Titel: | Neue Methode das Bier auf seine wesentlichen Bestandtheile zu untersuchen. Von Professor Dr. Joh. Nep. Fuchs in München. |
Fundstelle: | Band 62, Jahrgang 1836, Nr. LVI., S. 302 |
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LVI.
Neue Methode das Bier auf seine wesentlichen
Bestandtheile zu untersuchen. Von Professor Dr. Joh. Nep. Fuchs in
Muͤnchen.
Fuchs, neue Methode das Bier zu untersuchen.
Einleitung.
Schon im vorigen Jahre (1835) habe ich im Journal fuͤr praktische Chemie von
Erdmann und
Schweigger-Seidel
(Bd. V. S. 316) das Wesentliche dieser Methode kurz angezeigt; wobei ich
mir vorbehielt, die naͤhere Beschreibung derselben und die bei ihrer
Anwendung zu beobachtenden Cautelen in der Folge bekannt zu machen. Dieses will ich
nun hier thun; zuvor glaube ich aber einige Bemerkungen uͤber das Bier und
die Bierproben uͤberhaupt machen zu muͤssen, um den Leser in den Stand
zu sezen, das gehoͤrig zu beurtheilen, was ich hinsichtlich dieses wichtigen
Gegenstandes vorzubringen die Absicht habe. Ich uͤbergehe Manches, was in
diesem Betreff zu sagen waͤre, weil daruͤber vor Kurzem Hr. Prof. Kaiser in seiner lehrreichen Abhandlung „zur Geschichte der Bierproben“ sehr
ausfuͤhrlich geschrieben hat.Siehe Kunst-
und Gewerbeblatt, Jahrg. 1835, H. 11, S. 663 bis
681.
Bei dem Biere kommt in Betrachtung die Aechtheit, der Gehalt an wesentlichen Bestandtheilen und die Guͤte.
Fuͤr ein aͤchtes Bier gilt bei uns nur
dasjenige, was aus gutem Gerstenmalz und Hopfen nach dem seit langer Zeit
uͤblichen Verfahren bereitet worden ist, weder bei der Bereitung noch
spaͤter irgend einen anderen Zusaz bekommen hat, und als wesentliche
naͤhere Bestandtheile bloß Weingeist, welcher in
wasserfreiem Zustande Alkohol genannt wird, ein eigenthuͤmliches Extract, Kohlensaͤure und Wasser enthaͤlt.Die bayerische Braunbierfabrication hat am besten Hr. Prof. Zierl beschrieben. Siehe Kunst- und Gewerbeblatt
Jahrgang 1852, S. 789 bis 823.Das Extract, welches durch Abdampfen des Biers bis zur Trokniß erhalten wird,
und was den naͤhrenden Theil desselben ausmacht, besteht aus Malzgummi und
Malzzuker nebst Hopfenbitter, die schwer von einander zu scheiden sind. Es finden sich darin auch
einige salinische Theile, die aus dem Wasser, zum Theil wohl auch aus dem Malze und
Hopfen kommen, und von keinem Belange sind.
Alles Bier, wenn es auch durch Kochen der Kohlensaͤure voͤllig beraubt
worden ist, reagirt etwas sauer. Dieses beweist aber nichts gegen die Aechtheit des
Biers; denn waͤhrend der geistigen Gaͤhrung bildet sich immer etwas
Essigsaͤure, welche diese Reaction verursacht, an der aber auch
Phosphorsaͤure, vielleicht auch Aepfelsaͤure Antheil haben kann.
Essigsaͤure ist nur in groͤßerem Maaße im Biere vorhanden, wenn es
angefangen hat in die saure Gaͤhrung uͤberzugehen, oder wie man zu
sagen pflegt, umzuschlagen. Ein solches Bier ist nicht mehr als ein aͤchtes
zu betrachten, weil es eine wesentliche Veraͤnderung erlitten und viel von
seinem Weingeiste verloren hat, auf dessen Unkosten sich Essig bildete. Diesem Uebel
sucht man gewoͤhnlich dadurch abzuhelfen, daß man dem Biere Potasche oder
Kreide nebst anderen Dingen zusezt, welche zwar die Saͤure abstumpfen, aber
dasselbe nicht mehr in den vorigen Zustand zuruͤkfuͤhren
koͤnnen, sondern indem es dadurch mit fremdartigen und der Gesundheit nicht
zutraͤglichen Substanzen vermischt wird, vollends zu einem unaͤchten
stempeln. Die Geheimmittel und Recepte, welche zu diesem Zweke oft ausgeboten
werden, und gewoͤhnlich Potasche als Hauptingredienz enthalten, sollten daher
von der Polizei streng verboten werden. Es gibt uͤberhaupt gar kein Mittel
umgeschlagenes Bier wieder herzustellen. Wenn man ein so behandeltes Bier mit etwas
Phosphorsaͤure der Destillation unterwirft und ungefaͤhr die
Haͤlfte davon abzieht, so findet man im Destillate wenig Weingeist und
ziemlich viel Essigsaͤure. Wenn man es eindampft, so bleiben die fremdartigen
Substanzen im Extract; und wird dieses eingeaͤschert, so findet man in der
Asche kohlensaures Kali oder Kalk oder beide zugleich, nebst Spuren von anderen
Salzen.
Dabei ist aber zu bemerken, daß wenn man nur ganz kleine Quantitaͤten von
diesen Koͤrpern antrifft, nicht sogleich zu schließen sey, daß man sie
absichtlich in das Bier gebracht habe; denn nicht selten finden sie sich in geringer
Menge im aͤchten Biere selbst ein. Wird ein mit Potasche oder Kreide
neutralisirtes Bier auf die Weise, wie ich angeben werde, untersucht, so wird sich
darin zwar ziemlich viel Extract, aber nur wenig Weingeist zu erkennen geben.
Daß dergleichen unaͤchte Biere nicht ganz selten vorkommen, geht schon daraus
hervor, weil die Geheimnißkraͤmer, welche Mittel zur Herstellung sauer
gewordener Viere ausbieten, nicht selten gute Geschaͤfte machen; es ist aber
eine Frage, ob auch andere Bierverfaͤlschungen bei
uns so haͤufig vorkommen, wie Viele glauben. Ich moͤchte es bezweifeln. Es
wird aber in Schriften und im Publicum davon so gesprochen, als wenn sie
tagtaͤglich vorkaͤmen, und eine große Anzahl von Dingen
aufgefuͤhrt, die zu diesem Zweke gebraucht werden sollen, worunter auch
solche genannt werden, die theils zu theuer sind, als daß sie einen
pecuniaͤren Vortheil gewaͤhren koͤnnten, theils dem Biere einen
so widrigen Geschmak mittheilen wuͤrden, daß es schwerlich Consumenten
faͤnde. Ich halte es nicht fuͤr schiklich alle hier
aufzuzaͤhlen, und bemerke nur im Allgemeinen, daß verschiedene bittere und
narkotische oder betaͤubende Pflanzensubstanzen als
Verfaͤlschungsmittel des Bieres aufgefuͤhrt werden; jene, um den
Hopfen zu ersezen, diese, um schwachen Bieren eine scheinbare Staͤrke zu
geben oder es berauschend zu machen.
Wenn der Hopfen bloß dazu diente, dem Biere einen bitterlichen Geschmak mitzutheilen,
so koͤnnte er vielleicht durch einige andere bittere Koͤrper ersezt
werden; da aber dieses nicht der einzige Dienst ist, den er leistet, sondern
zugleich, wie kein anderer bekannter Bitterstoff, aus der Bierwuͤrze gewisse
Theile niederschlaͤgt, welche das Bier unlauter machen und zum baldigen
Verderben disponiren wuͤrden; so wird er immerhin ein notwendiges Ingredienz
des Bieres bleiben, und er koͤnnte hoͤchstens zum Theil durch etwas
Anderes ersezt werden, und zwar, wie ich glaube, nur bei Bieren, welche bald nach
der Gaͤhrung consumirt werden – nicht bei Lagerbieren. Ob
uͤbrigens der Brauer mit einem partiellen Ersaz des Hopfens so viel gewinnen
kann, als er wagt, muß ich dahin gestellt seyn lassen.
Die allerstraͤflichste Verfaͤlschung des
Bieres waͤre die mit narkotischen Substanzen, und
derselben werden die Brauer oft beschuldigt. Ich glaube aber, daß sie bei uns
hoͤchst selten, vielleicht gar nie vorkoͤmmt. Die Absicht dabei
koͤnnte nur seyn an Malz zu ersparen und ein geringhaltiges Bier hinsichtlich
der Wirkung einem reichhaltigen aͤhnlich zu machen. Allein wenn man auch den
Brauern alle Gewissenhaftigkeit absprechen wollte, so waͤre doch kaum zu
glauben, daß sie auf Rechnung eines betaͤubenden Mittels ihre Biere,
besonders die Lagerbiere gar zu geringhaltig machten, weil sie dieselben der Gefahr
des Verderbens Preis geben, und somit oft ihr ganzes Vermoͤgen auf das Spiel
sezen wuͤrden.
Bierverfaͤlschungen dieser Art auf chemischem Wege mit Sicherheit
auszumitteln, sind wir noch nicht im Stande; und ob eine feine und geuͤbte
Zunge sie zuverlaͤssig entdeken kann, weiß ich nicht. Man hat vorgeschlagen,
mit dem Extract der in dieser Hinsicht verdaͤchtigen Biere an Thieren
Versuche zu machen; es ist mir aber nicht bekannt, ob man jemals auf diesem Wege
eine solche Verfaͤlschung ausgemittelt hat. So viel aber weiß ich, daß
manches aͤchte, starke und gute Bier fuͤr verdaͤchtig gehalten wurde, weil es
manchen Zechern, die sich dasselbe zu sehr schmeken ließen, Kopfweh-, Durst,
Wallungen, Schlaflosigkeit etc. verursachte, was lediglich Folge der
natuͤrlichen Staͤrke des Bieres war. Daher ist und bleibt es immer die
Hauptsache, den Gehalt des Bieres an wesentlichen Bestandtheilen ausfindig zu
machen; ist dieser nicht proportional der Wirkung, so ist gegruͤndeter
Verdacht vorhanden, daß die Staͤrke erkuͤnstelt sey. Ein solches Bier
wird auch maͤßig getrunken, leicht berauschen, und die eben
angefuͤhrten Wirkungen machen.
