Titel: | Ueber die Leistungen und die Kosten beim Verkehr auf Eisenbahnen mit Dampfwagen. |
Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XX., S. 81 |
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XX.
Ueber die Leistungen und die Kosten beim Verkehr
auf Eisenbahnen mit Dampfwagen.Aus dem sehr empfehlenswerthen Wochenblatt fuͤr Land- und
Hauswirthschaft, Gewerbe und Handel (Nr. 13 vom 26. Maͤrz
1836).A. d. R.
Ueber die Leistungen und die Kosten beim Verkehr auf Eisenbahnen
mit Dampfwagen.
Leistungen der Dampfwagen.
Im Allgemeinen sind zweierlei Arten von Dampfwagen im Gebrauch, leichtere, welche vorzugsweise zum schnellen Transport mit geringer
Ladung, und schwerere, welche zum langsameren Transport
mit starken Ladungen bestimmt sind. Die ersteren Dampfwagen ruhen auf 6
Raͤdern, wovon die 2 mittleren 5' hoch und mit
den Kolbenstangen der horizontal liegenden zwei Dampfcylinder von 11 Zoll
Durchmesser durch Kurbeln von 3/4' Halbmesser
unmittelbar gekuppelt sind. Die 4 uͤbrigen mit Raͤndern versehenen
River sind 3 1/2' hoch, wie die Raͤder der
gewoͤhnlichen Wagen. Bei jedem Radumgange macht daher der Kolben einen Hub,
und bei einer Geschwindigkeit von 10 Poststunden in einer Stunde sind etwas
uͤber 2 Kolbenspiele in der Secunde erforderlich oder eine
Kolbengeschwindigkeit von 6 bis 7' in der Secunde. Die
Pressung des Dampfes ist auf 50 Pfd. fuͤr den Quadratzoll oder 3 bis 4
Atmosphaͤren bestimmt. Ein solcher Dampfwagen wiegt 9 Tonnen oder
ungefaͤhr 180 Cntr., wovon 108 Cntr. auf den Treibraͤdern ruhen. Ein
Dampfwagen zum Transport groͤßerer Lasten mit 4 Treibraͤdern wiegt 210
Cntr., wovon 170 Cntr. auf den Treibraͤdern ruhen. Die Friction, welche die
Treibraͤder auf den Schienen erfahren, ist zu 1/20, bis 1/22 der Belastung
anzuschlagen bei horizontaler Bahn, bei ansteigender Bahn nimmt diese Friction und
damit die Zugkraft ab, die Belastung aber zu, wodurch der Effect des Dampfwagens
sehr bedeutend vermindert wird.
Da die Pressung des Dampfes immer ziemlich gleich bleiben muß wenigstens nicht
uͤber das angenommene Maximum gesteigert werden darf, so ist bei einer
ansteigenden Bahn eine Verminderung der Geschwindigkeit oder der Last oder beider
Momente unvermeidlich, und die nachstehende Tabelle gibt hieruͤber eine
Uebersicht, wie sie von dem Englaͤnder Wood in
seinem Werke on Railroads, sec. edition, angegeben
wird.
Dieser Uebersicht ist zugleich eine Berechnung angehaͤngt uͤber die
Frachtkosten, welche bei uns die Dampfwagenfahrt bei den verschiedenen
Geschwindigkeiten und Ansteigungen erfordern duͤrfte, welche nach den Angaben
des preuß. Wasserbaumeisters Henz in Hattingen in den
Verhandlungen des Gewerbevereins in Berlin, Julius- und Augustheft 1835,
fuͤr unsere Verhaͤltnisse berechnet sind. Ein Dampfwagen der
leichteren Art kostet 1060 Pfd. Sterl. oder 12,720 fl. Ein Dampfwagen der schwereren
Art kostet 1205 Pfd. Sterl. oder 14,460 fl., ein Munitionswagen 1440 fl.
In der Stunde werden 21 1/2 Kubikfuß Wasser verdampft mit einem Aufwand von 130 Pfd.
