Titel: | Ueber die Darstellung und Eigenschaften der festen Kohlensäure. |
Fundstelle: | Band 62, Jahrgang 1836, Nr. XLV., S. 226 |
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XLV.
Ueber die Darstellung und Eigenschaften der
festen Kohlensaͤure.
Aus dem Hermès, No. 45.
Darstellung und Eigenschaften der festen
Kohlensaͤure.
In einer der lezten Sizungen der franzoͤsischen Akademie der Wissenschaften,
legte Hr. Thilorier betraͤchtliche Massen von Kohlensaͤure vor, die in festen Zustand versezt
war, so wie auch vonAnmerkungszeichen zu dieser Fußnote fehlt im Text.Das Patent des Hrn. Hutchinson ward am 12. Oktober
1833 ertheilt, und wurde im Polyt. Journal Bd. L. G. 311 angekuͤndigt. A. d. R.
Queksilber, welches mittelst dieser festen Saͤure
zum Erstarren gebracht worden war.
Die feste Kohlensaͤure sieht ganz aus, wie etwas zusammengedruͤkter
Schnee; sie raucht an der Luft und verwandelt sich in einer Viertel- oder halben
Stunde ganz in Dampf. Wenn man sie auf die Zunge bringt, fuͤhlt man eine
starke Kaͤlte, aber ohne einen auffallenden Geschmak: die einzige Folge
hievon ist ein leichtes Brennen, welches hoͤchstens eine Stunde
waͤhrt. Wenn man sie in die Hand nimmt, so findet eine aͤhnliche
Wirkung Statt; die Epidermis wird weiß und man hat dasselbe Gefuͤhl wie nach
einem wirklichen Verbrennen, aber auch hier ist nach einer Stunde alle Wirkung
verschwunden.
Hr. Thilorier erhaͤlt die Kohlensaͤure im
Zustande eines Schnees oder weißen Staubes, indem er die in einem gußeisernen
Behaͤlter (welcher einem Druk von 60 Atmosphaͤren zu widerstehen
vermag) enthaltene fluͤssige Saͤure durch eine Roͤhre mit
feiner Oeffnung ausstroͤmen laͤßt. Die Kohlensaͤure, welche in
Folge ihrer Verdampfung mit Heftigkeit hinausgetrieben wird, erzeugt einen Strom von
einem weißen Staube; diesen sammelt nun Hr. Thilorier in
einer Buͤchse aus Weißblech, welche an zwei Seiten mit kleinen
Loͤchern versehen ist, uͤber denen Roͤhren angebracht sind, um
das uͤberschuͤssige Gas entweichen zu lassen; er laͤßt den
Strom schief in diese Buͤchse gelangen, worin er circuliren muß; das weiße
Pulver verbindet sich in der Buͤchse zu einem Schneeklumpen, den man
herausnehmen und mit der Hand zusammendruͤken kann, ohne eine viel
staͤrkere Kaͤlte als mit gewoͤhnlichem Schnee zu
spuͤren. Diese schneeartige Saͤure wird nicht feucht und
verfluͤchtigt sich, indem sie auf der Oberflaͤche etwas weißen Rauch
verbreitet. Wenn man sie in einer Schale eindruͤkt, so daß man eine kleine
Kapelle bildet und in die Mitte derselben 10 bis 12 Gramme Queksilber gießt, so
gefriert das Metall in wenigen Secunden und bleibt in festem Zustande, so lange noch
ein Atom fester Kohlensaͤure uͤbrig ist; d.h. zwanzig oder dreißig
Minuten lang, wenn die Kapelle 8 bis 10 Gramme wiegt. Die schneeartige
Kohlensaͤure kann aber, wenn man sie mit Aether oder Alkohol befeuchtet, noch
mehr Queksilber zum Gefrieren bringen; so brachte man in Gegenwart der Akademie ein
Mal uͤber vier Unzen Metall augenbliklich zum Erstarren. Man darf annehmen,
daß bei diesem Versuche die feste Saͤure ihr fuͤnfzehn- oder
zwanzigfaches Gewicht Queksilber gefrieren machte; sie liefert also eines der
kraͤftigsten Mittel, um Kaͤlte zu chemischen Versuchen
hervorzubringen, und vielleicht lassen sich von dieser Eigenschaft wichtige
Anwendungen fuͤr verschiedene technische Operationen machen. Bei dieser
Gelegenheit wollen wir
bemerken, daß man die Wirkung des gefrorenen Queksilbers auf die Organe sehr
uͤbertrieben hat, denn wenn man ein ziemlich voluminoͤses Stuͤk
davon in der Hand behaͤlt, bis es ganz zergangen ist, so schmerzt es im
Augenblik des Zergehens selbst bei weitem weniger, als wenn man sich verbrennt. Die
Epidermis wird dann ganz weiß und scheinbar gehoben; bald wird aber der kranke Theil
wieder roth, es entsteht daselbst keine Blase und am anderen Tage sieht man nur noch
einen wenig schmerzenden rothen Flek.
