Titel: Bemerkungen über die Eisenbahn zwischen Dublin und Kingstown. Auszug aus einem Vortrage des Hrn. David Stevenson Esq., Civilingenieur in Edinburgh, gehalten am 9. März 1836 vor der Society of Arts for Scotland.
Fundstelle: Band 62, Jahrgang 1836, Nr. II., S. 24
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II. Bemerkungen uͤber die Eisenbahn zwischen Dublin und Kingstown. Auszug aus einem Vortrage des Hrn. David Stevenson Esq., Civilingenieur in Edinburgh, gehalten am 9. Maͤrz 1836 vor der Society of Arts for Scotland.Gegenwaͤrtiger Aufsaz, den wir im Auszuge mittheilen, dient zur Ergaͤnzung dessen, was wir bereits in Bd. LIV. S. 436 und Bd. LVI. S. 71 unseres Journales uͤber diese Bahn berichteten. A. d. R. Im Auszuge aus dem Edinburgh New Philosophical. Jan. – April 1836, S. 320. Mit Abbildungen auf Tab. I. Bemerkungen uͤber die Eisenbahn zwischen Dublin und Kingstown. Die Schifffahrt auf dem Flusse Liffey bis Dublin ist fuͤr groͤßere Schiffe nur bei einem gewissen Stande der Fluth moͤglich und selbst dann muͤhsam und unsicher, so daß die Quais von Dublin nicht wohl zu Schiffstationen geeignet sind. Dieser Umstand und der Mangel eines Zufluchtshafens in dem Canale von St. Georg veranlaßte die Regierung, in Kingstown einen solchen zu erbauen, und zwar in einem fuͤr Kriegsschiffe geeigneten Maaßstabe. Dieses ungeheure und praͤchtige, nach dem Plane des seligen Rennie ausgefuͤhrte Werk, woran bereits 18 Jahre gearbeitet wird, duͤrfte, wenn es vollendet ist, eine Million Pfd. Sterl. kosten; es umschließt einen Raum von 250 Acres und hat am Eingange bei niederem Wasserstande 4 Faden Tiefe. Dieser Hafen nun wurde mit der Hauptstadt Irlands durch eine Eisenbahn verbunden, welche 5 1/2 engl. Meile lang ist, und von dem beruͤhmten Ingenieur Hrn. Vignoles, dem ich viele Aufschluͤsse verdanke, erbaut wurde. Die erste Meile der Bahn außer Dublin laͤuft auf einem Damme, der von zwei gemauerten Waͤnden getragen wird, und sezt in den Vorstaͤdten Dublins auf elliptischen Bogen von beilaͤufig 30 Fuß Spannung und 7 Fuß Hoͤhe uͤber mehrere Straßen. Beilaͤufig 2 1/2 Meilen außer Kingstown laͤuft die Bahn am Rande der Dublin-Bai auf einem zweiten Damme hin, der an der den Wogen der See ausgesezten Seite durch eine Boͤschung oder ein Bollwerk aus Granit geschuͤzt ist. Diese Bauten, so wie die großen Entschaͤdigungen, die man fuͤr einige kostbare Laͤndereien, durch die die Bahn fuͤhrt, zahlen mußte, machten diese Bahn zu einer der kostspieligsten: sie kam naͤmlich per englische Meile auf 40,000 Pfd. Sterl., mithin per engl. Meile um 6000 Pfd. hoͤher zu stehen, als die Liverpool-Manchester-Eisenbahn. Saͤmmtliche Bauten sind uͤbrigens mit großem Geschmake ausgefuͤhrt; auch ist die Bahn von Anfang bis zu Ende mit Gas beleuchtet und von einer guten Polizeianstalt bewacht. Die Zuglinien oder die Gradienten, ein Ausdruk, der, so viel mir bekannt ist, von Hrn. Vignoles zuerst eingefuͤhrt wurde, sind sehr bequem, indem die groͤßte Steigung nur 1 in 400 betraͤgt. Diese Steigung wurde sehr zwekmaͤßig in der Naͤhe von Dublin angebracht, um die