Kohks, und es ist des Tags ein Aufwand von 14 Cntrn. erforderlich, wenn der
Dampfwagen 9 1/2 Stunden im Gang ist, und dabei auf den Aufwand zur ersten
Erwaͤrmung des Kessels und eine Stunde Stillstand außer der Zeit des Betriebs
Ruͤksicht genommen wird. Der Centner Kohks kostet gegenwaͤrtig auf den
Kohlenwerken bei Saarbruͤcken 28 kr., waͤhrend die rohen Steinkohlen
bester Qualitaͤt 14 kr. kosten. Bei den gegenwaͤrtigen
Transportmitteln wird daher 1 Cntr. Kohks hoͤchstens auf 1 fl. 30 kr. in
Cannstadt zu stehen kommen, nach Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen
Saarbruͤcken und Cannstadt aber auf 48 kr.
Der taͤgliche Aufwand betraͤgt hienach an
Brennmaterial
21 fl.
– kr.
5 Proc. Zinsen vom Anlagekapital der
Maschine und des Munitionswagens
2 „
– –
Der Maschinist und der Heizer erhalten auf
der St. Etienner-Bahn
3 „
– –
Die Wassereinnahme kostet
1 „
40 „
Das Oehl zum Schmieren
– „
56 „
Kleine Reparaturen außer der
Werkstaͤtte
1 „
24 „
Jaͤhrliche groͤßere
Reparaturen am Kessel, dem Feuerraum, den
Drukpumpen, Raͤdern, Kolben,
Achsen
3 „
20 „
Fuͤr die Unterhaltung der
Werkstaͤtte, der Geraͤtschaften, Lohn des
Aufsehers zu diesen Reparaturen
1 „
2 „
Dazu kommt noch der Ersaz der Maschinen
durch neue nach einem 6
jaͤhrigen Gebrauche; das Stuͤk
nach Abzug des Werthes der alten Materialien mit
13,650 fl. zu
7 „
35 „
–––––––––––
Summa
41 fl.
57 kr.
Bei Anwendung von Eisenbahnwagen, welche 50 Cntr. Last
tragen, 25 Cntr. schwer sind und 350 fl. Anschaffung kosten, ist der taͤgliche Aufwand mit Ruͤksicht auf die
voͤllige Abnuͤzung innerhalb 6 Jahren und die Schmiere auf 32 kr.
anzuschlagen.
Unter diesen Voraussezungen berechnen sich die von dem Dampfwagen zu ziehenden Lasten
im Bruttogewicht, so wie die Kosten fuͤr 100 Cntr. zu 50
Kilogr. Netto auf 1 Poststunde, deren 30 auf einen Grad
gehen, fuͤr die verschiedenen Steigungen und Geschwindigkeiten folgender
Maßen:
Textabbildung Bd. 60, S. 83
Weg in der Stunde in engl. Meilen
in Poststunden; Fuͤr die horizontaler bahn; Bei einer Ansteigung von
Aus dieser Uebersicht ist zu ersehen, wie aͤußerst gering die Transportkosten
mit Dampfwagen sich berechnen, wenn man auf die Unterhaltungskosten der Eisenbahn,
auf die Administrationskosten und die Interessen des Anlagecapitals nicht
Ruͤksicht nimmt.
Zugleich ist zu ersehen, wie die Leistungen des Dampfwagens mit Zunahme der
Geschwindigkeiten und der Ansteigungen abnehmen und die Frachtkosten dagegen
steigen. Die neueren Dampfwagen sollen zwar noch bedeutend mehr leisten
koͤnnen, hingegen duͤrfen wegen der unvermeidlichen Stoͤrungen
in der Beschaffenheit der Schienen die guͤnstigsten Verhaͤltnisse im
Durchschnitt nicht vorausgesezt werden.
Ueber die Leistungen der Pferde auf Eisenbahnen dient
Folgendes zur Vergleichung.
