Titel: | Ueber eine neu erfundene und patentirte Feuersprize und Locomotivmaschine mit Dampfcondensation. Von Hrn. S. W. Nickoll in Elham bei Canterbury. |
Fundstelle: | Band 62, Jahrgang 1836, Nr. VI., S. 33 |
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VI.
Ueber eine neu erfundene und patentirte
Feuersprize und Locomotivmaschine mit Dampfcondensation. Von Hrn. S. W. Nickoll in
Elham bei Canterbury.
Aus einem Schreiben des Erfinders im Mechanics'
Magazine, No. 653.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Nickoll's Feuersprize mit Dampfcondensation.
Das Charakteristische meiner beiden Erfindungen besteht in einem Apparate zum
Abkuͤhlen des Wassers, welches in oder durch den Verdichter einer tragbaren
Condensations-Dampfmaschine erhizt worden ist. Dieser Apparat, den man sonst wohl
auch den Kuͤhlapparat oder Refrigerator zu nennen pflegt, besteht aus
mehreren Schichten irgend einer Art von Zeug oder eines Metalles, welche, horizontal
auf metallenen Draͤhten oder Staͤben ruhend, in solcher Entfernung von
einander angebracht sind, daß durch diese verschiedenen Schichten bestaͤndig
freie atmosphaͤrische Luft stroͤmen kann. Der Refrigerator kann in
einigen Faͤllen von allen Seiten dem Zutritte des Windes offen stehen; oder
in anderen mit einem Gehaͤuse umschlossen seyn, welches mit einer Eintritts-
und Austritts-Luftkammer, in der zur gleichfoͤrmigeren Vertheilung der Luft
im Refrigerator zahlreiche Oeffnungen angebracht sind, versehen ist, und an welchem
sich eine Roͤhre befinden kann oder nicht, um die Luft und den Dampf aus dem
Refrigerator in den Ofen zu leiten. Das zum Abkuͤhlen bestimmte Wasser wird
von der Maschine auf die oberste Schichte des Refrigerators gebracht, von wo es dann
in Folge seiner eigenen Schwere uͤber saͤmmtliche Schichten des
Refrigerators bis in den Kaltwasserbehaͤlter herab gelangt, indem ihm durch
die Verduͤnstung, die es hiebei erleidet, so viel Waͤrme entzogen
wird, daß es abermals zur Speisung des Verdichters oder Condensators verwendet
werden kann. Der Refrigerator muß sehr rauh und nicht zu poroͤs seyn, indem
das Wasser, welches zum Behufe der Abkuͤhlung in denselben gelangt, sonst
nicht lange genug dem Kuͤhlprocesse ausgesezt seyn wuͤrde. Der
Flaͤchenraum, den ich fuͤr den Refrigerator vorschlage, wenn man immer
uͤber einen kraͤftigen Luftzug zu disponiren hat, soll
beilaͤufig 100 Quadratfuß per Pferdekraft
betragen.
Die zweite Eigenthuͤmlichkeit meiner beiden Erfindungen besteht in der Verbindung der
Kolbenstangen zweier Dampfcylinder und der Kolbenstangen der Luftpumpe oder der
sonstigen fuͤr noͤthig erachteten Pumpen mit einem und demselben
Querhaupte. Ich bezweke durch diese Einrichtung eine groͤßere Leichtigkeit
und Festigkeit der Condensations-Dampfmaschinen, um sie hiedurch zu mannigfachen
Zweken, wie z.B. fuͤr Locomotivmaschinen, Dampfboote, Dampffeuersprizen etc.
