zur Vitrioloͤhlerzeugung ist die
siegende Concurrenz der Starck'schen Erzeugnisse
vorzuͤglich zuzuschreiben, von welchen noch im lezten Jahre fuͤr
94,522 fl. 46 kr. ins Ausland gingen. Man kann annehmen, daß die Erzeugnisse des
Hrn. Starck ungefaͤhr zwei Drittheile der
Gesammtproduction an Schwefel, Vitriolen, Oleum etc., welche uͤber 4000
Menschen beschaͤftigt, repraͤsentiren.
Englische Schwefelsaͤure wird auf dem oben
genannten Fuͤrst Auersperg'schen Mineralwerke in
13 Bleikammern und einem Abdampfungslaboratorium mit 80 Sandcapellen, dann in der
Fabrik des Hrn. Richter in Koͤnigssaal fabricirt. Leztere liefert
jaͤhrlich gegen 2000 Cntr., d. i. 2/5 der Gesammtproduction. Herr J. A. Brehm erzeugt auf seiner chemischen und
Bergwerksproducten-Anstalt bei Schlan, die Schwefelsaͤure in der
Bleikammer unmittelbar aus Schwefelkiesen; ein Verfahren,
das unter allen bisher bekannten Methoden unstreitig die meisten Vortheile
gewaͤhren, und es moͤglich machen duͤrfte, das bisher nur halb
benuzte Urproduct seinem ganzen Gehalte nach zu verwerthen. Hier sowohl als auf den
Auersperg'schen Werken wird auch Selen nebst seinen Verbindungen dargestellt.
Gyps wird in 13 Etablissements dargestellt, und meist als
Duͤngpulver verwendet; unter die bedeutendsten gehoͤrt die
fuͤrstlich Fuͤrstenberg'sche Schwarzthaler
Gypshuͤtte, welche mit 20 Arbeitern jaͤhrlich uͤber 3000 Cntr.
darstellt, mit Verwendung von 5/3 Kalk und 4/3 Steinkohlen. Die gesammte
Gypsproduction duͤrfte gegen 16,000 Cntr. betragen.
Die Mineralwaͤsser von Marienbad, Franzensbrunn,
Bilin, Liebwerda und Puͤllna bilden durch ihre Versendung sowohl als wegen
der Fabrikation der hiezu angewendeten Flaschen (deren beilaͤufig 400,000
jaͤhrlich erfordert werden) einen bedeutenden Erwerbszweig. Hr. Joseph Hecht in Franzensbrunn hat durch seine sehr
sinnreiche Fuͤllungsmethode viel zur besseren Conservirung des versendeten
dortigen Wassers beigetragen, da die durch einen einfachen Apparat bewirkte
Uebersaͤttigung desselben mit Kohlensaͤure und hiedurch verminderte
Zersezbarkeit, es eines weiteren Transportes und laͤngerer Aufbewahrung
faͤhig macht. Es wird aber daselbst nicht nur eine bedeutende
Quantitaͤt des Biliner Wassers (uͤber 90,000 Kruͤge
jaͤhrlich) versendet, sondern auch noch der Abfluß der 3 Quellen auf 15
Pfannen verdampft, und das erhaltene kohlensaure Natron zur Faͤllung der von
den benachbarten Saidschitzer Quellen hieher gefuͤhrten Bitterwasserlauge
verwendet. Diese Magnesia (jene von Manchester an Reinheit und Leichtigkeit
uͤbertreffend), so wie das Polychrestsalz bilden gleich dem Karlsbader Salze
einen bedeutenden Handelsartikel.
Potasche. Die theilweise Anwendung des Glaubersalzes auf
unseren Glashuͤtten hat die Production in diesem Artikel nur zum Theil
vermindert, da der Verbrauch desselben in unseren Drukereien, Faͤrbereien,
Bleichen und chemischen Productenfabriken durch die Ausbreitung dieser
Industriezweige, so wie die Ausfuhr (ungefaͤhr 2500 Cntr. jaͤhrlich)
gegen sonst bedeutend zugenommen hat. Potaschesiedereien sind fast durchgehends ein
Eigenthum der Obrigkeiten, welche selbe durch Paͤchter betreiben lassen.
Bedenkt man, daß Boͤhmen 1069 Dominien (obrigkeitliche Bezirke) und 283
Staͤdte mit obrigkeitlichen Gerechtsamen zaͤhlt, und werden auch nur
2/3 derselben als mit Potaschesiedereien versehen, und jede zu einer
durchschnittlich jaͤhrlichen Erzeugung von nur 12 Cntrn. angenommen, so gibt
dieses eine Quantitaͤt von fast 11,000 Cntrn.
Salpeter wird in Prag und in einigen holzreichen Gegenden
erzeugt und vom Militaͤraͤrar fuͤr die Pulverfabrication
eingeloͤst, welche in Stiechowitz auf 12 Muͤhlen betrieben wird.