Die Schienen und Wagen sind gegenwaͤrtig so vervollkommnet, daß man die zu
uͤberwindende Friction zu 1/240 der Last annehmen darf, wonach bei einer
Neigung von 1/240 die Wagen sich von selbst bewegen. Ein Pferd von mittlerer
Staͤrke kann 8 Poststunden in 10 Arbeitsstunden zuruͤklegen und, wenn
es in 5 Tagen 4 Tage arbeitet. Folgendes leisten.
Bruttogewicht der fortzuschaffenden Last.
Im Auf- und Niedersteigen
beladen
Im Niedersteigen beladen
beim Aufsteigen leer.
Im Niedersteigen leer, im Aufsteigen
beladen
Bei horizontaler Bahn
240 Centr
360 Cntr.
360 Cntr.
– 1/4000 Steigung
240 –
400
–
300
–
–
1/500 –
240 –
460
–
250
–
–
1/400 –
230 –
500
–
230
–
–
1/333 –
210 –
540
–
210
–
–
1/250 –
190 –
560
–
190
–
–
1/200 –
170 –
510
–
170
–
–
1/100 –
110 –
330
–
110
–
Bei einer Eisenbahn, welche auf- und abwaͤrts beladen befahren wird,
und auf welcher die zu ziehende Last zu 200 Cntr. Brutto oder 140 Cntr. Netto
fuͤr ein Pferd angenommen werden kann, betragen hienach die Kosten
fuͤr das Pferd mit Ruͤksicht auf Unterhaltung,
Abnuͤzung etc.
1 fl.
30 kr. taͤglich,
fuͤr 3 Wagen
1 –
30 –
––––––––––––
zusammen
3 fl.
was somit fuͤr die Stunde und den Centner 1/6 kr.
betraͤgt, waͤhrend bei Dampfwagen, welche 4 Poststunden in 1 Stunde
mit den groͤßten Lasten von 1200 bis 1600 Cntr. zuruͤklegen, die Frachtkosten sich nur auf
1/10 kr. berechnen. Diese Vortheile der Dampfwagen werden nun zwar durch die
groͤßeren Anlagekosten der Schienen etc. zum Theil vermindert, dagegen ist
die mehr als vierfache Geschwindigkeit der Dampfwagen in so fern von entschiedenem
Vortheile bei groͤßeren Streken, well Dampfwagen mit der fuͤr Reisende
erforderlichen Geschwindigkeit von 8 bis 12 Stunden in 1 Stunde neben Dampfwagen
fuͤr die schwereren Lasten noch ohne große Stoͤrungen sich in die
Benuzung der Bahnlinie theilen koͤnnen, waͤhrend dieses bei Anwendung
von Pferden neben den Dampfwagen kaum moͤglich ist.
Ueber die Anlagekosten einer Eisenbahn.
Bei den außerordentlich geringen Kosten der Zugkraft bei einer Eisenbahn ist von
selbst klar, daß der Ertrag einer Unternehmung hauptsaͤchlich von der
Groͤße des Anlagekapitals und von den Unterhaltungskosten abhaͤngen
muß. Ueber die Groͤße des Anlagecapitals laͤßt sich im Allgemeinen
nichts angeben, da diese von dem Terrain abhaͤngt, hingegen duͤrfte es
von Interesse seyn, die Anschlaͤge der zwischen Bruͤssel und Koͤlln projectirten
Bahn zusammenzustellen,Description de la route en fer à etablir
d'Anvers à Cologne parSimonset deRidder, Ingenieurs
des ponts et chaussées, seconde edition. Bruxelles,
1833. da diese unseren Verhaͤltnissen mehr entsprechen, als
aͤhnliche Unternehmungen in England, und auch die Terrainverhaͤltnisse
im Ganzen nicht unguͤnstiger erscheinen, als bei uns, namentlich zwischen