Unter Gehalt des aͤchten Bieres versteht man
gewoͤhnlich bloß den Weingeist und das Extract, indem man schon voraussezt, daß ihm die Kohlensaͤure nicht mangle. Ich werde diese drei
Bestandtheile in der Folge immer den Gesammtgehalt
nennen. Die Biere sind bekanntlich in dieser Hinsicht sehr verschieden; bei uns
unterscheidet man, abgesehen von den Doppelbieren, die
nur ausnahmsweise bereitet werden, Sommerbiere
(Lagerbiere) als gehaltreichere und Winterbiere
(Schankbiere) als minder gehaltreiche. Diese werden nur im Winter, nicht sehr lange,
nachdem sie bereitet worden sind, verleit gegeben, jene werden in guten Kellern
aufbewahrt und den Sommer uͤber getrunken, da in dieser Jahreszeit bei uns
gewoͤhnlich nicht gebraut wird. Der Preis eines jeden ist gesezlich bestimmt
und wird jedes Jahr nach dem Preise der Gerste und des Hopfens regulirt, so daß die
Maaß bald etwas mehr, bald auch etwas weniger kostet. Dabei wird nach Pfennigen
gerechnet, und ein Bier, was den gehoͤrigen Gehalt hat, heißt pfennigguͤltig oder tarifmaͤßig. Der Gehalt
ist aber bis jezt, zum Zwek der Taxation, noch nie direct bestimmt worden, und so
ist Pfennigguͤltigkeit bisher gewisser Maßen ein Wort ohne Bedeutung
geblieben. Durch eine koͤnigl. Verordnung von 1811 (s. k. bayer.
Regierungsblatt 1811, S. 622) ist zwar den Brauern fuͤr ein bestimmtes
Quantum Bier ein bestimmtes Quantum Malz und Hopfen vorgeschrieben, naͤmlich
fuͤr 35 Eimer Winterbier und 30 Eimer Sommerbier 5 bayerische
Schaͤffel trokenes Malz; allein wer kann wissen, ob ein Bier nach dieser
Vorschrift gemacht worden ist, wenn man den Gehalt nicht weiß, welchen es danach
haben soll? Darauf hat der Gesezgeber ganz vergessen und die Entscheidung
uͤber die Tarifmaͤßigkeit der Biere ganz den Bierbeschauen anheim gegeben. Wenn man aber diesen auch zutrauen darf, daß
sie mehr oder weniger gehaltreiche Biere unterscheiden koͤnnen, und nicht den
mindesten Zweifel in ihre Rechtlichkeit sezt, so wird man doch nicht annehmen
koͤnnen, daß sie im Stande seyen, jederzeit und unter allen Umstaͤnden
zu bestimmen, ob ein Brauer 7 oder 8 Eimer Bier aus 1 Schaͤffel Malz gemacht
habe, und noch weniger,
wie viel Procent Weingeist und Extract es enthalte, woraus auf das verbrauchte
Malzquantum zuruͤkgeschlossen werden koͤnnte, wenn vorerst die dazu
erforderlichen Versuche gemacht worden waͤren. Kurz durch die Bierbeschauer
kann keine sichere Controle uͤber die tarifmaͤßige Bereitung der Biere
hergestellt werden; sie koͤnnen hoͤchstens uͤber die relative
Gehaltigkeit derselben entscheiden, und auch da sind Taͤuschungen sehr leicht
moͤglich, besonders wenn man zwischen Guͤte und Gehalt nicht
gehoͤrig unterscheidet, das Verhaͤltniß von Extract und Weingeist
nicht genug beruͤksichtigt und seit laͤngerer Zeit an gewisse Biere
gewoͤhnt ist. Ein Muͤnchner Bierbeschauer z.B. wuͤrde
vielleicht ein Augsburger Bier nicht fuͤr tarifmaͤßig erkennen, was
ein Augsburger dafuͤr erklaͤrt, weil er schon an die Biere seines
Bezirkes gewoͤhnt ist.
Wie viele Brauer moͤgen, seitdem die angefuͤhrte Verordnung besteht,
unschuldig gestraft, und wie viele, die vielleicht sehr strafbar gewesen
waͤren, ungestraft geblieben seyn? Ob uͤbrigens die Brauer wohl
bestehen koͤnnen, wenn sie sich streng an diese Verordnung halten, vermag ich
nicht zu entscheiden. Wollte man sie aufrecht erhalten und zugleich bei der Taxation
der Biere den Gehalt beruͤksichtigen, so muͤßte vorher durch einige
sorgfaͤltige und streng beaufsichtigte Versuche im Großen ausgemittelt
werden, welcher Gehalt den, nach der Verordnung bereiteten Bieren entspricht; dann
koͤnnte man sich in der Folge immer an diesen halten. So lange aber dieses
nicht geschehen ist, kann auch der Gehalt der Biere nicht zum Anhalten bei
Bestimmung der Tarifmaͤßigkeit dienen, wiewohl es in anderer Hinsicht immer
interessant ist denselben zu kennen, besonders weil man danach die Biere wenigstens
hinsichtlich ihres relativen Werthes schaͤzen kann. Es haben auch, so viel
mir bekannt ist, alle gerichtliche chemische Untersuchungen zu nichts Entscheidendem
gefuͤhrt, weil Niemand bestimmt sagen konnte, wie groß der Gehalt eines
tarifmaͤßigen Bieres seyn muͤsse.
Den Gehalt des Bieres auf chemischem Wege richtig zu bestimmen, ist nicht so leicht
als Mancher vielleicht glauben moͤchte; weßhalb sich auch die Chemiker auf
diese Untersuchung, welche viel Zeit in Anspruch nimmt, nicht gern einlassen. Sie
besteht bekanntlich in der Hauptsache darin, daß, um den Alkohol zu finden, ein
bestimmtes Quantum Bier der Destillation unterworfen und ungefaͤhr die
Haͤlfte davon abdestillirt wird. Hierauf wird zuerst das absolute und dann
das specifische Gewicht des Destillats bestimmt, wonach man mit Huͤlfe
bekannter Tabellen den Alkohol desselben in Procenten findet. Daraus wird der ganze
Gehalt des Destillats, welcher auch der des Bieres ist, und sofort der Procentgehalt
des Bieres berechnet. Dasselbe kann man auch, jedoch nicht leicht so sicher, mittelst eines
Araͤometers bezweken. Bei diesem Verfahren koͤnnen sich leicht Fehler
einschleichen, wovon ich nur anfuͤhren will, daß etwas Weingeist entweichen
oder wenn die Destillation nicht bis zur Haͤlfte des Bieres fortgesezt wird,
etwas davon in der Retorte zuruͤkbleiben kann. Bei zu weit getriebener
Destillation kann auch etwas Essigsaͤure uͤbergehen, welche das
specifische Gewicht der Fluͤssigkeit vergroͤßert.
Das Extract findet man, wenn man ein bestimmtes Quantum Bier, statt dessen man auch
den Ruͤkstand der Destillation gebrauchen kann, bis zur voͤlligen
Trokniß abdampft. Diese sehr einfach scheinende Operation ist mit manchen
Schwierigkeiten verbunden, und es sind dabei gewiß oft bedeutende Fehler begangen
worden. Es kann leicht zu wenig, aber auch zu viel geschehen; jedenfalls muß es so
weit eingedampft werden, daß es nach dem Abkuͤhlen hart und sproͤde
ist, so daß man es zu Pulver zerreiben kann. Dieses fordert viel Zeit und Vorsicht,
damit es nicht anbrenne und nebst dem Wasser nicht auch andere Theile
verfluͤchtigt werden. Dampft man das Extract nur so weit ein, daß es nach dem
Abkuͤhlen noch Eindruͤke vom Finger annimmt, so enthaͤlt es
noch eine nicht unbedeutende Menge Wasser. Ich habe selbst sproͤdes nicht
ganz wasserfrei gefunden.
Daraus ist zu ersehen, daß die Ausmittelung des Gehalts der Biere auf diesem Wege
viel Geschiklichkeit im Experimentiren voraussezt, und daß, wenn man seiner Sache
recht gewiß seyn will, man das naͤmliche Bier wenigstens zwei Mal untersuchen
muß. Dazu ist aber ein Zeitaufwand von mehreren Tagen erforderlich.
Da das Bier ein naͤhrendes und erregendes Getraͤnk zugleich seyn soll,
so ist es nicht ganz gleichguͤltig, in welchem Verhaͤltnisse Extract
und Alkohol zu einander stehen. Daß es nicht immer das naͤmliche seyn
koͤnne, moͤchte sich wohl von selbst verstehen; der Alkohol soll aber
doch das Extract nie uͤberwiegen, und daher das Bier stets merklich
specifisch schwerer seyn als das Wasser. Dagegen ist behauptet worden, daß es Biere
geben koͤnne, deren spec. Gew. dem des Wassers gleichkomme, ja sogar darunter
sey. Gegen diese Moͤglichkeit ist nichts zu sagen; aber das moͤchte
ich darauf erwidern, daß dergleichen Getraͤnke keine eigentlichen Biere mehr
sind, sondern sich schon, besonders wenn sie zugleich sehr viel Kohlensaͤure
enthalten, den moussirenden Weinen naͤhern. Manche Brauer scheinen die Kunst
zu besizen, ihr Bier auf Unkosten des naͤhrenden Bestandtheils
ungewoͤhnlich geistig zu machen, und ihm auf diese Weise ein besonders gutes
Ansehen zu geben; allein dadurch wird ein Hauptzwek zum Theil verfehlt, welchen das
Bier, besonders in Bezug auf die niedere und arbeitende Volksclasse erfuͤllen
soll. Biere, welche viel Alkohol enthalten und leicht berauschen, werden gewoͤhnlich
starke genannt; solche, welche sich durch einen
großen Gehalt von Extract auszeichnen, heißen schwere,
und diejenigen, welche arm an beiden sind, bezeichnet man als schwache, leichte oder leere Biere (Duͤnnbiere).
Bei den Bieren kommt, wie schon gesagt, auch noch die Guͤte in Betrachtung, die man nicht immer vom Gehalte
gehoͤrig unterscheidet. Daß gehaltleere Biere nicht gut seyn koͤnnen,
ist allerdings richtig, daß aber auch gehaltreichen die Eigenschaften mehr oder
weniger mangeln koͤnnen, welche sie als gute charakterisiren, ist ebenfalls
nicht zu laͤugnen. Die Urtheile sind aber in dieser Hinsicht sehr
verschieden, und es hat darauf die Gewohnheit und der individuelle Geschmak großen
Einfluß. Manche Biere, welche in anderen Laͤndern fuͤr gute gelten,
wuͤrden bei uns fuͤr schlechte gehalten werden und wenig Consumenten
finden. Als aͤußere Kennzeichen eines guten Bieres werden bei uns verlangt,
daß es eine lichtbraune Farbe habe, beim Einschenken stark perle, und einen
kleinblasigen und nicht sehr bald ganz sich verlierenden Schaum bilde, vollkommen
klar sey, und einen angenehmen bitterlichen Geschmak besize. Dunkle Farbe,
Unklarheit, großblasiger und sehr bald vergehender Schaum, zu bitterer Geschmak oder
gar ein ungewoͤhnlicher Nebengeschmak dienen dem Biere nicht zur Empfehlung.