Die Bereitungsart der fluͤssigen Kohlensaͤure ist dem Principe nach mit
Faraday's MethodeHr. Faraday hat bekanntlich das kohlensaure Gas
zuerst dadurch zu einer Fluͤssigkeit condensirt, daß er eine starke Glasroͤhre in der Mitte in einem
Winkel bog und dann kohlensaures Ammoniak und Schwefelsaͤure so
hinein brachte, daß die Roͤhre auch am anderen Ende zugeblasen werden
konnte, ehe sie sich beruͤhrten. Die Kohlensaͤure destillirt
in diesem Apparate, nachdem das Salz mit der Saͤure vermischt worden
ist, mit Leichtigkeit uͤber, wenn das eine Ende der Roͤhre
0° hat und das andere – 18°. Versucht man es und bricht
die Roͤhre ab, so wird sie mit einer gewaltsamen Explosion in
Stuͤke zerschmettert. Uebrigens erfordert die Bereitung dieser
Saͤure nach der angegebenen Methode viele Vorsicht, z.B. eine
Glasmaske vors Gesicht und lederne Handschuhe. A. d. R. uͤbereinstimmend; sie besteht darin, Schwefelsaͤure
uͤber doppelt-kohlensaures Natron in einem sehr diken Gefaͤße (dem
Generator) laufen zu lassen, welches mit einem anderen ganz aͤhnlichen (dem
Reservoir) verbunden ist; lezteres wird mit Eis umgeben und darin das durch seine
eigene Elasticitaͤt comprimirte Gas in fluͤssigen Zustand
uͤbergefuͤhrt; diese zwei Gefaͤße, welche in der Hauptsache aus
einem starken gußeisernen Cylinder bestehen, werden dann getrennt und im Reservoir
laͤßt sich nun die fluͤssige Saͤure so lange man will
aufbewahren;Vorausgesezt, daß die Temperatur des Gefaͤßes auf 0° bleibt. A.
d. R. ein Liter fluͤssiger Saͤure kann nach dieser Bereitungsart
bloß 3 Franken kosten. Wenn man ihr durch Drehen eines Hahnes einen Ausgang durch
eine enge Roͤhre oͤffnet, stroͤmt sie mit Gewalt als ein mit
einem weißen Pulver vermengtes Gas aus; das Pulver ist die feste Saͤure und
entsteht dadurch, daß ein Theil der Fluͤssigkeit beim Verdampfen dem anderen
Waͤrmestoff entzieht, so daß lezterer erstarrt. Die Saͤure, welche in
festen Zustand uͤbergeht, betraͤgt ungefaͤhr den dritten Theil
der fluͤssigen, so daß ein Liter Fluͤssigkeit beinahe 300 Gramme
schneeartiger Saͤure liefern wuͤrde.