Loͤwen und Verviers. Die Bahnlinie, welche die einzelnen Staͤdte
Antwerpen, Mecheln, Loͤwen, Tirlemont, Luͤttich und Verviers
verbindet, hat eine sehr gerade Richtung und nur zwischen Luͤttich und
Verviers einige Kruͤmmungen von 1000 Fuß Halbmesser, sonst durchaus von 6 bis
8000 Fuß; das Ansteigen ist auf der ganzen Linie zwischen Antwerpen bis
Luͤttich nirgends mehr als 1/300, und nur zwischen Luͤttich und
Verviers auf einer kurzen Streke 1/200. Bei Luͤttich selbst sind zwei
stehende Dampfmaschinen angenommen, von welchen jede mit einer Kraft von 80 Pferden
auf einer geneigten Ebene von 5000' Laͤnge und
1/33 Ansteigen die Wagenzuͤge heraufschaffen soll, wodurch eine senkrechte
Hoͤhe von 330' in 2 Abstufungen
uͤberschritten werden kann. Fuͤr die ganze Bahn zwischen Antwerpen und
Verviers betraͤgt auf belgischem Gebiete die Laͤnge 39 1/3
Poststunden, und- die Seitenbahnen von Mecheln nach Bruͤssel 6
Stunden, nach Lierre 1 1/3 St., so daß die ganze Bahnlaͤnge zu 46 2/3
Poststunden sich berechnet. Der Aufwand ist auf 7,128,011 fl. angeschlagen oder auf
150,000 fl. auf die Poststunde ohne den Aufwand fuͤr die stehenden
Dampfmaschinen, welcher
zu 150,000 fl. berechnet ist. Diese Summe vertheilt sich folgender Maßen auf eine
Bahnlinie von 1 Poststunde:
1)
Fuͤr Guͤtererwerbungen und zwar
fuͤr 10 Hectaren oder 30 wuͤrtembergische Morgen, den
Morgen zu 730 fl., im Durchschnitt
22,000 fl.
2)
Fuͤr Erdarbeiten im Durchschnitt 107,000
Kubikmeter oder 45,500 Schachtruthen zu 100 wuͤrtemb.
Kubikfuß, wovon ungefaͤhr 8/5 fuͤr Auffuͤhrung von
Daͤmmen durch Material aus den Einschnitten und 2/5 fuͤr
Verstuͤrzen von Material und fuͤr Zufuhren desselben von
Grundstuͤken außerhalb der Bahnlinie zu verwenden sind, die
Schachtruthe zu 42 kr. macht
31,860
–
3)
Fuͤr Bruͤken, Dohlen, Durchfahrten und
Ueberfahrten uͤber Chausseen und Feldwege, Stollen
22,290 –
4)
Fuͤr Herstellung des Schienenweges, wobei wegen
der fuͤr die einfache Bahn erforderlichen Ausweichungen
eine Verlaͤngerung der Streke im Verhaͤltnisse von 3 zu 4
Statt findet
64,330 –
5)
Fuͤr Magazine, Wohnungen, Erhebungslocale
4420
6)
Fuͤr die Verwaltung und Aufsicht waͤhrend
der Ausfuͤhrung
4157
7)
Fuͤr die Kosten der Terrainuntersuchung und
die Ueberschlaͤge
450
––––––––
Summa
149,507 fl.
ad 1) In Beziehung auf obige Ansaͤze ist zu
bemerken, daß die Preise der Guͤter mit Einschluß von vorkommenden
Haͤusererwerbungen in Wuͤrtemberg nicht geringer ausfallen
duͤrften, daß aber eine Breite von 90' im
Durchschnitt fuͤr die Bahnlinie sich berechnet, welche nur dann
noͤthig wird, wenn viele Erdarbeiten erforderlich sind, indem sonst eine
Breite von 30' bei der Anlage einer doppelten Bahn
genuͤgen wuͤrde.