Zum guten Geschmak des Bieres traͤgt vorzuͤglich die
Kohlensaͤure bei, und es kommt auch der Temperaturgrad, welchen es hat, wenn
es getrunken wird, sehr in Anschlag, der besser etwas unter als uͤber
10° R. ist. Daher wird, auch sonst gutes Bier etwas schal und matt, wenn es
eine Zeit lang in offenen oder nur leicht bedekten Gefaͤßen in warmer Luft
steht, wobei es einen großen Theil seiner Kohlensaͤure und die
Kellertemperatur verliert. Diese nachtheilige Veraͤnderung erleiden am
merklichsten die geringhaltigen Biere, welche frisch vom Keller her getrunken oft
ziemlich gut schmeken, aber durch laͤngeres Stehen oder Tragen in ein weit
entferntes Haus so sehr an Guͤte verlieren, daß sie kaum mehr als die
naͤmlichen zu erkennen sind.
Mit den naͤmlichen Ingredienzien, der Quantitaͤt und Qualitaͤt
nach, kann gutes mittelmaͤßiges und schlechtes Bier producirt werden; und
dann besteht eben die Kunst des Brauers, mit den geeigneten Materialien, deren
genaue Kenntniß bei ihm vorausgesezt wird, gutes, wenn auch nicht immer ganz
gleiches Bier herzustellen. Man muß jedoch in dieser Hinsicht billig seyn und den
Brauer nicht sogleich verdammen, wenn das Bier bisweilen nicht nach Wunsch
ausfaͤllt. Bei dem besten Willen kann ihm manchmal ein Sud mißlingen, denn er
ist nicht Herr von allen Umstaͤnden, welche guͤnstig oder unguͤnstig auf den
Brauproceß einwirken. Wenn ein solches Bier den gehoͤrigen Gehalt hat, und
nur hinsichtlich der Farbe, Lauterkeit und des Geschmaks nicht ganz entspricht, so
kann man es ohne Gefahr dem Publicum uͤberlassen, ob es sich damit
begnuͤgen will oder nicht. Nur einem solchen Brauer waͤre meines
Erachtens das Handwerk zu legen, welcher in der Regel schlechtes Bier producirte
– besonders wenn er in einem großen Umkreise der einzige waͤre, und
die Consumenten ihren Bedarf sich nicht leicht anderswoher verschaffen
koͤnnten. Da, wo Concurrenz Statt findet, wuͤrde ein solcher Pfuscher
ohnehin bald zu Grunde gehen.
Manche Ortschaften und selbst gewisse Staͤdte sind ihres schlechten Bieres
wegen verrufen, und es wird da gewoͤhnlich alle Schuld auf das Wasser
geschoben. Ich bin zwar uͤberzeugt, daß die Beschaffenheit desselben nicht
ganz gleichguͤltig beim Bierbrauen ist, glaube aber, daß die Ursache des
schlechten Bieres meist anderswo zu suchen sey, zumal, da die Erfahrung gelehrt hat,
daß an Orten, wo vorgeblich des schlechten Wassers wegen lange Zeit kein gutes Bier
gebraut werden konnte, von anderen Braumeistern mit dem naͤmlichen Wasser
sehr gutes gemacht wurde. Auch das Umgekehrte hat man in Erfahrung gebracht.
Nach dieser, vielleicht zu langen Einleitung, die mir aber noͤthig geschienen
hat, gehe ich zu der Bierprobe selbst uͤber, welche ich in Vorschlag bringen
will.
Hallymetrische Bierprobe.
Ich nenne diese Bierprobe die hallymetrische, weil sie
mittelst Kochsalz gemacht und ein eigenes Instrument dazu gebraucht wird, was
schiklich Hallymeter (Salzaufloͤsungsmesser)
genannt werden kann. Folgendes wird die Hauptsache hievon sogleich begreiflich
machen.
In 100 Theilen Wasser loͤsen sich gerade 36 Theile chemisch reines Kochsalz
auf; wenn man daher eine kleine, aber unbestimmte Wassermenge vor sich hat, so kann
man sie bestimmen, wenn man dann bis zur voͤlligen Saͤttigung Kochsalz
aufloͤst und das Gewicht von diesem weiß. Gesezt, es loͤsen sich 315
Gran auf, so betraͤgt das Wasser 875 Gran gemaͤß dieser
Proportion:
36 : 100 = 315 : x = 875.
Da demnach 1 Theil Salz 2,7778 Theile Wasser zur
Aufloͤsung braucht, so findet man auch das Wasser, wenn man mit dieser Zahl
das aufgeloͤste Salz multiplicirt.
315 × 2,7778 = 875.
Wenn nun im Wasser ein Koͤrper vorhanden ist, welcher, wie das Bierextract, alles Wasser
dem Kochsalze uͤberlaͤßt, oder ein solcher, welcher, wie der Alkohol,
dem Kochsalze gegenuͤber ein bestimmbares Quantum bindet, so ist klar, daß
man die Menge eines jeden finden kann, wenn man mittelst Kochsalz durch
Aufloͤsung bis zur Saͤttigung die Wassermenge ausfindig macht, und
diese von der ganzen, anfaͤnglich schon gewogenen Fluͤssigkeit
abzieht. Das Naͤhere hieruͤber folgt weiter unten.
Eine Hauptaufgabe war, die Aufloͤslichkeit des Kochsalzes so genau als
moͤglich zu bestimmen, und die Graͤnzen, innerhalb welcher sie
constant bleibt, aufzufinden; denn waͤre sie um 5/10 groͤßer oder
geringer, so wuͤrde dieses schon einen bedeutenden Unterschied in der zu
bestimmenden Wassermenge machen, wie man sich leicht uͤberzeugen kann, wenn
man im obigen Beispiele mit 36,5 oder 35,5 statt mit 36 rechnet. Durch mehrere, mit
Sorgfalt angestellte Versuche ergab sich, daß die Aufloͤslichkeit desselben
zwischen der gewoͤhnlichen Temperatur und 30–32° R. der Zahl 36
so nahe kommt, daß man ohne einen, nur einiger Maßen bedeutenden Fehler zu begehen,
dabei stehen bleiben darf.
Eine andere, weit schwieriger zu loͤsende Aufgabe war, die Menge des
aufgeloͤsten Kochsalzes jedes Mal zu finden. Dieses kann begreiflicher Weise
nicht wohl durch allmaͤhliches Eintragen desselben in die zu untersuchende
Fluͤssigkeit geschehen, noch weniger durch Anwendung eines Ueberschusses und
Abziehen dieses vom Ganzen, weil man den unaufgeloͤsten Theil nicht von der
anhaͤngenden Aufloͤsung befreien kann. Beides waͤre auch zu
umstaͤndlich und langwierig. Es blieb daher nichts uͤbrig, als einen
Ueberschuß von Salz anzuwenden und das Gewicht des unaufgeloͤsten Antheils
durch Messen zu bestimmen. Dazu mußte ein Meßinstrument hergestellt werden, welches
eben den Namen Hallymeter erhalten hat. Dasselbe ist in
Fig. 1 auf
Tab. V. in der natuͤrlichen Groͤße
abgebildet und besteht aus 2 Glasroͤhren, einer engeren und einer um Vieles
weiteren, die gegen jene, mit der sie zusammengeschmolzen ist,
trichterfoͤrmig sich verlauft. Beide zusammen haben eine solche
Capacitaͤt, daß sie die Fluͤssigkeit, mit welcher der Versuch gemacht
wird, nebst dem unaufgeloͤsten Salze fassen koͤnnen, und noch etwas
leerer Raum uͤbrig bleibt. Die kleinere Roͤhre, die eigentliche
Meßroͤhre, ist so gradirt, daß jede groͤßere Abtheilung 5 Gran, und
jede der dazwischen liegenden kleineren 1 Gran gehoͤrig praͤparirtes
Kochsalz faßt. Damit die Theilstriche einander nicht zu nahe kommen und man noch im
Stande ist Zehntel dazwischen mit ziemlicher Genauigkeit zu schaͤzen, so darf
die Meßroͤhre nicht viel uͤber 3 Pariser Linien weit seyn. Das
Gradiren dieser Roͤhre muß anfaͤnglich mit Kochsalzpulver selbst in
gesaͤttigter Kochsalzaufloͤsung geschehen, und es ist dabei, so wie in
der Folge bei allen Versuchen vorzuͤglich darauf zu sehen, daß stets
Salzpulver vom naͤmlichen Korne in die Roͤhre kommt, und dieses durch
Klopfen in den kleinsten Raum zusammengebracht wird, den ein bestimmtes Quantum
einnehmen kann. Gleichheit des Kornes ist darum erforderlich, weil bekanntlich die
naͤmliche Gewichtsmenge eines Koͤrpers in groͤberem Pulver
einen kleineren Raum einnimmt, als in feinerem. Man muß daher das pulverisirte Salz
durch ein feines Drahtsieb gehen lassen, was in der Folge fuͤr alles zu den
Versuchen anzuwendende und zu siebende Kochsalz beizubehalten ist. Mit dem gesiebten
Salze kann man auch noch nicht geradezu die Roͤhre gradiren, denn es ist
nicht alles von gleichem Korne, sondern groͤberes und feineres Pulver
durcheinander, und man muß bedenken, daß, wenn man es mit Wasser oder Bier
zusammenbringt, das feinere sich aufloͤst unk das groͤbere
zuruͤkbleibt; was auch immer der Fall ist, wenn ein Versuch mit Bier gemacht
wird. Damit nun stets Salzpulver von dem naͤmlichen Korne in die
Roͤhre kommt, so hat man beim Gradiren derselben auf folgende Weise zu
verfahren. Man nimmt eine bestimmte Wassermenge, etwa 600 Gran, welche 216 Gran Salz
aufloͤsen, sezt dazu, um die erste groͤßere Abtheilung zu erhalten,
221 Gran Salz, also 5 Gran mehr als das Wasser aufzuloͤsen faͤhig ist,
veranstaltet dann die Aufloͤsung so, wie ich weiter unten bei den Versuchen
mit Bieren noch sagen werde, und bringt hierauf Alles in das Hallymeter. Der Raum,
welchen das Salz nach gehoͤrigem Zusammenklopfen im unteren Theile der
Meßroͤhre einnimmt, gibt die erste Abtheilung fuͤr. 5 Gran Salz, die
mit einem feinen Striche angemerkt wird. Wenn dieses geschehen ist, leert man die
Roͤhre, reinigt sie mit Wasser und troknet sie mit ungeleimtem Papiere aus.
