Titel: Bericht des Hrn. Francoeur über ein von Hrn. Vallet, Uhrmacher in Paris, rue Neuve-Bourg-l'Abbé, No. 2, erfundenes Instrument zur Auswahl der Spiralfedern für Uhren.
Fundstelle: Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XXXII., S. 175
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XXXII. Bericht des Hrn. Francoeur uͤber ein von Hrn. Vallet, Uhrmacher in Paris, rue Neuve-Bourg-l'Abbé, No. 2, erfundenes Instrument zur Auswahl der Spiralfedern fuͤr Uhren. (Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Novbr. 1835, S. 509.) Mit Abbildungen auf Tab. IV. Francoeur, uͤber ein Instrument zur Auswahl der Spiralfedern fuͤr Uhren. Zur Regulirung der Bewegungen der Sakuhren dient eine haarfoͤrmige staͤhlerne Feder, welche man die Spiralfeder zu nennen pflegt, und deren Kraft mit dem Gewichte der Unruhe in solchem Verhaͤltnisse stehen muß, daß die Bewegungen, welche leztere unter dem Einflusse der Feder macht, genau so lange andauern, als es der Zahl der Zahne der Treibraͤder entspricht. Ist die Kraft zu groß, so gehen die Bewegungen zu rasch von Statten, und die Uhr geht vor; ist sie hingegen zu schwach, so geht die Uhr zu spaͤt. Es ist unumgaͤnglich nothwendig, daß saͤmmtliche Schraubengange so weit von einander entfernt und so homogen sind, daß sie einander bei ihren Bewegungen nie beruͤhren, und daß sie sich noch weniger in die Gabel des Avance und des Retard verwikeln koͤnnen, obschon die Impulse, die die Unruhe durch die der Uhr mitgetheilten Erschuͤtterungen bekommt, denselben eine sehr wandelbare Ausdehnung geben. Auch muß bei allen diesen ungleichen Bewegungen die Dauer einer jeden doch immer eine und dieselbe bleiben. Dieser Isochronismus wurde bisher fuͤr unerreichbar gehalten, und die Bestrebungen der gewandtesten Kuͤnstler scheiterten daran. Der Zwek des Instrumentes des Hrn. Ballet ist uͤbrigens nicht hierauf gerichtet; dasselbe soll vielmehr lediglich genau die Kraft einer Spiralfeder angeben, welche man nach anderen Versuchen fuͤr eine bestimmte Uhr als wahrscheinlich geeignet befunden. Die Zartheit der Spiralfeder, ihr Mangel an Gleichmaͤßigkeit der Elasticitaͤt, die Wichtigkeit der Rolle, welche sie zu spielen bestimmt ist, und endlich der Grad ihrer Kraft sind Bedingungen, welche sich so schwer in Einklang bringen lassen, daß es den Uhrmachern nur nach vielfachen, schwierigen und zeitraubenden Versuchen gelingt fuͤr jede Uhr die gehoͤrige Feder zu waͤhlen und zu finden. An den meisten der gewoͤhnlichen kaͤuflichen Uhren ist aber auch so wenig Sorgfalt hierauf verwendet, daß selten eine dieser Uhren nach Wunsch geht; der Zufall und das Gluͤk uͤben hiebei sehr oft Deren Einfluß, als die Geschiklichkeit. Hr. Ballet unternahm es, ein wohlfeiles, leicht anwendbares Instrument herzustellen, wodurch allen diesen muͤhsamen Versuchen abgeholfen ist, und mit dessen Huͤlfe mit einem Male bestimmt werden kann, ob eine Spiralfeder fuͤr eine bestimmte gegebene Uhr taugt oder nicht. Der erste Versuch, den der Uhrmacher mit der Spiralfeder anstellt, bevor er sie an einer Uhr anwendet, wird vorgenommen, um sich zu uͤberzeugen, daß ihre Aufwikelung regelmaͤßig ist. Er haͤngt zu diesem Behufe an das mittlere Ende dieser Spiralfeder ein kleines Gewicht, und beobachtet, indem er das andere Ende mit Zangen emporzieht, ob sich die Feder regelmaͤßig und kegelfoͤrmig abwikelt; denn waͤre dieß nicht der Fall, so besizt die Feder entweder wegen eines Fehlers in der Gleichmaͤßigkeit oder wegen eines Fehlers in der Haͤrtung keine gleichfoͤrmige Elasticitaͤt, so daß sie folglich unbrauchbar ist. Hat die Feder nun bei diesem vorlaͤufigen einfachen Versuche Genuͤge geleistet, so fragt sich noch, ob sie fuͤr die Uhr, fuͤr welche sie bestimmt ist, im Vergleiche mit dem Gewichte der Unruhe nicht zu viel oder zu wenig Kraft