ad 2) Die in Anschlag genommenen Erdarbeiten
wuͤrden hinreichen, auf die Haͤlfte des Weges einen Damm von 20' Breite am oberen Theile und 15' Hoͤhe mit Boͤschungen von 45° aufzufuͤhren
und die Einschnitte wuͤrden ungefaͤhr dieselben Dimensionen erhalten
muͤssen auf die andere Haͤlfte des Weges. Der Preis fuͤr die
Erdarbeit haͤngt von der Beschaffenheit des Bodens und von der Entfernung ab,
auf welche das Material zu verfuͤhren ist; da aber bei gewoͤhnlichen
Erdarbeiten bei uns 24 bis 36 kr. fuͤr die Schachtruthe von 100 Kubikfuß
bezahlt werden, so wird bei den sich unvermeidlich ergebenden groͤßeren
Entfernungen der Ansaz von 42 kr, wohl angenommen werden muͤssen.
ad 3) Der Aufwand fuͤr Bruͤken und Dohlen
etc. ist nach den Ueberschlaͤgen herbeigefuͤhrt durch folgende
Gegenstaͤnde, welche auf die ganze Bahnlinie sich vertheilen: 36
Bruͤken, wovon nur die uͤber die Maas bei Luͤttich von
Bedeutung ist, 100 Durchlaͤsse, 32 gewoͤlbte Durchfahrten unter dem
Schienenwege, 29 Ueberfahrten uͤber Chausseen und 270 Ueberfahrten
uͤber Communalwege; 5 Stollen von 600 bis 2000'
Laͤnge, welche im Ganzen auf eine Laͤnge von 1/2 Stunde sich
erstreken.
ad 4) Die Herstellung des Schienenweges selbst
erfordert, wenn die Schienenlaͤnge von 1 Meter 17 Kilogr. wiegt, auf die
Stunde von 3700 Met. 2516 Cntr., zu 11 fl. per Cntr.
macht 27,676 fl.; hiezu fuͤr die Stuͤhle oder Chairs von Gußeisen (in
Entfernungen von 1 Met., das Stuͤk zu 10 Pfd.) 750 Cntr. zu 8 fl. macht auf
die Stunde 6000 fl., zusammen 33,676 fl. Fuͤr die Steinunterlagen zur
Befestigung der Stuͤhle, fuͤr das Legen der Schienen selbst etc. ist
der Aufwand anzuschlagen zu 15,000 fl., darunter Anschaffung von Steinbloͤken
von 2 Kubikfuß fuͤr jeden Stuhl oder 15,000 Kubikfuß Quader, zu 30 kr. mit
der Bearbeitung und Beischaffung in unsere Gegenden diesseits der
schwaͤbischen Alb, wacht 7500 fl.; eine Stunde berechnet sich hienach auf
48,676 fl., und mit der Verlaͤngerung fuͤr die Ausweichungen etc. wird
der Aufwand von 64,330 fl. auf die Stunde Bahnlinie erreicht.
ad 5), 6) und 7) Diese Kosten beduͤrfen keiner
naͤheren Beleuchtung, werden aber auch sich nicht wesentlich
ermaͤßigen lassen.
Aus dieser Zusammenstellung duͤrfte hervorgehen, daß bei der Herstellung einer
Eisenbahn, welche mit Dampfwagen befahren werden soll, nur bei der Auswahl des
guͤnstigsten Terrains ein Aufwand hinreichen wird, welcher unter 150,000 fl.
fuͤr die Poststunde betraͤgt, daß aber bei unguͤnstigem
Terrain, wenn die Ansteigungen und Kruͤmmungen gehoͤrig beobachtet
werden sollen, diese sich weit hoͤher belaufen muͤssen, und
uͤberdieß Verlaͤngerungen der Bahn unvermeidlich sind, wenn stehende
Dampfmaschinen vermieden werden sollen, welche selbst in Gegenden, wo die
Steinkohlen einen ganz unbedeutenden Werth haben, wegen der kostbaren Unterhaltung
der Maschinen und der Seile und wegen der unvermeidlichen Gefahr beim Transporte von
Passagieren moͤglichst vermieden werden, bei uns aber vollends unanwendbar
seyn muͤßten, da eine Maschine von 80 Pferdekraͤften an 100 Cntr.