Um die uͤbrigen Abtheilungen fuͤr 10, 15, 20 etc. Gran Salz zu
erhalten, verfaͤhrt man eben so, und nimmt 10, 15, 20 etc. Gran Salz mehr als
das Quantum Wasser, was man anwendet, aufloͤsen kann. Mehr als 7–8
Abtheilungen zu machen ist nicht noͤthig, wenn es auch die Groͤße der
Meßroͤhre gestatten wuͤrde. Die 5 Zwischenabtheilungen, wovon jede 1
Gran Salz entspricht, koͤnnen mittelst einer Theilmaschine gemacht werden,
wobei vorausgesezt wird, daß die Roͤhre an allen Stellen ziemlich gleich weit
ist.
Da es viel zu umstaͤndlich und zeitraubend waͤre, wenn man alle
Hallymeter auf diese Weise gradiren wollte, so muß man sich auf eine andere Art zu
helfen suchen; und dieses geschieht am besten dadurch, daß man, wenn man ein Mal ein
nach dem angegebenen Verfahren verfertigtes besizt, dem Kochsalze Queksilber zum
Gradiren substituirt.
Man hat dazu nur auszumitteln, wie viel das Queksilber wiegt, welches bei einer
bestimmten Temperatur in dem normalen Hallymeter denselben Raum einnimmt, wie 20
oder 30 Gran Kochsalz, wonach sich das Ueblige von selbst ergibt. Wiegt z.B. das
Queksilber, was im Hallymeter bei 15° R. 20 Raumtheile einnimmt, 208 Gran,
wie es bei dem meinigen der Fall ist, so entsprechen 52 Gran desselben 5 Gran
Kochsalz, und es lassen sich darnach alle anderen Hallymeter leicht gradiren.
Damit aber hier, so wie bei den Versuchen mit Bieren keine Fehler begangen werden, so
sind Sieb, Hallymeter und Gewichte wohl in Acht zu nehmen, und es ist darauf zu
sehen, daß sie immer im Einklange stehen. Wuͤrde man im Laufe der
Untersuchungen ein groͤberes oder feineres Sieb gebrauchen, als das war,
womit das Salz zum Gradiren des Hallymeters gesiebt wurde, so wuͤrde das
unaufgeloͤste Salzquantum unrichtig bestimmt werden, wie aus dem erhellt, was
schon oben hinsichtlich des Kornes gesagt wurde. Die Loͤcher des Siebes,
dessen ich mich bisher bediente, sind 0,0673 Par. Linien breit und 0,0757 lang, und
die Dike des Messingdrahtes betraͤgt 0,0458 Par. Linien. Das Sieb muß nach
jedesmaligem Gebrauche gut gereinigt, am besten mit reinem Wasser ausgewaschen und
schnell getroknet werden. Dasselbe mit einem Pinsel zu reinigen ist nicht rathsam,
weil dadurch leicht die Draͤhte etwas verschoben werden und stellenweise
weitere und engere Oeffnungen entstehen koͤnnen. Sehr gut waͤre es,
wenn man ein Sieb von Platindraht haͤtte. Das gesiebte Salz, was man zu den
Bieruntersuchungen immer in groͤßerer Menge vorraͤthig haben muß, wird
in Glaͤsern mit eingeriebenen Stoͤpseln an einem trokenen Orte
aufbewahrt.
Was die Gewichte anbelangt, so muͤssen sie nicht nur unter sich richtig seyn,
sondern auch mit einem Normalgewichte harmoniren, weil sonst, wenn man bald ein
schwereres, bald ein leichteres gebrauchte, als das war, was beim Gradiren des
Hallymeters diente, begreiflicher Weise mehr oder weniger bedeutende Unrichtigkeiten
entstehen wuͤrden. Ich habe mich durchgehends des neuen bayerischen
Medicinalgewichtes bedient, wovon 16 Gran auf eine franzoͤsische Gramme
gehen.
Ich will nun angeben, was noch weiter zu der hallymetrischen Bieruntersuchung theils
nothwendig, theils bequem ist.
1) eine gute Waage, welche bei einer Belastung von 2500 Gr. auf jeder Schale
fuͤr 1/10 Gran noch einen merklichen Ausschlag gibt. Die Schalen
muͤssen Raum genug haben, um die in Anwendung kommenden Glaskolben bequem
darauf stellen zu koͤnnen.
2) Gewichte, und darunter eines von 1000, eines von 500, eines von 330 und eines von 180
Gran, darunter noch einige andere, und von 1 Gran abwaͤrts bis zu 1/10
Gran.
3) mehrere Kolben von duͤnnem Glase, welche 5–6 Unzen Wasser fassen und
die aus Fig. 2
auf Tab. V. ersichtliche Form und Groͤße haben. Es ist gut, wenn sie oben am
Rande abgeschliffen sind, damit sie mit einer Glasplatte gut zugedekt werden
koͤnnen.
4) eine Weingeistlampe nebst Gestell, theils um das Bier zum zweiten Versuche bequem
einkochen zu koͤnnen, theils um Wasser in einer Schale von Messing, Kupfer
oder Eisen zu erwaͤrmen, in welches der Kolben, worin Pas Bier und Salz
enthalten ist, getaucht wird, um die Aufloͤsung des Salzes zu
befoͤrdern.
5) zwei glaͤserne Trichter, einen mit einem langen Halse zum Eingießen des
Bieres in den Kolben, und einen mit einem kurzen Halse zum Eintragen des Salzes.
6) verschiedene andere Requisiten, als: ein kleines Gesteh zum Hallymeter, Draht zum
Umruͤhren des Salzes im Hallymeter, Pincette, Loͤffelchen von Horn
oder Bein, Taren fuͤr die Glaskolben, Glasstaͤbe, Bartfedern,
Glanzpapier, insbesondere eines, was in Form eines abgestumpften Kegels
zusammengelegt und zum Waͤgen des Salzes bestimmt ist. Eine kleine Mensur,
welche ungefaͤhr 1000 Gran Bier faßt, ist auch sehr bequem, so wie auch ein
Tropfglas, besonders ein solches, was zum Einsaugen und Abgeben von Tropfen
eingerichtet ist.
Zur Ausmittelung aller einzelnen wesentlichen Bestandtheile des Bieres sind zwei Versuche zu machen, wovon ich den einen als den ersten, den anderen als den zweiten bezeichnen will. Bei dem ersten findet man den groͤßten
Theil des Wassers nebst der Kohlensaͤure, und wie viel nach Abzug dieses
Wassers vom Biere der Weingeist, das Extract und die Kohlensaͤure zusammen
ausmachen, d. i. den Gesammtgehalt; beim zweiten erfaͤhrt man, wie viel
Extract vorhanden ist, wonach sich durch Subtraction desselben und der
Kohlensaͤure vom Gesammtgehalt der Weingeist ergibt. Dieser kommt aber nicht
wasserfrei oder als Alkohol heraus, sondern mit einer gewissen Quantitaͤt
Wasser vereinigt, was sich aber auch, wie wir sehen werden, bestimmen laͤßt.
Man kann daher in Hinsicht des Verhaltens des Bieres zum Kochsalze freies und gebundenes Wasser
darin unterscheiden. Zu jedem Versuche sind 1000 Gran Bier hinreichend; mehr zu
nehmen ist ganz uͤberfluͤssig. – Da das specifische Gewicht der
Biere verschieden ist, und daher 1000 Gran auch bei gleicher Temperatur nicht immer
gleiche Raͤume einnehmen, so koͤnnen sie nicht gemessen, sondern
muͤssen gewogen werden. Es ist zwar etwas laͤstig Fluͤssigkeiten auf ein
bestimmtes Gewicht zu bringen, allein durch oͤftere Versuche lernt man bald
die dazu dienlichen Vortheile kennen; und die Zeit, welche darauf zu verwenden ist,
kommt dadurch wieder herein, daß, wenn man gerade 1000 Gran nimmt, man sich viele
Rechnungen erspart, indem man bei Anwendung eines anderen Quantums zulezt die
Ergebnisse doch fuͤr 1000 berechnen muͤßte. Mittelst einer Mensur,
welche nahe 1000 Gran faßt, kann man sich dieses Geschaͤft um Vieles
erleichtern. Das Bier wird zuerst in diese Mensur gebracht und dann durch einen
langhalsigen Trichter sachte in den taxirten Kolben gegossen, wobei eine
unbedeutende Portion Kohlensaͤure verloren geht. Durch Wegnahme oder Zugabe
geschieht dann die Ausgleichung, wenn es naͤmlich mehr oder weniger wiegt als
1000 Gran. Dazu ist das angezeigte Tropfglas sehr dienlich; in Ermangelung desselben
dient zum Wegnehmen ein mehrfach zusammengelegter Streifen von Drukpapier, und zum
Zugeben, falls nur einige Tropfen fehlen, ein Glasstab, den man auch zum Wegnehmen
weniger Tropfen gebrauchen kann.
Erster Versuch.