besizt. Der Uhrmacher probirt daher abermal, und findet hiebei beinahe immer, daß er eine andere waͤhlen muß, damit die Uhr nicht zu schnell und nicht zu langsam geht. Gesezt nun, eine auf diese Weise an einer Uhr angebrachte Feder mache dieselbe in 24 Stunden um eine Stunde vorgehen, und die Feder lasse sich durch Verlaͤngerung, d.h. dadurch, daß man ihren aͤußeren Befestigungspunkt auf der Uhrplatte zuruͤk versezt, nicht so schwachen, daß dieses Vorgehen auf Null reducirt wird, so verfahrt Hr. Vallet auf folgende Weise. Er nimmt die Feder von der Unruhe ab, und vermindert deren Dike an den breitesten Windungen, indem er dieselben mit einem Grabstichel abkrazt; andere Uhrmacher tauchen die Feder zu diesem Behufe einige Augenblike lang in verduͤnnte Salpetersaͤure. Diese Operation genuͤgt gewoͤhnlich, indem sie die Kraft der Feder so weit ermaͤßigt, daß sie der Unruhe einen gehoͤrigen Gang mittheilt, und daß die Uhr innerhalb 24 Stunden nur mehr um sehr Weniges vorgeht. Diese Spiralfeder, welche ich die Probefeder nennen will, kann aber nicht in der Uhr bleiben, weil ihre Bewegungen nicht gleichmaͤßig sind, und weil die Erschuͤtterungen, welche die Uhren beim Tragen erleiden, hinreichen wuͤrden, um zu bewirken, daß ihre Windungen einander beruͤhren, oder sich sogar verwikeln. Man muß daher eine Feder waͤhlen, deren Entwikelungen regelmaͤßiger sind, die aber beinahe dieselbe Kraft hat; und hiezu nun bedient sich Hr. Vallet seines Instrumentes. Dieses Instrument besteht aus einem in 180° getheilten Ringe a, Fig. 31, der sich um seine im Mittelpunkte befindliche Achse b bewegen laͤßt; und aus einem zweiten ringfoͤrmigen Kreise c, der erstem umgibt und mit zwei Stegen d, d' ausgestattet ist. Der eine dieser Stege traͤgt einen Zapfen, an welchem die Achse des Zeigers i angebracht ist; und an diesen bringt man die Spiralfeder, welche man anstatt der Probefeder benuzen will, und welche man der Erfahrung nach dem Zweke entsprechend haͤlt. In dieses Instrument bringt man zuerst die Probefeder. Man dreht den Ring, an welchem sich die beiden Stege befinden, so daß die Spize des Zeigers auf Null zu stehen kommt: und haͤngt dann an dem Zeiger, der zu diesem Behufe mit einem Oehre versehen ist, ein kleines Gewicht ein, um dadurch die Feder zu spannen. Dann stellt man den graduirten Rand senkrecht, und bringt den Zeiger, in dem man den mittleren Kreis und mit ihm auch die beiden Stege umdreht, in die horizontale Stellung, welche auf dem Rande durch zwei Abzeichen angedeutet ist. In diesem Zustande wird nun der Zeiger, in dem er einerseits von dem eingehaͤngten Gewichte und andererseits von der Kraft der Probefeder in Anspruch genommen wird, auf dem graduirten Bogen einen gewissen Grad, wir wollen annehmen 135°, andeuten. Da nun dieß das Maaß der Kraft der fraglichen Feder ist, so handelt es sich nur mehr darum, sich eine andere regelmaͤßigere Feder von gleicher Kraft, naͤmlich von 135° zu verschaffen. Hat man nun eine Feder gefunden, welche dieser Anforderung zu entsprechen scheint, so unterwirft man diese einer gleichen Probe. Es braucht wohl nicht bemerkt zu werden, daß diese neue Spiralfeder lieber etwas zu lang, als zu kurz seyn muß, damit man deren Kraft nur zu vermindern hat; auch versteht sich von selbst, daß das Instrument so eingerichtet ist, daß man Spiralfedern von jeder Dimension in dasselbe bringen kann; denn der Steg d', der zur Fixirung des aͤußeren Endes h der Spiralfeder dient, laͤßt sich dem Mittelpunkte annaͤhern oder auch sich davon entfernen. Wenn nun die neue Feder an der Stelle der Probefeder in das Instrument gebracht worden ist, so beobachtet man zuerst, indem man den Zeiger mit dem Finger bewegt, ob die fragliche Spiralfeder eine regelmaͤßige Entwikelung darbietet; denn waͤre dieß nicht der Fall, so muͤßte man sie gleich