Steinkohlen in 10 Stunden verbrauchen wuͤrde, und eine solche Maschine schon
erforderlich waͤre, um eine Hoͤhe von 150'
zu uͤbersteigen.
Ueber die Kosten der Unterhaltung.
Die jaͤhrlichen Unterhaltungskosten haͤngen von der Construction des
Schienenweges und seines Unterbaues, von der Frequenz der Wagenzuͤge und von
der Geschwindigkeit der Dampfwagen ab, lassen sich daher im Allgemeinen nicht
bestimmen, hingegen moͤgen einige Beispiele als Anhalt dienen.
Fuͤr die belgische Bahn sind die Unterhaltungskosten bei der Annahme eines
durchschnittlichen Verkehrs von 4,800,000 Cntr. folgender Maßen angeschlagen, und
zwar auf die Poststunde:
Fuͤr Unterhaltung der
Erdarbeiten
400 fl.
Die Unterhaltung der Bruͤken,
Dohlen, Gebaͤude etc
260 –
Die Unterhaltung des Schienenweges
920 –
Der Aufwand fuͤr das
Aufsichtspersonal uͤber die Bahnlinie,
die Bruͤken und Schranken
770 –
Die allgemeinen Kosten fuͤr die
Verwaltung und die Erhebung der
Bahngebuͤhren
596 –
––––––
Summa
2946 fl.
Diese Kosten sind in der Wirklichkeit besonders bei Bahnen, welche mit großer
Geschwindigkeit befahren werden, nach verschiedenen Erfahrungen bedeutend
groͤßer.
Bei der Eisenbahn zwischen Bruͤssel und Mecheln war vom 7. Mai bis 31. Jul.
1835 (Eisenbahnjournal von List Nr. 12) aufzuwenden beim Transport von 163,532
Reisenden und einer Einnahme von 106,956 Fr. 5 Cent.
Fuͤr Unterhaltung u. Reparaturen der
Eisenbahn
20,774 Fr.
80 Cent.
Fuͤr Unterhaltung der Wagen und
Zugkraft etc.
23,213 –
73 –
Administrations- und
Erhebungskosten
5919 –
7 –
––––––––––––––––
49,907 Fr.
60 Cent.
wonach ein Ueberschuß von 57,048 Fr. 45 Cent. sich in einem
Vierteljahre berechnet, und somit fuͤr das Anlagecapital von 1,224,100 Fr. 41
Cent. eine jaͤhrliche Dividende von 18 3/10 Proc. Die Unterhaltungskosten der
Bahn berechnen sich hienach fuͤr die
Poststunde auf
6463 fl.
12 kr.
Die Administrationskosten auf
1841 –
24 –
––––––––––––
zusammen
8304 fl.
36 kr.
die Transportkosten aber auf die Person und die Poststunde auf
2/3 kr., wonach die saͤmmtlichen Kosten sich im Durchschnitte auf 1 1/3 kr.
fuͤr die Poststunde und die Person berechnen. Die niedrigste Fahrtaxe
betraͤgt 1/2 Fr. auf 6 Stunden oder ungefaͤhr 2 kr. auf die
Poststunde, die hoͤchste 12 kr. und der Durchschnitt 3 kr. fuͤr die
Poststunde.
Bei der Liverpool-Manchester-Eisenbahn wird die Unterhaltung der Bahn
im Accord besorgt (Karstens Archiv, Bd. VIII. Heft 2.
1835) und fuͤr die Poststunde den Accordanten 6000 fl. bezahlt, wobei
denselben noch die Schienen und die Unterlagen von Holz und Stein von der
Gesellschaft geliefert werden, und ihnen daher nur die Arbeit, die Stuͤhle,
die Keile oder Bolzen und die Naͤgel zu liefern obliegt. Man rechnet dabei,
daß taͤglich auf 1 engl. Meile (2/5 Poststunden) ein Stuhl erneuert werden
muß, und daß jaͤhrlich fuͤr Bolzen und Naͤgel 3000 fl.