Zu diesem Versuche werden fuͤr 1000 Gran Bier, es wag Schank- oder Lagerbier
seyn, 330 Gran Salz genommen. Unsere Biere sind weder so geringhaltig, daß dieses
Salzquantum nicht genuͤgte, noch so reichhaltig, daß es zu viel waͤre
und die Meßroͤhre den unaufgeloͤst bleibenden Theil nicht fassen
koͤnnte. Doppelbiere wuͤrden etwas weniger und Duͤnnbiere etwas
mehr verlangen, um bei diesen noch einen gut meßbaren Ruͤkstand zu erhalten,
der nie unter 5 Gran herabsinken sollte. Ein Versehen in dieser Hinsicht
haͤrte nur den Nachtheil, daß man den Versuch noch ein Mal machen
muͤßte. Das Salz, welches ein ziemlich großes Haufwerk ausmacht, wird am
schiklichsten vor dem Biere gewogen, wozu das angezeigte Glanzpapier mit seiner Tara
dient, und nachher mittelst eines kurzhalsigen Trichters vorsichtig in das gewogene
Bier eingetragen. Wenn die Oeffnung des Trichters nicht zu eng ist, so faͤllt
es groͤßten Theils von selbst in den Kolben hinab; dem uͤbrigen wird
mit einem duͤnnen Glasstabe und zulezt mit einer Feder nachgeholfen, so daß
gar nichts verloren geht. Hierauf wird der Kolben mit einer kleinen Glasplatte
bedekt und durch kreisfoͤrmige Bewegung sachte geschuͤttelt. Um die
Aufloͤsung zu beschleunigen und sicher zur vollkommenen Saͤttigung zu
bringen und zugleich alle Kohlensaͤure zu entfernen, welche dem Kochsalze
gerne ausweicht, muß man die Temperatur etwas erhoͤhen, jedoch nicht viel
uͤber 30° R., weil sonst auch leicht etwas Weingeist davon gehen
koͤnnte, der sonst, wenn kein Kochsalz vorhanden ist, bekanntlich nicht so leicht
entweicht. Zu diesem Zweke ist es am besten, in einer Schale mittelst der
Weingeistlampe Wasser bis auf 30 oder 31° R. zu erwaͤrmen, und den
zugedekten Kolben mit dem Biere hineinzutauchen, und von Zeit zu Zeit, indem man ihn
etwas in die Hoͤhe hebt, kreisfoͤrmig, bald rechts, bald links zu
bewegen. Will man die Temperatur des Wassers genau bestimmen, so muß man ein
Thermometer zu Huͤlfe nehmen, was aber hier, wie ich glaube, durch ein wenig
geuͤbtes Gefuͤhl ersezt werden kann, da ein kleiner Unterschied in der
Temperatur keinen merklichen in den Resultaten zur Folge hat. Findet man die
Temperatur des Wassers zu hoch, so kann man sie leicht durch Zusaz von etwas kaltem
maͤßigen. In Zeit von 5–6 Minuten, waͤhrend der die Temperatur
auf 27–26° herabsinkt, ist bei diesem Verfahren die Aufloͤsung
beendigt. Nun taucht man den Kolben zum Abkuͤhlen in kaltes Wasser, troknet
ihn dann gut ab, und blaͤst aus einiger Entfernung ein paar Mal hinein, um
die darin sich noch aufhaltende Kohlensaͤure fortzujagen. Zu stark und zu oft
darf aber dieses nicht geschehen, weil sonst auch leicht etwas von der
Fluͤssigkeit fortgetrieben werden koͤnnte. Ist dieses voruͤber,
so bringt man den Kolben auf die eine Waagschale, waͤhrend sich die Tara
fuͤr denselben und die Gewichte fuͤr Bier und Salz auf der anderen
befinden. Um was er nun mit seinem Inhalte leichter ist, als die Gegengewichte nebst
der Tara, das ist der Betrag der Kohlensaͤure,
welchen man findet, wenn man dem Kolben Gewichte zulegt, bis das Gleichgewicht
hergestellt ist. Sie betraͤgt bei guten Bieren nahe 1,5 Gran.
Um den Inhalt des Kolbens in das Hallymeter zu bringen, faßt man ihn mit der rechten
Hand so, daß man zugleich mit dem Daumen die Muͤndung desselben verschließen
kann, kehrt ihn dann um, so daß das unaufgeloͤste Salz in den Hals
herabfallen und auf dem Daumen sich sammeln muß. Durch geschiktes Schwenken
laͤßt sich auch das, was an der Wandung haͤngen geblieben ist,
voͤllig herabspuͤlen. Indem man hierauf uͤber der
Muͤndung des Haliymeters den Daumen allmaͤhlich von der Oeffnung des
Kolbens zuruͤkzieht, faͤllt das Salz mit der Fluͤssigkeit in
die Meßroͤhre hinab. Wenn nicht alle Fluͤssigkeit in das Hallymeter
kommt, so hat es nichts zu sagen, von dem Salze darf aber nichts verloren gehen.
Traut man sich nicht so viel Geschiklichkeit zu, um auf die angegebene Weise alles
in das Hallymeter zu bringen, so kann man einen Trichter zu Huͤlfe nehmen,
der auf dasselbe zu sezen ist. Findet man, daß im Kolben noch etwas Salz
haͤngen geblieben ist, so muß man aus dem Hallymeter etwas
Fluͤssigkeit in denselben zuruͤkgießen, um es nachzuspuͤlen. Wenn
man eine gesaͤttigte Kochsalzaufloͤsung bei der Hand hat, so kann
dieses auch damit geschehen.
Jezt folgt eine sehr wichtige Operation, welche mit aller Sorgfalt zu verrichten ist,
naͤmlich das Salz auf den kleinsten Raum zusammenzubringen, wozu man
ungefaͤhr 15 Minuten Zeit braucht. Dieses geschieht auf folgende Weise: man
nimmt das Hallymeter, was man vorher auf ein Stativ gesezt und mit einer Glasplatte
zugedekt hatte, und stellt es in senkrechter Richtung auf den Tisch, faßt mit dem
Daumen und Zeigefinger, womit man einen Ring bildet, die obere weitere Roͤhre
ungefaͤhr in der Mitte so, daß sie hinlaͤnglichen Spielraum hat, um
leicht auf- und abwaͤrts bewegt werden zu koͤnnen; mit dem Zeigefinger
und Daumen der rechten Hand faßt man die gradirte Roͤhre ganz unten, hebt das
Instrument ungefaͤhr 1/4 Zoll in die Hoͤhe und laͤßt es hierauf
sogleich wieder auf den Tisch fallen, wodurch es einen Stoß bekoͤmmt, welcher
ihm keinen Schaden bringt. Dieses wird sehr oft wiederholt. Die Stoͤße
koͤnnen taktmaͤßig und sehr schnell auf einander folgen, so daß auf
eine Minute ungefaͤhr 100 kommen, die immer in senkrechter Richtung geschehen
muͤssen. Nach ungefaͤhr 2 Minuten haͤlt man inne, faͤhrt
mit einem Draht in das Salz hinein bis auf den Boden der gradirten Roͤhre,
und ruͤhrt es sachte um, ohne es eigentlich aufzuruͤhren, und zieht
ihn dann leise wieder heraus. Dieses muß darum geschehen, weil sich oft im Salze
kleine Luftblasen aufhalten, die nur durch Umruͤhren entfernt werden, und
weil sich bisweilen, besonders in sehr engen Roͤhren, die Salzkoͤrner
so gegen einander stemmen, daß sie nicht leicht durch bloßes Stoßen aus ihrer Lage
kommen und zum gehoͤrigen Niedersinken gebracht werden koͤnnen.
Hierauf beginnt man wieder mit dem Stoßen und sezt es so lange fort, bis man kein
Sinken des Salzes mehr wahrnimmt, wonach diese Operation beendigt ist. In der
Zwischenzeit muß man den Stand des Salzes oͤfters beobachten, wobei die
Theilstriche der Meßroͤhre zum Anhalten dienen. Man liest nun an der Scale
ab, wie viel das unaufgeloͤste Salz betraͤgt, indem man die
Zwischentheile, wenn es naͤmlich nicht gerade auf einen Strich einsteht, als
Bruch schaͤzt. Nachtraͤglich muß ich hier bemerken, daß man ganz so zu
verfahren hat, wenn man ein Hallymeter mittelst Kochsalz gradiren will.
Das unaufgeloͤste Salz vom Ganzen, was zum Versuche genommen wurde, abgezogen,
gibt das aufgeloͤste, woraus das freie Wasser nach obiger Proportion oder
durch Multiplication der aufgeloͤsten Salzmenge mit der Zahl 2,7778 gefunden
wird. Wenn man z.B. zu 1000 Gran Bier 330 Gran Salz gesezt hat, und es sind 173 Gran
unaufgeloͤst geblieben, so haben sich 312,7 Gran aufgeloͤst, welchen 868,61 Gran
Wasser entsprechen. Dieses von 1000 Gran Bier abgezogen bleiben 131,39 Gran
fuͤr den gesammten Gehalt des Bieres an Weingeist,
Extract und Kohlensaͤure. Hat das Bier
beim Aufloͤsen des Salzes 1,5 Gran an Gewicht verloren, so weiß man dadurch,
wie viel Kohlensaͤure es enthaͤlt.
Zweiter Versuch.
Der zweite Versuch dient, wie schon gesagt, zur Ausmittelung des Extracts. Es werden
dazu ebenfalls am schiklichsten 1000 Gran Bier genommen, und, um sicher allen
Weingeist zu verfluͤchtigen, bis auf die Haͤlfte eingekocht. Dieses
geschieht in einem aͤhnlichen Kolben, wie der zum ersten Versuche dienende
ist; und darin wird auch das Bier eben so gewogen. Wenn dieß geschehen ist, wird der
Kolben auf ein duͤnnes, mit 3 Fuͤßen versehenes Eisenblech gesezt und
die brennende Weingeistlampe darunter gestellt. Man muß anfaͤnglich hiebei
vorsichtig zu Werke gehen, damit das Bier nicht uͤberlaͤuft, was, wenn
es sich dem Siedepunkte naͤhert, sehr leicht geschieht, indem sich
ploͤzlich viel Kohlensaͤure entwikelt. Man muß deßhalb immer
gegenwaͤrtig seyn, um, wenn dieser Punkt eintritt, das Gefaͤß sogleich
auf einige Secunden vom Feuer nehmen und in kreisfoͤrmiger Bewegung sachte
umschuͤtteln zu koͤnnen. Um der Gefahr des Ueberlaufens weniger
ausgesezt zu seyn, kann man zu diesem Versuche einen etwas groͤßeren Kolben
als zum ersten nehmen, wenn man aber die noͤthige Vorsicht anwendet, so
braucht er wenigstens nicht um Vieles groͤßer zu seyn. Ist das
stuͤrmische Aufwallen voruͤber und das Bier zum ruhigen Sieden
gebracht, so darf man sich ohne Sorge auf einige Minuten entfernen, um unterdessen
etwas Anderes zu verrichten.
Wird das Bier etwas unter die Haͤlfte eingekocht, so schadet es nicht, aber
viel uͤber die Haͤlfte darf das ruͤkstaͤndige nicht
ausmachen, weil es dann leicht noch etwas Weingeist enthalten koͤnnte. Ist es
gehoͤrig eingekocht, so loͤscht man die Lampe aus, und kuͤhlt
es bald nachher durch Eintauchen des Kolbens in kaltes Wasser ab. Hierauf troknet
man den Kolben aͤußerlich und auch inwendig im Halse, so weit es wohl
geschehen kann, gut ab und bringt ihn auf die Waage, um das Gewicht der
ruͤkstaͤndigen Fluͤssigkeit zu bestimmen und ermessen zu
koͤnnen, wie viel ihr zur Bestimmung des Extracts Salz zuzusezen sey.
