Titel: Ein Gastransporteur. Von Prof. Zenneck in Tübingen.
Autor: Ludwig Heinrich Zenneck [GND]
Fundstelle: Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XXXVIII., S. 194
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XXXVIII. Ein Gastransporteur. Von Prof. Zenneck in Tuͤbingen. Mit einer Abbildung auf Tab. IV. Zenneck's Gastransporteur. Die quantitative Bestimmung der verschiedenen Gase bei ihrer Mengung ist gewiß eine eben so wichtige Aufgabe der Chemie, als die Untersuchung der Verhaͤltnisse, in denen die verschiedenen Stoffe bei liquiden oder starren Verbindungen vorkommen. Wenigstens haͤngt von der Loͤsung dieser Aufgabe die Kenntniß von der chemischen Beschaffenheit der Luft in ihren verschiedenen Hoͤhen und Tiefen, am Meer und uͤber Sandwuͤsten, am Krater von Vulcanen, in Bergwerken und in einer Menge anderer Gegenden, damit aber auch zugleich die Erklaͤrung mancher noch dunkeln physikalischen Erscheinungen und physiologischer Wirkungen durch sie ab; ferner machen bekanntlich mancherlei Gase die Bestandtheile von den Brunnen-, Sumpf- und Mineralwassern aus; uͤberdieß sind nicht bloß der Athmungsproceß bei den Thieren, sondern auch manche andere in ihren Eingeweiden vorkommende Processe und eben so die Vegetationsprocesse bei diesem und jenem Luftzustand ohne genaue Untersuchung der dabei bald aus diesen, bald aus jenen Gasen zusammengesezten Mischungen nicht wohl begreiflich, und eben so verdienen die Gase, die bei den verschiedenen Gaͤhrungsarten erscheinen, oder bei der Behandlung organischer Stoffe unter diesen und jenen Umstaͤnden hervortreten und die Natur der Koͤrper, dem sie ihr Entstehen verdanken, oft sehr gut bezeichnen, gleichfalls untersucht und ihrer mehr oder weniger complicirten Verbindung nach bestimmt zu werden. Dessen ungeachtet ist dieser Theil der Chemie (die pneumatische) bei weitem nicht so cultivirt, als es die uͤbrigen Theile derselben sind; sonst wuͤrde die Zahl der pneumatischen Analysen nicht so klein, noch das Resultat in manchen Fallen so unsicher seyn, als es in der That der Fall ist. Unter mancherlei Ursachen nun, welche von der Beschaͤftigung mit Gasen abhalten moͤgen, sind wohl auch die vielerlei Instrumente, welche dabei noͤthig erscheinen und namentlich: die Wasser- und Queksilberwannen einerseits und die Berechnungen, welche erst vermittelst der geschehenen Operationen nach den Gesezen der Algebra zu Resultaten fuͤhren, andererseits zu nennen. Um dem ersten unguͤnstigen Umstand entgehen zu helfen, habe ich zwar ein paar Einrichtungen angegeben, wodurch derselbe wegfaͤllt (das Aëroskop, den Chlorometer und den transportablen Queksilbergasometer), aber sie machen die Wannen nicht in allen Faͤllen entbehrlich. Ich habe daher fuͤr die Faͤlle, in denen irgend ein Gas aufbewahrt und aus seinem Gefaͤß in einen Gasometer gebracht werden soll, einen Gastransporteur construirt, dessen nachfolgende Beschreibung seine Gebrauchsart erklaͤren wird. Die speciellen Formeln, welche zur Aufloͤsung pneumatischer Aufgaben unentbehrlich sind, habe ich in Tabellen in Baumgartners Zeitschrift fuͤr Physik etc. 1836 zusammengestellt. Beschreibung des Gastransporteurs und seines Gebrauches. Der Gastransporteur besteht aus drei Haupttheilen: einem Trichter, einem Hahn und einer Flasche; er ist in Fig. 7 abgebildet. 1) der Trichter A ist bei seinem unteren engen Theil mit einem Metallstuͤk B luftdicht versehen, das an zwei Punkten a und b durchbohrt ist. Durch diese zwei Oeffnungen gehen zwei metallene Roͤhren und zwar durch a eine lange bis zum Boden der Flasche F gehende a, a' Wasserroͤhre,Zu gewissen Zweken ist es gut, wenn bei a'' eine Schraube ist, damit ein anderes Stuͤk eingesezt werden kann. durch b aber eine fuͤr den Durchgang des Gases bestimmte Roͤhre (Gasroͤhre) b, b', die nach Unten um 1/2 Zoll verlaͤngert ist und nach Oben bei c in eine Schraube endet. Unter dem Metallstuͤk des Trichters ist ein fuͤr den Durchgang der beiden Roͤhren durchbohrter Pfropf c eingesezt und zur Verschließung der Oeffnung a gehoͤrt ein metallener Stoͤpsel D. 2) Der Hahn E ist mit der