ausgegeben werden muͤssen. Diese Kosten werden bei den sehr hohen Taxen,
welche auf die Poststunde 13 1/2 kr. fuͤr die Person und 1 4/10 kr.
fuͤr den Centner betragen, und dem großen Verkehr zwar ausgeglichen, bei
diesen Ansaͤzen soll aber nach Lardner's Schrift
the Steam-Engine 1835 nur an Personen 100, an
Waaren 40 Proc. gewonnen werden. Diese großen Kosten sind jedoch
hauptsaͤchlich durch die bei diesen Eisenbahnen eingefuͤhrte große
Geschwindigkeit der Dampfwagen veranlaßt, und bei einer Geschwindigkeit von nur 4
Poststunden in 1 St. sind sie bedeutend geringer, und der Ansaz von 2400 fl.
fuͤr die Stunde wird auch auf englischen Bahnen unter dieser Voraussezung
nicht uͤberschritten. Dabei muß noch bemerkt werden, daß die
Unterhaltungskosten bei einer Eisenbahn, welche viele Dammarbeiten zur Unterlage
hat, in den ersten 8 bis 10 Jahren wegen der fortwaͤhrend vorkommenden
Senkungen sehr bedeutend sind, und daß deßhalb, bis das Erdreich die
gehoͤrige Festigkeit erreicht hat, Unterlagen von Holz einstweilen angewendet
werden, wie dieses bei der Liverpool-Manchester-Eisenbahn noch
gegenwaͤrtig an vielen Stellen der Fall ist.
Ueber den Reinertrag einer Eisenbahn.
Nehmen wir nun an, die Unterhaltungskosten einer Poststunde stellen sich auf 2400
fl., die Verwaltungskosten auf 600 fl., die Interessen zu 4 Proc. von einem
Anlagecapital von 150,000 fl. auf 6000 fl., so wird eine Eisenbahn diese Kosten
tragen koͤnnen, wenn sie jaͤhrlich einen reinen Ertrag von 9000 fl.
uͤber den Aufwand an Transportkosten abwirft oder taͤglich 25 fl. Soll
dieser Ertrag zur Haͤlfte durch Reisende, zur Haͤlfte durch
Guͤter gewonnen werden, so waͤren folgende Ansaͤze einzuhalten:
der Aufwand fuͤr eine Person auf die Stunde kann nach den angefuͤhrten
Erfahrungen fuͤr eine Geschwindigkeit von 8 bis 10 Stunden in einer Stunde
nicht niedriger als zu 1 1/2 kr. angenommen werden, bei einer Taxe von 3 kr.
waͤren daher 500 Personen taͤglich fuͤr jede Stunde Bahnstreke
erforderlich, um 12 fl. 30 kr. Ueberschuß zu gewaͤhren, und bei einem
Aufwande von 1/6 kr. fuͤr die Stunde und den Centner, und einer Bahnmiethe von 1/3 oder einer
Taxe von 1/2 kr. per Centner waͤren 2250 Cntr.
Waaren zu transportiren, um ebenfalls 12 fl. 30 kr. abzuwerfen, was jaͤhrlich
820,000 Cntr. betragen wuͤrde. Wuͤrden sich Personen und Guͤter
auf den Hin- und Herweg gleich vertheilen, so waren 250 Personen und 1125
Cntr. Waaren fuͤr diesen Verkehr erforderlich, welche durch eine
Dampfwagenfahrt mit Passagieren und eine zweite Fahrt mit Waaren spedirt werden
koͤnnten, wenn die Transporte sich immer gleich vertheilten, was
natuͤrlich nicht der Fall seyn kann, und nur durch Zuladung wohlfeiler
Landesproducte zum Theil bewerkstelligt werden koͤnnte.