Hat man es mit einem ordinaͤren Biere zu thun und dasselbe auf die
Haͤlfte oder nicht viel darunter oder daruͤber eingekocht, so kann man
ihm gerade so viel Salz zusezen, als wenn es Wasser waͤre, also 180 Gran,
wenn man 1000 Gran auf 500 Gran eingekocht hat, weil 500 Gran reines Wasser gerade 180 Gran Salz
aufloͤsen, eben so viel Extracthaltiges, aber einen zum Messen
genuͤgenden Ruͤkstand hinterlaͤßt. Haͤtte man aber ein
sehr leichtes oder sehr schweres Bier vor sich, was man schon einiger Maßen voraus
beurtheilen kann, und auch aus dem Resultate des ersten Versuches ersieht, so
waͤre es rathsam, im ersten Falle etwas mehr und im zweiten etwas weniger
Salz anzuwenden. Beim Eintragen und Aufloͤsen des Salzes und Messen des
Ruͤkstaͤndigen wird eben so verfahren wie bei dem ersten Versuche; es
wird auch eben so wie dort aus dem aufgeloͤsten Salze das Wasser des
eingekochten Bieres berechnet, welches man dann nur von der ganzen
Fluͤssigkeit abzuziehen hat, um das Extract zu
finden; was der Zwek dieses Versuches war.
Hier muß ich etwas einschalten uͤber das Verhalten der extracthaltigen
Fluͤssigkeit zum Kochsalze. Man moͤchte vielleicht fragen, ob das hier
angegebene Verfahren geeignet sey, das Bierextract richtig zu bestimmen? Nach den
Ergebnissen der vielen daruͤber gemachten Versuche muß ich diese Frage mit Ja
beantworten; denn die hallymetrisch ausgemittelten und durch sorgfaͤltiges
Eindampfen erhaltenen Extractmengen des naͤmlichen Bieres stimmten so
uͤberein, als nur erwartet werden konnte; und Wasser, worin gut
ausgetroknetes Bierextract war aufgeloͤst worden, loͤste noch eben so
viel Kochsalz auf, als wenn kein Extract vorhanden gewesen waͤre, ja
bisweilen sogar noch etwas mehr, was zu dem Schlusse berechtigt, daß selbst in ganz
troken scheinendem Extracte noch etwas Wasser vorhanden seyn kann. Aus diesen
Erfahrungen wird man folgern duͤrfen, daß die hallymetrische Bestimmung des
Bierextracts, welche sehr schnell zum Ziele fuͤhrt, gewiß eben so sicher, wo
nicht sicherer ist als die durch Eindampfen, welche ungleich mehr Zeit erfordert,
und bei der leicht bedeutende Fehler begangen werden koͤnnen, wie sie denn
ohne Zweifel oͤfters schon begangen wurden.
Gesezt, es waͤren 1000 Gran von dem naͤmlichen Biere, was zum ersten
Versuche gedient hatte, auf 500 Gran eingekocht, dazu 180 Gran Salz gesezt worden
und 21,3 Gran unaufgeloͤst geblieben, so haͤtten sich 158,7 Gran
aufgeloͤst, und diesem Salzquantum entspraͤchen 440,83 Gran Wasser,
welche von den 500 Gran des eingekochten Bieres abgezogen 59,87 Gran Extract anzeigten.
Addirt man nun zum Extract die Kohlensaͤure, welche in unserem Beispiele 1,5
Gran betraͤgt, und zieht die Summe von dem beim ersten Versuche gefundenen
Gesammtgehalte, welcher 131,39 Gr. ausmacht, ab, so bleiben 70,72 Gran fuͤr
den Weingeist. Zur leichteren Uebersicht diene folgender
Ansaz:
Extract.
Kohlens.
59,17 +
1,5 = 60,67 Extract und Kohlensaͤure.
Gesammtgeh.
Extr. u. Kohlens.
131,39 –
60,67 = 70,72 Weingeist.
Das als Beispiel gewaͤhlte Bier, welches allgemein als ein gehaltreiches und
gutes erkannt wurde, enthaͤlt mithin in 1000 Thln.
Freies Wasser
868,61
WeingeistExtractKohlensaͤure
70,72
59,17
1,50
Gesammtgehalt 131,39.
–––––––
1000,00.
Hiemit ist die ganze Untersuchung beendigt, wozu man, wenn man alles dazu
Noͤthige bei der Hand hat, und schon etwas eingeuͤbt ist, kaum zwei
volle Stunden braucht. Zur Vermeidung der groͤßeren Rechnungen, welche viel
Zeit rauben und wobei man auch leicht fehlen kann, hat Hr. Prof. Dr. Steinheil die unten folgende Tabelle entworfen und
dadurch dieser Sache einen wesentlichen Dienst erwiesen. Mittelst derselben findet
man aus dem Salzruͤkstande des ersten Versuches
den Gesammtgehalt und aus dem des zweiten Versuches das Extract; und wird dieses
nebst der Kohlensaͤure vom Gesammtgehalte abgezogen, so ergibt sich der Weingeist. Wir koͤnnen dieses deutlich an unserem
Beispiele sehen. Beim ersten Versuche betrug das
unaufgeloͤste Salz 17,3 Gran. Die Zahl 17 sucht man in der Columne A, wofuͤr man in der Columne I die Zahl 131 und fuͤr 0,3 in der neben
stehenden kleinen Proportionaltafel 1 findet, was zu 131 addirt 132 macht, welches
der Gehalt des Bieres an Extract, Weingeist und Kohlensaͤure oder der
Gesammtgehalt ist.
Beim zweiten Versuche betrug der Salzruͤkstand 21,3
Gr. Man sucht wieder in der Columne A die Zahl 21,
welcher in der Columne II 58 entspricht, wozu die in der Proportionaltafel
fuͤr 0,3 sich findende Zahl 1 zu addiren ist, wonach fuͤr das Extract
59 herauskommt. Dazu 1,5 Kohlensaͤure addirt macht 60,5, und dieß von 132
abgezogen gibt fuͤr den Weingeist 71,5. Will man auch das freie Wasser
wissen, so hat man nur den Gesammtgehalt von 1000 abzuziehen.
Nachtraͤglich muß ich noch angeben, wie man zu verfahren hat, wenn man das
eingekochte Bier auf 500 Gran bringen will. Man kocht es etwas unter die
Haͤlfte ein, bringt es nach geschehener Abkuͤhlung auf die eine
Waagschale, indem man auf die andere das 500 Grangewicht nebst der Tara des Kolbens
legt, und stellt durch Zulagen von Gewichten zum Kolben das Gleichgewicht her,
wodurch man erfaͤhrt, wie viel das eingekochte Bier weniger als 500 Gran
wiegt. Jezt nimmt man diese Gewichte bis auf einige Gran wieder weg und sezt
behutsam Wasser zum Biere, bis die Waagschale zu sinken anfaͤngt. Nun wird
auch das Uebrige von den zum Kolben gelegten Gewichten weggenommen und durch
tropfenweise in den Kolben einzutragendes Wasser das Gleichgewicht wieder
hergestellt. Waͤre aus Versehen zu viel Wasser hinzugekommen, so
koͤnnte es nur durch abermaliges Kochen wieder entfernt werden. Wer sich
dieser Arbeit nicht unterziehen will, dem entgeht der Vortheil, welchen die Tabelle
hinsichtlich der Bestimmung des Extracts gewaͤhrt, und er muß es durch
Rechnung ausfindig machen, so wie ich schon gezeigt habe.
Tabelle uͤber den Gehalt an Extract und Alkohol in 1000
Gran Bier.
Textabbildung Bd. 62, S. 320
Salzruͤkstand Scala;
Gesammtgehalt; An Extract; An Weingeist; An Alkohol; Proportionallinie
In den meisten Faͤllen moͤchte es genuͤgen, den Weingeist
(wasserhaltigen Alkohol) und in vielen sogar, z.B. zur Bestimmung der
Tarifmaͤßigkeit des Bieres, bloß durch den ersten Versuch den Gesammtgehalt
des Bieres und des freien Wassers ausgemittelt zu haben; allein es ist doch
jedenfalls interessant, auch den Alkoholgehalt zu wissen, weßhalb es eine besondere
Angelegenheit seyn mußte, denselben so genau als moͤglich zu bestimmen.
Dieses war keine ganz leichte Aufgabe, besonders aus dem Grunde, weil sich der
Kochsalzaufloͤsung nicht immer gleich starker Weingeist gegenuͤber
stellt, sondern staͤrkerer, wenn mehr, und schwaͤcherer, wenn weniger
Alkohol vorhanden ist. Es mußten deßhalb mit kuͤnstlichen Gemischen von
Alkohol, Wasser und Kochsalz viele Versuche gemacht werden. Aus saͤmmtlichen
Beobachtungen hat dann Hr. Prof. Steinheil durch
Interpolation folgende Werthe abgeleitet.
Weingeist von
dem Procentgehalte.
Procentgehalt an Alkoholdes sich der
Salzaufloͤsung gegenuͤberstellenden
Weingeistes.
1
37,18
2
41,85
3
43,75
4
45,10
5
46,10
6
46,90
7
47,50
8
48,07
9
48,48
10
48,86
Nach dieser Tabelle ist der Alkoholgehalt in 1000 Gran Bier berechnet und in Columne
IV. der Tabelle aufgefuͤhrt, welcher den in Columne III. stehenden, und durch
die Untersuchung ausgemittelten Mengen Weingeistes entspricht. Dabei sind die
Bruchtheile unberuͤksichtigt geblieben; wenn sie aber beim Weingeiste eine
halbe Einheit oder daruͤber ausmachen, so kann dafuͤr eine ganze
angenommen werden. In unserem Beispiele betraͤgt der Weingeist 71,5,
wofuͤr 71 gesezt werden kann, fuͤr welche Zahl, die in Columne III. zu
suchen ist, in Columne IV. der Alkohol = 32 sich findet. Wird dieser vom Weingeiste
abgezogen, so erhaͤlt man das gebundene Wasser = 39,5.
Zu bemerken ist hiebei, daß zwar die Staͤrke des Weingeistes auch etwas von
der Quantitaͤt des vorhandenen Extracts abhaͤngt, und damit auch die
Menge des Alkohols; indessen zeigt die Rechnung, daß durch die
Vernachlaͤssigungen, die dadurch begangen werden, selbst fuͤr die
Graͤnzen der Extractmengen in den vorkommenden Biersorten im Maximum nur 1/2
Einheit in Bezug auf 1000 Theile Bier betragen, und daher vernachlaͤssigt werden
duͤrfen, um so mehr, weil uͤberhaupt in der Tabelle nur ganze
Einheiten aufgenommen sind. Ohne diesen Umstand waͤre entweder die Tabelle
von doppeltem Eingange oder eine weitere Correctionstabelle noͤthig
geworden.