Die Fabrication der unter der allgemeinen Bezeichnung chemische
Producte begriffenen Saͤuren, Salze und anderen Praͤparate
wird in 18 Etablissements betrieben; am ausgebreitetsten aber und mit seltener
wissenschaftlicher und
technischer Intelligenz in der unter Leitung des verdienten Chemikers Hrn. J. Popp stehenden Fabrik des Hrn. F. X. Brosche in Prag. In 2 abgesonderten großen
Gebaͤuden mit unterirdischen Gewoͤlben, Magazinen, Trokenboͤden
befinden sich hier mehrere geraͤumige Laboratorien; es ist die Einrichtung
getroffen, daß jedes einzelne nur fuͤr gewisse Erzeugnisse ausschließend
verwendet wird, und dieser Umstand ist gewiß von Einfluß auf die
ruͤhmenswerthe Reinheit der Brosche'schen
Erzeugnisse. Die Fabrik beschaͤftigt nie unter 30–40 Arbeiter; reines
Wasser, ein Hauptbeduͤrfniß solcher Anstalten, wird aus der an dem einen
Gebaͤude vorbeifließenden Moldau gehoben, in einen großen Reinigungsapparat
geleitet, und kann von da durch ein Drukwerk nach allen Richtungen des
Gebaͤudes vertheilt werden. Die Erzeugung der Bleichpraͤparate,
vorzuͤglich des Chlorkalks, geschieht in 2 großen Kammern mit
Bleiwaͤnden und 4 großen bleiernen Gasentwikelungsapparaten, von denen jeder
ein Gemisch von 6 Cntrn. Kochsalz, Braunstein und Schwefelsaͤure faßt. Die
Darstellung der Queksilberpraͤparate und sonstigen giftigen Salze und
Saͤuren geschieht in einer eigenen freistehenden, verschließbaren Kammer, die
mit Capellenheizung von Außen, und acht Fenstern, durch welche die Operationen
beobachtet werden koͤnnen, versehen ist. Die Fabrik erzeugt in
groͤßeren Quantitaͤten besonders Soda, Mangansalze und Zinnsalz,
Salz- und Salpetersaͤure; sie liefert aber auch alle anderen
Praͤparate, besonders Chlor-, Jod- und Chromverbindungen, dann
die verschiedenen Alkaloide, naͤmlich Chinin, Veratrin, Piperin, Morphin etc.
Dieses ausgezeichnete Etablissement, welches mit einem Verbrauche von
ungefaͤhr 100 Klafter Brennholz und 6000 Cntr. Steinkohlen jaͤhrlich
uͤber 8000 Cntr. der verschiedenen genannten Producte erzeugt, dekt jezt
nicht nur einen großen Theil des sonst vom Auslande bezogenen Fabrikbedarfs, sondern
verkehrt auch mit den uͤbrigen Provinzen der Monarchie und dem Auslande; ein
Resultat, das nur der durch den Bezug der zahlreichen Materialien aus erster Hand
erzielten Billigkeit der Producte, so wie ihrer ausgezeichneten Reinheit
zuzuschreiben ist. – Hr. Richter besizt in
Koͤnigssaal außer einer großen, mit seltener Vollkommenheit eingerichteten
Zukerraffinerie noch eine chemische Fabrik, wo besonders Holzessig, Bleiweiß,
Bleizuker, Soda, Salz-, Schwefel- und Salpetersaͤure, Seife
fuͤr den Haus- sowohl als Fabrikbedarf, Zukersaͤure, Chlorkalk,
Kreosot dargestellt werden. Die mannigfaltigen chemischen Erzeugnisse des bereits
erwaͤhnten Hrn. J. A. Brem, so wie die des Hrn. D.
Hirsch in Prag (lezterer liefert
hauptsaͤchlich die Salz-, Salpetersaͤure und
Koͤnigswasser, dann die verschiedenen Zinn-, Blei-,
Eisen-, Kupfer-, Wismuth- und Zinksalze, verschiedene in den
Kattundrukereien angewandte Praͤparate, dann chemisch reine Reagentien),
deßgleichen die von HH. L. A. Roose und Comp. in
der Prager Vorstadt Karolinenthal, (welcher vorzuͤglich eifenblausaures Kali
mit Benuzung der thierischen Abfaͤlle der Hauptstadt bereitet) genießen eines
guten Rufes. Salzsaͤure erzeugen uͤberdieß
bereits mehrere Glashuͤtten bei Darstellung des Glaubersalzes; aber wenn
auch, wie leicht begreiflich, billiger als in den chemischen Fabriken, doch nicht
immer von gehoͤriger Reinheit; ein Fehler, der leider auch bei anderen
Producten mehrerer unserer chemischen Fabriken zu ruͤgen ist.
(Fortsezung folgt.)