brauchbarer zu machen. An den Dampfbooten z.B. wirkt die Kraft mittelst zweier
gabelfoͤrmiger Verbindungsstangen unmittelbar auf zwei an der Welle der
Ruderraͤder befindliche Krummhebel. Da bei der gewoͤhnlichen
Einrichtung der Dampfmaschine das Gewicht der Kolben, ihrer Stangen und des
Querhauptes bei der Bewegung nach Abwaͤrts ein sehr großes Bewegungsmoment
erzeugt, so vollbringt die Luftpumpe ihre groͤßte Leistung waͤhrend
dieser Bewegung; d.h. die Luftpumpe, hier bloß zur Austreibung der Luft aus dem
Condensator benuzt, treibt bei der Ruͤkkehr des Kolbens den groͤßten
Theil des heißen Wassers aus; denn ihr Kolben ist nur mit einem oder mit zwei sehr
kleinen Ventilen versehen, welche fuͤr den Durchgang des unverdichtbaren
Gases und einer sehr kleinen Quantitaͤt heißen Wassers bestimmt sind;
lezteres, uͤber den Kolben gelangendes Wasser wird bei der Bewegung des
Kolbens nach Aufwaͤrts in die Haupt-Austrittsroͤhre getrieben. An
meinen tragbaren Condensations-Dampfmaschinen hingegen, so wie ich mich ihrer zum
Feuerloͤschen und zu anderen Zweken bediene, hat die Luftpumpe nicht nur den
Verdichter oder Condensator auszupumpen, sondern sie hat zugleich auch als eine
gewoͤhnliche Saug- oder Drukpumpe mitzuwirken; d.h. sie hat einen soliden
oder massiven Kolben, und wird, wie Fig. 60 zeigt, bei der
Oeffnung A mittelst der Roͤhre B von dem Verdichter her gespeist. Diese Oeffnung
befindet sich naͤmlich in Folge der Wirkung der Pumpe abwechselnd
uͤber oder unter dem Niveau des Wassers in dem Verdichter C; und folglich laͤßt die Roͤhre B abwechselnd unverdichtbares Gas oder heißes Wasser aus
dem Verdichter in die Luftpumpe D treten. E ist die Roͤhre, durch welche die Luftpumpe D das heiße Wasser und das unverdichtbare Gas austreibt,
und welche sich in das Luftgefaͤß F endigt, R ist die Saugroͤhre, bei der das Wasser, worauf
die atmosphaͤrische Luft druͤkt, an der Basis der Luftpumpe D eintritt; dieses Wasser wird bei der Ruͤkkehr
des Kolbens der Luftpumpe durch G in die Basis des
Luftgefaͤßes F getrieben.
Um die Dampfventile meiner tragbaren Condensations-Dampf-Feuersprize in Bewegung zu
sezen, verbinde ich die Stangen der beiden gewoͤhnlichen Schiebventile mit
einem und demselben Querhaupte k, wie dieß aus Fig. 61 erhellt. K steht durch die Stange L
mit dem außer dem Boden
des Wagens N befindlichen Schwunghebel M in Verbindung; und der Hebel M wird von dem Querhaupte der Maschine P her
durch die Stange O in Bewegung gesezt.
Fig. 59 zeigt
einen Durchschnitt einer Condensations-Locomotivmaschine, woran der Refrigerator A an jenem Theile des gewoͤhnlichen
Munitionskarrens angebracht ist, der gegenwaͤrtig mit zum
Wasserbehaͤlter gehoͤrt. T, T sind die zum
Ein- und Austritte der Luft dienenden Canaͤle. G
zeigt den Kessel im Durchschnitte; D ist einer der
Dampfcylinder; C, C sind zwei Kufen, welche durch die
Roͤhre D mit einander in Verbindung stehen. F ist der Verdichter; N eine
Roͤhre, die von dem Verdichter an die Basis der Luftpumpe fuͤhrt. Die
Linie E bezeichnet die Haupt-Austrittsroͤhre der
Luftpumpe, welche sich in den Refrigerator A endigt. P ist eine biegsame Roͤhre, welche die Luft und
den Dampf aus dem Refrigerator in die Heizkammer leitet.
Ich wuͤnschte nun von Sachverstaͤndigen zu hoͤren, ob die
Vortheile einer nach der Zeichnung in Fig. 59 und nach den eben
erlaͤuterten Principien erbauten Condensations-Locomotivmaschine, welche im
Vergleiche mit den gewoͤhnlichen Hochdruk-Locomotivmaschinen groͤßere
Sicherheit, Dauerhaftigkeit und Kraft gewaͤhrt, allenfalls mehr als
aufgewogen werden duͤrften; und zwar durch den Mangel des Dampfzuges zum
Behufe der Beschleunigung der Verbrennung im Ofen, durch die nachtheilige Wirkung
des Dampfes des Refrigerators auf die Verbrennung, und durch mehrere andere
allenfallsige Einwendungen.
Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit nur noch einen Vorschlag zur Benuzung der
Dampfkraft zum Waarentransporte auf gewoͤhnlichen Landstraßen zu machen.
Koͤnnte man an der hinteren Achse einer Locomotivmaschine nicht eine hohle
Trommel anbringen, die nach Art der Wasserraͤder mit Eimern versehen
waͤre, und welche sich in einem mit Queksilber gefuͤllten
Gefaͤße befaͤnde? Ließe man naͤmlich auf der einen Seite des
Rades in die unteren Eimer Dampf von hohem Druke treten, so wuͤrde hiedurch
das Queksilber aus der Stelle getrieben werden, so daß die entgegengesezte Seite des
Rades mit den vollen Eimern das Uebergewicht bekaͤme, woraus die Bewegung des
Fuhrwerkes abgeleitet werden koͤnnte.