In Nr. 1 des Wochenblattes fuͤr Land- und Hauswirthschaft ist
fuͤr die Bahn von Stuttgart uͤber das
Remsthal nach Ulm und Friedrichshafen eine Schaͤzung uͤber den zu
erwartenden Verkehr gegeben worden, welche hinsichtlich der Waaren ungefaͤhr
obige Summe nachweist, hinsichtlich der Reisenden aber nur 40 Personen auf jede
Stunde der Bahnlinie im Hin- und Herweg berechnet. Nach den so eben
angefuͤhrten Ansaͤzen muͤßte aber der Verkehr auf das
Sechsfache steigen, was wohl nur angenommen werden kann, wenn der innere Verkehr der
durch die Bahn durchschnittenen Gegenden eine solche Frequenz herbeifuͤhrt.
Daß ein solcher innerer Verkehr in den bevoͤlkerten Gegenden
Wuͤrtembergs nicht ganz unwahrscheinlich ist, geht aus den Erfahrungen
anderer Gegenden hervor, und namentlich zeigt die Erfahrung bei der Eisenbahn
zwischen Bruͤssel und Mecheln, welche einen taͤglichen Verkehr von
beinahe 1000 Personen hin und her hat, daß 1/4 der Reisenden von der arbeitenden
Classe sind, was sich auch bereits auf der
Nuͤrnberg-Fuͤrther-Eisenbahn zum Theil gezeigt haben
soll. Es ist Erfahrungssaz, daß der Ertrag einer Eisenbahn großen Theils von den
Reisenden abhaͤngig ist, und daß diese hauptsaͤchlich die bedeutenden
Anlagekosten bezahlen muͤssen; wie sehr aber die Wahrscheinlichkeit des
Ertrages von den Anlagekosten abhaͤngt, wird durch folgendes Beispiel
anschaulich.
Wuͤrden sich die Anlagekosten auf 100,000 fl. fuͤr die Stunde
vermindern lassen, was bei guͤnstigem Terrain und bei der Wohlfeilheit der
Bausteine diesseits der Alb wohl moͤglich ist, so wuͤrden dadurch 6
fl. taͤglich an Zinsen erspart, und es waͤren bei den obigen
Ansaͤzen und bei dem gleichen Waarenverkehre ungefaͤhr die
Haͤlfte der Reisenden oder 250 Personen schon hinreichend, die Interessen von
4 Proc. zu deken; wuͤrden dagegen die Anlagekosten sich auf 300,000 fl. auf
die Stunde erhoͤhen, so waͤren taͤglich 18 fl. mehr zur Dekung
der Interessen erforderlich, und die Reisenden muͤßten sich um 750 Personen,
d.h. auf 1250 Personen taͤglich vermehren oder, wenn dieselben Personen auch
zuruͤkreisen, auf 625 Personen.
Die Anwendung dieses Beispiels auf eine Eisenbahnverbindung zwischen dem Neckar und
der Donau liegt sehr nahe, wobei wir nur bemerken, daß zwar uͤber die
Richtung der Bahnlinie laͤngs des Filsthals noch keine bestimmten
Vorschlaͤge veroͤffentlicht worden sind, daß aber dem Vernehmen nach
die Eisenbahn bei Ueberkingen die Fils uͤberschreiten, von hier oberhalb
Weißlingen vorbei nach Urspring, im Lonthal bis Westerstetten durch das Denkenthal
uͤber Tomerdingen in das Herrlingerthal und durch das Blauthal nach Ulm
gefuͤhrt werden soll, und daß fuͤr die Stunde der vorlaͤufige
Kostenanschlag auf 300,000 fl. gestellt seyn soll. Die naͤhere Untersuchung
des Terrains wird erst zeigen koͤnnen, in wie weit die fuͤr
Eisenbahnen zulaͤssigen Ansteigungen und Kruͤmmungen eingehalten
werden koͤnnen, daß aber der berechnete Aufwand bei den großen
Terrainschwierigkeiten dieser Linie nicht zu niedrig angenommen seyn duͤrfte,
muß recht wohl zugestanden werden. Sollte aber die anzustellende Untersuchung die
Ausfuͤhrbarkeit dieser Bahnlinie ergeben, so wird die Nachweisung eines
wahrscheinlichen Ertrags nach dem Angegebenen noch die schwierigere Aufgabe
seyn.