als untauglich verwerfen. Hierauf bringt man den Zeiger gleichfalls wieder auf Null, und belastet ihn mit demselben Gewichte, welches man bei der Probefeder eingehaͤngt haͤtte. Wenn dann der Zeiger, nachdem man den Kreisbogen senkrecht gestellt hat, auf 135° stehen bleibt, so hat die Spiralfeder genau die verlangte Kraft, und man kann sie sogleich an der Uhr anbringen, indem man die Aufhaͤlter an denselben Punkten der Spiralfeder fixirt. Zeigt sich hingegen, daß die Feder nicht genug Kraft hat, um die 135° anzudeuten, so muß man dieselbe bei h etwas verkuͤrzen, wo man dann mittelst einiger leicht anzustellender Versuche bald zur Erlangung der gewuͤnschten Kraft von 135° kommen wird. Man muß bemerken, daß die Probefeder, nachdem sie mit dem Grabstichel behandelt worden ist, die Bewegung der Uhr beinahe nie genau regulirt, sondern daß die Uhr, wenn man so annehmen will, in 24 Stunden um 3 Stunden vorgehen wird. Allein diese Modification genuͤgt doch; denn wenn man weiß, daß diese Feder noch etwas zu viel Kraft besizt, so kann man der Spiralfeder, die man an ihrer Stelle anwenden will, leicht eine etwas geringere Kraft geben: so z.B., daß sie am Instrumente 130 anstatt 135° anzeigt. Man erzielt hiedurch eine hinreichende Genauigkeit; denn die weitere Regulirung der Uhr laͤßt sich mit Huͤlfe der Avancir- und Retardirgabel erreichen. Man bedarf allerdings einiger Uebung, um sich des Instrumentes des Hrn. Vallet mit gehoͤriger Gewandtheit bedienen zu koͤnnen; allein dieß gilt beinahe von jedem Werkzeuge, wie einfach dasselbe auch seyn mag. Die Commission, in deren Namen ich diesen Bericht erstatte, ist daher der Ansicht, daß das sinnreiche Instrument des Hrn. Vallet die Auswahl der Spiralfedern fuͤr die Uhren bedeutend erleichtert und abkuͤrzt. Es ist dieß besonders fuͤr die große Nasse der in den Handel kommenden Uhren von außerordentlichem Vortheile; denn bei diesen koͤnnte der Uhrmacher wegen des geringen Preises, der ihm dafuͤr bezahlt wird, unmoͤglich die gehoͤrige und zeitraubende Sorgfalt auf die Auswahl der Feder verwenden. Ich bemerke schließlich nur noch, daß schon der selige Bréguet ein Instrument erfunden haͤtte, welches denselben Zwek erfuͤllen sollte, wie jenes des Hrn. Vallet, und dem von dem Erfinder der Namen Balance beigelegt worden ist. Dieses Instrument eignete sich jedoch, da es ziemlich complicirt war, nur fuͤr Chronometer und andere koste barere Uhrwerke. Fig. 31 zeigt einen Aufriß des Vallet'schen Instrumentes. Fig. 32 gibt einen Durchschnitt des Mechanismus in der horizontalen und verticalen Stellung. Fig. 33 zeigt die Spiralfeder fuͤr sich allein, woraus man deren Befestigungsweise an der Achse ersieht. Das hakenfoͤrmig umgebogene Ende der Spiralfeder dringt in ein Loch, welches in dem kegelfoͤrmigen Theile der Achse angebracht ist, und wird mittelst eines Zapfens, den man senkrecht eintreibt, darin befestigt. a ist ein in 180° getheilter Kreis, der sich um die im Mittelpunkte befindliche Achse b bewegen laͤßt. b ist ein zweiter ringfoͤrmiger Kreis, an welchem die beiden Stege d, d' angebracht sind. Der Steg d traͤgt den Zapfen der Achse des Zeigers i, und an ihm wird auch das eine Ende der Spiralfeder g fixirt. Der Steg d' ist mit einem kleinen Ringnagel versehen, durch den das andere Ende der Feder gefuͤhrt, und mit dem Zapfen h festgehalten wird. Der Fuͤllspan e, an welchem sich der Ringnagel befindet, kann mittelst der Schraube f, die einen vierekigen Kopf hat, vor- oder ruͤkwaͤrts bewegt werden. k ist ein kleines, an dem Zeiger i aufgehaͤngtes Gewicht, welches zum Spannen der Spiralfeder dient. l, l sind Rollen zur Erleichterung der Bewegung des Kreises c. m ist ein Knopf, bei welchem man das Instrument erfaßt, um es aufzuheben oder niederzulassen.

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