Wenn man ein Thermometer mit zusammengedruͤkter schneeartiger Saͤure
umgibt, so faͤllt es in weniger als zwei Minuten auf 90° C. unter
Null. Aether oder Alkohol, in geringer Menge uͤber die Saͤure
gegossen, andern die Temperatur nicht, machen aber die Masse dichter und geeigneter die
Erkaͤltung zu bewerkstelligen. Der Aether bildet ein halbfluͤssiges
Gemisch; der wasserfreie Alkohol aber gefriert indem er sich mit der
fluͤssigen Kohlensaͤure vereinigt und liefert ein durchscheinendes,
hartes und glaͤnzendes Eis. Der Alkohol gefriert jedoch bloß in Vermischung
mit der Saͤure, denn wenn man ihn fuͤr sich in einer silbernen
Roͤhre mitten in eine Masse fester Kohlensaͤure stellt, aͤndert
er seinen Zustand durchaus nicht. Das Gemisch von Alkohol und Kohlensaͤure
faͤngt bei 80° C. unter Null an zu zergehen und von diesem Punkt an
aͤndert sich die Temperatur nicht mehr; die Verdampfung erfolgt aber sehr
schnell und es entsteht mehr Rauch als mit der Saͤure allein; dieß liefert
also ein Mittel sich eine fixe Temperatur zu verschaffen.
Hr. Thilorier zeigt zugleich in einem Briefe an die
Akademie an, daß er seine Abhandlung uͤber die fluͤssige
Kohlensaͤure vollendet hat;Die erste Mittheilung, welche Hr. Thilorier der
franzoͤsischen Akademie uͤber die Eigenschaften des zu einer
Fluͤssigkeit verdichteten kohlensauren Gases und die Verwandlung
dieser Gasart in einen festen Koͤrper machte, findet man im
polytechnischen Journal 1855, Bd. LVIII.
S. 313. A. d. R. er hat ihr specifisches Gewicht bestimmt, welches von 0° bis +
30° C. sehr variirt und die ganze Scale der Dichtigkeiten zwischen der des
Wassers und derjenigen der Aetherarten durchlaͤuft; ferner ihre Ausdehnbarkeit, welche vier Mal groͤßer als die
der Luft ist; endlich das Gewicht und die Elasticitaͤt ihres Dampfes, ihr
Aufsteigen in den Haarroͤhrchen und besonders ihre
Zusammendruͤkbarkeit, welche tausend Mal groͤßer als die des Wassers
ist.
Er theilt endlich noch die Geschichte ihrer Entdekung mit folgenden Worten mit:
„Als ich im Jahre 1832 zum ersten Mal einen Strom fluͤssiger
Kohlensaͤure auf die Kugel eines Thermometers leitete, fuͤllte
sich das Glasgehaͤuse, in dessen Mitte sich die Kugel des Thermometers
befand, fast ganz Mit einem weißen Staube, welcher die feste Kohlensaͤure
war, aber anfangs nicht dafuͤr erkannt wurde. Der erste Apparat, dessen
ich mich zur Erzeugung der fluͤssigen Kohlensaͤure bediente, war
zugleich der Generator und das Reservoir, d.h. das fluͤssig gewordene Gas
schwamm uͤber der Aufloͤsung des schwefelsauren Natrons, welche
das Product der chemischen Reaction war. Ich vermuthete, daß das fluͤssig
gemachte Gas beim Ausstroͤmen aus der Roͤhre einige
waͤsserige Theile als Schnee mit sich reißen duͤrfte, und gerade
um diesen Uebelstand zu vermeiden, kam ich auf den Gedanken die fluͤssig
gemachte Kohlensaͤure in ein besonderes Reservoir uͤberzugießen.
Dieser Apparat war an demselben Tags fertig geworden, wo sich die Commission der
Akademie bei mir versammelte, um meine Versuche uͤber die
fluͤssige Kohlensaͤure zu wiederholen. Man kann sich mein
Erstaunen denken, als ich beim ersten Drehen des Hahnes diese schneeartige
Substanz in eben so reichlicher Menge wie zuvor entstehen sah; und als eines der
Mitglieder der Commission erklaͤrte, daß dieses nur feste
Kohlensaͤure seyn koͤnne, war ich selbst davon um so mehr
uͤberzeugt, da Niemand besser als ich wissen konnte, daß der Apparat
nichts Anderes als Kohlensaͤure enthielt.“