Die Zusammensezung doͤs zum Beispiele gewaͤhlten Bieres kann man sich
also auf folgende Weise vorstellen:
Textabbildung Bd. 62, S. 322
Freies Wasser; Gebundenes Wasser;
Alkohol; Extract; Kohlensaͤure; Gesammtwasser; Weingeist; Wasserfreier
Gehalt
Die Bestimmung der Bestandtheile des Bieres mit Benuzung obiger Tabelle gilt nur,
wenn man zu jedem Versuche 1000 Gran Bier nimmt, die zum zweiten gerade auf 500 Gran
einkocht und zum ersten 330 und zum zweiten 180 Gran Salz anwendet. Will man sich
aber das Rechnen nicht verdrießen lassen, so kann man auch andere
Quantitaͤten in Anwendung bringen, wie ich hiemit noch kurz zeigen will. Von
dem naͤmlichen Biere, was zur vorhergehenden Untersuchung gedient hatte,
wurden 1056 Gran mit 345 Gran Kochsalz behandelt; 15,1 Gran blieben
unaufgeloͤst und 329,9 Gran loͤsten sich auf, wofuͤr 916,36
Gran freies Wasser in Rechnung kommen. Die beim Aufloͤsen entwichene
Kohlensaͤure betrug 1,7 Gran. Das Wasser vom Biere abgezogen
1056,00
916,38
–––––––
bleiben
139,62 Gran Gesammtgehalt.
Beim zweiten Versuche wurden 982,5 Gran Bier auf 515,2 Gran eingekocht und dazu 176
Gran Salz gesezt, wovon 11,5 Gran im Ruͤkstande blieben, und 164,5 Gran sich
aufloͤsten, also 456,83 Gran freies Wasser anzeigten. Dieses vom eingekochten
Biere abgezogen
515,20
456,83
––––––
bleiben
58,37 Gran Extract.
Diese Extractmenge muß zuvoͤrderst auf das zum ersten Versuche angewendete
Bier berechnet werden, was nach dieser Proportion geschieht:
982,5 : 58,37 = 1056 : x = 62,73
Gr. Extract in 1056 Gr. Bier.
Das Extract nebst der Kohlensaͤure
62,73 + 1,7 = 64,43
vom Gesammtgehalt nach dem ersten Versuche abgezogen
139,62
64,43
––––––
bleiben
75,19 Gran Weingeist.
1056 Gran Bier enthalten mithin
Weingeist
75,19
Extract
62,73
Kohlensaͤure
1,70
––––––
139,62.
Diese Ergebnisse sind nun fuͤr 1000 Theile Bier zu berechnen, was dadurch
geschieht, daß man jede dieser Zahlen mit 1000 multiplicirt und das Product mit dem
zum ersten Versuche angewendeten Biergewichte dividirt, wie nachstehende
Ansaͤze zeigen:
1056 : 75,19 = 1000 : x =
71,20 Weingeist
1056 : 62,73 = 1000 : x =
39,41 Extract
1056 :
1,7 = 1000 : x =
1,60
Kohlensaͤure.
––––––––
Gesammtgehalt in 1000 Theilen
132,21
Das freie Wasser betraͤgt
mithin
867,79
––––––––
1000,00.
Die Resultate beider Untersuchungen, die wirklich so, wie sie hier angegeben sind,
gemacht wurden, stimmen, wie man sieht, so nahe uͤberein, wie es selten der
Fall bei dem analytischen Verfahren seyn moͤchte. Man wird es demnach auch
nicht fuͤr uͤbertrieben halten, wenn man die Behauptung aufstellt, daß
man durch die hallymetrische Untersuchung entdeken kann, ob einem Biere Wasser
zugesezt worden ist, wenn der Zusaz auch nicht mehr als 1 1/2 Maaß auf 1 Eimer
betraͤgt. Mancher moͤchte aber vielleicht in die Richtigkeit dieses
Verfahrens darum Zweifel sezen, weil der Alkohol des zum Beispiele gewaͤhlten
Bieres, was fuͤr ein gehaltreiches und gutes anerkannt wurde, nicht mehr als
3,2 Procent betrug, da andere den geistigen Bestandtheil des bayerischen Bieres um
ein Betraͤchtliches groͤßer gefunden haben. Ich weiß wohl, daß man in
einem bayerischen Biere 6,5 Proc. Alkohol gefunden haben wollte, bin aber auch
vollkommen von der Unrichtigkeit dieser Angabe uͤberzeugt, um so mehr, da ich
weiß, daß nicht einmal unsere Doppelbiere diesen Gehalt erreichen. Man bedenke aber
nur, wie viel man mit 1 Maaß Bier Alkohol zu sich nimmt, wenn es auch nicht mehr als
3 Proc. enthaͤlt, dann wird dieser Gehalt gewiß nicht mehr als zu gering
erscheinen. Die bayerische Maaß Bier wiegt wenigstens 36 Unzen Nuͤrnb. Med. Gew. oder
17,280 Gran; wenn nun das Bier 3 Proc. Alkohol enthaͤlt, so berechnen sich
fuͤr die Maaß 518 Gran (38 Gr. mehr als 1 Unze), welche mit 2 Unzen Wasser
verduͤnnt uͤber 3 Unzen eines sehr starken Branntweins geben
wuͤrden. Wenn 1 Maaß Bier von diesem Gehalte nicht so berauscht, wie 3 Unzen
starker Branntwein berauschen wuͤrden, so kommt es daher, weil der Alkohol im
Biere mit viel mehr Wasser verduͤnnt, und mit dem Bierextract innig gemischt
ist, wodurch seine Wirkung sehr gemaͤßigt wird.
Schluß.
Zu dieser Untersuchung bin ich nicht aus eigenem Antriebe, sondern durch hoͤhere Veranlassung gekommen, wodurch auch die
HH. Professoren Zierl, Steinheil und Kaiser und Hr. Hofapotheker Dr.
Pettenkofer bestimmt wurden, sich damit zu befassen, und zahlreiche
Versuche in dieser Beziehung zu machen, durch welche das hier beschriebene Verfahren
das Bier zu untersuchen, in den Principien bestaͤtigt und in einzelnen
Theilen auch Manches daran bedeutend verbessert wurde, was ich in diesem Aufsaze
benuzt habe. Es haben aber auch schon mehrere Stimmen sich dagegen vernehmen lassen,
die ich anfuͤhren und in so weit es hier Statt finden kann, auch erwidern zu
muͤssen glaube.
Vielen genuͤgt diese Probe nicht, weil sie die Bierverfaͤlschungen nicht anzeigt, was nach ihrer Meinung die
Hauptsache waͤre; Manche, die alles Vertrauen auf die Zungenprobe und
Bierbeschauer sezen, halten die neue wie jede andere Bierprobe fuͤr ganz
entbehrlich; den Meisten ist dieselbe zu wenig praktisch, indem sie, wie sie sagen,
zu viel Zeit fordere, große Geschiklichkeit im Experimentiren und einen
kostspieligen Apparat vorausseze, und daher nicht unter allen Umstaͤnden
anwendbar sey, und nicht Jedermann davon Gebrauch machen koͤnne.
Dieß sind die Vorwuͤrfe, welche von den Meisten, die vorlaͤufig
Kenntniß davon erhalten hatten, gemacht wurden. Wenn keine anderen nachkommen, wenn
nicht dargethan wird, daß sie in ihrem Fundamente falsch sey, und zu unrichtigen
Resultaten fuͤhre, so glaube ich mir daruͤber keinen Kummer machen zu
duͤrfen. Indessen halte ich es doch nicht fuͤr ganz
uͤberfluͤssig, Einiges dagegen zu sagen.
Was die Bierverfaͤlschungen anbelangt, so habe ich daruͤber schon in
der Einleitung das Wichtigste gesagt, es moͤchte aber doch noͤthig
seyn, demselben noch Einiges beizufuͤgen. Wenn man im Besize eines Mittels
ist, wodurch der Gehalt der Biere sicher und nicht zu schwierig ausgemittelt werden
kann, und wodurch die Brauer angehalten werden koͤnnen, die Biere nicht unter einem gewissen Gehalte zu bereiten; so kann man meines
Erachtens vor Bierverfaͤlschungen ziemlich sicher seyn, wenigstens vor
denjenigen, welche ich als die straͤflichsten bezeichnet habe. Denn beim
Zusaz einer berauschenden Substanz kann nur, wie oben schon gesagt wurde, die
Absicht seyn, an Malz zu ersparen, und das Bier dem Anscheine nach doch stark zu
machen; wenn es aber einen gewissen Gehalt haben muß, wozu ein gewisses Quantum von
Malz unumgaͤnglich nothwendig ist, und wodurch es bei gehoͤriger
Bereitung ohnehin die erforderliche Staͤrke bekommt, so ist kein Grund mehr
vorhanden, ein so straͤfliches Mittel anzuwenden, um dadurch dem Biere die
berauschende Eigenschaft in einem noch hoͤhern Grade mitzutheilen und es der
Gesundheit positiv nachtheilig zu machen. Die Bestimmung des Gehaltes der Biere wird
daher immer die Hauptsache bleiben, sie mag nun auf diese oder eine andere Weise
geschehen.
Die Zungenprobe wird dafuͤr nie einen
voͤlligen Ersaz abgeben koͤnnen, wobei auch in Erwaͤgung kommt,
daß es nur wenige Individuen gibt, welche die Natur mit einem so feinen
Geschmaksorgan begabt hat. daß ihnen ein ganz richtiges Unheil uͤber den
Gehalt der Biere zugetraut werden koͤnnte. Schon aus diesem Grunde, abgesehen
von allen zufaͤlligen Einfluͤssen, moͤchte es nicht rathsam
seyn, die Bierbeschauer ohne alle Controlle zu lassen und
sie in streitigen Faͤllen zu Richtern in lezter Instanz zu machen.
Die hallymetrische Bieruntersuchung, zu welcher keine chemischen Kenntnisse erfordert
werden, ist nicht so schwierig, als vielleicht Manche glauben moͤchten, und
sie sezt auch keine sehr große Geschiklichkeit im Experimentiren voraus. Wer bei
Tische Loͤffel, Messer und Gabel gehoͤrig fuͤhren kann, besizt
schon die dazu noͤthige Gewandtheit, und kann die dazu gehoͤrigen
Manipulationen in kurzer Zeit lernen und einuͤben. So bequem ist sie freilich
nicht, daß man die Requisiten dazu wie z.B. ein Araͤometer mit sich
herumtragen und uͤberall, wo man einkehrt, sogleich in Anwendung bringen
kann, aber eine solche Bierprobe wird schwerlich jemals erfunden werden, wenn sie je
das Naͤmliche wie die hallymetrische oder analytische leisten soll.
Daß der Apparat dazu etwas kostspielig ist, kann nicht gelaͤugnet werden. Am
meisten kostet eine gute Waage mit richtigen Gewichten, die aber nur ein Mal
anzuschaffen ist; die Auslagen fuͤr die uͤbrigen Requisiten sind nicht
sehr bedeutend. Wegen dieses Umstandes kann allerdings nicht Jedermann von dieser
Bierprobe Gebrauch machen; allein daran ist auch, wie es mir scheint, nicht sehr
viel gelegen; der Hauptzwek derselben wird schon erreicht werden, wenn sie nur
Diejenigen in Anwendung bringen, welche sie zunaͤchst interessiren muß,
naͤmlich die, welche das Bier machen – die Brauer – und die,
welche uͤber die Tarifmaͤßigkeit desselben zu wachen haben –
die Polizeibehoͤrden.