Bahn uͤber einige der Zugaͤnge zur Stadt zu erheben. Die groͤßte Curve, welche sich in der Naͤhe von Kingstown befindet, ist mit einem Radius von einer halben Meile gezogen. Das Eigenthuͤmlichste an der Bahn ist vielleicht das, daß sie lediglich zum Transporte von Passagieren und ihrer Bagage bestimmt ist. Die Wagenzuͤge gehen daher auch jede halbe Stunde ab, wobei das Fuhrlohn 6 Den., 8 Den. und 1 Schill. betraͤgt, je nach der Classe des Fuhrwerkes, in welches man sich begibt. Es ist wirklich zum Erstaunen, daß die Einnahme hiebei im Jahre 1835 allein 31,066 Pfd. 8 Sch. 6 D. betrug, und daß nicht weniger als 1,068,018 Personen die Bahn benuzten! Gewoͤhnlich braucht man, um die 5 1/2 engl. Meilen zuruͤkzulegen, 17 Minuten, was mit Einschluß des Aufhaltens eine Geschwindigkeit von 19 1/2 engl. Meilen in der Zeitstunde gibt. Die Bahn besteht wie jene in Liverpool, und wie uͤberhaupt alle Bahnen, auf denen ein lebhafter Verkehr Statt findet, aus zwei Schienenwegen, zwischen denen jedoch, hier nicht wie gewoͤhnlich ein Raum von 4 1/2 Fuß, sondern ein Raum von 8 Fuß gelassen ist, damit in der Mitte auch Wagen laufen koͤnnen, im Falle sich an einer der Bahnen ein Unfall ereignete. Die Schienengefuͤge finden sich in Entfernungen von 15 Fuß von einander und ruhen auf sogenannten durchgehenden Granitbloͤken; d.h. anstatt daß jede Schiene auf einem isolirten Steine von den gewoͤhnlichen Dimensionen zu 2 Fuß im Gevierte ruht, liegen hier beide Schienen auf einem großen Bloke von 6 Fuß Laͤnge, 2 Fuß Breite und einem Fuß Dike, so daß also auf diese Weise eine Verbindung, wie man sie in Fig. 62 ersieht, entsteht. Bei genauerer Untersuchung fand ich jedoch, daß mehrere dieser Bloͤke zersprungen waren, was wahrscheinlich durch den ungeeigneten Druk veranlaßt wurde, der dadurch entstand, daß man fuͤr so große Steinbloͤke keine hinlaͤnglich feste oder solide Unterlage herzustellen vermochte. So viel mir bekannt ist, hat deßhalb Hr. Vignoles auch empfohlen, diese großen Bloͤke zu entfernen und wieder die kleinen isolirten an deren Stelle zu bringen. Der Zwek, den man bei der Benuzung so großer Bloͤke im Auge hatte, war die Herstellung einer moͤglich steifen oder unbiegsamen Bahn. Es ist auch wirklich von Nuzen, wenn man dem Auseinanderweichen der Schienen, welches hauptsaͤchlich an Curven leicht eintritt, vorzubeugen sucht. Diese Verbindung ist jedoch an der Eisenbahn zwischen Newcastle und Carlisle durch eine Stange Schmiedeisen vermittelt. An den Enden dieser Stange, die, wie Fig. 63 zeigt, auf den Steinbloͤken ruht, ist eine Wange angebracht, die den Schienen als Siz dient. Auf diese Weise sind sowohl die großen Kosten der durchlaufenden Steinbloͤke, als auch das Zerspringen derselben vermieden. Sehr belaͤstigt ist man an der Dublin-Kingstown-Eisenbahn durch die große Neigung der Pedestals oder Chairs, sich von den Granitbloͤken loszumachen. Man hat bereits Unterlagen von Filz, Holz, Blei und Kupfer als Mittel hiegegen angewendet, jedoch mit geringem Erfolge. Die Schienen an der Liverpool-Manchester-Eisenbahn, welche auf Quadersteinen (frustone blocks) von 2 Fuß im Gevierte ruhen, sind leichter in gehoͤrigem Zustande zu erhalten; dafuͤr ist aber auch die Befestigungsmethode der Schienen an den Pedestals einfacher als an der Dublin-Kingstown-Bahn. Die Befestigung der Pedestals an den Steinbloͤken ist an beiden Bahnen eine und dieselbe. Die Schwierigkeiten, auf die man bei der Unterhaltung der Dubliner Bahn stoͤßt, duͤrften groͤßten Theils aus der Steifheit der Schienen, welche durch die Unnachgiebigkeit der Granitbloͤke bedingt ist, erwachsen. Zwischen Liverpool und Manchester erfordert jener Theil der Bahn, der uͤber das sogenannte Chattmoos laͤuft, und wo die Eisenbahn gleichsam auf dem Moose schwimmt, am wenigsten Ausbesserungen; dagegen wird aber auch die Geschwindigkeit der Wagenzuͤge beim Laufe uͤber diese Streke merklich vermindert. Das Gewicht der Wagen bewirkt hier naͤmlich eine Einsenkung der Bahn, und durch diese wird dem weiteren Fortrollen der Wagen ein eben so großer Widerstand entgegengesezt, wie sie ihn beim Hinansteigen einer schiefen Flaͤche erfahren. Ich halte dieß fuͤr einen schlagenden praktischen Beweis, daß die Elasticitaͤt oder Biegsamkeit der Schienen einen groͤßeren Widerstand bereitet, als er bei groͤßerer Steifheit der Bahn Statt findet; daß hingegen in ersterem Falle die Bahn weit leichter in gutem Zustande erhalten werden kann, als in lezterem. An jenen Stellen dieser Bahn, an denen die Curven mit einem kleinen Halbmesser gezogen sind, ist die aͤußere Schiene etwas hoͤher gelegt, als die innere, wie dieß in Fig. 64 in groͤßerem Maaßstabe gezeigt ist. An der mit einem Radius von einer halben engl. Meile gezogenen Curve in der Naͤhe von Kingstown betraͤgt der Unterschied im Niveau zwischen den beiden Schienen gegen einen Zoll. Diese Anordnung ist der Theorie nach sehr gut, um die Wirkungen der Centrifugalkraft, welche bei der raschen Bewegung der Wagen in Curven von kleinen Halbmessern sehr groß seyn muß, zu begegnen. Uebrigens ist diese Methode nicht neu, sondern sie wurde bereits fruͤher mehrere Male mit gutem Erfolge in Anwendung gebracht. Die Wagenzuͤge legen auch wirklich die erwaͤhnte Curve mit einer Geschwindigkeit von 20 engl. Meilen in der Zeitstunde zuruͤk, ohne daß je ein Unfall Statt gefunden haͤtte. Eine große Verbesserung an den Wagen auf der Dubliner-Bahn ist der von Hrn. Bergin erfundene Apparat zur Verhuͤtung der Stoͤße beim Abfahren und Anhalten der Wagen. Der Apparat ist bereits aus mehreren Beschreibungen bekannt, so daß ich nichts weiter daruͤber zu sagen brauche.Man findet diesen Apparat in unserem Journal Bd. LVII. S. 76 und Bd. LVIII. S. 441 beschrieben und abgebildet. A. d. R. Die auf der Bahn laufenden Locomotivmaschinen wurden saͤmmtlich in England erbaut. Einige haben verticale Cylinder, die sich jedoch sowohl hier als in Liverpool als nicht so gut bewaͤhrten, wie die horizontal liegenden. Eine der Maschinen fuͤhrt ihren Vorrath an Brennmaterial und Wasser selbst, und bedarf daher keines Munitionswagens; sie wiegt gegen 12 Tonnen und soll gut arbeiten.

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