Gasroͤhre vermittelst einer herablaufenden Roͤhre bei c durch eine Schraube eingefuͤgt und endigt oben in ein kegelfoͤrmiges Stuͤk d, damit daselbst eine Leitungsroͤhre luftdicht eingesezt werden kann. 3) die Flasche F, welche ungefaͤhr von dem Inhalt des Trichters ist, muß an ihrem Hals so beschaffen seyn, daß der Pfropf des Trichters fuͤr sich oder vermittelst eines Kittes luftdicht eingesezt werden kann. Dieser Gastransporteur hat zum Zwek, irgend ein von Wasser nicht absorbirtes Gas ohne Wasserwanne 4) von irgend einem Gefaͤß aus, aus dem es sich entwikelt, oder aus dem es durch Wasserdruk ausgetrieben und vermittelst einer Leitungsroͤhre fortgetrieben werden kann, in seine Flasche aufzunehmen. Zu diesem Zwek wird der Trichter mit Wasser gefuͤllt, der Stoͤpsel der Wasserroͤhre a, a' ausgezogen und der Hahn geoͤffnet; alsbald senkt das Wasser durch diese Roͤhre herab, treibt die Luft aus der Flasche durch die Gasroͤhre b', b Damit das aufzunehmende Gas bei seinem Uebertritt keine atmosphaͤrische Luft antrifft, fuͤllt man die Gasroͤhre des Transporteurs und die Leitungsroͤhre mit Wasser. aus und fuͤllt so nach und nach die Flasche. Ist dieses geschehen, so wird in das kegelfoͤrmige Endstuͤk des Hahnes d die Leitungsroͤhre, welche den Transporteur mit einem Gas liefernden Gefaͤß in Verbindung zu sezen hat, vermittelst eines Pfropfs luftdicht eingesezt. Alsdann treibt das herbeigeleitete Gas das Wasser der Flasche durch die Wasserroͤhre a', a in den Trichter herauf, sammelt sich zunaͤchst im oberen Theil der Flasche und, wenn nun beinaheSoll von dem aufgenommenen Gas nichts verloren gehen, so muß es noch unten durch Wasser gesperrt bleiben. die ganze Flasche Wasser leer geworden ist, so schließt man den Hahn und die Wasseroͤffnung mit dem Stoͤpsel D, entfernt die Leitungsroͤhre und gießt das Wasser aus dem Trichter ab. 2) Das in seiner Flasche aufgenommene Gas in irgend ein anderes Gefaͤß uͤbergehen zu lassen. In diesem Fall wird nach eingesezter Leitungsroͤhre auf dem Hahn und auf dem Gefaͤß, zu dem das Gas uͤbergehen soll, der Trichter mit Wasser gefuͤllt, der Hahn geoͤffnet, der Stoͤpsel ausgezogen und so lange Wasser in den Trichter nachgegossen, als zur gaͤnzlichen Fuͤllung der Flasche mit Wasser noͤthig ist, im Fall aber, daß nur eine gewisse Menge von Gas aus der Flasche abgehen soll, der Hahn alsbald geschlossen, und zur weiteren Aufbewahrung des eingeschlossenen Gases der Stoͤpsel eingesezt. Es kann uͤbrigens vorkommen, daß bei einer Fortleitung des Gases aus der Flasche in ein anderes mit Wasser gesperrtes Gefaͤß die Operation durch den staͤrkeren Wasserdruk von dieser Seite her gehemmt wird, wie z.B. wenn die Leitungsroͤhre mit einem Gasometer in Verbindung steht und die aͤußere Wassersaͤule hoͤher als die innere aufgestiegen ist; in diesem Fall hat man nur den Meßcylinder oder die Gloke so weit heraufzuheben, als zur Herstellung des aͤußeren und inneren Wasserniveaus noͤthig ist, indem alsdann der staͤrkere Wasserdruk von dieser Seite aufgehoben und der Uebergang des Gases sich wieder fortsezen wird. 3) Auch dient der Transporteur, wie man leicht sieht, zu Verbrennungsversuchen mit brennbaren Gasen als: Wasserstoffgas, Kohlenoxydgas, Kohlenwasserstoffgasen etc., indem man vor dem Herauslassen und Anzuͤnden der Luft nur den Trichter mit Wasser fuͤllt, den Stoͤpsel auszieht und dann den Hahn oͤffnet. Insbesondere kann dieser Transporteur, wie ich schon fruͤherS. Schweigger, Jahrb. d. Ph. u. Ch. 1816 XIV. H. 1. gezeigt habe, zu genauen Versuchen mit der chemischen Harmonika (Klangerscheinungen bei Haltung der Wasserstoffgasflamme innerhalb eines Glas- oder anderen, theils offenen, theils an einem Ende geschlossenen Cylinders) gebraucht werden. Nur muß bei diesem Gebrauch die Wasserroͤhre (a, a') bei a'' abgeschraubt werden und eine engere kurze Roͤhre eingesezt werden koͤnnen, damit der Wasserablauf vermindert werde; auch ist auf den Hahn eine metallene Roͤhre mit kegelfoͤrmiger enger Muͤndung aufzusezen, welches leztere auch bei anderen Verbrennungsversuchen noͤthig ist.

Tafeln

Tafel Tab. IV
Tab. IV