Der Brauer kann sich dieser Probe nicht nur zur Pruͤfung des Bieres, sondern
auch zur Bestimmung des Gehalts der Wuͤrze mit Vortheil bedienen. Zur
Bestimmung des Gehalts der Wuͤrze ist nur Ein Versuch zu machen, welcher dem
zur Ausmittelung des Bierextracts aͤhnlich ist. 1000 Gran Wuͤrze
werden dazu nach gehoͤriger Abkuͤhlung ohne Weiteres mit 330 Gran
Kochsalz versezt, und wenn die Aufloͤsung vollbracht ist, wird, wie oben
angegeben wurde, die aufgeloͤste Salzmenge und das derselben entsprechende
Wasser bestimmt, was man dann nur von 1000 abzuziehen braucht, um den Gehalt der
Wuͤrze zu finden. Daraus laͤßt sich begreiflicher Weise, wenn mehrere
Versuche der Art mit der noͤthigen Umsicht angestellt werden, auf die
Guͤte des Malzes und die mehr oder weniger vollkommene Erschoͤpfung
desselben durch das Maischen schließen, was fuͤr das Brauwesen von großem
Belange ist. Denselben Zwek kann man zwar mittelst eines guten Saccharometers schneller erreichen, leider erhaͤlt man aber selten
ein gutes, und dann kann man leicht sehr weit fehlen, wenn man beim Gebrauche
desselben die Temperatur nicht gehoͤrig beruͤksichtigt.
Noch wichtiger muß es dem Brauer seyn, bestimmen zu koͤnnen, nicht nur wie
groß zu verschiedenen Zeiten der Gesammtgehalt seines Bieres ist, sondern auch in
welchem Verhaͤltnisse Weingeist und Extract darin stehen; was ihm die
hallymetrische Probe weit deutlicher sagt, als der Geschmak und das aͤußere
Ansehen des Biers. Die Kenntniß dieses Verhaͤltnisses muß ihm in mancher
Hinsicht viel werth seyn; denn daraus kann er abnehmen, ob bei dem Maischen viel
oder wenig, der geistigen Waͤhrung faͤhiger Stoff (Malzzuker) erzeugt
wurde, dadurch wird er sich uͤberzeugen koͤnnen, ob die
Gaͤhrung gehoͤrig von Statten gegangen und innerhalb bestimmter
Graͤnzen geblieben; danach wird er, wenn er von Zeit zu Zeit das Lagerbier
untersucht, beurtheilen koͤnnen, ob die stille Gaͤhrung
(Nachgaͤhrung) regelmaͤßig fortschreitet und
verhaͤltnißmaͤßig der Weingeist zunimmt und das Extract sich
vermindert, was von großer Bedeutung ist; denn so lange dieses Fortschreiten dauert
und geregelt ist, ist keine Gefahr fuͤr das Bier vorhanden, so wie aber
Stillstand eintritt, so befindet es sich auf dem Punkte umzuschlagen.
So viel Zeit als diese Versuche, die nur manchmal zu machen sind, in Anspruch nehmen,
wird jeder Brauer, der seinem Geschaͤfte mit Liebe, Eifer und
Pflichtgefuͤhl anhaͤngt, gewiß gern opfern, und er wird sich denselben
hoffentlich um so lieber hingeben, da sie fuͤr ihn nicht nur belehrend, sondern
auch zugleich unterhaltend sind. Denn es kann nach meinem Gefuͤhle keine
angenehmere Unterhaltung geben, als wenn man in einer Sache, womit man es
taͤglich zu thun hat, mehr belehrt wird und tiefere Einsicht in das Wesen
derselben bekoͤmmt. Manches, was ihm bisher dunkel war, wird ihm dann klar
werden, und er wird sich bei vorkommenden Anstaͤnden selbst zu rathen wissen
und nicht mehr den leidigen Geheimniß- und Receptenkraͤmern ein williges
Gehoͤr schenken.
Noch viel mehr als die Brauer muß die Polizeibehoͤrden eine Bierprobe
interessiren, wodurch der Gehalt der Biere leicht und sicher bestimmt werden kann,
es mag nun die hallymetrische oder irgend eine andere und, wo moͤglich, noch
bessere und bequemere seyn. Es ist auch das Beduͤrfniß eines solchen Mittels
laͤngst gefuͤhlt worden, besonders bei uns, wo das Bier als
Nationalgetraͤnk in so großer Masse (jaͤhrlich wenigstens 7 Millionen
Eimer) bereitet und consumirt wird, und vorzugsweise die arbeitende Volksclasse
darauf angewiesen ist, bei welcher ein zu geringhaltiges Bier seinen Zwek nicht
erfuͤllen wuͤrde. Dabei kommt noch in Erwaͤgung, daß der Staat
von dem Biere durch den Malzaufschlag jaͤhrlich uͤber 4 Millionen
Gulden erhebt, weßhalb das Publicum mit doppeltem Rechte verlangen kann, daß von
Seite der Polizei darauf gesehen werde, daß das Bier stets den gehoͤrigen
Gehalt habe und nach Abzug der darauf haftenden Auflage das auch werth sey, was man
dafuͤr vermoͤge des fixirten Preises zu bezahlen gezwungen ist. Das
Bier steht auch deßhalb unter mehr oder weniger strenger polizeilicher Aufsicht, und
es werden nicht selten Kellervisitationen vorgenommen, wenn im Publicum uͤber
das Bier eines Brauers mit oder ohne Grund Klage erhoben wird; allein wie muß dabei
einem gewissenhaften Beamten zu Wuthe seyn, wenn er sich von allen, auf
unabaͤnderlichen physischen oder chemischen Gesezen beruhenden Probemitteln
verlassen und in die Nothwendigkeit versezt sieht, bloß nach den sinnlich
wahrnehmbaren Merkmalen, die zwar nie unberuͤksichtigt bleiben
duͤrfen, und nach dem Ausspruche der Bierbeschauer zu richten, welcher nicht
selten, wie ich selbst erfahren habe, kein gegruͤndetes Unheil, sondern eine
bloße Meinung ist, die zur Entscheidung gar oft noch vor ein hoͤheres Forum
gebracht werden duͤrfte, um so mehr, weil davon manchmal das Wohl oder Wehe
einer ganzen Familie abhaͤngt. Eine voͤllig gerechte Entscheidung kann
nur auf eine Probe gestuͤzt werden, welche den Gehalt des Biers so genau als
moͤglich anzeigt, und eine solche muß daher jeder Polizeibehoͤrde sehr
wuͤnschenswerth seyn. Moͤge der von mir vorgeschlagenen bald eine
bessere folgen.
Wenn nun, irgend Jemand die Absicht hat von der hallymetrischen Bierprobe Gebrauch zu machen, so
wird er fragen: Wo bekommt man die Requisiten dazu – das Hallymeter, das dazu
stimmende Gewicht, das gehoͤrig praͤparirte Salz etc.? Dann: wohin hat
man sich zu wenden, um Unterricht in den erforderlichen Manipulationen zu erhalten,
oder, wenn man nicht selbst mit diesen Untersuchungen sich abgeben will oder kann,
wo findet man das Individuum, welches sie gewissenhaft und puͤnktlich
vornimmt, und was kosten sie? Endlich: welches ist die Graͤnze, unter die der
Gehalt des Bieres nicht sinken und uͤber die der Wassergehalt nicht steigen
darf, um es noch als ein pfennigguͤltiges ansprechen zu koͤnnen?
Darauf kann ich nicht antworten. Die in dieser Beziehung zu treffenden
Verfuͤgungen ressortiren lediglich zu der hohen und
weisen Stelle, welche diese Bierprobe hervorgerufen hat. Ich will nur noch
Einiges uͤber die Reinigung des dazu dienenden
Kochsalzes beifuͤgen.
Das kaͤufliche Kochsalz ist zur hallymetrischen Bieruntersuchung nicht
geeignet, weil es noch andere Salze, als: salzsaure Bittererde, schwefelsaures
Natrum und schwefelsauren Kalk enthaͤlt, wodurch die Aufloͤslichkeit
desselben bei verschiedenen Temperaturen merklich geaͤndert wird. Um es zu
reinigen, verfahre ich auf folgende Weise: Es wird in Kalkwasser oder, wenn es sehr
viel salzsaure Bittererde enthaͤlt, in sehr duͤnner Kalkmilch unter
fleißigem Umruͤhren aufgeloͤst, wobei die Bittererde vollkommen
abgeschieden wird, fuͤr welche sich ein aͤquivalenter Theil Kalk mit
Salzsaͤure verbindet. Die filtrirte Aufloͤsung wird, um die
Schwefelsaͤure zu entfernen, mit salzsaurem Baryt so lange versezt, als sich
noch eine Truͤbung zeigt. Dann filtrirt man sie wieder und
praͤcipitirt mit kohlensaurem Ammoniak, dem etwas Aezammoniak beigegeben
worden, den Kalk und uͤberschuͤssig zugesezten Baryt. Hierauf
laͤßt man sie 24 Stunden stehen und pruͤft sie zulezt noch mit
kleesaurem Ammoniak. Entsteht durch dieses Reagens in Zeit von 2 Stunden keine
Truͤbung, so darf man uͤberzeugt seyn, daß aller Kalk entfernt ist.
Die klare Fluͤssigkeit wird nun zur Trokniß abgedampft, und, um den Salmiak
zu verfluͤchtigen, das Salz gelinde ausgegluͤht, welches nachher ganz
reines und zugleich vollkommen wasserfreies Kochsalz ist, und nur noch pulverisirt
und gesiebt zu werden braucht, um zur Bieruntersuchung dienlich zu seyn.
Auf eine leichtere Weise kann man sich reines Kochsalz verschaffen, wenn man eine
gesaͤttigte Aufloͤsung im Winter einer Kaͤlte von
9–10° N. aussezt, wobei sich eine Menge von tafelfoͤrmigen
Krystallen absezt, welche wasserhaltiges Kochsalz sind. Bringt man diese auf einem
Seihetuche in eine etwas hoͤhere Temperatur, so zerfallen sie in ein
krystallinisches Pulver, welches reines Kochsalz ist und in gesaͤttigte
Kochsalz-Aufloͤsung, welche davon abfließt. Dieses Salzpulver ist scharf
auszutroknen und zum Zweke der Bieruntersuchung eben so vorzubereiten, wie oben
gesagt wurde.